Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2011 - 2 ARs 19/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Gegen den Verurteilten ist durch Urteil des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 2. Oktober 2007 inVerbindung mit dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. April 2009 eine Jugendstrafe bei Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2010 hat das Amtsgericht Neustadt am Rübenberge die Sache an das Amtsgericht Vechta abgegeben , denn der Verurteilte befand sich in der Justizvollzugsanstalt Vechta zur Vollstreckung einer weiteren Jugendstrafe. Das Amtsgericht Vechta hat die Übernahme abgelehnt. Das Amtsgericht Neustadt am Rübenberge hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
- 2
- Der Bundesgerichtshof ist als gemeinsames oberes Gericht nach § 14 StPO i.V.m. § 2 JGG zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen, weil die Amtsgerichte Neustadt am Rübenberge und Vechta im Zuständigkeitsbe- reich verschiedener Oberlandesgerichte liegen (Oberlandesgerichte Celle und Oldenburg).
- 3
- Für die nachträglichen Entscheidungen im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung ist der Jugendrichter bei dem Amtsgericht Vechta zuständig, weil die einheitliche Festsetzung einer Jugendstrafe nach § 31 JGG in Betracht kommt, deren Festsetzung dem Vollstreckungsleiter obliegt (§ 66 Abs. 2 Satz 4 JGG).
Annotations
Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.
(1) Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.
(2) Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Auch wenn ein Jugendlicher mehrere Straftaten begangen hat, setzt das Gericht nur einheitlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe fest. Soweit es dieses Gesetz zuläßt (§ 8), können ungleichartige Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel nebeneinander angeordnet oder Maßnahmen mit der Strafe verbunden werden. Die gesetzlichen Höchstgrenzen des Jugendarrestes und der Jugendstrafe dürfen nicht überschritten werden.
(2) Ist gegen den Jugendlichen wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig die Schuld festgestellt oder eine Erziehungsmaßregel, ein Zuchtmittel oder eine Jugendstrafe festgesetzt worden, aber noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so wird unter Einbeziehung des Urteils in gleicher Weise nur einheitlich auf Maßnahmen oder Jugendstrafe erkannt. Die Anrechnung bereits verbüßten Jugendarrestes steht im Ermessen des Gerichts, wenn es auf Jugendstrafe erkennt. § 26 Absatz 3 Satz 3 und § 30 Absatz 1 Satz 2 bleiben unberührt.
(3) Ist es aus erzieherischen Gründen zweckmäßig, so kann das Gericht davon absehen, schon abgeurteilte Straftaten in die neue Entscheidung einzubeziehen. Dabei kann es Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel für erledigt erklären, wenn es auf Jugendstrafe erkennt.
(1) Ist die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe (§ 31) unterblieben und sind die durch die rechtskräftigen Entscheidungen erkannten Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Strafen noch nicht vollständig ausgeführt, verbüßt oder sonst erledigt, so trifft der Richter eine solche Entscheidung nachträglich. Dies gilt nicht, soweit der Richter nach § 31 Abs. 3 von der Einbeziehung rechtskräftig abgeurteilter Straftaten abgesehen hatte.
(2) Die Entscheidung ergeht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil, wenn der Staatsanwalt es beantragt oder der Vorsitzende es für angemessen hält. Wird keine Hauptverhandlung durchgeführt, so entscheidet der Richter durch Beschluß. Für die Zuständigkeit und das Beschlußverfahren gilt dasselbe wie für die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe nach den allgemeinen Vorschriften. Ist eine Jugendstrafe teilweise verbüßt, so ist der Richter zuständig, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.