Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2015 - 9 N 12.2592, 9 N 15.1896

bei uns veröffentlicht am26.08.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Von dem Normenkontrollverfahren 9 N 12.2592 wird die Normenkontrollklage gegen die Aufstellung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ des Antragsgegners abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 9 N 15.1896 fortgeführt.

II.

Der Streitwert für das abgetrennte Verfahren wird vorläufig auf 20.000 Euro festgesetzt.

III.

Es wird vorläufig verfügt, dass die Antragsteller für die Kosten des abgetrennten Verfahrens als Gesamtschuldner haften.

Gründe

Die Abtrennung der Normenkontrollklage gegen die Aufstellung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ des Antragsgegners beruht auf § 93 Satz 2 VwGO.

Zwar besteht zwischen diesem Bebauungsplan und dem ebenfalls mit der Normenkontrollklage vom 28. November 2012 angegriffenen Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplans Seeflur für den Bereich des Grundstücks Fl. Nr. 1942/21“ unzweifelhaft ein enger sachlicher Zusammenhang. Gleichwohl ist die Abtrennung sachdienlich, weil der Senat über die Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ trotz des von den Verfahrensbeteiligten erklärten Einverständnisses mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gegenwärtig noch nicht entscheiden kann. Vielmehr ist den Verfahrensbeteiligten im Hinblick auf das Erfordernis des rechtlichen Gehörs vor einer Entscheidung über diese Normenkontrollklage Gelegenheit zu geben, sich zu dem nachfolgend aufgezeigten Gesichtspunkt zu äußern, der bisher weder vom Senat noch von den Verfahrensbeteiligten erörtert bzw. problematisiert worden ist, auf den es aber aus der Sicht des Senats voraussichtlich entscheidungserheblich ankommt:

Der Antragsgegner hat nach der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2014 für den Bebauungsplan „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ zur Behebung eines eventuellen Verfahrensfehlers das Änderungsverfahren gemäß § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt. Ausweislich der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27. Mai 2015 für dieses Änderungsverfahren vorgelegten Planaufstellungsakten wurde der (nochmalige) Satzungsbeschluss in der Sitzung des Marktgemeinderats vom 29. Januar 2015 gefasst. Die Übereinstimmung des dem Senat vorgelegten Beschlussbuchauszugs mit den Einträgen im Niederschriftenbuch wurde vom Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Wiesentheid am 30. Januar 2015 beglaubigt. Die ortsübliche Bekanntmachung des Bebauungsplans erfolgte im Amtsblatt des Antragsgegners Nr. 6/2015 vom 6. Februar 2015. Das dem Senat vorgelegte Original des Bebauungsplans (Textteil und Planzeichnung) enthält unter „Verfahrensvermerke“ einen jeweils vom 1. Bürgermeister des Antragsgegners unterschriebenen Vermerk über die erneute Auslegung (vom 8.12.2014 bis einschließlich 9.1.2015) und den Satzungsbeschluss (vom 29.1.2015) sowie über die am 6. Februar 2015 erfolgte ortsübliche Bekanntmachung. Beide Verfahrensvermerke tragen das Datum „09. FEB. 2015“.

Nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats entspricht dies nicht den Anforderungen an die ordnungsgemäße Ausfertigung eines Bebauungsplans. Danach muss die Ausfertigung der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans vorausgehen (BVerwG, B. v. 9.5.1996 - 4 B 60/96 - juris Rn. 3). Selbst wenn man hinsichtlich der sich nach Landesrecht richtenden formellen Gültigkeitserfordernisse der Ausfertigung - der früheren Rechtsprechung des erkennenden Senats folgend - weniger strenge Anforderungen als andere Senate des Verwaltungsgerichtshofs stellen wollte (vgl. BayVGH, U. v. 2.5.2007 - 25 N 04.777 - juris Rn. 16 auch unter Hinweis auf die strengere Auffassung des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs; a. A. auch BayVGH, B. v. 6.7.2009 - 15 ZB 08.170 - juris Rn. 12; U. v. 1.7.2014 - 15 N 12.333 - juris Rn. 27), besteht jedenfalls insoweit Einigkeit, dass hierfür die eigenhändige Unterschrift des ersten Bürgermeisters oder seines Stellvertreters erforderlich ist (vgl. U. v. 20.6.2005 - 25 N 04.1299 und 25 N 0425 N 04.2512 - juris Rn. 15). Im vorliegenden Verfahren wurde der Beglaubigungsvermerk betreffend den einschlägigen Auszug aus der Sitzungsniederschrift über den Satzungsbeschluss - anders als im Verfahren betreffend die Teilaufhebung des Bebauungsplans Seeflur für das Grundstück Fl. Nr. 1942/21 - aber nicht vom ersten Bürgermeister des Antragsgegners, sondern lediglich vom Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft Wiesentheid unterzeichnet.

Es spricht daher viel dafür, dass dieser - offenkundige - Ausfertigungsmangel zur Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans führt, ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, ob die weiteren Einwendungen der Antragsteller gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchgreifen.

Den Verfahrensbeteiligten wird Gelegenheit gegeben, sich zu dem aufgezeigten Gesichtspunkt

bis spätestens 30. September 2015

zu äußern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).

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Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 9 N 12.2592

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. November 2015

9. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Normenkontrolle

(Teil-)Aufhebung eines Bebauungsplans

vereinfachtes Verfahren

ergänzendes Verfahren

Umweltprüfung

Planrechtfertigung

Abwägungsgebot

Gebietsgewährleistungsanspruch

Gebot der Rücksichtnahme

Rechtsquellen:

In der Normenkontrollsache

...

gegen

Markt W., vertreten durch den ersten Bürgermeister,

- Antragsgegner -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beigeladen: ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt: Landesanwaltschaft ..., als Vertreter des öffentlichen Interesses, ...

wegen Teilaufhebung des Bebauungsplans Seeflur für den Bereich des Grundstücks FlNr. .../21;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Laser, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer ohne mündliche Verhandlung am 26. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich in diesem Verfahren - nach der mit Beschluss vom 26. August 2015 erfolgten Abtrennung der Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ - gegen den Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplanes Seeflur für den Bereich des Grundstücks FlNr. 1942/21“ des Antragsgegners. Der Aufhebungsbereich beschränkt sich auf dieses unbebaute, ca. 1.455 m² große Grundstück, das im Eigentum des Beigeladenen steht. Mit Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans werden für das Plangebiet die Festsetzungen des Bebauungsplans „Seeflur“ vom 7. November 1981, der das Grundstück als allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO festsetzt, aufgehoben.

Das Plangebiet liegt nördlich der Seeflurstraße gegenüber dem südlich der Seeflurstraße gelegenen ...-Markt des Beigeladenen (FlNr. 1942/13 Gemarkung W.), der nach Aktenlage eine Nettoverkaufsfläche von ca. 1.450 m² hat. Im Osten und Süden grenzt das Plangebiet an den Bebauungsplan „Seeflur - Änderung von MI-Gebiet in SO-Gebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ vom 6. März 1992 an, in dem auch der vorgenannte ...-Markt liegt. Die westlich angrenzenden Grundstücke liegen in dem durch den Bebauungsplan „Seeflur“ (v. 7.11.1981) festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Nördlich grenzen an das Plangebiet die nicht förmlich überplanten Flächen eines ehemaligen Sägewerks (FlNr. 1942/2) an.

Die Antragsteller sind Eigentümer des an das Plangebiet unmittelbar westlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 1942/22, das mit einem Wohnhaus bebaut ist und in dem durch den Bebauungsplan Seeflur festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liegt.

Eine Anfrage des Beigeladenen zur planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Parkplatzes mit 48 Stellplätzen auf dem Grundstück FlNr. 1942/21 hatte das zuständige Landratsamt im Februar 2008 dahingehend beantwortet, dass wegen der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im Sinne des § 4 BauNVO für das Grundstück FlNr. 1942/21 Stellplätze nur in dem durch die zugelassene Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet verursachten Bedarf zulässig seien. Der Betrieb des ...-Markts sei nicht dem allgemeinen Wohngebiet, sondern dem hierfür ausgewiesenen Sondergebiet zuzurechnen; demzufolge sei die Bereithaltung von Stellplätzen in einem allgemeinen Wohngebiet zugunsten des Einkaufsmarkts in einem Sondergebiet nicht zulässig.

Daraufhin hatte der Antragsgegner den Bebauungsplan Seeflur im Wege eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB dahingehend geändert, dass er für das Grundstück FlNr. 1942/21 ein „Sondergebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ festsetzte. Die von den Antragstellern gegen diesen Bebauungsplan erhobene Normenkontrollklage hatte vor dem erkennenden Senat Erfolg (U. v. 3.11.2010 - 9 N 08.2593); auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen.

