Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2012 - 2 StR 6/12

bei uns veröffentlicht am18.04.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 6/12
vom
18. April 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. April 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. August 2011 in den Fällen II. 22 und 26 mit den zugehörigen Feststellungen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen (Fälle II. 21-23) sowie versuchten Betrugs (Fall II. 26) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
2
Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 22 wegen Diebstahls verurteilt hat, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bestand der Tatbeitrag des Angeklagten darin, dem gutgläubigen Spediteur auf Weisung des unbekannten Mittäters "Sa. " bei Übergabe des Radladers am vereinbarten Treffpunkt in V. gefälschte Papiere auszuhändigen und den Frachtbrief auszufüllen, nachdem der zugehörige Radlader bereits in der vorangegangenen Nacht von unbekannten Tätern in W. gestohlen worden war. Der Diebstahl war zum Zeitpunkt der Tathandlung des Angeklagten bereits beendet, da der Radlader aus dem räumlichen Bereich des Entwendungsorts entfernt worden war und Rückholaktivitäten des Eigentümers nicht mehr zu erwarten waren (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 242 Rn. 54). Insoweit scheidet eine Strafbarkeit wegen einer Diebstahlstat des Angeklagten aus; die Beteiligung des Angeklagten könnte daher lediglich als Hehlerei in der Form der Absatzhilfe (§ 259 Abs. 1 4. Var. StGB) zu werten sein. Da der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts aber nicht abschließend prüfen kann, ob sämtliche Voraussetzungen der Hehlerei, insbesondere die subjektive Tatseite, vorliegen, sieht sich der Senat an einer Schuldspruchänderung gehindert. Dies führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 22, wobei der neue Tatrichter auch zu prüfen haben wird, ob abweichend von den bisherigen Feststellungen eine Beteiligung des Angeklagten an der Vortat vorliegt.
4
2. Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs im Fall II. 26 begegnet rechtlichen Bedenken. Insoweit bestand der Tatbeitrag des Angeklagten darin, die von dem Mitangeklagten M. in betrügerischer Absicht angemieteten Baumaschinen zum Zwecke der Verschiebung in den Balkan zu verladen. Die Betrugstat war zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht beendet , da ein endgültiger Vermögensschaden noch nicht eingetreten war (vgl. Fischer, aaO, § 263 Rn. 201), so dass das Landgericht das Handeln des Ange- klagten - insoweit zutreffend - als Beteiligung an der Betrugstat gewertet hat. Die (bisherigen) Feststellungen tragen jedoch nicht die Verurteilung wegen mittäterschaftlicher Beteiligung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt Mittäterschaft vor, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Verhalten fremdes tatbestandsverwirklichendes Tun nicht bloß fördern will, sondern sein Beitrag im Sinne gleichgeordneten arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer gemeinschaftlichen Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen. Ob dies der Fall ist, ist in wertender Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände, insbesondere des eigenen Interesses am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft bzw. dem Willen dazu (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 3 StR 446/11) zu beurteilen.
5
Das Landgericht, das eine ausdrückliche Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme nicht vorgenommen hat, hat weder einen gemeinsamen Willensentschluss noch eine Tatausführung im gegenseitigen Einverständnis zwischen dem Angeklagten und dem Mitangeklagten M. festgestellt. Soweit es der Verurteilung des Angeklagten als Beteiligungshandlung allein das Verladen der Baumaschinen und damit lediglich einen untergeordneten Tatbeitrag zugrunde gelegt hat, spricht auch dies gegen eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten und für eine Einordnung der Tat lediglich als Beihilfe. Doch kann der Senat letztlich nicht ausschließen, dass weitergehende Feststellungen zur Begründung täterschaftlichen Handelns getroffen werden können. Aus diesem Grund sieht der Senat von einer Schuldspruchänderung ab und hebt auch die Verurteilung im Fall II. 26 insgesamt auf.
6
3. Die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 22 und 26 zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
Ernemann Fischer Berger Krehl Eschelbach

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2012 - 3 StR 446/11

bei uns veröffentlicht am 14.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 446/11 vom 14. Februar 2012 in der Strafsache gegen wegen Mordes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Februar 2012 ge

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 446/11
vom
14. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Februar 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 28. Juli 2011 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat; jedoch wird der Urteilstenor dahin ergänzt, dass der Angeklagte unter Einbeziehung der Urteile des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 7. Mai 2009 (127 Ls - 602 Js 1728/085 /09) und vom 29. März 2010 (126 Ls - 601 Js 2287/09-87/09) zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen" versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls und "gemeinschaftlichen" Mordes in Tateinheit mit "gemeinschaftlichem" Raub mit Todesfolge unter Einbeziehung "der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 29.03.2010, Az. 126 Ls -601 Js 2287/09-87/09" zu einer Einheitsjugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der dieser die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Mit Blick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts zur Verurteilung wegen Raubes mit Todesfolge bemerkt der Senat ergänzend, dass ein Schuldspruch wegen einer vollendeten Tat nach § 251 StGB nicht allein deshalb ausscheidet, weil das Opfer im Zeitpunkt der Wegnahme an den Folgen der Raubhandlung bereits verstorben war (BGH, Beschluss vom 18. August 2009 - 5 StR 227/09, NStZ 2010, 33).
3
Das Landgericht hat allerdings übersehen, dass bei der Bildung einer Einheitsjugendstrafe dann, wenn in die einzubeziehende Entscheidung bereits eine frühere Entscheidung einbezogen worden war, beide Entscheidungen erneut formell einzubeziehen und im Urteilstenor entsprechend zu kennzeichnen sind. Der Senat holt dies in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nach und ergänzt den Urteilstenor entsprechend.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer