Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2018 - 15 ZB 18.31537

bei uns veröffentlicht am06.07.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 11 K 18.30074, 18.05.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Kläger ist Staatenloser mit palästinensischer Volkszugehörigkeit aus dem Gaza (palästinensisches Autonomiegebiet). Er wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 19. Dezember 2017, mit dem (u.a.) sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und die Abschiebung nach Gaza angedroht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat mit Urteil vom 18. Mai 2018 die auf Aufhebung des genannten Bescheids und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) festzustellen, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, „ob die derzeit bestehenden Ausreisebeschränkungen für Palästinenser aus dem Gazastreifen einen Eingriff in den Kernbereich einer als grundlegend anerkannten Menschenrechtsgarantie“ darstellen bzw. „ob für einen staatenlosen Palästinenser die dortigen humanitären Verhältnisse“ derzeit ein Abschiebungsverbot begründen (§ 60 Abs. 5 AufenthG). Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 22. Juni 2018 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung – auch unter Hinweis auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamts – die in dem palästinensischen Autonomiegebiet Gaza bestehenden humanitären Verhältnisse unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens hinreichend gewürdigt. Es kommt – in Übereinstimmung mit der bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – zu dem Ergebnis, dass der Abschiebung kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG entgegensteht (vgl. hierzu z.B. auch VG Bayreuth, U.v. 28.11.2017 – B 3 K 17.32895 – juris Rn. 44; VG München, U.v. 6.10.2017 – M 17 K 17.38250 – juris Rn. 51 ff.; VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 24 ff.). Der Kläger hat im Zulassungsverfahren demgegenüber keine näher substantiierte Rechts- oder Tatsachenfrage dargelegt, deren Klärung im Berufungsverfahren im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig ist (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 15 ZB 18.30121 – juris Rn. 7).

Gleiches gilt für das klägerische Vorbringen zu den „derzeit bestehenden Ausreisebeschränkungen für Palästinenser aus dem Gazastreifen“. Es ist bereits geklärt, dass es sich bei den gegenwärtigen Ausreisebeschränkungen für Palästinenser aus dem Gazastreifen nicht um Beeinträchtigungen handelt, die im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen qualifizierten Eingriff in einen von der EMRK „absolut geschützten menschenrechtlichen Mindeststandard“ darstellen würden (vgl. hierzu ausführlich VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 14 ff.; BVerwG, U.v. 24.5.2000 – 9 C 34/99 – BVerwGE 111, 223).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger, ungeklärter Staa

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger, staatenlose Palästinenser aus dem Gazastreifen, reisten am 10.05.2015 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 18.05.2015 Asylanträge.

Am 18.05.2015 gab der Kläger zu 1 im Wesentlichen an, sie hätten ihre Heimatstadt … im Gazastreifen am 20. oder 21.12.2014 verlassen und seien von … aus über einen Tunnel nach Ägypten gelangt. Anschließend hätten sie sich für ca. fünf Monate in Kairo aufgehalten, bevor sie am 10.05.2015 auf dem Luftweg in Frankfurt am Main eingereist seien.

Im Jahr 2009 habe er angefangen mit einem Offizier vom Sicherheitsreferat der palästinensischen Regierung zusammenzuarbeiten. Von der Person namens … habe er Aufträge bekommen, Angehörige der Hamas in seinem Stadtteil zu beobachten. Er habe insbesondere dokumentiert, wann diese Leute gekommen und gegangen seien. Im Fastenmonat des Jahres 2014 sei im Krieg zwischen der Hamas und Israel das Haus eines Hamas-Angehörigen, den er beobachtet habe, von den Israelis bombardiert worden. Die von ihm beobachtete Person sei dabei ums Leben gekommen. Nach diesem Vorfall habe er Angst bekommen, weil er über die getötete Person berichtet habe. Er vermute, dass seine Informationen über diese Person an die Israelis weitergegeben worden seien. Zwei bis drei Monate nach diesem Vorfall habe ein Cousin, der bei der Sicherheitsbehörde der Hamas arbeite, zu ihm gesagt, dass die Hamas einen Haftbefehl gegen ihn erlassen habe. Als er dies erfahren habe, seien sie noch am gleichen Tag ausgereist.

Der Kläger zu 1 erklärte ferner, es sei unmöglich, in das Westjordanland zu gehen, da zwischen dem Gazastreifen und Westjordanland Israel liege. Neben dem ergangenen Haftbefehl habe er die Heimat auch aus Angst um seine Kinder verlassen. Es habe viele Luftangriffe im Gazastreifen gegeben.

Die Klägerin zu 2 gab bei ihrer Anhörung am 18.05.2015 im Wesentlichen an, ihr Ehemann habe die Entscheidung zur Ausreise getroffen, weil die Hamas einen Haftbefehl gegen ihn erlassen habe. Ansonsten habe ihr Mann darüber nicht viel gesagt. Außerdem sei die Lage in Gaza schon seit langem sehr schlecht. Sie und ihre Kinder hätten Angst gehabt, dass es noch schlimmer werde, falls ihr Mann verhaftet werde. Für die Kläger zu 3 bis 6 wurden keine eigenen Asylgründe vorgetragen.