Der Marktgemeinderat des Antragsgegners beschloss daraufhin in seiner Sitzung vom 13. Oktober 2011 zum einen die verfahrensgegenständliche „Teilaufhebung des Bebauungsplanes Seeflur für das Grundstück FlNr. 1942/21“ sowie ferner die Änderung des Bebauungsplans Seeflur dahingehend, das Grundstück FlNr. 1942/21 als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Parkplatz für Ladenzentrum auszuweisen. Die entsprechenden Beschlüsse wurden jeweils im amtlichen Mitteilungsblatt des Antragsgegners vom 11. November 2011 bekannt gemacht. Die Antragsteller erhoben gegen beide Planentwürfe mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. Dezember 2011 Einwendungen. Beide Bebauungsplanentwürfe wurden mit den seinerzeit vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen (schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung des Ingenieurbüros für Bauphysik ... GmbH v. 21.12.2011) gemäß § 3 Abs. 2 BauGB vom 6. Februar 2012 bis 16. März 2012 öffentlich ausgelegt. Innerhalb dieser Frist erhoben die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. März 2012 gegen beide Planungen Einwendungen.

In seiner Sitzung vom 26. April 2012 beschloss der Marktgemeinderat des Antragsgegners beide Bebauungspläne als Satzung. Die öffentliche Bekanntmachung beider Bebauungspläne erfolgte jeweils im Amtsblatt des Antragsgegners vom 13. Juli 2012.

Mit Bescheid vom 8. November 2012 erteilte das Landratsamt K... dem Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Parkplatzes auf dem Grundstück FlNr. 1942/21. Nach der Betriebsbeschreibung entstehen auf dem Grundstück 48 Stellplätze für Kunden und Personal des Lebensmittelmarkts auf dem Grundstück FlNr. 1942/13. Über die beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage der Antragsteller gegen diese Baugenehmigung ist im Hinblick auf die beim Senat anhängigen Normenkontrollverfahren noch nicht entschieden.

Am 30. November 2012 haben die Antragsteller gegen beide Bebauungspläne Normenkontrollklage eingelegt, über die der Senat am 6. Oktober 2014 mündlich verhandelt hat. Zur Frage der Anforderungen an die ortsübliche Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB hinsichtlich der umweltbezogenen Informationen hat der Senat in dieser Sitzung sowie ergänzend in einem Schreiben des Berichterstatters vom 12. November 2014 auf diverse aktuelle Entscheidungen (insbesondere) des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen.

Bereits am 5. Juni 2014 hatte der Antragsgegner zum verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan einen erneuten Auslegungsbeschluss gefasst und die (erneute) öffentliche Auslegung in der Ausgabe seines Amtsblatts vom 20. Juni 2014 bekanntgemacht. In der Sitzung des Marktgemeinderats vom 18. September 2014 wurde der Bebauungsplan erneut beschlossen und im Amtsblatt des Antragsgegners vom 3. Oktober 2014 öffentlich bekanntgemacht.

Die Antragsteller halten den streitgegenständlichen Bebauungsplan nach wie vor für unwirksam. Der ursprüngliche Bekanntmachungsmangel sei zwar im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens durch die Bekanntmachung des erneuten Auslegungsbeschlusses im Amtsblatt vom 20. Juni 2014 geheilt worden, so dass der Bebauungsplan aus diesem Grund nicht als unwirksam bezeichnet werden könne. Ungeachtet dessen verbleibe es jedoch beim bisherigen Sachvortrag hinsichtlich der fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.

Die Antragsteller haben in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 21. Mai 2015 beantragt,

den Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplanes Seeflur für den Bereich des Grundstücks FlNr. 1942/21“ des Antragsgegners vom 26. April 2012 in der Fassung des Satzungsbeschlusses vom 18. September 2014 gemäß Amtsblatt Nr. 40/2014 vom 3. Oktober 2014 für unwirksam zu erklären,

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich ohne eigene Antragstellung als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Normaufstellungsakten des Antragsgegners und die Gerichtsakten, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2014 sowie die von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Schriftsätze, Bezug genommen. Zum Verfahren beigezogen waren auch die Bebauungsplanakten des Antragsgegners betreffend die Aufstellung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ und die Gerichtsakten betreffend das Normenkontrollverfahren 9 N 08.2593.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist nach der Abtrennung der Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ der am 3. Oktober 2014 mit seiner ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft getretene Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplanes Seeflur für den Bereich des Grundstücks FlNr. 1942/21“ des Antragsgegners.

Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2014 erklärten Einverständnisses der Beteiligten kann der Senat über die Normenkontrollklage gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden. Dass seit dieser Einverständniserklärung mehr als ein Jahr vergangen ist, steht einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nicht entgegen (vgl. BayVGH, U. v. 25.11.2014 - 9 B 13.1401 - Rn. 22 ff. m. w. N.). Auch sonstige Gründe, die für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Normenkontrollklage ist zulässig. Die Antragsteller sind insbesondere antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den angegriffenen Bebauungsplan in einem subjektiven Recht verletzt wird (st. Rspr.; vgl. BVerwG, U. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 - juris; BVerwG, B. v. 11.8.2015 - 4 B 12.15 ZfBR 2015, 783). Diese Voraussetzungen liegen vor. Unter Zugrundelegung ihres Vorbringens erscheint die von den Antragstellern gerügte Verletzung abwägungsrelevanter Belange (Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme) zumindest als möglich.

Die Normenkontrollklage ist aber unbegründet. Der am 18. September 2014 als Satzung beschlossene und am 3. Oktober 2014 mit seiner ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft getretene Bebauungsplan leidet an keinen zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln.

1. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan weist keine entscheidungsrelevanten formellen Fehler auf.

Die in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob das Verfahren den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung über die Angaben zu den Arten der umweltbezogenen Informationen im Rahmen der öffentlichen Auslegung gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 BauGB genügt, stellt sich aufgrund des vom Antragsgegner durchgeführten ergänzenden Verfahrens nicht mehr. Denn in der im Amtsblatt Nr. 27 vom 4. Juli 2014 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung der erneuten Auslegung sind die sich aus dem Umweltbericht und aus den Stellungnahmen von Fachbehörden, sonstigen Trägern öffentlicher Belange oder Bürgern für die jeweiligen Schutzgüter ergebenden umweltrelevanten Informationen im Einzelnen aufgeführt. Der Antragsgegner ist damit seiner sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB ergebenden Verpflichtung, die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Auslegungsbekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren, ungeachtet dessen, ob in diesen Stellungnahmen und Unterlagen auch Umweltinformationen enthalten sind, die er für unwesentlich hält, im gebotenen Umfang nachgekommen (vgl. BVerwG, U. v. 11.9.2014 - 4 CN 1.14 = ZfBR 2015, 159; U. v. 18.7.2013 - 4 CN 3.12 = BVerwGE 147, 206). Dies wird auch von den Antragstellern nicht mehr in Frage gestellt.

Der Bebauungsplan ist ordnungsgemäß ausgefertigt. Die Bebauungsplanurkunde enthält den am 29. September 2014 (und damit vor der ortsüblichen Bekanntmachung) vom ersten Bürgermeister unterschriebenen Vermerk über den vom Marktgemeinderat am 18. September 2014 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan in der Fassung vom 19. Januar 2012. Dies genügt den Anforderungen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur ordnungsgemäßen Ausfertigung eines Bebauungsplans.

2. Der Bebauungsplan leidet nicht an zu seiner Unwirksamkeit führenden materiellrechtlichen Mängeln. Ihm fehlt weder die städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) noch liegt ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB) vor.

a) Der Bebauungsplan entspricht dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Auf die Aufstellung eines Bebauungsplans besteht - wie § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB ausdrücklich bestimmt - kein Anspruch. Entsprechendes gilt auch, wenn es - wie hier - um die (Teil-) Aufhebung eines Bebauungsplans geht (§ 1 Abs. 8 BauGB).

