Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2000 - 2 ARs 163/00


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde am 17. Mai 1971 von Mitarbeitern des MfS wegen des dringenden Tatverdachts des Vertrauensmißbrauchs und der unbefugten Offenbarung vorläufig festgenommen und auf Grund des Haftbefehls des Stadtbezirksgerichts Berlin-Mitte vom 18. Mai 1971 in Untersuchungshaft genommen. Auf Anordnung des Generalstaatsanwaltes der DDR fanden mehrere Durchsuchungen statt, bei denen verschiedene Gegenstände des Betroffenen beschlagnahmt wurden, unter anderem auch sein Pkw Moskwitsch. Am 22. Juni 1972 gab der bisher die Ermittlungen führende Generalstaatsanwalt der DDR in Berlin die Strafsache an die Staatsanwaltschaft des Bezirks Halle ab mit dem Ersuchen, die Anklage vor dem 1. Strafsenat des dortigen Bezirksgerichtes zu erheben. Der Staatsanwalt des Bezirkes Halle stellte am 17. Oktober 1972 das Ermittlungsverfahren auf der Grundlage des Beschlusses des Staatsrates über eine Amnestie anläßlich des 23. Jahrestages der Gründung der DDR ein. Der Antragsteller wurde am 31. Oktober 1972 aus der Haft entlassen.Am 26. Juni 1973 wurde vom Staatsanwalt des Bezirkes Cottbus an das Bezirksgericht - 1. Strafsenat - Cottbus der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Verfahrens zur Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände gestellt. Durch rechtskräftiges Urteil vom 19. Juli 1973 wurde die Einziehung angeordnet.
II.
Der Betroffene begehrt mit seinem Rehabilitierungsantrag vom 16. Mai 1994 beim Landgericht Cottbus u.a. Haftentschädigung, Anrechnung der Haftzeit auf die Rente und Schadensersatz für den eingezogenen Pkw und andere Sachwerte. Das Landgericht Cottbus gab das Verfahren im März 1995 an das Landgericht Halle ab. Dieses teilte dem Antragsteller mit, daß es sich mit der Rehabilitierung hinsichtlich des eingestellten Ermittlungsverfahrens befasse und daß bezüglich der Einziehung von Gegenständen der Vorgang wieder nach Cottbus abgegeben werde, wenn das hiesige Verfahren abgeschlossen sei. Durch Beschluß vom 25. September 1997 erklärte sich das Landgericht Halle "hinsichtlich des Rehabilitierungsantrages des Betroffenen bezüglich des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, insbesondere den Haftbefehl des Stadtbezirksgerichtes Berlin-Mitte vom 18. Mai 1971 (HSC-48/71) betreffend" für unzuständig und gab die Sache insoweit an das Landgericht Berlin ab. Durch Beschluß vom 26. April 2000 erklärte sich das Landgericht Berlin ebenfalls für unzuständig und legte die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vor.III.
Der Bundesgerichtshof ist gemäß § 15 StrRehaG i.V.m. § 14 StPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen.Die beteiligten Landgerichte Berlin und Halle streiten sich ausschließlich um die Zuständigkeit für den Rehabilitierungsantrag hinsichtlich des eingestellten Ermittlungsverfahrens. Über die Zuständigkeit für den Rehabilitierungsantrag bezüglich des selbständigen Einziehungsverfahrens ist daher nicht zu befinden. Über den Rehabilitierungsantrag hinsichtlich des Ermittlungsverfahrens hat das Landgericht Halle zu entscheiden. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG ist für die Rehabilitierungsentscheidung das Bezirksgericht oder das an dessen Sitz errichtete Landgericht zuständig, in dessen Bezirk nach Maßgabe der Bezirksgerichtsgrenzen vom 3. Oktober 1990 das erstinstanzliche Strafverfahren oder das Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist. Das Ermittlungsverfahren wurde hier sowohl im Bezirk des Landgerichts Berlin als auch in dem des Landgerichts Halle durchgeführt. Hat der Ort des Ermittlungsverfahrens gewechselt, so kommt es auf den Ort an, in dem das Ermittlungsverfahren beendet worden ist (vgl. Pfister/Mütze Kommentar zum Rehabilitierungsrecht § 8 StrRehaG Rdn. 9 m.w.N.). Zutreffend weist der Generalbundesanwalt darauf hin, daß dadurch bei möglicherweise auch mehrfachen Abgaben des Ermittlungsverfahrens ein eindeutiger Anknüpfungspunkt gegeben ist.
Da im Bezirk Halle das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde, ist demgemäß das Landgericht Halle zuständig. Jähnke Niemöller Otten Rothfuß Fischer


Annotations
Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend.
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Für die Entscheidung nach § 1 ist das Bezirksgericht oder das an dessen Sitz errichtete Landgericht zuständig, in dessen Bezirk nach Maßgabe der Bezirksgerichtsgrenzen vom 3. Oktober 1990 das erstinstanzliche Strafverfahren oder das Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist. Soweit in erster Instanz das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik entschieden hat, ist das Landgericht Berlin zuständig.
(2) Hat sich der Gerichtsbezirk nach Erlass der angegriffenen Entscheidung geändert, bleibt das Gericht örtlich zuständig, das zum Zeitpunkt des Ergehens der angegriffenen Entscheidung nach Absatz 1 zuständig gewesen wäre.