Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2001 - 1 StR 455/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß aa) der Angeklagte K. der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug in drei Fällen sowie des Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen und bb) der Angeklagte D. der Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen sowie des Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen schuldig sind;
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug - K. in drei Fällen, D. in zwei Fällen - sowie wegen Verschaffens von amtlichen Ausweisen zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt und den Angeklagten D. im übrigen freigesprochen. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte K. beanstandet zudem das Verfahren. Beide Rechtsmittel führen auf die Sachbeschwerde hin im ersten Tatkomplex zu einer Änderung der Schuldsprüche und zur Aufhebung der Strafaussprüche; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Nach den Feststellungen des Landgerichts fertigten die Angeklagten und zwei weitere Mittäter im Tatkomplex I (Herstellen und Verbreiten gefälschter Schecks) als Bande nach den Vorgaben von Hintermännern total gefälschte Schecks über höhere Beträge, die auf die Bayerische Landesbank gezogen waren. Diese sollten nach Absprache über das Bandenmitglied De. an die Hintermänner weitergegeben werden, welche die Schecks einlösen wollten. Vom Erlös hatten diese der Fälscherbande um die Angeklagten einen Anteil von drei Prozent versprochen. Entsprechend verfuhren die Angeklagten in den abgeurteilten Einzelfällen. Die Versuche der Hintermänner , die Schecks einzulösen, scheiterten indessen, weil die Fälschungen noch rechtzeitig erkannt wurden. Das Landgericht hat angenommen, die Angeklagten seien nicht nur Mittäter der Urkundenfälschungen, sondern auch der von den Hintermännern
mittels der gefälschten Schecks ausgeführten Täuschungs- und mithin Betrugsversuche. Das beanstanden die Revisionen zu Recht. Der Annahme von Mittäterschaft bei den Betrugsversuchen steht zwar nicht entgegen, daû die Angeklagten keine eigenen Täuschungshandlungen vorgenommen, sondern durch die Fertigung und Weitergabe der gefälschten Schecks nur die Voraussetzungen für das Handeln der Hintermänner geschaffen haben; auch die Beteiligung an Vorbereitungshandlungen kann Mittäterschaft begründen (BGHSt 40, 299, 301; BGH NStZ 1999, 609). Es fehlt aber an den weiteren Voraussetzungen der Mittäterschaft. Das Landgericht hat festgestellt , daû die Angeklagten - durch De. vermittelt - die "Vorgaben" für die Scheckfälschungen, namentlich "die Scheckdaten" erhielten (UA S. 7). Die erstellten Fälschungen wurden schlieûlich durch De. an die Hintermänner gegeben. Die als Zeugen vernommenen Hintermänner (Kn. und N. ) haben glaubhaft bekundet, ein direkter Kontakt "zu den Leipzigern", also der Gruppe um die Angeklagten, habe nicht bestanden (UA S. 16/17). Diesen Ausführungen und dem Zusammenhang der weiteren Urteilsgründe entnimmt der Senat, daû Planung und Begehung der Betrugstaten , soweit es sich um den Tatort, die Tatzeit und die zu Täuschenden handelte , der Mitwirkung der Angeklagten entzogen waren. Sie hatten nicht das für die Mittäterschaft kennzeichnende "enge Verhältnis" zu den Betrugstaten (vgl. BGHSt 16, 12, 15). Eine gemeinschaftlich begangene Tat erfolgt notwendig auf der Grundlage gemeinsamen Wollens. Hier gab es lediglich eine generelle Absprache. Die Angeklagten wuûten, was mit den gefälschten Schecks geschehen sollte. Eine nähere, mit ihnen abgestimmte Konkretisierung der Betrugstaten ergeben die Urteilsgründe indessen nicht. Vielmehr belegen sie in ihrer Gesamtheit, daû die Angeklagten nach den Plänen ihrer Auftraggeber nicht deren "Partner" bei den in Aussicht genommenen Betrügereien werden sollten.
Sie waren lediglich mit den Vorbereitungsakten der Scheckfälschungen beauftragt , für die sie genaue "Vorgaben" erhielten, während sich das weitere Geschehen ersichtlich ihrem Einfluû entzog (vgl. zu dieser Gestaltung BGH NJW 1985, 1035). Sie spielten also insoweit nur eine untergeordnete Rolle. Das erhellt auch aus der vorgesehenen nur dreiprozentigen Beteiligung am Erlös aus den Betrugstaten. Diese begründete zwar ein eigenes Tatinteresse der Angeklagten , das aber die gegenläufigen Kriterien in ihrem gegen die Annahme von Mittäterschaft sprechenden Gewicht nicht aufzuwiegen vermag. Nach allem ist die Beteiligung der Angeklagten an den Betrugsversuchen lediglich als Beihilfe zu würdigen; das ergibt sich ohne weiteres aus den getroffenen Feststellungen. Da Beihilfe nicht den Willen zu bestimmender Einfluûnahme auf die Haupttat erfordert, sind auch die Anforderungen an deren Konkretisierung geringer als bei der Teilnahmeform der Anstiftung. Es genügt, wenn der Gehilfe weiû, daû seine Handlung den Haupttäter zu einer sonst noch nicht näher konkretisierten Tat bestimmter Art instand setzen wird und er dies auch will; er braucht die Person des Haupttäters nicht notwendig zu kennen (vgl. BGH NJW 1996, 2517; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl. § 27 Rdn. 7; Roxin in FS für Salger, S. 129, 136). Der Senat ändert die Schuldsprüche selbst, weil er ausschlieût, daû sich die Angeklagten anders als geschehen hätten verteidigen können. Ihre Revisionen wenden sich ausdrücklich gegen die Annahme von Mittäterschaft in den Fällen des versuchten Betruges. Die Änderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung der Strafaussprüche , wobei die getroffenen Feststellungen bestehen bleiben können. Die Einzelstrafen , die für die Taten des ersten Komplexes § 267 Abs. 3 StGB entnommen sind, erscheinen zwar als durchaus angemessen. Gleichwohl vermag der
Senat aber nicht sicher auszuschlieûen, daû die Änderung der Teilnahmeform hinsichtlich der tateinheitlich versuchten Delikte im ersten Tatkomplex Einfluû auf die Strafbemessung haben kann. Schäfer Boetticher Schluckebier Kolz Hebenstreit
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.