„Ob“ und „wie“ die Gemeinde plant, liegt damit grundsätzlich in deren planerischem Ermessen, wobei das Maß der planerischen Gestaltungsfreiheit, das die Gemeinde im Rahmen des § 1 Abs. 3 BauGB in Anspruch nehmen kann, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt (vgl. BVerwG, B. v. 6.3.2007 - 4 BN 9/07 - juris Rn. 6; v. 18.10.2006 - 4 BN 20.06 - juris Rn. 10). Danach kann auch die Aufstellung oder Änderung eines auf ein einzelnes Grundstück beschränkten Bebauungsplans für die Lenkung der städtebaulichen Entwicklung sinnvoll und damit rechtlich zulässig sein (vgl. BVerwG, B. v. 16.8.1993 - juris Rn. 3); für die Aufhebung eines Bebauungsplans gilt nichts anderes. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist nach der Rechtsprechung u. a. eine Planung, deren Verwirklichung nachhaltig (z. B. aus wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen) nicht möglich ist (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 1 Rn. 28). Insgesamt setzt der Begriff der städtebaulichen Erforderlichkeit der Bauleitplanung aber nur eine erste Schranke, die „lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt“ (vgl. BVerwG, U. v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - juris Rn. 9 = BVerwGE 146, 137).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt kein Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz vor.

Ausweislich der Bebauungsplanbegründung (vgl. Buchstabe F.1 der Begründung i. d. F. v. 19.1.2012) ist es Ziel und Zweck der Planung, die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im Sinne des § 4 BauNVO für das bislang unbebaute Grundstück FlNr. 1942/21 aufzuheben, weil eine derartige Gebietsausweisung nicht mehr den städtebaulichen Zielen des Antragsgegners entspricht. Diese städtebauliche Zielsetzung wird auch bei der Behandlung der gegen die Planung gerichteten Einwendungen der Antragsteller durch den Marktgemeinderat deutlich. Wenn dort u. a. unter Hinweis auf die Aufstellung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ ausgeführt wird, es sei Ziel des Antragsgegners, für diesen Bereich eine Nutzung festzusetzen, die sich faktisch bereits in der Vergangenheit abgezeichnet habe und vom Antragsgegner gewünscht werde (vgl. S. 2/3 der Niederschrift über die Sitzung des Marktgemeinderats vom 26.4.2012), stellt dies die städtebauliche Rechtfertigung für die verfahrensgegenständliche Teilaufhebung des Bebauungsplans nicht in Frage.

Denn die Verfahrensvorgeschichte zeigt deutlich, dass der Antragsgegner schon seit geraumer Zeit an der seinerzeit mit der Aufstellung des Bebauungsplans Seeflur (v. 7.11.1981) verfolgten Zielsetzung, auch auf dem Grundstück FlNr. 1942/21 nur eine im allgemeinen Wohngebiet zulässige Nutzung zu verwirklichen, nicht mehr festhält. Der Antragsgegner unterstützt vielmehr seit Jahren mit Nachdruck das Bestreben des Beigeladenen, das Grundstück als weitere Parkplatzstellfläche für den in einem benachbarten Sondergebiet gelegenen ...-Markt zu nutzen, um diesen Einkaufsmarkt an dem vom Antragsgegner gewünschten Standort zu halten. Eine derartige Parkplatznutzung ist aber - wie das zuständige Landratsamt dem Antragsgegner bereits im Februar 2008 zu Recht mitgeteilt hat - in einem allgemeinen Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig. Auch das im Anschluss an diese Auskunft vom Antragsgegner betriebene Bebauungsplanänderungsverfahren, welches das Grundstück als „Sondergebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ festgesetzt hat, macht deutlich, dass der Antragsgegner an seiner ursprünglichen Wohngebietsfestsetzung nicht mehr festhält.

Angesichts der vorgegebenen Grundstückssituation sind die Bestrebungen des Antragsgegners zur Aufhebung der Wohngebietsfestsetzung für das Grundstück FlNr. 1942/21 auch durchaus nachvollziehbar. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu dem jenseits der Seeflurstraße gelegenen ...-Markt würde die von den Antragstellern auf dem planbetroffenen Grundstück offensichtlich gewünschte Wohnnutzung den anscheinend bestehenden Nutzungskonflikt zwischen der im Bebauungsplan „Seeflur“ verwirklichten Wohnbebauung und der im benachbarten Bebauungsplan „Seeflur - Änderung von MI-Gebiet in SO-Gebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ betriebenen gewerblichen Nutzung im Grundsatz noch verschärfen. Das planbetroffene Grundstück aber auf Dauer gewissermaßen als „Brachfläche“ baulich ungenutzt zu lassen, ist in dem gegebenen innerörtlichen Bereich städtebaulich ebenfalls nicht erwünscht. Durch die Aufhebung der Gebietsfestsetzung für das Grundstück FlNr. 1942/21 wird daher im Zusammenhang mit den sich nördlich anschließenden Grundstücksflächen des ehemaligen Sägewerks ein durchgehender unbeplanter Bereich geschaffen, der quasi einen „Puffer“ zwischen der Wohnbebauung im Westen und der gewerblichen Nutzung im Osten bildet.

Die vom Antragsgegner verfolgte städtebauliche Zielsetzung lässt sich mit dem hier gewählten Mittel einer Herausnahme des Plangebiets aus dem Bebauungsplan Seeflur (v. 7.9.1981) verwirklichen. Die Herausnahme hat zum einen zur Folge, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Bebauung des Grundstücks - wie schon in der Bebauungsplanbegründung (siehe dort F.3.1) ausgeführt - künftig am Maßstab des § 34 BauGB zu beurteilen ist. Sie bewirkt des Weiteren, dass - unabhängig von der Verwirklichung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ - die Festsetzungen des ursprünglichen Bebauungsplans Seeflur (v. 7.9.1981), insbesondere die WA-Ausweisung für das Grundstück FlNr. 1941/21, nicht wieder aufleben. Der angegriffene Bauleitplan trifft aber selbst keine rechtsverbindliche Aussage zur planungsrechtlichen Zulässigkeit eines konkreten Bauvorhabens auf diesem Grundstück. Diese Frage ist vielmehr anhand der sich aus § 34 BauGB ergebenden Maßstäbe zu beurteilen. Dabei erscheint angesichts der gegebenen - inhomogenen - Grundstückssituation die vom Antragsgegner primär angestrebte Nutzung des Plangebiets als (zusätzlicher) Parkplatz für den benachbarten ...-Markt möglich. Andererseits ist aber auch nicht jegliche in einem allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässige Nutzungsart ausgeschlossen. Denn mit dem im Begriff des Einfügens enthaltenen planungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme bietet § 34 BauGB ein hinreichendes rechtliches Instrumentarium, um in dem durch Wohnnutzung und gewerbliche Nutzung geprägten Umfeld den latenten Nutzungskonflikt wechselseitig nachbarverträglich zu lösen. Ob § 34 BauGB im konkreten Fall überhaupt faktische Relevanz entfaltet oder die planungsrechtliche Zulässigkeit eines konkreten Bauvorhabens - im Hinblick auf die vom Antragsgegner parallel zum verfahrensgegenständlichen Aufhebungsverfahren betriebene Aufstellung des Bebauungsplans „Seeflur Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ - gemäß § 30 bzw. § 33 BauGB an den Festsetzungen dieses Bebauungsplans zu messen ist, ist für die Frage der städtebaulichen Erforderlichkeit der Aufhebungsplanung ohne Belang.

Angesichts dessen liegt hier entgegen der Ansicht der Antragsteller auch keine mit § 1 Abs. 3 BauGB nicht vereinbare „Gefälligkeitsplanung“ vor. Dass Anlass für die verfahrensgegenständliche Teilaufhebung des Bebauungsplans zweifellos der Wunsch des Beigeladenen ist, auf dem in seinem Eigentum stehenden Plangebiet einen Parkplatz für den von ihm in unmittelbarer Nachbarschaft betriebenen ...-Markt zu schaffen, reicht für die Annahme einer Gefälligkeitsplanung nicht aus. Denn auch gewichtige private Belange dürfen - wie der Senat schon in seiner Entscheidung vom 3. November 2010 ausgeführt hat - durchaus zum Anlass für eine Bauleitplanung unter Orientierung an den „Wünschen“ eines Grundstückseigentümers vorgenommen werden, wenn zugleich - wie dargelegt - städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt werden.

b) Der angefochtene Bebauungsplan ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB) unwirksam. Maßgeblich für die Abwägung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die angefochtene Satzung (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind gemäß § 1 Abs. 7 BauGB die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn entweder eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten privaten und öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr.; vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309).