Mit Bescheid vom …, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 11.08.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und die Anträge auf Asylanerkennung (Ziff. 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurden nicht festgestellt (Ziff. 4). Den Klägern wurde die Abschiebung in die palästinensischen Autonomiegebiete angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, den Klägern sei die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen, da eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht worden sei. In den entscheidungserheblichen Themenkomplexen seien die Äußerungen des Klägers zu 1 widersprüchlich und oberflächlich. Die skizzierte Bedrohungssituation habe der Kläger zu 1 nicht substantiieren können. Es sei bereits nicht nachvollziehbar, warum der Kläger zu 1 bei den Zeitangaben zur Bombardierung des Hauses und dem Zeitpunkt der Ausreise widersprüchliche Aussagen mache. Es sei zudem nicht glaubhaft, dass die Kläger noch an dem Tag, an dem der Kläger zu 1 vom Haftbefehl erfahren habe, ausreisen konnten. Auch erscheine es in keiner Weise nachvollziehbar, wieso der Cousin des Klägers zu 1, der für die Hamas gearbeitet haben will, den Kläger zu 1 gewarnt haben sollte, obwohl er für die Gegenseite arbeite. Weiterhin stehe das Vorbringen im Widerspruch zum Vorbringen des volljährigen Sohnes und Bruders Mohammad, der sein eigenes Asylverfahren betreibe. Dieser habe bei seiner Anhörung lediglich davon berichtet, dass der Kläger zu 1 wegen seines Gemüseladens Probleme mit der Hamas gehabt habe. Es erscheine daher nicht nachvollziehbar, wieso der Sohn nicht einmal ansatzweise davon gewusst haben soll, dass der Kläger zu 1 Angehörige der Hamas ausspioniert habe und die Hamas gegen ihn einen Haftbefehl erlassen hätten. Soweit sich die Kläger darüber hinaus auf Verfolgungshandlungen infolge des Kriegszustandes im Gazastreifen berufen, könnten die vorgetragenen Kriegsereignisse nicht mehr zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft herangezogen werden. Die bewaffnete Auseinandersetzung mit Israel dauere nicht mehr an, weil sich inzwischen auch die Hamas gemäßigter zeige. Es fehle daher im vorliegenden Fall an einer zum jetzigen Zeitpunkt andauernden und konkreten Verfolgungssituation. Im Übrigen stünde den Klägern eine Fluchtalternative in die palästinensischen Autonomiegebiete des Westjordanlandes offen.

Mit Schriftsatz vom 24.08.2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage und beantragte,

1. Der Bescheid des … Az.: …, vom … - zugestellt am 11.08.2017 - wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger zu 1 bis 6 als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung bezog sich der Klägerbevollmächtigte auf die bisherigen Angaben der Kläger beim … Das … habe diese falsch gewürdigt. Mit weiterem Schriftsatz vom 08.09.2017 führte der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, entgegen der Auffassung des … würden den Klägern im Falle einer Rückkehr in den Gazastreifen aufgrund der dortigen Situation erhebliche individuelle Gefahren für Leib und Leben drohen. In zunehmendem Maße komme es dort zu willkürlicher Gewalt in Form von wahllosen Bombenanschlägen, bei denen die zivile Bevölkerung aufgrund der verwendeten Waffen/Bomben im hohen Maße betroffen sei. So habe es noch am 26.06.2017 Bombenangriffe mittels Flugzeuge gegeben. Es bestünden daher stichhaltige Gründe für die Annahme, dass auch Zivilpersonen - wie die Kläger - bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefen, einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Hinzu komme, dass der Kläger zu 1 von der Hamas verfolgt werde. Dieser habe mit einem Sicherheitsoffizier der palästinensischen Regierung zusammengearbeitet und in dessen Auftrag Personen beobachtet. Eine der beobachteten Personen sei - nachdem der Kläger zu 1 diverse Informationen weitergeleitet habe - getötet worden.

Nachdem der Kläger zu 1 erfahren habe, dass die Hamas einen Haftbefehl gegen ihn erlassen habe und damit Racheakte eingeleitet worden seien, fürchte er um sein Leben.

Mit Schriftsatz vom 04.09.2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 26.10.2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Gerichts- und Verfahrensakte (Az.: B 3 K 17.32290 bzw. Az …) des volljährigen Sohnes bzw. Bruders der Kläger wird beigezogen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.11.2017 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte im hiesigen Verfahren verwiesen.

Gründe

I. Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 20.11.2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II. Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes: Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben haben die Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

a) Selbst nach Durchführung der mündlichen Verhandlung konnten die Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten im Sachvortrag der Kläger zu 1 und 2 nicht ausgeräumt werden. Das Gericht konnte nicht von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals überzeugt werden.

Bei der Anhörung beim … am 18.05.2015 gab der Kläger zu 1 an, das Haus des Hamas-Angehörigen, welchen er beobachtet habe, sei im Fastenmonat 2014, etwa zehn Tage vor Kriegsende, bombardiert worden. Diese Angaben sind bereits insoweit widersprüchlich, da der Fastenmonat Ramadan im Jahr 2014 am 28.06.2014 begann und am 27.07.2014 endete, während der „50-Tage-Krieg“ im Jahr 2014 am 26.08.2014 beendet wurde. Demnach schließen sich die genannten Zeitpunkte der Bombardierung, nämlich einerseits im „Fastenmonat“ und anderseits „etwa zehn Tage vor Kriegsende“, schon denknotwendigerweise aus. In der mündlichen Verhandlung am 20.11.2017 präzisierte der Kläger zu 1 sodann den vermeintlichen Zeitpunkt des Bombenangriffs auf den Zeitraum zwischen dem 20. und 25.08.2014. Dies steht zwar nunmehr im Einklang mit der Aussage beim …, der Angriff auf das Haus des Nachbarn sei ca. zehn Tage vor Kriegsende gewesen, jedoch konnte der Kläger zu 1 den Widerspruch zur seinerzeitigen Aussage, der Bombenangriff sei im Fastenmonat 2014 gewesen, nicht glaubhaft widerlegen.

Widersprüchlich sind auch die Angaben zum Zeitpunkt, wann der Kläger zu 1 vom Haftbefehl erfahren haben will. Beim … hat er angegeben, er habe zwei bis drei Monate nach der Bombardierung des Hauses von einem Cousin, der bei der Sicherheitsbehörde der Hamas arbeite, erfahren, dass die Hamas einen Haftbefehl gegen ihn erlassen habe. Andererseits hat der Kläger zu 1 seinerzeit angegeben, sie seien noch an dem Tag, an dem er vom Haftbefehl erfahren habe, ausgereist. Dabei wurde die Ausreise aus dem Gazastreifen auf den 20. oder 21.12.2014 datiert. In der mündlichen Verhandlung gibt der Kläger zu 1 nunmehr an, er habe ca. vier Monate nach dem Krieg vom Cousin erfahren, dass die Hamas gegen ihn einen Haftbefehl erwirkt habe. Trotz Vorhalt des Gerichts konnte der Kläger zu 1 die Widersprüchlichkeiten zu seiner Aussage beim … nicht aufklären. Er führte gegenüber dem Gericht lediglich aus, der Zeitraum von „zwei bis drei Monaten“, den er beim … genannt habe, sei nur „schätzungsweise“ gewesen. Aufgrund des Gesamteindrucks in der mündlichen Verhandlung ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu 1 seine Angaben in der mündlichen Verhandlung den vom … im beklagten Bescheid aufgeführten Widersprüchlichkeiten angepasst hat.

