Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2001 - 1 StR 98/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in 50 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten , die die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat teilweise Erfolg. Der Angeklagte betrieb gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten A. ein Animierlokal in N. . Beide ließen tschechische und ungarische Frauen in ihren Heimatländern als Animierdamen und Stripteasetänzerinnen anwerben, nach Deutschland bringen und beschäftigten sie in ihrem Lokal. Die Frauen reisten ohne vorherigen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung nach Deutschland ein und beantragten oder besaßen auch während der Dauer ihrer Beschäftigung in dem Lokal weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Duldung oder eine Arbeitserlaubnis. 1. Der Senat hat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts beschränkt und von der Ahndung der Taten des Angeklagten wegen bandenmäßiger Begehung abgesehen (gemäß § 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO). Unter den hier gegebenen Umständen werden sich die dem Strafrahmen für das gewerbs- und bandenmäßige Einschleusen von Ausländern (§ 92b Abs. 1 AuslG) entnommenen Strafen von den nach § 92a Abs. 2 AuslG wegen lediglich gewerbsmäßiger Tatbegehung verhängbaren und nunmehr zu erwartenden Freiheitsstrafen nicht beträchtlich abheben; die festgestellten, für die Straffindung im einzelnen bestimmenden Umstände werden auch bei der neuerlichen Strafzumessung entsprechend zu berücksichtigen sein. Das gilt auch hinsichtlich der erneut zu bildenden Gesamtstrafe.
Die Beschränkung der Strafverfolgung ist im Blick auf den Beschluß des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 - GSSt 1/00 - erfolgt, dessen schriftliche Begründung derzeit noch nicht vorliegt. Danach setzt der Begriff der Bande unter anderem den Zusammenschluß von mindestens drei Personen voraus. Überdies begegnet die Würdigung, der Mitangeklagte D. s ei später zu der vom Landgericht angenommenen, zunächst aus dem früheren Angeklagten A. und dem Angeklagten bestehenden Bande hinzugetreten, rechtlichen Bedenken. Es erscheint fragwürdig, ob sie in den Urteilsgründen hinreichend belegt ist. 2. Danach war der Schuldspruch wie geschehen zu ändern. Der geständige Angeklagte hätte sich gegen die ihm günstigere, schon vom bisherigen Schuldspruch umfaßte rechtliche Bewertung nicht anders als geschehen verteidigen können. 3. Die dem Schuldspruch im übrigen zugrundeliegende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Landgerichts begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Einwänden. Insoweit wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen. 4. Die Ä nderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs, da Auswirkungen auf die Bemessung der Einzelstrafen nicht sicher ausschließbar sind. Die insoweit getroffenen Feststellungen können indessen bestehen bleiben; ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter sind statthaft. 5. Eine Erstreckung der Schuldspruchänderung und der Aufhebung des Strafausspruchs auf den Mitangeklagten D. findet nicht statt, weil die Schuldspruchänderung sich aus der Verfolgungsbeschränkung ergibt und die
teilweise Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nicht auf Grund einer Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes erfolgt (§ 357 StPO; vgl. Kuckein in KK, 4. Aufl., § 357 Rdn. 5). Schäfer Nack Boetticher Herr RiBGH Schaal ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Schluckebier Schäfer
Annotations
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.