Unter Zugrundelegung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ist hier ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat - wie sich aus den Anlagen zur Niederschrift über die maßgebliche Sitzung des Marktgemeinderats vom 18. September 2014 (Bl. 23 ff. des Gehefts Original-Akten Bebauungspläne Akten-Nr. 4) ergibt - ersichtlich die von den Antragstellern selbst und durch ihren Bevollmächtigten unter Bezugnahme auf die entsprechenden Einwendungen in früheren Schriftsätzen (v. 14.12.2011 und 14.3.2012) erhobenen Einwendungen zur Kenntnis genommen und in seine Abwägung eingestellt. Er hat insbesondere erkannt, dass er bei einer Änderungs- oder Aufhebungsplanung die durch die Erstplanung vorgegebene rechtliche Situation des überplanten Grundstücks nicht ignorieren darf und deshalb das Interesse der Antragsteller als Grundstücksnachbarn des planbetroffenen Grundstücks an der Beibehaltung des bisherigen Zustands in die Abwägung einzustellen hat (vgl. BVerwG, B. v. 18.10.2006 - 4 BN 20/06 - juris Rn. 10). Er hat des Weiteren auch den Gebietsbewahrungsanspruch, auf den sich die Antragsteller u. a. berufen, als einen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens abwägungserheblichen Belang (vgl. BayVGH, U. v. 26.5.2008 - 1 N 07.3143, 1 N 08.1 N 08.439 - juris Rn. 25) in die Abwägung eingestellt.

Die Abwägungsentscheidung des Antragsgegners ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Aus dem Gebietsbewahrungsanspruch folgt lediglich ein Anspruch der Antragsteller, dass das Bewahrungsinteresse, das ihnen als Eigentümer eines im selben allgemeinen Wohngebiet gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks zusteht, in dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplanverfahren wegen seiner (negativen) Auswirkungen auf den Gebietsbewahrungsanspruch angemessen berücksichtigt wird (in diesem Sinne wohl auch: Gerhardt/Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 47 Rn. 64). Ebenso wie die Antragsteller keinen Anspruch auf die Aufstellung eines Bebauungsplans haben (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB), haben sie aber auch keinen Anspruch darauf, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans insgesamt unverändert bleibt. Die vom Antragsgegner für die Herausnahme des Grundstücks FlNr. 1942/21 angeführten Gründe sowie die von ihm bei der Behandlung der Einwendungen der Antragsteller gegen die Planung angestellten Erwägungen (vgl. S. 1 - 9 der Anlage „Abwägung zur Beteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB - Stand: 22.08.2014“ zur Sitzungsniederschrift v. 18.9.2014) halten einer rechtlichen Überprüfung auch am Maßstab des Abwägungsgebots stand. Entsprechendes gilt auch für die Erwägungen zum Einwand der Antragsteller, die Planung entziehe ihnen den Schutz des durch § 15 BauNVO vermittelten Rücksichtnahmegebots. Der Antragsgegner verweist insoweit zu Recht darauf, dass sich die Antragsteller auch nach der Teilaufhebung auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen können, weil dieses Gebot in der Vorschrift des § 34 BauGB - nämlich im Erfordernis des „Sich-Einfügens“ - angesiedelt ist, insoweit die Antragsteller also weiterhin hinreichend in ihren nachbarlichen Interessen geschützt sind.

Was die von den Antragstellern selbst (mit Schreiben vom 11.8.2014) erhobenen Einwendungen betrifft, verweist der Antragsgegner bei der Behandlung dieser Einwendungen (vgl. S. 10 der zitierten Anlage zur Sitzungsniederschrift v. 18.9.2014) zu Recht darauf, dass diese Einwendungen im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Verfahrens nicht relevant sind. Die vorgetragenen Lärmbeeinträchtigungen durch den bestehenden ...-Markt und die Befürchtung, diese Belästigungen würden sich durch die Nutzung des planbetroffenen Grundstücks als Parkplatz für diesen ...-Markt weiter erhöhen, sind - soweit sie entscheidungserheblich sind - im Rahmen der Normenkontrolle gegen die Ausweisung des Sondergebiets Parkplatz für Ladenzentrum (Verfahren 9 N 15.1896) bzw. im Baugenehmigungsverfahren für ein solches Parkplatzvorhaben zu prüfen.

Nach all dem hat die Klage daher keinen Erfolg.

Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner gemäß § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, ihnen auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil der Beigeladene einen Sachantrag gestellt hat und überdies die hier gegebene Sachverhaltskonstellation einem baurechtlichen Nachbarstreit vergleichbar ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Verfahren wird bis zur Abtrennung des Normenkontrollverfahrens Az. 9 N 15.1896 auf 30.000 Euro, danach auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 9 N 15.1896

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. November 2015

9. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Normenkontrolle

Bebauungsplan der Innenentwicklung

beschleunigtes Verfahren

ergänzendes Verfahren

Umweltprüfung

Planrechtfertigung

Abwägungsgebot

Rechtsquellen:

In der Normenkontrollsache

...

gegen

Markt Wiesentheid, vertreten durch den ersten Bürgermeister, Balthasar-Neumann-Str. 14, 97353 Wiesentheid,

- Antragsgegnerin -

bevollmächtigt: ...

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

beteiligt: Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Bebauungsplan „S. Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl als Vorsitzenden, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Laser, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer ohne mündliche Verhandlung am 26. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich in diesem Verfahren - nach der mit Beschluss vom 26. August 2015 erfolgten Abtrennung der Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplanes S. für den Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 1942/21“ - gegen den Bebauungsplan „S. Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ des Antragsgegners. Dessen Geltungsbereich beschränkt sich auf dieses bislang unbebaute, ca. 1.455 m² große Grundstück, das im Eigentum des Beigeladenen steht und in dem seit 7. November 1981 rechtsverbindlichen Bebauungsplan S. als allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO festgesetzt ist. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan weist den Planbereich nunmehr als Sondergebiet gemäß § 11 BauNVO mit der Zweckbestimmung Parkplatz für Ladenzentrum aus. Entlang der westlichen Grundstücksgrenze zu Fl.Nr. 1942/22 sowie für einen Teilbereich der nördlichen Grundstücksgrenze zu den Fl.Nrn. 1942/2 und 1942/30 wird eine 2,00 m hohe Schallschutzwand mit einer Schalldämmung von > 24 dB festgesetzt.

Das Plangebiet liegt nördlich der S.-straße gegenüber dem südlich der S.-straße gelegenen E.-Markt (im Folgenden: Einkaufsmarkt) des Beigeladenen (Fl.Nr. 1942/13 Gemarkung W.), der nach Aktenlage eine Nettoverkaufsfläche von ca. 1.450 m² hat. Im Osten und Süden grenzt das Plangebiet an den Bebauungsplan S. - Sondergebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum vom 6. März 1992 an, in dem auch der vorgenannte Einkaufsmarkt liegt. Die westlich angrenzenden Grundstücke liegen in dem durch den Bebauungsplan S. (v. 6.11.1981) festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Nördlich grenzen an das Plangebiet die nicht förmlich überplanten Flächen eines ehemaligen Sägewerks (Fl.Nr. 1942/2) an.

Die Antragsteller sind Eigentümer des an das Plangebiet unmittelbar westlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. 1942/22, das mit einem Wohnhaus bebaut ist und in dem durch den Bebauungsplan S. festgesetzten allgemeinen Wohngebiet liegt.

Eine Anfrage des Beigeladenen zur planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Parkplatzes mit 48 Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.Nr. 1942/21 hatte das zuständige Landratsamt im Februar 2008 dahingehend beantwortet, dass wegen der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im Sinne des § 4 BauNVO für das Grundstück Fl.Nr. 1942/21 Stellplätze nur in dem durch die zugelassene Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet verursachten Bedarf zulässig seien. Der Betrieb des Einkaufsmarkts sei nicht dem allgemeinen Wohngebiet, sondern dem hierfür ausgewiesenen Sondergebiet zuzurechnen; demzufolge sei die Bereithaltung von Stellplätzen in einem allgemeinen Wohngebiet zugunsten des Einkaufsmarkts in einem Sondergebiet nicht zulässig.

Daraufhin hatte der Antragsgegner den Bebauungsplan S. im Wege eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB dahingehend geändert, dass er für das Grundstück Fl.Nr. 1942/21 ein „Sondergebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ festsetzte. Die von den Antragstellern gegen diesen Bebauungsplan erhobene Normenkontrollklage hatte vor dem erkennenden Senat Erfolg (U. v. 3.11.2010 - 9 N 08.2593); auf die Urteilsgründe wird Bezug genommen.

