Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2010 - 3 StR 133/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: 1. Zur Verfahrensrüge Nr. 7. des Angeklagten C. Zwar hat das Landgericht den Beweisantrag auf Vernehmung der Geschädigten des Raubüberfalls vom 23. Januar 2007 in L. rechtsfehlerhaft mit der Begründung zurückgewiesen, die Beweisbehauptungen seien aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt, sodass es sich in Wahrheit um einen nicht ernstlich gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handele. Der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Nach dem Ergebnis der von der Strafkammer durchgeführten Beweisaufnahme wurde bei dem Raubüberfall keine Beute gemacht. Aus dem verlesenen DNA-Gutachten ergibt sich, dass die Angeklagten V. und P. als Mitverursacher der am Tatort sichergestellten Spuren ausscheiden (UA S. 146). 2. Zur Sachrüge des Angeklagten V. Das Landgericht hat den Angeklagten im Ergebnis zu Recht wegen Raubes mit Todesfolge (§ 251 StGB) verurteilt. Es bestehen Bedenken, ob dem Angeklagten V. das vorsätzliche Erschießen der Opfer F. und W. durch den Mitangeklagten C. , der nach dem gemeinsamen Tatplan die geladene Selbstladepistole lediglich zur Drohung verwenden sollte, über die Grundsätze der "sukzessiven Mittäterschaft" deshalb zugerechnet werden kann, weil er sich nach der von ihm erkannten Tötung weiter an der Durchführung des Raubüberfalls beteiligte. Gegen die Rechtsprechung, die dies bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 - 1 StR 301/07, NStZ 2008, 280), werden von der Literatur Einwendungen von Gewicht erhoben (Walter NStZ 2008, 548, 553 f.; Schünemann in LK 12. Aufl. § 25 Rn. 197 ff.). Der Senat muss die Rechtsfrage nicht entscheiden ; denn die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch mit einer anderen Begründung. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt (UA S. 182), schob der Angeklagte nach dem von ihm erkannten Mittäterexzess des Mitangeklagten C. seine ursprünglichen Bedenken hinsichtlich des Einsatzes der Schusswaffe beiseite und billigte weitere von ihm als möglich erachtete Gewalthandlungen mit der geladenen Pistole. Damit hat sich sein geänderter bedingter Vorsatz auf den Einsatz der Schusswaffe gegen die bis dahin noch nicht schwerwiegend verletzten fünf weiteren Opfer erstreckt. Er hat hinsichtlich des Todes dieser Menschen im Sinne des § 251 StGB leichtfertig gehandelt, weil sich ihm wegen des sofortigen Waffeneinsatzes gegen die ersten Opfer F. und W. kurz zuvor die vorsätzliche Tötung der weiteren Opfer durch den Mitangeklagten C. als nahe liegende Möglichkeit aufdrängte. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht bei der Strafzumessung nicht vom Strafrahmen des § 251 StGB, sondern von dem des § 250 Abs. 2 StGB ausgegangen ist (UA S. 204 f.). 3. Zu den Rügen der Angeklagten hinsichtlich § 21 StGB Die Bejahung einer verminderten Steuerungsfähigkeit der Angeklagten C. , D. und V. wegen der kurz vor dem Raubüberfall konsumierten Drogen schied schon nach den Grundsätzen der "actio libera in causa" aus. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.