Diese Einschätzung wird auch durch weitere Unstimmigkeiten bestätigt. Der Kläger zu 1 erklärte auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, sie seien am 19.12.2014 mit dem Auto aus vom Heimatort nach … gefahren. Die Klägerin zu 2 erklärte hingegen, sie seien mit dem Auto zu einer Busstation gebracht worden, dann mit dem Bus nach … gefahren. Konfrontiert mit den Widersprüchlichkeiten, erklärte die Klägerin zu 2 lediglich, „dann müsse es wohl so gewesen sein“, wie es der Kläger zu 1 gesagt habe.

Im Übrigen konnte auch die Klägerin zu 2 keinerlei Angaben zum Zeitpunkt der Zerstörung des Hauses in der Nachbarschaft machen und damit zur Aufklärung der widersprüchlichen Angaben ihres Ehemannes beitragen. Sie konnte den Bombenanschlag nicht einmal grob zeitlich einordnen, sondern erklärte dem Gericht nur, sie wisse nicht, wann der Bombenangriff gewesen sei. Seit sie in Deutschland sei, habe sie viel vergessen.

Weiterhin sind die Angaben des Klägers zu 1 einerseits und die seines volljährigen Sohnes Mohammad, der unter dem Az. 5988382 ein eigenes Asylverfahren führte, andererseits, in Bezug auf die Zerstörung des Gemüseladens durch die Hamas widersprüchlich. Der Kläger zu 1 gab beim … und in der mündlichen Verhandlung an, sein Gemüseladen sei bereits im Jahr 2012 in Folge eines Straßenbaus zerstört worden. Sein Sohn Mohammad erklärte hingegen bei seiner Anhörung beim … am 18.05.2015, der Gemüseladen sei im Jahr 2014, einige Monate vor der Ausreise, durch den Straßenbau zerstört worden.

Aufgrund der widersprüchlichen bzw. teils vagen und unsubstantiierten Ausführungen schenkt das Gericht dem Vortrag, der Kläger zu 1 sei wegen eines Haftbefehls seitens der Hamas vorverfolgt ausgereist, keinen Glauben.

b) Soweit die Kläger den (allgemeinen) Kriegszustand im Gazastreifen als fluchtauslösendes Motiv anführen, ist bereits anzumerken, dass insoweit keine konkret individuelle Verfolgungshandlung i.S.d. § 3a AsylG gegenüber den Klägern ersichtlich war bzw. ersichtlich ist. Jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung der Kläger bei Rückkehr in den Gazastreifen.

c) Im Übrigen haben die Kläger zu 2 bis 6 haben keine eigenen Fluchtgründe vorgetragen, sondern sich lediglich auf das Schicksal des Klägers zu 1 berufen.

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach § 16a Abs. 1 GG.

Zwar sind die Kläger auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, es fehlt aber an den inhaltlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigte i.S.d. § 16a Abs. 1 GG, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts dargelegt wurden. Auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz wird verwiesen.

3. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Sie können sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern bei einer Rückkehr in den Gazastreifen ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht. Auch subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG kommt nur dann in Betracht, wenn glaubhaft und konkret individuell die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht.

b) Den Klägern steht der subsidiäre Schutz auch nicht aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EUGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht in den palästinensischen Autonomiegebieten zumindest gegenwärtig nicht (mehr). Die insoweit vorrangig in Betracht kommenden Auseinandersetzungen zwischen der den Gazastreifen dominierenden Hamas sowie gemäßigteren palästinensischen Organisationen, insbesondere der Fatah sind jedenfalls im Gazastreifen nach Abschluss des Versöhnungsabkommens (vgl. dazu etwa, FR v. 14.5.2011, SZ v. 29.4.2011, ICG v. 20.7.2011 sowie „Die Zeit (online)“ v. 25.11.2011) weitgehend eingestellt (so bereits OVG Nds, U.v. 26.1.2012 - 11 LB 97/11 - juris). Im Juni 2014 einigten sich Fatah, Hamas und weitere palästinensische Fraktionen auf eine nationale Einheitsregierung aus parteiungebundenen Ministern (VG Düsseldorf, U.v. 12.4.2016 - 17 K 5235/15.A - juris). Angesichts der fortdauernden Annäherung zwischen Hamas und Fatah ist insoweit jedenfalls auch keine Verschlechterung der Lage absehbar. Ob die nach dem Ende der Militäroperation der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Operation Protective Edge) am 26. August 2014 latent fortbestehenden, in ihrem Ausmaß nunmehr schwankenden Auseinandersetzungen zwischen Israel, und der Hamas als faktische Machthaber im Gazastreifen die Anforderungen eines internationalen Konflikts im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (bzw. des Art. 15 c Qualifikationsrichtlinie/Art. 1 Nrn. 3 und 4 ZP I) erfüllen, kann offen bleiben. Jedenfalls fehlt es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an der zusätzlich erforderlichen Gefahrendichte für eine Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (vgl. ausführlich VG München, U.v. 2.2.2017 - M 17 K 16.34829 - juris; VG Bayreuth, U.v. 14.8.2017 - B 3 K 17.32290; VG Bayreuth, U.v. 17.11.2017 - B 3 K 16.31777).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen im Herkunftsland führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Aufgrund des klägerischen Vortrags ist die Schwelle zu einer Verletzung der Werte des Art. 3 EMRK nicht erreicht. Die Verhältnisse im Umfeld der Kläger gehen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner in der vergleichbaren Situation hinnehmen müssen. Der Kläger zu 1 hat bereits vor der Ausreise unter gleichen Bedingungen für sich und seine Familie sorgen können und hat angeblich die letzten Jahre vor der Ausreise von Ersparnissen leben können. Beim … gab er zusätzlich an, von der gutsituierten Familie, insbesondere von den Eltern der Klägerin zu 2, unterstützt worden zu sein. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger an diese Verhältnisse nicht anknüpfen könnten. Im Übrigen ist der Kläger zu 1 jung, gesund und erwerbsfähig. Es ist ihm, wie bereits früher, zuzumuten durch eigene Erwerbstätigkeit für sich und seine Familie zu sorgen. Insoweit verfügt er auch über Erfahrungen als Gemüsehändler.

5. Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

6. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn die Kläger sind, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtlinge bzw. Asylberechtigte anzuerkennen noch stehen ihnen subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Sie besitzen auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

7. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, sind nicht ersichtlich.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ungeklärter Staatsangehörigkeit vom Volk der Palästinenser mit sunnitischen Glaubensbekenntnis, reiste im August 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. Juni 2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 26. Juli 2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, in Rafah, Gazastreifen geboren und sich dort bis zur Ausreise im Juni 2015 aufgehalten zu haben. Seine Eltern, sieben Geschwister sowie die Großfamilie würden sich noch im Herkunftsgebiet befinden. Die wirtschaftlichen Umstände im Gazastreifen seien sehr schlecht gewesen. Er habe nach dem Abitur ein Jahr an der Universität studiert und sei dann Taxi gefahren. Die Kosten für die Universität seien sehr hoch gewesen. Er sei vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gekommen. Die Verkehrsbehörden würden den Taxifahrern Schwierigkeiten machen, es sei alles verboten. Man dürfe unter anderem aufgrund der Straßensperrungen keine Personen befördern. Organisationen wie die Hamas würden über die Behörden regieren. Die Polizei und Kasam gehörten auch zur Hamas. Er sei häufig von ihnen angesprochen worden, ob er für sie arbeiten möchte. Er sei geflüchtet, um das alles hinter sich zu lassen. Der Kampf um die Macht zwischen Hamas und Fatah würde das Leben für die Bevölkerung noch schwieriger machen. Im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion würde er befragt werden, warum er das Land verlassen habe. Er würde vernommen werden, und sie würden wieder von ihm fordern, sich ihnen anzuschließen.

Der Kläger beschränkte seinen Asylantrag gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

Mit Bescheid vom 31. März 2017 erkannte das Bundesamt weder die Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) noch den subsidiären Schutzstatus (Nr. 2) zu und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung in die Palästinensischen Autonomiegebiete oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 4). Das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 5). Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger keine persönliche und fluchtauslösende Verfolgung im Herkunftsgebiet vorgetragen, sondern sich auf die wirtschaftlich schwierigen Lebensumstände im Gazastreifen bezogen habe. Er habe offen zugegeben, sich aus rein wirtschaftlichen Gründen im Bundesgebiet aufzuhalten. Es sei aufgrund vorliegender Erkenntnisse auch nicht ersichtlich, dass dem Kläger irgendwelche Konsequenzen oder Verfolgungshandlungen aufgrund unterstellter oppositioneller politischer Überzeugung jemals gedroht haben oder drohen würden, sollte er eine Zusammenarbeit mit der Hamas bereits abgelehnt haben oder im Fall seiner Rückkehr nach erneuter Aufforderung zukünftig ablehnen. Es lägen weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus noch für ein Abschiebungsverbot vor. Trotz der angespannten Gesamtsituation sei es dem ledigen, gesunden und arbeitsfähigen Kläger bis zur Ausreise möglich gewesen, seine Existenzgrundlage zu erwirtschaften. Es sei anzunehmen, dass ihm dies nach einer Rückkehr in die Herkunftsregion mithilfe seiner dort nach wie vor lebenden Familie erneut gelingen werde.

Die Klagebevollmächtigte erhob mit Schriftsatz vom 13. April 2017, der am 18. April 2017 beim Verwaltungsgericht München einging, Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2017 aufzuheben und diese zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bezüglich des Klägers vorliegen.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2017 übersandte die Klägerbevollmächtigte eine Stellungnahme des Klägers. Danach sei dieser Student gewesen und habe daneben den Beruf als Taxifahrer ausgeübt, um Geld zu verdienen. Bei seiner Arbeit habe er sehr viel Unrecht erfahren, da er sich geweigert habe, einer der Fraktionen Hamas oder Fatah beizutreten. Er glaube nur an Frieden. Er habe den Gazastreifen verlassen, weil er zu keiner Organisation gehöre. Er sei auf der Suche nach einem ruhigen und friedlichen Leben, das in Gaza nicht existiere. Wenn man kein Mitglied bei der Fatah oder der Hamas sei, sei das Leben wegen des enormen Drucks die Hölle. Man werde gefoltert und mit einer Haftstrafe bedroht. Er sei dem Gefängnis entkommen. Zudem bestehe seit 70 Jahren mit Israel ein Kriegszustand. Öfter würden Menschen ohne Grund getötet. Er könne kein Blut sehen und wolle in Frieden und Freiheit le ben. Palästina leide seit zehn Jahren an einer Belagerung. Der Streit zwischen Hamas und Fatah führe zu einer Störung der inneren Ordnung. Zudem habe er mit einer Frau Geschlechtsverkehr gehabt, ohne mit dieser verheiratet zu sein. Dies sei in Palästina strafbar. Die Familie der Frau würde jetzt nach ihm suchen. Seine eigene Familie möchte nichts mehr von ihm wissen. Die Angehörigen der Frau seien Mitglieder der Hamas und würden nach ihm suchen, um ihm das Leben zu nehmen. Bei einer Rückkehr würde es für ihn Sicherheit nur im Gefängnis geben.

Die Beklagte übersandte die Behördenakten und stellte keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 31. August 2017 übertrug das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Oktober 2017 verwiesen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen war. Denn in der form- und fristgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 31. März 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung eines subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Auch ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht nicht. Die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das dreißig-monatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.

Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend hierzu wird ausgeführt:

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

1.1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Die einzelnen Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).

Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (ebenso wie bei der des subsidiären Schutzes, s.u.) in Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK („real risk“) der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen, wie er vormals auch in Art. 2 Buchst. c) RL 2004/83/EG enthalten war und nunmehr in Art. 2 Buchst. d) RL 2011/95/EU in der Umschreibung „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ zu Grunde liegt (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7.11 - juris). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris; BVerwG, U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - juris).

Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gem. Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. Vorgeschädigten wird in Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes) eine tatsächliche (aber im Einzelfall widerlegbare) Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden, sofern ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Dadurch wird der Vorverfolgte / Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, U.v. 07.09.2010 - 10 C 11.09 - juris; BVerwG, U.v. 27.04.2010 - 10 C 5.09 - juris).

1.2. Diese Anforderungen zugrunde gelegt, kann dem Vorbringen des Klägers weder mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit entnommen werden, dass er zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren in den Palästinensischen Autonomiegebieten aus asylrelevanten Gründen verfolgt worden ist, noch dass er bei einer Rückkehr in die Palästinensischen Autonomiegebiete mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von diesen verfolgt werden würde.

1.2.1. Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 26. Juli 2016 zu seinen Asylgründen laut Niederschrift vorgetragen, dass die wirtschaftlichen Umstände im Gazastreifen sehr schlecht gewesen seien und er vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gekommen sei. Er sei häufig von Mitgliedern der Hamas angesprochen worden, ob er für sie arbeiten möchte. Er sei geflüchtet, um das alles hinter sich zu lassen. Der Kampf um die Macht zwischen Hamas und Fatah würde das Leben für die Bevölkerung noch schwieriger machen. Im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion würde er befragt werden, warum er das Land verlassen habe. Er würde vernommen werden, und sie würden wieder von ihm fordern, sich ihnen anzuschließen.

Weder die allgemein schwierige wirtschaftliche Situation in den Palästinensischen Autonomiegebieten noch der pauschale Hinweis auf die dort angespannte Sicherheitslage oder die Aufforderung von Mitgliedern der Hamas, für sie zu arbeiten, begründen aber eine Verfolgung. Nach seinem eigenen Vortrag während seiner Anhörung vor dem Bundesamt befindet sich der Kläger daher nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes.

Unterstellt, der Gazastreifen ist - obwohl ein neuer Palästinenserstaat noch nicht entstanden ist - als autonomes staatsfreies, jedoch „staatsähnliches“ Gebiet anzusehen, in dem die Hamas das Gewaltmonopol besitzt und in dem der Hamas asylerhebliche Verfolgungsfähigkeit hinsichtlich der in ihrem Gebiet aufhältigen Bevölkerung beizumessen ist (vgl. dazu VG Hannover, U.v. 11.01.2011 - 7 A 4031710; OVG Nds, U.v. 26.01.2012 - 11 LB 97/11 - juris), so führt auch dies vorliegend nicht zu einem Flüchtlingsanspruch des Klägers, da die in der Anhörung vor dem Bundesamt geschilderte Bedrohungssituation der Hamas schon nicht die Intensität von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG erreicht.

So gab der Kläger während der seiner Anhörung vor dem Bundesamt laut Niederschrift vom 26. Juli 2016 an, von Mitglieder der Hamas oft angesprochen worden zu sein, ob er für sie arbeiten möchte. Er sei geflüchtet, um das alles hinter sich zu lassen. Die Frage, ob ihm einmal etwas zugestoßen, er angegriffen oder bedroht worden sei, beantwortete der Kläger mit „Nein“. Die Behörden würden ihnen oft das Leben sehr „schwierig“ machen.

Damit sind aus dem Vortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass zum Zeitpunkt seiner Ausreise eine unmittelbar drohende Verfolgung im Herkunftsland bestanden hat. Eine Gefährdung, die sich schon so weit verdichtet hat, dass der Kläger für seine Person ohne weiteres mit dem jederzeitigen Verfolgungseintritt aktuell habe rechnen müssen, lag nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2009 - 10 C 24.08 -juris.). Der Kläger hat bei seiner Anhörung durch das Bundesamt keine konkreten Umstände benannt, die eine derart verdichtete Bedrohungslage beachtlich wahrscheinlich erscheinen ließen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, politisch aktiv gewesen zu sein und sich gegen die Hamas engagiert oder öffentlich Kritik gegen sie geäußert zu haben. Eine unmittelbar drohende Verfolgung bei seiner Ausreise kann dem Kläger daher insgesamt nicht geglaubt werden. Vielmehr ist es naheliegend, dass er ausreiste, weil er keine wirtschaftliche Zukunftsperspektive für sich sah. Dies reicht für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht aus.

1.2.2. Sein nunmehriger Vortrag in der mündlichen Verhandlung, er sei durch Mitglieder der Hamas bedroht und entführt worden, ist genauso wenig glaubhaft wie sein Vorbringen, er werde von den Angehörigen seiner Freundin wegen seines außerehelichen Geschlechtsverkehrs verfolgt und mit dem Tode bedroht.

Es ist Sache des jeweiligen Schutzsuchenden darzulegen, dass in seinem Falle die tatsächlichen Grundlagen für eine Schutzgewährung, insbesondere also ein Verfolgungsschicksal und eine (noch) anhaltende Gefährdungssituation gegeben sind. Eine Glaubhaftmachung derjenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, erfordert insoweit einen substantiierten, im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Tatsachenvortrag, der geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, und der auch mit den objektiven Umständen in Einklang zu bringen ist. Der Asylsuchende hat seine guten Gründe für eine ihm drohende Verfolgung unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig zu schildern (BVerwG, B.v. 10.5.1994 - 9 C 434.93 - NVwZ 1994, 1123 f., B.v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - InfAuslR 1990, 38 ff.; OVG NW, B.v. 22.6.1982 - 18 A 10375/81).

Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt nach erlittenen Verfolgungsmaßnahmen ein derartiges Ereignis, bei dem sie sich in erheblicher Lebensgefahr befunden hätte und das sich deshalb ihrer Erinnerung hätte einprägen müssen, nicht angegeben, was dafür spricht, dass ein solches Ereignis auch tatsächlich nicht stattgefunden hat.

Zudem konnte der Kläger nicht plausibel und glaubhaft darlegen, aus welchen Gründen er die vermeintliche Verfolgung durch Mitglieder der Hamas und die Bedrohung durch die Familienangehöriger seiner Freundin nicht bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt vorgetragen hat.

Soweit er ausführte, dass er sich einem sehr starken psychischen Druck ausgesetzt gesehen und keinen Mut und keine Kraft mehr gehabt habe, sein vollständiges Verfolgungsschicksal zu schildern, als er an die Situation in seinem Heimatland gedacht habe, ist dies nicht glaubhaft.

Dem Kläger wurde ausweislich der Niederschrift zu Beginn seiner Anhörung vor dem Bundesamt die Bedeutung der Anhörung erläutert. Er gab auch an, sich gesundheitlich in der Lage zu fühlen, die Anhörung durchzuführen. Zudem verneinte er die am Ende der Anhörung gestellte Frage, ob er dem Asylantrag noch etwas hinzuzufügen habe. Auch ärztliche Atteste oder Bescheinigungen, die eine psychische Belastung des Klägers bescheinigen würden, legte er nicht vor. In der mündlichen Verhandlung gab er ferner an, sich derzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu befinden. Dass er sich aufgrund eines sehr starken psychischen Drucks nicht in der Lage gesehen habe, sein vollständiges Verfolgungsschicksal zu schildern, ist auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, nicht glaubhaft. Dort machte er während seiner informatorischen Anhörung einen ruhigen, gefassten und abgeklärten Eindruck. Auch der protokollierte Inhalt der Antworten bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt, wonach er ein Leben in seinem Heimatland überwiegend zwar als schwierig, aber ohne persönlichen Angriff oder Bedrohung schilderte, lassen den Vortrag des Klägers, er habe keinen Mut und keine Kraft mehr gehabt, sein persönliches Verfolgungsschicksal zu schildern, nicht als nachvollziehbar erscheinen. Zudem ist auch nicht plausibel, dass der Kläger in seiner mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Juli 2017 übersandten Stellungnahme mit keinem Wort die angeblichen Entführungen durch die Mitglieder der Hamas erwähnte, obwohl er im Rahmen seines schriftlichen Vortrags der psychischen Belastung einer Anhörungssituation nicht ausgesetzt war in diesem Zusammenhang auch weitere vermeintliche Bedrohungen, z.B. durch die Familie seiner Freundin, vortragen konnte.

Auch wenn es zutreffen sollte, dass es bei der Anhörung beim Bundesamt gewisse Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher gegeben habe, vermag dies nicht die völlig veränderten Angaben des Klägers zu seinen Ausreisemotiven aus dem Gazastreifen im gerichtlichen Verfahren zu erklären. Es ist für das Gericht schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Umstände der Bedrohung des Klägers sich so zugetragen haben und der Kläger dies in keiner Weise in der Anhörung bei dem Bundesamt eingebracht hat.

Der klägerische Vortrag ist aber auch in wesentlichen Passagen widersprüchlich und damit auch deshalb nicht glaubhaft.

Bereits die Schilderung des zeitlichen Ablaufs der Bedrohungsszenarien, die den Kläger zur Ausreise aus dem Gazastreifen veranlasst haben soll, ist widersprüchlich. Während der Kläger in der mündlichen Verhandlung zunächst mitteilte, dass sich der letzte Angriff der Mitglieder der Hamas auf den Kläger ca. zwei Monate vor seiner Ausreise ereignet haben soll, schilderte er später, dass er in den letzten fünf Monaten vor seiner Ausreise unbehelligt bei einem Freund in Gaza-Stadt habe untertauchen können. Dort hätten ihn weder die Familie der Freundin noch die Mitglieder der Hamas, die ihm nachgestellt hätten, gefunden. Zudem ist nicht plausibel, wie der Kläger trotz verbundener Augen erkannt haben will, dass er von seinen vermeintlichen Entführern zu deren Büro gebracht worden sei. Später vermutete er, dass er in einem Trainingslager untergebracht gewesen sei, da er Stimmen und militärische Parolen gehört habe.

Widersprüchlich sind zudem die klägerischen Angaben über die Funktionen der Angehörigen seiner Freundin. Während der Kläger in seiner Stellungnahme, die mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. Juni 2017 dem Gericht übersandt wurde, erklärte, die Angehörigen seiner Freundin seien Mitglieder der Hamas-Fraktion gewesen, trug er in der mündlichen Verhandlung vor, dass der Vater seiner Freundin Kontakt zu vielen hochrangigen Hamas-Angehörigen in ihrem Stadtteil gehabt habe. Auf Nachfrage seiner Bevollmächtigten bestätigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass die Angehörigen nicht selbst Mitglieder der Hamas gewesen seien.

In Gesamtschau des Sachvortrags und dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vermochte es der Kläger damit nicht glaubhaft darzulegen, dass er vor seiner Ausreise aus Palästinensischen Autonomiegebieten einer Verfolgung oder Gefahren durch Mitglieder der Hamas oder Angehöriger der Familie seiner Freundin ausgesetzt war und ihm im Fall der Rückkehr aus eben diesen Gründen Schaden droht.

1.2.3. Schließlich ist auch davon auszugehen, dass für den Kläger im Hinblick auf seine individuellen Umstände gemäß § 3e Abs. 1 AsylG, Art. 8 Abs. 1 QualRL eine sogenannte interne Schutzalternative innerhalb des Palästinensischen Autonomiegebiets (z.B. Gaza-Stadt oder im Westjordanland) besteht. So führte er selbst in der mündlichen Verhandlung aus, dass er in den letzten fünf Monaten vor seiner Ausreise unbehelligt bei einem Freund in Gaza-Stadt habe untertauchen können. Dort habe ihn weder die Familie der Freundin noch die Mitglieder der Hamas, die ihm nachgestellt hätten gefunden. Die Gefahr, dass der Kläger bei einer Rückkehr an einem anderen Ort im Gazastreifen oder im Westjordanland aufgespürt werden könnte, ist damit nicht beachtlich wahrscheinlich. Dem Kläger ist es auch zumutbar, sich in Gaza-Stadt, wo Freunde des Klägers wohnen, oder Westjordanland niederzulassen.

