I.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 AEUV folgende Frage zur Auslegung von Art. 1 Abs. 3 lit. b der Richtlinie (EG) Nr. 2000/13 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür - RL (EG) Nr. 2000/13 - und von Art. 2 Abs. 2 lit. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinie 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission Text von Bedeutung für den EWR - VO (EU) Nr. 1169/2011 -, vorgelegt:
Handelt es sich bei Portionspackungen von Honig, die in einer Umverpackung, die sämtliche Kennzeichnungselemente - einschließlich der Angabe des Ursprungslandes - enthält und die nicht als solche Portionsverpackungen einzeln an den Endverbraucher verkauft und nicht einzeln an gemeinschaftliche Einrichtungen abgegeben werden sollen, um ein „vorverpacktes Lebensmittel“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 lit. b RL (EG) Nr. 2000/13 sowie Art. 2 Abs. 2 lit. e VO (EU) Nr. 1169/2011, das einer entsprechenden Kennzeichnungspflicht unterliegt oder stellen derartige Portionspackungen mit Honig mangels Verkaufseinheit keine kennzeichnungspflichtigen vorverpackten Lebensmittel dar?
Ist die Frage anders zu beantworten, wenn diese Portionspackungen in Gemeinschaftseinrichtungen nicht nur in fertig zusammengestellten Gerichten, die pauschal bezahlt werden, abgegeben, sondern auch einzeln verkauft werden?
II.
Das Berufungsverfahren wird für die Dauer des Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt.
Im vorliegenden Berufungsverfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie nicht gegen § 4 Nr. 3 i. V. m. § 3 Abs. 4 Nr. 1 der Honigverordnung vom 16. Januar 2004 (BGBl I S. 92), die zuletzt durch Art. 9 der Verordnung vom 8. August 2007 (BGBl I S. 1816) geändert worden ist (HonigV), verstößt, wenn sie mehrere nicht zum Einzelverkauf bestimmte Portionspackungen desselben Honigs ohne Angabe des Ursprungslandes in einer Verpackung, auf der Füllmenge, Anzahl der einzelnen Verpackungen sowie die Kennzeichnungselemente nach der HonigV einschließlich des Ursprungslandes und nach der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1999 (BGBl I S. 2464), die zuletzt durch Art. 2 der Verordnung vom 25. Februar 2014 (BGBl I S. 218) geändert worden ist - LMKV - (vgl. Bl. 83 ff. der VGH-Akte), angegeben sind, in Verkehr bringt.
Die Klägerin ist ein in Europa tätiges Unternehmen im Bereich der Herstellung und Abfüllung von Honig. Im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit bringt sie unter anderem das Produkt „Breitsamer Imkergold“ in Verkehr. Es handelt sich dabei um 120 Portionspackungen desselben Honigs von je 20 g mit zugeschweißtem Alu-Deckel, die sich wiederum in einer von der Klägerin abgepackten und verschlossenen Packung (Karton) befinden. Auf Letzterem sind neben weiteren Kennzeichnungselementen nach der LMKV sowie der HonigV die gesamte Füllmenge, die Anzahl der einzelnen Portionspackungen und das Ursprungsland des Honigs angegeben. Auf den in der Packung befindlichen Portionspackungen befindet sich keine Angabe des Ursprungslandes.
Unter dem 30. Oktober 2012 erließ die Beklagte gegen den als verantwortlichen Geschäftsführer bezeichneten Herrn F. B. einen Bußgeldbescheid, weil von der Klägerin im ersten Halbjahr 2011 von deren Sitz aus Honig in den Verkehr gebracht wurde, bei dem auf der Portionsverpackung die Angabe des Ursprungslandes fehlte. Die Klägerin beabsichtigt, weiterhin die Portionspackungen ohne Angabe des Ursprungslandes in den Verkehr zu bringen. Es sei ihr nicht zuzumuten, wegen verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren über sich ergehen lassen zu müssen und sie hat deshalb die Feststellungsklage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. September 2013 abwies.
Streitig ist unter den Beteiligten, ob das Ursprungsland des Honigs auf jeder einzelnen Portionspackung angegeben werden muss.
Das nationale Recht hat hierzu Regelungen in der HonigV getroffen. § 3 Abs. 4 HonigV lautet:
„Zusätzlich zu den nach der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung vorgeschriebenen Angaben muss die Kennzeichnung der in Anlage 1 aufgeführten Erzeugnisse folgende Angaben enthalten, die nach Maßgabe des Absatzes 5 anzugeben sind:
1. Das Ursprungsland oder die Ursprungsländer, in dem oder in denen der Honig erzeugt wurde; bei mehr als einem Ursprungsland kann stattdessen jeweils eine der folgenden Angaben gemacht werden, sofern der Honig dort erzeugt wurde
a) „Mischung von Honig aus EG-Ländern“,
b) „Mischung von Honig aus Nicht-EG-Ländern“,
c) „Mischung von Honig aus EG-Ländern und Nicht-EG-Ländern“,
Die erwähnte Anlage 1 trifft Begriffsbestimmungen und Verkehrsbezeichnungen zum Honig. Das hier streitgegenständliche Produkt fällt unstreitig hierunter.
§ 3 Abs. 5 Satz 2 HonigV lautet:
„Im Übrigen gilt für die Art und Weise der Kennzeichnung nach Abs. 4 § 3 Abs. 3 Satz 1, 2 und 3 erster Halbsatz und Abs. 4 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung entsprechend.“
Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 LMKV sind die Angaben auf der Fertigpackung oder einem mit ihr verbundenen Etikett an gut sichtbarer Stelle in deutscher Sprache, leicht verständlich, deutlich lesbar und unverwischbar anzubringen. Satz 2 und Satz 3 Halbs. 1 treffen dazu nähere Vorgaben. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. c LMKV können die Angaben bei Lebensmitteln in Fertigpackungen, die zur Abgabe an Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LMKV bestimmt sind, um dort zubereitet, verarbeitet, aufgeteilt oder abgegeben zu werden, in den dazugehörenden Geschäftspapieren enthalten sein, wenn sichergestellt ist, dass diese Papiere mit allen Etikettierungsangaben entweder die Lebensmittel, auf die sie sich beziehen, begleiten oder vor oder gleichzeitig mit der Lieferung abgesandt wurden.
§ 3 Abs. 4 HonigV entspricht der Regelung in Art. 2 Nr. 4 lit. a der Richtlinie Nr. 2001/110 EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig - RL (EG) Nr. 2001/110 - nach der ebenfalls das Ursprungsland oder die Ursprungsländer, in dem bzw. in denen der Honig erzeugt wurde, auf dem Etikett anzugeben ist bzw. sind, wobei hinsichtlich der Provenienz aus mehreren Ländern jeweils noch unterschieden nach EG-Ländern oder Nicht-EG-Ländern Angaben zu machen sind. Art. 2 Nr. 4 lit. b RL (EG) Nr. 2001/110 verweist auf die Kennzeichnungspflichten, die in der RL (EG) Nr. 2000/13 geregelt sind. Diese Richtlinie wird gemäß Art. 53 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1169/2011 mit Wirkung zum 13. Dezember 2014 aufgehoben und im Ergebnis durch diese Verordnung ersetzt. Nach Art. 53 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 1169/2011 gelten Verweisungen auf die in Art. 53 Abs. 1 aufgehobenen Rechtsakte als Verweisung auf die vorliegende Verordnung.
