Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 458/03
vom
7. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Mai 2004 gemäß
§§ 44 f., 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Beschluß des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Oktober 2003, mit dem die Revision des Angeklagten, soweit sie von Rechtsanwalt E. (Freiburg) eingelegt wurde, als unzulässig kostenpflichtig verworfen wurde, wird aufgehoben. 2. Der Antrag des Angeklagten, ihm gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juli 2003, soweit sie von Rechtsanwalt E. mit Schreiben vom 1. Oktober 2003 begründet wurde, Wiedereinsetzung zu gewähren, wird zurückgewiesen. 3. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil dahin ergänzt, daß die in dieser Sache im Vereinigten Königreich erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 auf die hier verhängte Strafe angerechnet wird. 4. Die weitergehende Revision wird verworfen. 5. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreib ens mit Kokain in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Von beiden Wahlverteidigern wurde rechtzeitig Revision eingelegt, von Rechtsanwalt G. auch rechtzeitig mit der Sachrüge begründet. Dieser hat nach Ablauf der Frist auch die Verletzung formellen Rechts gerügt. Rechtsanwalt E. hat verspätet die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 13. Oktober 2003 di e Revision des Angeklagten, soweit sie von Rechtsanwalt E. (Freiburg) eingelegt wurde , als unzulässig kostenpflichtig verworfen. Hiergegen hat Rechtsanwalt E. binnen Wochenfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlu ßformel ersichtlichen geringen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war zu verwerfen. Auch wenn die Revision des Angeklagten von zwei Verteidig ern eingelegt und begründet wurde, handelt es sich doch um ein einheitliches Rechtsmittel. Da dieses Rechtsmittel von Rechtsanwalt G. form- und fristgerecht mit der Sachrüge begründet wurde, kommt eine Wiedereinsetzung zur Nachholung
von Verfahrensrügen nicht in Betracht. Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt, daß hier kein Fall gegeben ist, der zu einer Ausnahme drängen würde. Der Fall, daß zwei Verteidiger gleichzeitig tätig sind , ist nicht anders zu beurteilen, wie ein Tätigwerden nacheinander (vgl. auch BGH, Beschluß vom 3. April 2002 - 2 StR 75/02; BGH, Beschluß vom 8. Mai 2002 - 3 StR 8/02; BGH, Beschluß vom 19. November 2002 - 3 StR 372/02 und BGH, Beschluß vom 7. März 2003 - 2 StR 475/02). Die Verfahrensrügen, die nach Prüfung durch den Senat auch in der Sache keinen Erfolg gehabt hätten, sind danach - weil verspätet - unzulässig erhoben.

III.

Der Beschluß des Landgerichts vom 13. Oktober 2003 war au fzuheben. Da es sich um ein einheitliches Rechtsmittel des Angeklagte n handelt, war der Tatrichter nicht befugt, einen Teil der Revision des Angeklagten als unzulässig zu verwerfen.

IV.

Die Urteilsformel war dahin zu ergänzen, daß die in d ieser Sache im Vereinigten Königreich erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 auf die hier verhängte Strafe angerechnet wird. Im Hinblick darauf, daß bei Freiheitsentziehung im Vereinigten Königreich - zumal da keine Anhaltspunkte für erschwerende Haftbedingungen ersichtlich sind - nur ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 in Betracht kommt (vgl. auch BGH, Beschluß vom 19. Februar 1997 - 5
StR 33/97 = NStZ 97, 327; Senatsbeschlüsse vom 9. Mai 2001 - 2 StR 130/01 und vom 26. September 2001 - 2 StR 368/01) hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt.

V.

Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten - auch nur teilweise - von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (vgl. u.a. Senatsbeschluß vom 9. Mai 2001 - 2 StR 130/01). Bode Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 75/02
vom
3. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. April 2002 gemäß
§§ 46, 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten A. T. , ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Revisionsbegründungsfrist nicht versäumt, sondern durch Erhebung der Sachrüge mit Schriftsatz des Rechtsanwalts W. vom 2. September 2001 gewahrt. Die Frist, deren Lauf vom Anwaltswechsel des Angeklagten unberührt blieb, endete mit dem 26. November 2001. Die mit Schriftsatz des Rechtsanwalts S. vom 10. Dezember 2001 erhobenen Verfahrensrügen sind deshalb verspätet. Zu ihrer Nachholung kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Angeklagten ist jedenfalls unbegründet. Zwar kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen ausnahmsweise dann erfolgen, wenn dem Verteidiger des Beschwerdeführers trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Aktenkenntnis nicht begründet werden können (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 4, 5, 7, 10, 12). Diese Voraussetzungen sind indessen nicht gegeben. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 27. August 2001 wird als unbegründet ver- worfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jähnke Detter Bode Otten Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 130/01
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Mai 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 26. Oktober 2000 dahin ergänzt, daß die in dieser Sache in England erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 auf die hier verhängte Strafe angerechnet wird. Im übrigen wird seine Revision als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Die Urteilsformel bedarf der Ergänzung hinsichtlich der Anrechnung und des Anrechnungsmaßstabes der vom Angeklagten in dieser Sache in England erlittenen Freiheitsentziehung (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Dies muß in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. nur BGHSt 27, 287, 288). Im Hinblick darauf, daß bei Freiheitsentziehung in England - zumal da keine Anhaltspunkte für erschwerende Haftbedingungen ersichtlich sind - nur ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 in Betracht kommt (vgl. auch BGH, Beschluß vom 19. Februar
1997 - 5 StR 33/97), hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten - teilweise - von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Eine Erstattung der der Nebenklägerin durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen findet jedoch nicht statt, da deren Revision ebenfalls erfolglos geblieben ist (vgl. BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung

1).

Das angefochtene Urteil, das auf über 80 Seiten unter anderem den Inhalt der Zeugenaussagen und die Darlegungen der Sachverständigen referiert, gibt Anlaß zu folgendem Hinweis: Die schriftlichen Urteilsgründe dienen nicht dazu, alles das zu dokumentieren , was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben worden ist. Sie sollen nicht etwa das vom Gesetzgeber abgeschaffte Protokoll über den Inhalt von Angeklagten-, Zeugen- und Sachverständigenäußerungen ersetzen, sondern vielmehr das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung auf Rechtsfehler hin ermöglichen. Eine umfängliche Wiedergabe der Zeugenaussagen in den Urteilsgründen ohne Bezug zu den Einzelheiten der Beweiswürdigung ist deshalb regelmäßig verfehlt. Eine bloße Wiedergabe der Zeugenaussagen ersetzt nicht die Würdigung der Beweise. Sie kann unter - hier allerdings nicht gegebenen - Umständen sogar den Bestand des Urteils gefährden, wenn die Besorgnis besteht, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Be-
weise könne die gebotene eigenverantwortliche Würdigung ersetzen (vgl. zu allem u.a. BGH,
Beschlüsse vom 20. September 2000 - 3 StR 287/00; vom 29. August 2000 - 5 StR 364/00; vom 26. Mai 2000 - 3 StR 165/00; vom 7. Juli 1998 - 4 StR 252/98 und vom 23. April 1998 - 4 StR 106/98 jeweils m.w.N.). Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 130/01
vom
9. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 9. Mai 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 26. Oktober 2000 dahin ergänzt, daß die in dieser Sache in England erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 auf die hier verhängte Strafe angerechnet wird. Im übrigen wird seine Revision als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Die Urteilsformel bedarf der Ergänzung hinsichtlich der Anrechnung und des Anrechnungsmaßstabes der vom Angeklagten in dieser Sache in England erlittenen Freiheitsentziehung (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Dies muß in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. nur BGHSt 27, 287, 288). Im Hinblick darauf, daß bei Freiheitsentziehung in England - zumal da keine Anhaltspunkte für erschwerende Haftbedingungen ersichtlich sind - nur ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 in Betracht kommt (vgl. auch BGH, Beschluß vom 19. Februar
1997 - 5 StR 33/97), hat der Senat auf Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst bestimmt. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten - teilweise - von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Eine Erstattung der der Nebenklägerin durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen findet jedoch nicht statt, da deren Revision ebenfalls erfolglos geblieben ist (vgl. BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung

1).

Das angefochtene Urteil, das auf über 80 Seiten unter anderem den Inhalt der Zeugenaussagen und die Darlegungen der Sachverständigen referiert, gibt Anlaß zu folgendem Hinweis: Die schriftlichen Urteilsgründe dienen nicht dazu, alles das zu dokumentieren , was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben worden ist. Sie sollen nicht etwa das vom Gesetzgeber abgeschaffte Protokoll über den Inhalt von Angeklagten-, Zeugen- und Sachverständigenäußerungen ersetzen, sondern vielmehr das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung auf Rechtsfehler hin ermöglichen. Eine umfängliche Wiedergabe der Zeugenaussagen in den Urteilsgründen ohne Bezug zu den Einzelheiten der Beweiswürdigung ist deshalb regelmäßig verfehlt. Eine bloße Wiedergabe der Zeugenaussagen ersetzt nicht die Würdigung der Beweise. Sie kann unter - hier allerdings nicht gegebenen - Umständen sogar den Bestand des Urteils gefährden, wenn die Besorgnis besteht, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Be-
weise könne die gebotene eigenverantwortliche Würdigung ersetzen (vgl. zu allem u.a. BGH,
Beschlüsse vom 20. September 2000 - 3 StR 287/00; vom 29. August 2000 - 5 StR 364/00; vom 26. Mai 2000 - 3 StR 165/00; vom 7. Juli 1998 - 4 StR 252/98 und vom 23. April 1998 - 4 StR 106/98 jeweils m.w.N.). Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf