Bundesgerichtshof Beschluss, 23. März 2001 - 2 StR 449/00
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, einen Geldbetrag von 6.350 DM für verfallen erklärt und das bei dem Angeklagten sichergestellte Rauschgift eingezogen. Die hiergegen eingelegte Revision hat mit einer Verfahrensrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet i.S. von § 349 Abs. 2 StPO. Zur Rüge der Verletzung des § 261 StPO hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat ausgeführt:"Das Landgericht hat seine Überzeugung von dem Wirkstoffgehalt der sichergestellten Betäubungsmittel (UA S. 10) nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft (BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 10, 19). Die Revision beanstandet zu Recht, dass in der Hauptverhandlung weder die Gutachten des Hessischen Landeskriminalamts vom 1. Februar und 7. Dezember 1999 über die Wirkstoffanteile der Betäubungsmittel gemäß § 256 Abs. 1 StPO verlesen noch deren Verfasser oder ein sonstiger Angehöriger der genannten Behörde als Sachverständiger gehört wurde. Die Gutachten sind auch nicht auf eine andere zulässige Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Zwar wurden ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Berichterstatters (Band IV Blatt 515 d.A.) mit dem Kriminalbeamten Sch. auch die Position des Gutachtens des Hessischen Landeskriminalamtes vom 1. Februar 1999 erörtert. Ausweislich dieser dienstlichen Erklärung wurden dem Polizeibeamten jedoch die festgestellten einzelnen Wirkstoffanteile nicht vorgehalten. Unbeschadet dessen können die Wirkstoffanteile als Befundtatsachen in zulässiger Weise nur im Wege der Gutachtenerstattung durch den Sachverständigen in der Hauptverhandlung oder durch Verlesung nach § 256 Abs. 1 StPO ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt werden (KKEngelhardt StPO 4. Auflage § 261 Rdn. 26 m.w.N.; BGHR aaO Inbegriff der Verhandlung 10). Der Zeuge Sch. konnte hingegen zu den Befundtatsachen keine Angaben machen. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils nicht nur im Straf-, sondern auch im Schuldspruch, weil die Höhe des - im Falle der Heroinzubereitung zudem vom Landgericht unzutreffend berechneten (UA S. 10) - Wirkstoffanteils für die Frage von Bedeutung ist, ob der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 BtMG erfüllt ist.
Die Feststellungen können jedoch mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffgehalt der sichergestellten Betäubungsmittel aufrecht erhalten werden, weil nur die Letztgenannten von dem Verfahrensfehler berührt sind. Die Feststellungen, dass es sich um Heroin- und Kokainzubereitung gehandelt hat, beruhen, wie sich aus den Urteilsgründen und der dienstlichen Erklärung des Berichterstatters ergibt, auf den Aussagen der Kriminalbeamten St., H., R. und Sch." Dem tritt der Senat bei. Jähnke Detter Bode Rothfuß Fischer
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Referenzen - Gesetze
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Verlesen werden können
- 1.
die ein Zeugnis oder ein Gutachten enthaltenden Erklärungen - a)
öffentlicher Behörden, - b)
der Sachverständigen, die für die Erstellung von Gutachten der betreffenden Art allgemein vereidigt sind, sowie - c)
der Ärzte eines gerichtsärztlichen Dienstes mit Ausschluss von Leumundszeugnissen,
- 2.
unabhängig vom Tatvorwurf ärztliche Atteste über Körperverletzungen, - 3.
ärztliche Berichte zur Entnahme von Blutproben, - 4.
Gutachten über die Auswertung eines Fahrtschreibers, die Bestimmung der Blutgruppe oder des Blutalkoholgehalts einschließlich seiner Rückrechnung, - 5.
Protokolle sowie in einer Urkunde enthaltene Erklärungen der Strafverfolgungsbehörden über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben und - 6.
Übertragungsnachweise und Vermerke nach § 32e Absatz 3.
(2) Ist das Gutachten einer kollegialen Fachbehörde eingeholt worden, so kann das Gericht die Behörde ersuchen, eines ihrer Mitglieder mit der Vertretung des Gutachtens in der Hauptverhandlung zu beauftragen und dem Gericht zu bezeichnen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.