Das nationale Recht geht in § 1 Abs. 1 Satz 1 LMKV vom Begriff der Fertigpackung aus, den § 42 Abs. 1 des Gesetzes über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt, ihre Verwendung und Eichung sowie über Fertigpackungen vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2722) - Mess- und Eichgesetz - MessEG - definiert. Darunter sind Verpackungen in beliebiger Art zu verstehen, in die in Abwesenheit des Käufers Erzeugnisse abgepackt und die in Abwesenheit des Käufers verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Zudem legt § 1 Abs. 1 LMKV fest, dass die Verordnung für die Kennzeichnung von Lebensmitteln in derartigen Fertigpackungen gilt, die dazu bestimmt sind, an Verbraucher abgegeben zu werden, wobei dem Verbraucher Gaststätten, Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung sowie Gewerbetreibende, soweit sie Lebensmittel zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, gleichstehen. Dieser Regelung entsprach auf europarechtlicher Ebene Art. 1 Abs. 1 und 2 RL (EG) Nr. 2000/13, wonach diese Richtlinie sowohl für die Etikettierung von Lebensmitteln, die ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher abgegeben werden sollen sowie für bestimmte Aspekte ihrer Aufmachung und der für sie durchgeführten Werbung gilt, als auch für Lebensmittel, die an Gaststättenbetriebe, Krankenhäuser, Kantinen und ähnliche gemeinschaftliche Einrichtungen abgegeben werden sollen. Dem Begriff der „Fertigpackung“ entspricht in der Sprache des europäischen Rechts das „vorverpackte Lebensmittel“. Darunter ist gemäß Art. 1 Abs. 3 lit. b RL (EG) Nr. 2000/13 die Verkaufseinheit zu verstehen, die ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher und gemeinschaftliche Einrichtungen abgegeben werden soll und die aus einem Lebensmittel und der Verpackung besteht, in die das Lebensmittel vor dem Feilbieten abgepackt worden ist, gleichviel, ob die Verpackung es ganz oder teilweise umschließt, jedoch auf solche Weise, dass der Inhalt nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder eine Veränderung erfährt. Die entsprechende Definition des vorverpackten Lebensmittels findet sich nun in Art. 2 Abs. 2 lit. e der VO (EU) Nr. 1169/2011. Sowohl das Europarecht als auch das nationale Recht sehen als wesentliches Element sowohl des „vorverpackten Lebensmittels“ als auch der „Fertigpackung“ die Verkaufseinheit an. Das ergibt sich für das nationale Recht aus § 42 MessEG, das in § 42 Abs. 1 MessEG die „Fertigpackung“ zwar ohne das Element der Verkaufseinheit definiert, jenes aber dadurch als wesensmäßig ansieht, indem es in § 42 Abs. 2 MessEG in unmittelbarem Anschluss an diese Definition „andere Verkaufseinheiten“ aufzählt.
Die Klägerseite vertritt die Auffassung, dass es sich bei den gegenständlichen Portionspackungen um keine vorverpackten Lebensmittel handelt, weil sie keine Verkaufseinheiten darstellen, sondern im Karton gesammelt an Gemeinschaftseinrichtungen abgegeben werden, die die einzelnen Portionspackungen ihrerseits nicht verkaufen. Ferner verweist die Klägerin auf eine von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher eingesetzte Arbeitsgruppe aus Sachverständigen der Mitgliedsstaaten und deren Fragen und Antworten zur Anwendung der VO (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel vom 31. Januar 2013. Hierin ist ausgeführt, dass in Anbetracht der verschiedenen Arten der Abgabe von Lebensmitteln an den Endverbraucher in Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen anzumerken sei, dass Portionsbecher (z. B. Marmelade, Honig, Senf), die dem Kunden von Anbietern von Gemeinschaftsverpflegung als Teil der Mahlzeit angeboten werden, nicht als Verkaufseinheiten gelten. In solchen Fällen wäre daher die Angabe der Lebensmittelinformationen auf der Sammelpackung ausreichend. Außerdem verweist die Klägerin auf Honig-Portionspackungen anderer Firmen oder auch aus anderen Ländern, die wohl unbeanstandet blieben (vgl. Bl. 134 bis 143 der VGH-Akte).
Demgegenüber vertritt die Landesanwaltschaft, die im Ergebnis dem Standpunkt der Beklagten beitritt, die Auffassung, dass die Intention des europäischen Rechts dahingehe, den Verbraucher möglichst umfassend und detailliert über die ihm gereichten Lebensmittel zu informieren. Die Eigenschaft der Portionspackungen als Fertigpackung werde auch nicht dadurch aufgehoben, dass diese wiederum in einem verschlossenen Karton abgepackt seien. Andernfalls könne durch mehrmaliges Verpacken letztlich der Sinn der Kennzeichnungsvorschriften ausgehebelt werden.
Sollten, wie es die Beklagte behauptet und die Klägerin bestreitet, die Portionspackungen auch einzeln verkauft werden, kann die gestellte Frage durchaus differenziert beantwortet werden.