Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2002 - 2 ARs 272/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Durch Beschluß vom 14. März 2002 erklärte sich das Landgericht Magdeburg hinsichtlich des Rehabilitierungsantrags für örtlich unzuständig und verwies die Sache an das Landgericht Berlin. Das Landgericht Berlin erklärte sich durch Beschluß vom 22. Juli 2002 ebenfalls für unzuständig und legte die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit vor. Der Bundesgerichtshof ist gemäß §§ 2, 15 StrRehaG i. V. m. § 14 StPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen. Zur Sache führt der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 20. August 2002 aus: "I. Der Antragsteller übersiedelte im Juli 1978 von der Bundesrepublik Deutschland in die DDR. Er trägt vor, er habe im Zusammenhang mit dieser Übersiedelung sich auf Veranlassung der DDR-Behörden unter haftähnlichen Bedingungen in Durchgangs- bzw. Aufnahmelagern in S. und Ba. sowie einem "Gefängnis der Stasi" in B. aufhalten müssen, wobei er ständig von Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes der DDR verhört worden sei.Aus der von der Bezirksverwaltung Magdeburg des Staatssicherheitsdienstes der DDR angelegten Beiakte ergibt sich, dass der Antragsteller am 31. Juli 1978 zunächst das zentrale Aufnahmeheim des Ministeriums des In- nern der DDR in S. und am 01. August 1978 in das zentrale Aufnahmeheim des Ministeriums des Innern in Ba. verbracht wurde. Am 03. August 1978 wurde er in das NVA-Heim in B. überführt, wo er bis zum 12. September 1978 verblieb und sodann in das zentrale Aufnahmeheim Ba. zurück verlegt wurde, wo er sich bis zum 10. Oktober 1978 aufhielt. Ausweislich der Beiakte wurde der Antragsteller mehrfach von Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes der DDR verhört. Am 30. Oktober 1978 wurde seinem Antrag zur Aufnahme in die DDR stattgegeben.
II.
Der Antragsteller trägt vor, an den von ihm genannten Orten auf Veranlassung von DDR-Behörden einem Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne des § 2 Abs. 2 StrRehaG ausgesetzt gewesen zu sein und begehrt Ausgleichsleistungen nach Abschnitt 3 dieses Gesetzes, sodass der Anwendungsbereich des VwRehaG nicht berührt ist.III.
Das für die Entscheidung über den Antrag zuständige Gericht bestimmt sich nach dem über § 2 Abs. 1 StrRehaG entsprechend anwendbaren § 8 Abs. 1 StrRehaG. Danach ist das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk die freiheitsentziehende Anordnung getroffen wurde. Aus dem Antrag ergibt sich hierzu nichts. Der Beiakte ist zu entnehmen, dass mit dem Vorgang die Bezirksverwaltungen M. , Ge. und E. des Staatssicherheitsdienstes, die Hauptabteilung I des Ministeriums für Staatssicherheit in B. sowieDienststellen außerhalb des Bereichs des Staatssicherheitsdienstes befasst waren. Hinreichend sichere Feststellungen darüber, an welchem Ort und durch welche Dienststellen die von dem Antragsteller geltend gemachten haftähnlichen freiheitsentziehenden Maßnahmen in S. , Ba. und B. angeordnet wurden, lassen sich aus den Akten nicht treffen. In Fällen, in welchen sich die Maßnahmen nicht eindeutig einer bestimmten Behörde zuordnen lassen, ist zuständigkeitsbegründend der Ort, an dem die Maßnahme stattgefunden hat (Pfister/Mütze Kommentar zum Rehabilitierungsrecht § 8 StrRehaG Rdn. 10; Bruns/Schröder/Tappert StrRehaG § 8 Rdn. 8). Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die geltend gemachten haftähnlichen Freiheitsentziehungen an verschiedenen Orten, nämlich in S. , B. und Ba. stattgefunden haben. Nach den Grundsätzen der Senatsentscheidung 2 ARs 163/00 vom 12. Juli 2000 ist dann der Ort maßgebend, an dem die letzte freiheitsentziehende Maßnahme durchgeführt wurde (vgl. auch Pfister/Mütze aaO Rdn. 9). Dies ermöglicht bei freiheitsentziehenden Maßnahmen an wechselnden Orten einen eindeutigen Anknüpfungspunkt. Daraus folgt die Zuständigkeit des Landgerichts Magdeburg, weil sich der Antragsteller zuletzt im zentralen Aufnahmeheim in Ba. befunden hatte. Dem steht nicht entgegen, dass ausweislich der Beiakte sich der Antragsteller nach dem 10. Oktober 1978 zumindest bis zu der Entscheidung über seinen Aufnahmeantrag am 30. Oktober 1978 im Bezirksheim G. aufgehalten hat, weil er nicht vorträgt, auch dort Maßnahmen im Sinne des § 2 StrRehaG ausgesetzt gewesen zu sein und sich Gegenteiliges auch nicht aus der Beiakte ergibt. Die Zuständigkeit des Landgerichts Magdeburg würde sich auch dann ergeben, wenn die Beiakte dahin ausgelegt würde, dass alle freiheitsentzie-
henden Maßnahmen in der Verantwortung der Bezirksverwaltung M.
des Staatssicherheitsdienstes lagen, weil diese Dienststelle den Aktenvorgang sowohl angelegt als auch abgeschlossen hat (Bl. 1 d.BA)." Dem schließt sich der Senat an. Bode Detter Rothfuß Fischer Elf
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(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.
(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.
Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.
(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.
(1) Für die Entscheidung nach § 1 ist das Bezirksgericht oder das an dessen Sitz errichtete Landgericht zuständig, in dessen Bezirk nach Maßgabe der Bezirksgerichtsgrenzen vom 3. Oktober 1990 das erstinstanzliche Strafverfahren oder das Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist. Soweit in erster Instanz das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik entschieden hat, ist das Landgericht Berlin zuständig.
(2) Hat sich der Gerichtsbezirk nach Erlass der angegriffenen Entscheidung geändert, bleibt das Gericht örtlich zuständig, das zum Zeitpunkt des Ergehens der angegriffenen Entscheidung nach Absatz 1 zuständig gewesen wäre.
(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.
(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.