Der Marktgemeinderat des Antragsgegners beschloss daraufhin in seiner Sitzung vom 13. Oktober 2011 zum einen die „Teilaufhebung des Bebauungsplanes S. für das Grundstück Fl.Nr. 1942/21“ sowie ferner die Änderung des Bebauungsplans S. dahingehend, das Grundstück Fl.Nr. 1942/21 in das bestehende Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Ladenzentrum einzubeziehen und als Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum auszuweisen. Der Bebauungsplan sollte als Bebauungsplan der Innenentwicklung und im vereinfachten Verfahren aufgestellt werden (vgl. §§ 13a, 13 Abs.2, Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die entsprechenden Beschlüsse wurden jeweils im amtlichen Mitteilungsblatt des Antragsgegners vom 11. November 2011 bekannt gemacht. Die Antragsteller erhoben gegen beide Planentwürfe mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. Dezember 2011 Einwendungen. Beide Bebauungsplanentwürfe wurden mit den seinerzeit vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen (schallimmissionsschutztechnische Untersuchung und Beurteilung des Ingenieurbüros für Bauphysik W. ... GmbH v. 21.12.2011) gemäß § 3 Abs. 2 BauGB vom 6. Februar 2012 bis 16. März 2012 öffentlich ausgelegt. Die Bekanntmachung des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans im Amtsblatt des Antragsgegners vom 27. Januar 2012 enthält den Hinweis, dass gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1, § 13 Abs. 3 BauGB von einer Umweltprüfung abgesehen wird. Innerhalb des Auslegungszeitraums erhoben die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. März 2012 gegen beide Planungen Einwendungen.

In seiner Sitzung vom 26. April 2012 beschloss der Marktgemeinderat des Antragsgegners beide Bebauungspläne als Satzung. Die öffentliche Bekanntmachung beider Bebauungspläne erfolgte jeweils im Amtsblatt des Antragsgegners vom 13. Juli 2012.

Mit Bescheid vom 8. November 2012 erteilte das Landratsamt K. dem Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Parkplatzes auf dem Grundstück Fl.Nr. 1942/21. Nach der Betriebsbeschreibung entstehen auf dem Grundstück 48 Stellplätze für Kunden und Personal des Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Fl.Nr. 1942/13. Der Baugenehmigungsbescheid enthält u. a. die Auflage sicherzustellen, dass der Parkplatz nur tagsüber (Zeitspanne zwischen 6.00 und 22.00 Uhr) benutzt wird. Über die beim Verwaltungsgericht eingereichte Klage der Antragsteller gegen diese Baugenehmigung ist im Hinblick auf die beim Senat anhängigen Normenkontrollverfahren noch nicht entschieden.

Am 30. November 2012 haben die Antragsteller gegen beide Bebauungspläne Normenkontrollklage eingelegt, über die der Senat am 6. Oktober 2014 mündlich verhandelt hat. Zur Frage der Anforderungen an die ortsübliche Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB hinsichtlich der umweltbezogenen Informationen hat der Senat in dieser Sitzung sowie ergänzend in einem Schreiben des Berichterstatters vom 12. November 2014 auf diverse aktuelle Entscheidungen (insbesondere) des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen.

In seiner Sitzung vom 20. November 2014 hat der Marktgemeinderat des Antragsgegners beschlossen, ein ergänzendes Verfahren gemäß § 214 Abs. 4 BauGB durchzuführen und in diesem Rahmen gemäß § 3 Abs. 2 BauGB den Bebauungsplan erneut öffentlich auszulegen und gemäß § 4 Abs. 2 BauGB die Behörden und Träger öffentlicher Belange erneut zu beteiligen. Die öffentliche Auslegung fand im Zeitraum vom 8. Dezember 2014 bis 9. Januar 2015 statt. Der Bebauungsplan werde als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt. Die nach den Festsetzungen zulässige Grundfläche betrage mit ca. 1.200 m² weniger als 20.000 m². Während der Auslegung erhob der Bevollmächtigte der Antragsteller unter Bezugnahme bzw. Wiederholung seiner Ausführungen unter der jeweiligen Nr. II seiner Schriftsätze vom 14. Dezember 2011 und vom 14. März 2012 Einwendungen gegen die Planung. Auch die Antragsteller selbst wandten sich mit zwei Schreiben (v. 8.1.2015 und v. 22.1.2015) nochmals gegen den Bebauungsplan. In der Sitzung des Marktgemeinderats vom 29. Januar 2015 wurde der Bebauungsplan erneut als Satzung beschlossen und im Amtsblatt des Antragsgegners vom 6. Februar 2015 öffentlich bekanntgemacht.

Mit Beschluss vom 26. August 2015 trennte der Senat vom ursprünglichen Normenkontrollverfahren 9 N 12.2592 die Normenkontrollklage gegen die Aufstellung des Bebauungsplans „S. Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ ab und führt seither dieses Verfahren unter dem Aktenzeichen 9 N 15.1896 fort. In den Gründen des Abtrennungsbeschlusses ist ausgeführt, dass das vom Antragsgegner gemäß § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführte Änderungsverfahren voraussichtlich an einem zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führenden Ausfertigungsmangel leide.

Der Antragsgegner hat daraufhin den Satzungsbeschluss vom 29. Januar 2015 in seinem Amtsblatt vom 18. September 2015 nochmals ortsüblich bekanntgemacht. Die Übereinstimmung des dem Senat vorgelegten Auszugs aus der Niederschrift über die Marktgemeinderatssitzung vom 29. Januar 2015 mit den Einträgen im Niederschriftenbuch wurde vom 1. Bürgermeister des Antragsgegners am 14. September 2015 beglaubigt.

Die Antragsteller halten den streitgegenständlichen Bebauungsplan gleichwohl nach wie vor für unwirksam. Sie tragen im Wesentlichen vor, angesichts der neuerlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses im Amtsblatt des Antragsgegners vom 18. September 2015 komme es nunmehr entscheidungserheblich auf ihre weiteren Einwendungen gegen die Wirksamkeit dieses Bebauungsplans an. Insoweit wird zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, auch wenn der Antragsgegner zur Behebung des ursprünglich gegebenen Verfahrensmangels zu Recht ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt habe, sei der Bebauungsplan wegen materieller Mängel unwirksam. Er sei im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich nicht erforderlich, vielmehr handle es sich um eine sog. „Gefälligkeitsplanung“. Er leide ferner im Hinblick auf die Abwägung der Lärmbelange an einem Abwägungsfehler. Die lärmschutzfachliche Berechnung wie die lärmschutzrechtliche Beurteilung wiesen wesentliche Mängel auf, weil sie auf offensichtlich unzutreffenden Angaben hinsichtlich der Nettoverkaufsfläche des Einkaufsmarkts und des vorhandenen Altbestands an Stellplätzen beruhten. Das ergänzende Verfahren habe diese Abwägungsdefizite nicht zu heilen vermocht.

Die Antragsteller beantragen in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 21. Mai 2015 (sinngemäß),

den am 18. September 2015 in Kraft getretenen Bebauungsplan „S. Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ des Antragsgegners vom 26. April 2012 in der Fassung des Satzungsbeschlusses vom 29. Januar 2015 für unwirksam zu erklären,

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen jeweils,

den Antrag abzulehnen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich ohne eigene Antragstellung als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beide Bebauungspläne betreffenden Normaufstellungsakten des Antragsgegners und Gerichtsakten, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2014 sowie die von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Schriftsätze, Bezug genommen. Zum Verfahren beigezogen waren auch die Gerichtsakten betreffend das Normenkontrollverfahren 9 N 08.2593.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist nach der Abtrennung der Normenkontrollklage gegen den Bebauungsplan „Teilaufhebung des Bebauungsplanes S. für den Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 1942/21“ der am 18. September 2015 mit seiner ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft getretene Bebauungsplan „S. Sondergebiet Parkplatz für Ladenzentrum“ des Antragsgegners.

Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2014 erklärten Einverständnisses der Beteiligten kann der Senat über die Normenkontrollklage gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden. Dass seit dieser Einverständniserklärung mehr als ein Jahr vergangen ist, steht einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nicht entgegen (vgl. BayVGH, U. v. 25.11.2014 - 9 B 13.1401 - Rn. 22 ff. m. w. N.). Auch sonstige Gründe, die für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Dass der Antragsgegner nach Erhebung der Normenkontrollklage zur Heilung eventueller Verfahrensmängel ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt und den Bebauungsplan mit seiner (erneuten) ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft gesetzt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Antragsteller haben dieser Änderung der rechtlichen Gegebenheiten vielmehr mit ihrer Antragstellung im Schriftsatz vom 21. Mai 2015 Rechnung getragen. Auch ansonsten haben die Verfahrensbeteiligten gegen die mit gerichtlichem Schreiben vom 7. Mai 2015 nochmals bekräftigte Absicht des Senats, (auch) über den verfahrensgegenständlichen Normenkontrollantrag im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, keine Einwendungen erhoben.