2. Das Bundesamt hat im Hinblick darauf auch zu Recht die Zuerkennung subsidiä-ren Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).

2.1. Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass dem Kläger in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, hat dieser nicht glaubhaft vorgebracht (vgl. unter 1.).

2.2. Auch besteht für den Kläger als Zivilperson keine ernsthafte und individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG).

2.1. Ein internationaler Konflikt liegt gemäß den vier Genfer Konventionen vom 12. August 1949 einschließlich der Zusatzprotokolle I und II vom 8. Juni 1977 vor, wenn an ihm zwei oder mehr Staaten beteiligt sind, die gegeneinander Waffengewalt einsetzen. Von einem innerstaatlichen Konflikt ist nach den o.g. völkerrechtlichen Regelungen die Rede, wenn nicht zwei Staaten gegeneinander, sondern ein Staat auf seinem Staatsgebiet kämpft, etwa weil sein Gewaltmonopol bedroht wird und er im Innern um Souveränität ringt. Allerdings ist die Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts erst ab einer gewissen Intensität erreicht. Nicht erfasst sind nach dem Zusatzprotokoll II innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen (BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07, NVwZ 2008, 1241/1244; U.v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 -NVwZ 2011, 56/58).

Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht in den Palästinensischen Autonomiegebieten jedenfalls gegenwärtig nicht (mehr).

Die insoweit vorrangig in Betracht kommenden Auseinandersetzungen zwischen der den Gazastreifen dominierenden Hamas sowie gemäßigteren Palästinensischen Organisationen, insbesondere der Fatah sind jedenfalls im Gazastreifen nach Ab-schluss des Versöhnungsabkommens (vgl. dazu etwa, FR v. 14.5.2011, SZ v. 29.4.2011, ICG v. 20.7.2011 sowie „Die Zeit (online)“ v. 25.11.2011) weitgehend eingestellt (so bereits OVG Nds, U.v. 26.1.2012 - 11 LB 97/11 - juris); im Juni 2014 einigten sich Fatah, Hamas und weitere Palästinensische Fraktionen auf eine nationale Einheitsregierung aus parteiungebundenen Ministern (VG Düsseldorf, U.v. 12.4.2016 - 17 K 5235/15.A - juris; FAZ v. 8.12.2015; amnesty international report 2015 Palästina, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/pa-laestina). Angesichts der fort dauernden Annäherung zwischen Hamas und Fatah ist insoweit jedenfalls auch keine Verschlechterung der Lage absehbar.

Ob die nach dem Ende der Militäroperation der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (Operation Protective Edge) am 26. August 2014 latent fortbestehenden, in ihrem Ausmaß nunmehr schwankenden Auseinandersetzungen zwischen Israel, und der Hamas als faktische Machthaber im Gazastreifen die Anforderungen eines internationalen Konflikts im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (bzw. des Art. 15 c Qualifikationsrichtlinie/Art. 1 Nrn. 3 und 4 ZP I) erfüllen, kann offenbleiben. Jedenfalls fehlt es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an der zusätzlich erforderlichen Gefahrendichte.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf eine individuelle Gefahr für den Kläger. Zwar kann sich eine von einem - hier unterstellten internationalen - bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell in der Person eines Ausländers verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AsylG erfüllen, also für ihn eine erhebliche individuelle Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG darstellen. Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Kläger von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Kläger als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte -etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht bereits die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10C 13/10 - juris Rn. 18, m. w. N., sowie U.v. 27.4.2010 - 10 C 4/09 - juris Rn. 33). In jedem Fall setzt § 4 Abs. 1 AsylG für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr aber voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Hieran mangelt es vorliegend. Dass er als Taxifahrer einer besonderen Verfolgung ausgesetzt sein werde, ist weder ersichtlich noch wurde dies vom Kläger selbst vorgetragen.

Fehlen daher individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers, so kann ausnahmsweise für ihn gleichwohl eine außergewöhnliche Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Dazu ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2010 - a. a. O., Rn. 33, sowie U.v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - juris, Leitsatz 1b). Zur Feststellung einer solchen Ausnahmesituation ist wiederum ebenso wie für die Folgen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits (BVerwG, B.v. 02.01.2012 - 10 B 43/11 - juris Rn. 4) und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib und Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Zahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich, die auch die medizinische Versorgungslage einschließt. Insoweit können auch die für die Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - a. a. O., Rn. 33, m. w. N.). Die Lage in den Palästinensischen Autonomiegebieten ist insbesondere auch durch die laufend aktualisierten Angaben der dort tätigen Unterorganisationen der Vereinten Nationen, insbesondere der OCHAoPT, sowie des „Palestinian Center for Human Rights“ außerordentlich gut dokumentiert, umfasst etwa eine einzelfallbezogene Analyse von Todes- und Verletzungsfällen, so dass weder ein nennenswertes Dunkelzifferrisiko noch die Problematik besteht, nicht verlässlich zwischen der Gewaltanwendung gegenüber Kombattanten und Zivilisten unterscheiden zu können oder sog. Kollateralschäden einschließlich erheblicher psychischer Verletzungen in Folge des - unterstellten - bewaffneten Konflikts zu übersehen. Danach liegt - wie folgend im Einzelnen dargelegt wird - im Gazastreifen nicht die erforderliche Gefahrendichte vor (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 17.11.2011, a. a. O., Rn. 16, m. w. N.: ein Verhältnis von 1: 800 reicht nicht annähernd aus, U.v. 17.11.2011 - 1 0 C 11/10 - Rn. 20 f., zu einem Verhältnis von 1: 1.000).