Die Normenkontrollklage ist zulässig. Die Antragsteller sind insbesondere antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Sie berufen sich vor allem darauf, der angegriffene Bebauungsplan verletze sie in abwägungsrelevanten Belangen, weil die lärmschutzfachliche Berechnung wie die lärmschutzrechtliche Beurteilung wesentliche Mängel aufweise und die Immissionsschutzbelange daher fehlerhaft abgewogen seien. Eine derartige Verletzung erscheint unter Zugrundelegung ihres Vorbringens jedenfalls nicht als ausgeschlossen.

Die Normenkontrollklage ist aber unbegründet. Der am 29. Januar 2015 als Satzung beschlossene und am 18. September 2015 mit seiner ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft getretene Bebauungsplan leidet an keinen zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln.

Für die Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans gelten gemäß § 1 Abs. 8 BauGB dieselben formellen (§§ 2 ff BauGB) und materiellen (§ 1 BauGB) Vorschriften wie für die Aufstellung eines Bebauungsplans.

1. Der verfahrensgegenständliche Bebauungsplan weist keine formellen Fehler auf, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der gemäß § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren aufgestellte Bebauungsplan im Hinblick auf das Absehen von der Umweltprüfung ursprünglich an einem entscheidungsrelevanten Verfahrensmangel gelitten hat und ob die Antragsteller insoweit - selbst bei Annahme eines derartigen Verfahrensmangels - nicht gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB präkludiert wären. Denn der Antragsgegner hat zur Heilung eines etwaigen Verfahrensmangels vorsorglich ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchgeführt. In der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung vom 28. November 2014 (Bl. 438 VGH-Akten 9 N 12.2592) werden die wesentlichen Gründe, aus denen von einer Umweltprüfung abgesehen wird, dargelegt. Gleiches gilt für das erneute Trägeranschreiben. Der Antragsgegner ist damit den insoweit bestehenden Anforderungen nachgekommen. Dies wird auch von den Antragstellern nicht mehr in Frage gestellt.

Der Bebauungsplan ist (nunmehr) auch ordnungsgemäß ausgefertigt. Die Bebauungsplanurkunde enthält den am 9. Februar 2015 (und damit vor der ortsüblichen Bekanntmachung) vom ersten Bürgermeister unterschriebenen Vermerk über den vom Marktgemeinderat am 29. Januar 2015 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan in der Fassung vom 19. Januar 2012; auch der Beglaubigungsvermerk betreffend den einschlägigen Auszug aus der Sitzungsniederschrift trägt nun die Unterschrift des ersten Bürgermeisters (v. 14.9.2015). Dies genügt den Anforderungen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur ordnungsgemäßen Ausfertigung eines Bebauungsplans.

2. Der Bebauungsplan leidet auch nicht an zu seiner Unwirksamkeit führenden materiell-rechtlichen Mängeln. Ihm fehlt insbesondere weder die städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) noch liegt ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot oder das Gebot gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB) vor. Die insoweit gegebenen Mängel des ursprünglichen Bebauungsplanänderungsverfahrens, die zur Unwirksamkeit der am 12. September 2008 bekanntgemachten Änderung des Bebauungsplans S. geführt haben (U. des Senats v. 3.11.2010 - 9 N 08.2593), haften dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan nicht an.

a) Der Bebauungsplan entspricht dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

„Ob“ und „wie“ die Gemeinde plant, liegt grundsätzlich in ihrem planerischen Ermessen, wobei das Maß der planerischen Gestaltungsfreiheit, das die Gemeinde im Rahmen des § 1 Abs. 3 BauGB in Anspruch nehmen kann, von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt (vgl. BVerwG, B. v. 6.3.2007 - 4 BN 9/07 - juris Rn. 6; v. 18.10.2006 - 4 BN 20.06 - juris Rn. 10). Danach kann auch die Aufstellung oder Änderung eines auf ein einzelnes Grundstück beschränkten Bebauungsplans für die Lenkung der städtebaulichen Entwicklung sinnvoll und damit rechtlich zulässig sein (vgl. BVerwG, B. v. 16.8.1993 - 4 NB 29/93 - juris Rn. 3). Insgesamt setzt der Begriff der städtebaulichen Erforderlichkeit der Bauleitplanung nur eine erste Schranke, die „lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt“ (vgl. BVerwG, U. v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - juris Rn. 9 = BVerwGE 146, 137).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt kein Verstoß gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz vor.

Der Antragsgegner verweist in der Bebauungsplanbegründung (vgl. Buchstabe F.1 der Begründung i. d. F. v. 19.1.2012) u. a. darauf, dass er bereits mit dem Bebauungsplan „S. - Änderung von MI-Gebiet in SO-Gebiet mit Zweckbestimmung Ladenzentrum“ (v. 6.3.1992) die Grundlagen für die Realisierung von Einzelhandelsnutzungen an der B.-straße geschaffen habe, in deren Folge sich neben einem Einkaufsmarkt ein Elektronikfachgeschäft sowie weitere Läden von insgesamt ca. 1.800 m² Verkaufsfläche angesiedelt hätten. Der Einkaufsmarkt erfülle eine wichtige Nahversorgungsfunktion im Gemeindegebiet. Er sei derzeit der einzige großflächige Lebensmittelvollsortimenter in städtebaulich integrierter Lage. Damit leiste er einen wesentlichen Beitrag zur verbrauchernahen Versorgung und Deckung des kurzfristigen Bedarfs in fußläufiger Erreichbarkeit. Ungeachtet dessen werde der Einkaufsmarkt zu einem Großteil von Autokunden aufgesucht. Seine Funktionsfähigkeit werde jedoch durch großflächige Lebensmittelmärkte in städtebaulich nicht integrierten Lagen und durch die unzureichende Stellplatzsituation gefährdet. Ziel der Planung sei es daher, durch Verbesserung des Stellplatzangebots gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 4 und 8 a BauGB die vom Einkaufsmarkt gewährleistete Nahversorgungsfunktion am bisherigen integrierten Standort zu erhalten und zu sichern. Neben dieser Verbesserung der Rahmenbedingungen für den innerörtlichen Handel sollten durch die Planung die Verkehrsströme im Bereich der Kreuzung S.-straße/B.-straße entzerrt und entflechtet werden. Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang in der Begründung zum Bebauungsplan des Weiteren auf die C.-Stellungnahme vom 10. Februar 2012; sie bestätige die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Einkaufsmarkts durch großflächige Einzelhandelsbetriebe in städtebaulich nicht integrierten Lagen.

Auch der Marktgemeinderat des Antragsgegners hat sich im Laufe des Aufstellungsverfahrens wiederholt mit den insoweit erhobenen Einwendungen der Antragsteller beschäftigt und ist insbesondere deren Einwand, es handle sich in Wahrheit um eine sog. „Gefälligkeitsplanung“, die Planung diene also letztlich nur den privaten Interessen des Beigeladenen, substantiiert entgegengetreten. So hat er in seiner Sitzung vom 29. Januar 2015, in der er den Satzungsbeschluss gefasst hat, auf seine Stellungnahmen und Abwägungen vom 10. Januar 2012 und 2. April 2012 (in den Verfahren nach § 3 Abs. 1 und nach § 3 Abs. 2 BauGB, vgl. Heftung Nr. 21 des Gehefts Nr. 3) hingewiesen und diese Erwägungen auch ausdrücklich der aktuellen Behandlung der von den Antragstellern vorgetragenen Bedenken und Anregungen zugrunde gelegt. Zudem ist er den von den Antragstellern mit Schreiben vom 8. Januar 2015 vorgetragenen Einwendungen gegen die von der Marktgemeinde zur Stützung ihrer städtebaulichen Zielsetzung angeführten fachlichen Stellungnahmen und Unterlagen (Aufnahme in die „Städtebauförderung Aktive Stadt“ im Jahr 2010; „Integriertes städtebauliches Konzept (ISEK) und Vorbereitende Untersuchung v. 26.4.2012“; C.-Gutachten v. 16.11.2011; C.-Schreiben v. 10.2.2012) entgegengetreten. Insgesamt steht damit aus Sicht des Senats die städtebauliche Erforderlichkeit nicht (mehr) in Frage.

b) Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Das Plangebiet wird nunmehr ausdrücklich als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Parkplatz für Ladenzentrum gemäß § 11 BauNVO festgesetzt, die dort zulässige Art der Nutzung damit auf eine Parkplatznutzung beschränkt. Der Bebauungsplan trägt damit ersichtlich der Entscheidung des Senats vom 3. November 2010 (siehe Rn. 26 der Entscheidungsgründe) Rechnung, die den seinerzeitigen Änderungsbebauungsplan u. a. auch deswegen als unwirksam angesehen hat, weil er mangels hinreichender Festsetzungen auch Nutzungen (z. B. als Ladenfläche) zugelassen hat, die so nicht dem Planungswillen des Satzungsgebers entsprochen haben.

b) Der angefochtene Bebauungsplan ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB) unwirksam. Maßgeblich für die Abwägung ist dabei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die angefochtene Satzung (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Bei der Aufstellung von Bebauungsplänen sind gemäß § 1 Abs. 7 BauGB die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn entweder eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten privaten und öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange einem Belang den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (st. Rspr.; vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309).