Nach den dem Gericht vorliegenden Zahlen (OCHAoPT, Protection of Civilians Weekly Report, zuletzt: 30. Mai bis 12. Juni 2017; www.ochaopt.org) sind die Todesfälle von Palästinensern durch israelische Streitkräfte im Gazastreifen bedingt durch die unbefristete Waffenruhe am 26. August 2014 bereits im Jahr 2015 erheblich zurückgegangen. 2014 waren im Gazastreifen insgesamt noch 2.256 Todesfälle, davon (allein im Zeitraum vom Juli bis August) 1.492 Zivilisten zu verzeichnen gewesen; für das Jahr 2015 wird von 25 Todesfällen, für das Jahr 2016 von 8 Todesfällen und im Jahr 2017 (bis 12. Juni) von 2 Todesfällen berichtet. Die Zahl der Verletzten betrug 2014 im Gazastreifen 11.097 Personen, im Jahr 2015 1.375 Personen, im Jahr 2016 178 Personen und im Jahr 2017 (bis 12. Juni) 26 Personen.

Eine gravierende Verschlechterung der Lage zeichnet sich nicht ab. Insbesondere ist nicht konkret abzusehen, dass israelische Truppen in einer Großoperation erneut -wie zuletzt vom Juli bis August 2014 - den Gazastreifen angreifen oder ihn gar besetzen werden; dass eine solche Verschärfung der Lage nicht gänzlich auszuschließen ist, reicht hingegen nicht aus. Setzt man die Zahlen für das Jahr 2016 und 2017 (hochgerechnet für das gesamte Jahr) ins Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung von etwa 1,8 - 1,9 Millionen im Gazastreifen und berücksichtigt man weiterhin, dass die Gefahr, Opfer von israelischen (Gegen) Angriffen zu werden, außerhalb der unmittelbaren Grenznähe und militärisch genutzter Ziele angesichts der geringen Größe des Gazastreifens zwar nicht ausgeschlossen, aber doch geringer ist, so fehlt es bei einem Verhältnis von deutlich weniger als 0,1% im Jahr auseinandersetzungsbedingt getöteten oder verletzten Zivilisten ersichtlich an der erforderlichen Dichte der willkürlichen Übergriffe für jeden dort Lebenden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung bedarf. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens - wie hier - weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermöge sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken. Zudem sei die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich (U.v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24; 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 23; 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 17.1.2017 - 13a ZB 16.30182 - juris Rn. 7 m.w.N.).

2.3. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.

Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16f.).

2.3.1. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.

In den Palästinensischen Autonomiegebieten ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde. Für das Vorliegen eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG wurde nichts vorgetragen und ist auch in Bezug auf den Kläger als arbeitsfähigen, gesunden jungen Mann unter den in den Palästinensischen Autonomiegebieten derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen nichts ersichtlich (vgl. zur Reichweite der Schutznorm des § 60 Abs. 5 AufenthG BayVGH, B.v. 30.9.2015 - 13a ZB 15.30063 und die darin zit. obergerichtliche Rspr.).

2.3.2. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.

Die allgemeine Gefahr in den Palästinensischen Autonomiegebieten hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Wei se ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15).

Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht. Im Hinblick auf eine mögliche Eigenexistenzsicherung hat der Kläger die hierfür erforderliche Leistungsfähigkeit eines gesunden jungen Mannes. Die Chancen des Klägers im Verdrängungskampf um die knappen Arbeitsmarktressourcen sind zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt als nicht aussichtslos im Vergleich bei der derzeitigen Konkurrenzsituation einzuschätzen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Kläger ein Existenzminimum selbst erwirtschaften kann.

So gab er an, die Schule mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend an der Universität das Studienfach „Schöne Künste“ studiert zu haben. Danach habe er seinen Lebensunterhalt mit Taxifahren verdient. Zudem leben nach eigenen Angaben des Klägers seine Eltern und seine sieben Geschwister im Heimatland. Es ist mithin davon auszugehen, dass er auf das soziale Netz seiner Familie bzw. Großfamilie in den Palästinensischen Autonomiegebieten zurückgreifen kann. Auch die Klägerbevollmächtigte erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass es dem Kläger in seinem Heimatland wirtschaftlich nicht schlecht gegangen sei. Dies zeige sich dadurch, dass er studiert habe, taxigefahren sei und auch die Ausreise in Höhe von 6.000 $ mittels Freunden und Familie habe organisieren können. Daraus folge, dass der Kläger nicht aus allein wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland gekommen sei.

Nach alledem ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland in der Lage wäre, jedenfalls durch Gelegenheitsjobs in den Palästinensischen Autonomiegebieten wenigstens ein kümmerliches Einkommen zu erzielen, damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren und sich allmählich wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Somit kann von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ausgegangen werden.

3. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung rechtmäßig.

4. Schließlich begegnet auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG in Nr. 5 des Bescheids vom 31. März 2017 keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal die Klägerseite diesbezüglich keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Gründe

I.

Die aus dem Gazastreifen stammenden Kläger (nach eigenen Angaben staatenlose Palästinenser) wenden sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 9. August 2017, mit dem (u.a.) die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und die Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat mit Urteil vom 28. November 2017 die auf Aufhebung des genannten Bescheids und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen „und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen“, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe die Sach- und Rechtslage verkannt. Außerdem habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kläger vom 8. Januar 2018 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Kläger im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vortragen, das Verwaltungsgericht habe die Sach- und Rechtslage verkannt, wenden sie sich lediglich gegen die im angefochtenen Urteil vorgenommene gerichtliche Würdigung der Sach- und Rechtslage, insbesondere gegen die gerichtliche Einschätzung des klägerischen Vorbringens als nicht glaubhaft, ohne damit jedoch einen Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylG darzulegen (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Soweit die Kläger hingegen als Zulassungsgrund geltend machen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG), ist ihr Vorbringen nicht näher substantiiert.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (nur dann) zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 2). Eine derartige Darlegung lässt sich dem klägerischen Vorbringen indes nicht entnehmen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.