Unter Zugrundelegung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ist hier ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat - wie sich aus den Anlagen zur Niederschrift über die maßgebliche Sitzung des Marktgemeinderats vom 29. Januar 2015 ergibt (vgl. Bl. 23 ff. d. Gehefts 2 Original-Akten Bebauungspläne Akten-Nr. 3“) - ersichtlich die von den Antragstellern selbst (Schreiben vom 8.1.2015, Bl. 19 des Gehefts) und durch ihren Bevollmächtigten (Schriftsatz v. 8.1.2015, Bl. 18 d. Gehefts) unter Bezugnahme auf die entsprechenden Einwendungen in den Schriftsätzen vom 14. Dezember 2011 und 14. März 2012 erhobenen Einwendungen zur Kenntnis genommen und in seine Abwägung eingestellt.

Er hat hierbei insbesondere erkannt, dass die Antragsteller durch die Festsetzung des unmittelbar an ihr Grundstück grenzenden Grundstücks Fl.Nr. 1942/21 als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Parkplatz für Ladenzentrum ihren Gebietsbewahrungsanspruch gegenüber Bauvorhaben, die mit der bisherigen Wohngebietsfestsetzung unvereinbar sind, verlieren, und hat dies bei seiner Abwägung als abwägungsrelevanten Belang berücksichtigt. Ferner ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass es durch den geplanten Parkplatz für die Antragsteller wie insgesamt für das angrenzende allgemeine Wohngebiet voraussichtlich zu einer Zunahme von Verkehrsgeräuschen kommen wird. Unter Zugrundelegung der im Bebauungsplanverfahren erstellten schalltechnischen Untersuchung vom 21. Dezember 2011 würden jedoch bei der im Bebauungsplan festgesetzten Schallschutzwand, bei Verwendung eines ebenen Straßenbelags aus Asphalt oder eines akustisch gleichwertigen Belags die für die Tageszeit geltende Immissionsrichtwerte der TA Lärm für WA-Gebiete an allen Immissionsorten um 6 dB(A) unterschritten. Mit diesem Abschlag wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der Lärmberechnung der festgesetzte Parkplatz schalltechnisch isoliert, also ohne Berücksichtigung der Vorbelastung durch die gewerbliche Nutzung in der Umgebung (insbesondere des Einkaufsmarkts) betrachtet worden ist (vgl. Ziff. 3.2.1 TA-Lärm). Verkehrsgeräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück waren - wie im Rahmen der Abwägung zutreffend ausgeführt (vgl. S. 6 und 7 der Anlage 1) - im Hinblick auf die in Ziff. 7.4 Unterabs. 2 TA Lärm getroffene Regelung nicht zu berücksichtigen, Eine Erhöhung des Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche um mindestens 3 dB(A) erscheint aufgrund der schon aus den Planvorlagen ersichtlichen untergeordneten Verkehrsstärke auf der S.-straße als ausgeschlossen. Hinsichtlich der Beschränkung der Nutzung der Stellplatzanlage auf die Tagzeit ist der Antragsgegner bei seiner Abwägungsentscheidung davon ausgegangen, dass dies durch geeignete Mittel in einem nachgelagerten Verwaltungsverfahren sicherzustellen ist (S. 8 der Anlage 1 - Abwägung v. 10.1.2012). Als geeignetes Mittel wird hierfür in der Abwägung eine Schrankenregelung genannt (S. 8 der Anlage zur Sitzung v. 29.1.2015). Auch eine Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller durch die festgesetzte Lärmschutzwand wird im Hinblick auf die konkreten Grundstücksverhältnisse verneint (S. 8 wie vor).

Diese Abwägungsentscheidung des Antragsgegners ist rechtlich nicht zu beanstanden. Aus dem Gebietsbewahrungsanspruch folgt lediglich ein Anspruch der Antragsteller, dass das Bewahrungsinteresse, das ihnen als Eigentümer eines im selben allgemeinen Wohngebiet gelegenen, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks zusteht, in dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplanverfahren wegen seiner (negativen) Auswirkungen auf den Gebietsbewahrungsanspruch angemessen berücksichtigt wird (in diesem Sinne auch: Gerhardt/Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2015, § 47 RdNr. 64). Er vermittelt den Antragstellern aber keinen Anspruch darauf, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans insgesamt unverändert bleibt oder das ihnen benachbarte, das Plangebiet bildende Grundstück nur mit einem Wohngebäude bebaut wird. Wie sich schon aus dem Katalog der in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ergibt, eröffnet eine derartige Gebietsfestsetzung vielmehr grundsätzlich eine Vielzahl von baulichen Nutzungsarten, die für eine benachbarte Wohnbebauung in der Praxis durchaus ein nicht unerhebliches Konfliktpotential bilden können. So sind im allgemeinen Wohngebiet beispielsweise die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden und Schank- und Speisewirtschaften, nicht störende Handwerksbetriebe (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVOP) allgemein zulässig. Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen oder Tankstellen sind jedenfalls ausnahmsweise zulässig (vgl. § 4 Abs. 3 BauNVO). Der notwendige Interessenausgleich zwischen den nachbarlichen Interessen muss im Einzelfall jeweils anhand der Grundsätze des Gebots der Rücksichtnahme vorgenommen werden.

Dass der Antragsgegner bei seiner Abwägung letztlich den in der Begründung zum Bebauungsplan genannten Belangen den Vorrang vor den Belangen der Antragsteller einräumt, auf dem Plangebiet nur eine Nutzung zu ermöglichen, die in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO zulässig ist, liegt im Wesen des der Gemeinde eingeräumten planerischen Ermessens

Was die von den Antragstellern weiter vorgetragenen Beeinträchtigungen durch Lärm- und Lichtimmissionen des Einkaufsmarkts auf dem Grundstück Fl.Nr. 1942/13 betrifft, verweist der Antragsgegner zu Recht darauf, dass dieser Markt nicht Gegenstand des vorliegenden Bebauungsplanverfahrens ist. Der lärmmäßigen Vorbelastung durch diesen Markt wie durch die übrigen in der Nähe gelegenen Betriebe wird - wie ausgeführt - durch den Abschlag von 6 dB(A) beim Immissionsrichtwert hinreichend Rechnung getragen.

Nach all dem hat die Klage daher keinen Erfolg.

Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner gemäß § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht m vorliegenden Fall der Billigkeit, ihnen auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil zum einen der Beigeladene einen Sachantrag gestellt hat und überdies die hier gegebene Sachverhaltskonstellation einem baurechtlichen Nachbarstreit vergleichbar ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

Tenor

I.

Der am 22. März 2008 bekannt gemachte Bebauungsplan „Gewerbegebiet O.“ ist unwirksam.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan „Gewerbegebiet O.“ der Antragsgegnerin.

Das ca. 8,6 ha große Plangebiet liegt zwischen dem östlichen Rand des Hauptorts der Antragsgegnerin und der Kreisstraße DON 1. Im Süden wird das Plangebiet durch den R. begrenzt. Anlass der Planung war es, wegen der beengten Lage heimischen Gewerbe- und Handwerksbetrieben eine Um- und Aussiedlung sowie anderen Gewerbebetrieben die Neuansiedlung zu ermöglichen. Die Haupterschließung des Gebiets erfolgt von der Kreisstraße DON 1 über einen neu geplanten Kreisverkehr im Norden und eine neue Aus- und Zufahrt im Süden. Durch den Kreisverkehr und eine von dort nach Nordosten führende Abzweigung werden Teilflächen des im Plangebiet gelegenen, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks FlNr. ... Gemarkung E. der Antragstellerin in Anspruch genommen.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung am 20. Mai 1992 die Aufstellung des Bebauungsplans und machte den Beschluss am 13. und 18. März 1993 im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft ... öffentlich bekannt. Nachdem das Verfahren zunächst nicht weiter betrieben worden war, stimmte der Gemeinderat am 29. Mai 2007 einem neuen Entwurf in der Fassung vom 11. Mai 2007 zu und beschloss die Weiterführung des Verfahrens. Der Entwurf wurde nach der Auslegungsbekanntmachung vom 13. Juni 2007 in der Zeit vom 25. Juni bis 27. Juli 2007 öffentlich ausgelegt. Nachdem der Planentwurf aufgrund von Bedenken und Anregungen Träger öffentlicher Belange überarbeitet worden war, wurde er in seiner geänderten Fassung vom 2. Dezember 2007 in der Sitzung des Gemeinderats am 10. Dezember 2007 gebilligt und in der Zeit vom 2. Januar bis 18. Januar 2008 erneut öffentlich ausgelegt. Die öffentliche Bekanntmachung dieser Auslegung erfolgte am 22. Dezember 2007. Die Antragstellerin hat im Verfahren keinerlei Einwendungen erhoben.

In der Sitzung vom 6. Februar 2008 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan mit geringfügigen Änderungen als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Ries am 22. März 2008 öffentlich bekannt gemacht. Die Ausfertigung der Bebauungsplanurkunde durch den ersten Bürgermeister erfolgte am 26. März 2008.

In der Sitzung am 31. August 2009 beschloss der Gemeinderat wegen der hohen Kosten und der mangelnden Nachfrage, die Durchführung der Erschließung des Baugebiets bis auf Weiteres zurückzustellen sowie nach fünf Jahren zu prüfen, ob sich an dieser Situation etwas geändert hat, und erneut über die Durchführung der Erschließung zu entscheiden.

Bereits am 18. März 2009 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gestellt. Nachdem das Verfahren zunächst nicht weiter betrieben und statistisch erledigt worden war, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13. Februar 2013 seine Fortsetzung beantragt. Sie rügt sowohl formelle als auch materielle Fehler des Bebauungsplans.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass der am 22. März 2008 bekannt gemachte Bebauungsplan „Gewerbegebiet O.“ unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Sie macht geltend, der Antrag sei bereits unzulässig, weil die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren nur Einwendungen geltend mache, die sie bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung hätte vorbringen können, aber nicht vorgebracht habe. Im Übrigen seien die gerügten formellen und materiellen Fehler nicht gegeben.

Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Normaufstellungsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig (A.) und begründet (B.).

A. Der Antrag ist zulässig.

1. Die Antragstellerin ist antragsbefugt.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substanziiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Eine solche Rechtsverletzung kommt regelmäßig in Betracht, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks (auch) gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die unmittelbar sein Grundeigentum betreffen und damit dessen Inhalt und Schranken (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) bestimmen (BVerwG, B.v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - BRS 79 Nr. 63 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des im Plangebiet gelegenen Grundstücks FlNr. ... und wendet sich unter anderem gegen die Festsetzung von öffentlichen Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB) auf diesem Grundstück.

2. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert.

Nach dieser Bestimmung ist der Antrag, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Diese durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl I S. 3316) eingeführte prozessuale Präklusionsvorschrift (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2007 - 4 CN 3/06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 22) hat zum Ziel, die jeweiligen Interessen der Betroffenen rechtzeitig dem Abwägungsmaterial hinzuzufügen und im Hinblick auf die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen Plangeber und den Verwaltungsgerichten zu verhindern, dass sachliche Einwendungen ohne Not erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2014 - 4 CN 1/13 - NVwZ 2014, 786 Rn. 15; BT-Drs. 16/2496 S. 18). Voraussetzung für den Eintritt der Präklusion ist allerdings, wie sich bereits dem Wortlaut der Bestimmung entnehmen lässt, dass in der Bekanntmachung der Auslegung oder sonst im Rahmen der Beteiligung auf die Präklusionswirkung hingewiesen worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.10.2010 - 4 CN 4/09 - BVerwGE 138, 84 Rn. 9). Unterbleibt ein entsprechender Hinweis, tritt die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO nicht ein (vgl. BT-Drs. 16/2496 S. 18).

So liegen die Dinge hier. Die Antragsgegnerin hat weder in der Auslegungsbekanntmachung vom 13. Juni 2007 noch in der vom 22. Dezember 2007 auf die Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO hingewiesen. Auch in sonstigen von der Antragsgegnerin vorgelegten Normaufstellungsunterlagen findet sich ein solcher Hinweis nicht.

Auf die unter den Beteiligten strittige Frage, ob die Präklusionswirkung des § 47 Abs. 2a VwGO (auch) deswegen nicht eingetreten ist, weil die Aufstellungs- und Auslegungsbekanntmachungen infolge einer unzutreffenden Umschreibung des Geltungsbereichs und einer unvollständigen Auflistung der von der Planung betroffenen Flurnummern nicht die erforderliche „Anstoßwirkung“ entfaltet haben (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.2004 - 4 BN 48.04 - Buchholz 406.11 § 3 BauGB Nr. 11 = juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 23.4.2013 - 15 N 11.1364 - Rn. 14 ff.), kommt es nicht mehr an.

B. Der Antrag ist begründet.

Der am 22. März 2008 bekannt gemachte Bebauungsplan „Gewerbegebiet O.“ ist für unwirksam zu erklären, weil er nach Überzeugung des Senats ungültig ist (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO).

Der Bebauungsplan leidet an einem zu seiner Unwirksamkeit führenden formellen Mangel, da er nicht ordnungsgemäß ausgefertigt worden ist.

Bebauungspläne sind Satzungen (§ 10 Abs. 1 BauGB) und als solche nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO auszufertigen, bevor sie gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB in Kraft gesetzt werden. Dies gebietet das in Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 BV verfassungsrechtlich verankerte Rechtsstaatsprinzip (vgl. BVerwG, B.v. 9.5.1996 - 4 B 60/96 - NVwZ-RR 1996, 630; B.v. 27.10.1998 - 4 BN 46/98 - NVwZ-RR 1999, 161; U.v. 19.9.2002 - 4 CN 1/02 - BVerwGE 117, 58 Rn. 30). Durch die Ausfertigung wird bestätigt und sichergestellt, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des Gemeinderats übereinstimmt (sog. Identitätsfunktion, vgl. BVerwG, U.v. 1.7.2010 - 4 C 4/08 - BVerwGE 137, 247 Rn. 13; B.v. 21.12.2011 - 8 B 72/11 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 33 = juris Rn. 6). Weitere Anforderungen stellt das Bundesrecht nicht. Regelungen über Art, Inhalt und Umfang der Ausfertigung richten sich allein nach Landesrecht (vgl. BVerwG, B.v. 16.5.1991 - BVerwG 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204; B.v. 27.1.1998 - 4 NB 3/97 - NVwZ 1998, 1067 = juris Rn. 16). In Bayern gibt Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO vor, dass Satzungen auszufertigen und im Amtsblatt der Gemeinde bzw. der Verwaltungsgemeinschaft, der sie angehört, amtlich bekannt zu machen sind. Der Identitätsfunktion der Ausfertigung wird dabei im Allgemeinen durch die eigenhändige Unterschrift des ersten Bürgermeisters oder seines Stellvertreters auf der durch die Ausfertigung hergestellten Originalurkunde, die der Bekanntmachung der Norm zugrunde zu legen ist, Rechnung getragen (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2009 - 1 N 07.2713 u. a. - juris Rn. 35).

Nach diesen Maßstäben ist der Bebauungsplan hier nicht ordnungsgemäß ausgefertigt, weil die Ausfertigung durch den ersten Bürgermeister auf der Originalurkunde (26. März 2008) erst nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans (22. März 2008) erfolgt ist. Dass der erste Bürgermeister vor der Bekanntmachung am 8. Februar 2008 einen Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung, in der der Satzungsbeschluss gefasst wurde, unterzeichnet hat (vgl. Blatt 262 der Normaufstellungsakte), reicht für die Ausfertigung nicht aus, weil darin nur die Übereinstimmung mit dem Original-Protokoll und die Tatsache, dass „der Bebauungsplan,O.‘ mit Satzung, Begründung und Ausgleichsberechnung“ beschlossen wurde, bestätigt wird, nicht aber die Übereinstimmung der Originalurkunde mit dem Inhalt des Satzungsbeschlusses (vgl. BayVGH, U.v. 20.10.2009 - 1 N 06.1545 - juris Rn. 30).

Da der Bebauungsplan bereits wegen dieses Mangels unwirksam ist, muss nicht entschieden werden, ob er an weiteren formellen oder materiellen Mängeln leidet.

C. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 ff. ZPO. Gründe, derentwegen die Revision zuzulassen wäre, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 Halbsatz 2 in Verbindung mit Satz 2 muss die Antragsgegnerin die Ziffer. I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)