Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. Juli 2018 - L 19 R 36/17

published on 18/07/2018 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 18. Juli 2018 - L 19 R 36/17
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Previous court decisions
Sozialgericht Nürnberg, S 9 R 854/16, 19/12/2016

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.12.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung von Zeiten als nachgewiesene, anstatt glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) und im Gefolge auf eine höhere Altersrente hat.

Die 1950 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und am 23.07.1990 ins Bundesgebiet zugezogen. Sie verfügt über einen Vertriebenenausweis A Nr. 0… Die Klägerin füllte im Januar 1991 einen Fragebogen über zurückgelegte Beschäftigungs-, Versicherungs-, Ausfall- und Militärdienstzeiten in der (ehemaligen) UdSSR aus. Danach habe sie von September 1967 bis Juni 1971 die Pädagogische Hochschule in O. besucht und sei anschließend von August 1971 bis Juli 1977 als Mathematiklehrerin in N., O. und von August 1977 bis Juni 1990 als Mathematiklehrerin in A.-N., C., beschäftigt gewesen. Sie sei dort an einer Mittelschule tätig gewesen. Vom 30.08.1976 bis 12.09.1976 und vom 13.11.1985 bis 10.12.1985 sei sie unter Weiterzahlung der Bezüge zur Fortbildung gewesen. Sie habe drei Kinder geboren und zwar am 09.11.1973, 26.02.1976 und am 10.10.1982.

Die Klägerin legte außerdem ihr Arbeitsbuch vor, das am 20.08.1971 ausgestellt worden war. Dieses enthielt im Wesentlichen vier Eintragungen über Einstellungen und Entlassung.

Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 06.08.1999 die rentenrechtlichen Zeiten bei der Klägerin fest, wobei die Zeiten nach dem FRG als glaubhaft gemachten Zeiten berücksichtigt wurden. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin damals zunächst Widerspruch ein und machte geltend, dass sie ab 11.01.1974 sowie ab 20.06.1976 als Vollzeitbeschäftigte mit voller Bezahlung unterrichtet habe; in den Zeiten vom 30.08.1976 bis 12.09.1976 und vom 13.11.1985 bis 10.12.1985 seien Fernfortbildungskurse zur Vertiefung fachlicher Qualifikationen erfolgt; sie habe in dieser Zeit ganz normal gearbeitet mit voller Beitragszahlung. Im Folgenden erklärte die Klägerin den Widerspruch für erledigt und führte dabei aus, dass ihr Erziehungsurlaub nur jeweils zwei Monate vor und zwei Monate nach der Geburt der Kinder gedauert habe.

Nachdem die Beklagte der Klägerin im Frühjahr 2011 einen Versicherungsverlauf zur Überprüfung übermittelt hatte, teilte die Klägerin der Beklagten am 16.03.2011 mit, dass sie bei ihrem ersten Kind sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Geburt zu Hause gewesen sei und ihr normales Gehalt bekommen habe. Sie sei nie krankgeschrieben gewesen und habe eine Tagesmutter gehabt. Dies habe die Zeit vom 14.09.1973 bis 04.01.1974 und vom 01.01.1976 bis 22.04.1976 betroffen. Auch sei es um die Zeit des Studiums vom 01.09.1967 bis 16.08.1971 gegangen und dasselbe vom 01.11.1982 bis 31.12.1983, was nicht vollständig berechnet worden sei. Außerdem sei sie nie krankgeschrieben gewesen, es habe immer die Lohnfortzahlung gegeben.

Auf Antrag der Klägerin vom 15.06.2015 erhielt die Klägerin ab 01.10.2015 Regelaltersrente in Höhe eines Zahlbetrags von monatlich 1.127,57 Euro. Bestandteil des Bewilligungsbescheides vom 09.09.2015 waren mehrere Anlagen, u.a. ein Versicherungsverlauf und eine Anlage über glaubhaft gemachte Zeiten nach dem FRG in der Zeit vom 17.08.1971 bis 20.06.1990. Lücken finden sich dort vom 14.09.1973 bis 04.01.1974, vom 01.01.1976 bis 22.04.1976, vom 26.07.1977 bis 18.08.1977 und vom 15.08.1982 bis 05.12.1982.

Gegen diesen Rentenbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 14.10.2015 Widerspruch ein und machte zunächst eine höhere rentenrechtliche Bewertung von Kindererziehungszeiten geltend. Sie fügte einen vorgefertigten Text bei, den sie für ihre Daten ausgefüllt hatte.

Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 30.10.2015 darauf, dass für jedes Kind 24 Monate Kindererziehungszeiten berücksichtigt worden seien und alle belegten Zeiten bei der Rentenberechnung miteinbezogen worden seien. Hinsichtlich einer fraglichen Fristversäumung machte die Klägerin geltend, dass ihr Widerspruch rechtzeitig gewesen sei, da sie den Bescheid erst zehn Tage nach dem Datum der Bescheiderstellung erhalten habe. Inhaltlich gehe es ihr auch gar nicht so sehr um die Zeiten der Kindererziehung, da sie bei jedem Kind nur sechs Wochen vor der Geburt und sechs Wochen nach der Geburt zu Hause gewesen sei. Vielmehr sei sie nie krank gewesen und habe einen Nachweis mit den Unterlagen zugesendet gehabt. Laut Anruf habe sie gesagt bekommen, dass dies erhalten worden sei. Deswegen sei es ihr unklar, warum nur fünf Sechstel (5/6) anstatt sechs Sechstel (6/6) der Auslandsrente angerechnet worden seien.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2016 den Widerspruch dahingehend zurück, dass im Fall der Klägerin die Berücksichtigung eines Zuschlages von einem Entgeltpunkt je Kind statt der Vormerkung weiterer 12 Monate Kindererziehungszeiten nicht möglich sei.

Am folgenden Tag telefonierte die Klägerin mit der Beklagten und gab an, dass sie den Widerspruchsbescheid erhalten habe und nicht klagen wolle. Es solle jedoch geprüft werden, ob Unterlagen für eine 6/6-Anrechnung vorliegen würden, da sie sich erinnern könne, solche bereits vor langer Zeit eingereicht zu haben. Mit Schreiben vom 12.01.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der bisherigen Anerkenntnis das russische Arbeitsbuch zugrunde gelegen habe, das im Normalfall zur Anerkennung der bescheinigten Zeiten in einem Umfang von 5/6 führe; so sei es auch bei der Klägerin erfolgt. Versicherte, die eine Vollanrechnung begehrten, müssten belegen, dass keine oder welche - gemeint sind geringe - Fehlzeiten vorgelegen haben würden. Derartige Bescheinigungen müssten auch angeben, aufgrund welcher Unterlagen die Aussage zu den Fehlzeiten möglich gewesen sei. Da bislang kein Sozialversicherungsabkommen mit der ehemaligen UdSSR bestehe, könnten die Betroffenen entsprechende Unterlagen nur selbst anfordern. Sollte die Klägerin sich entscheiden, die Vollanrechnung weiter zu betreiben, so solle sie dies mitteilen.

Am 04.02.2016 brachte die Klägerin vor, dass sie Unterlagen für einen Nachweis von Beitragszeiten eingereicht habe, ohne dass sie hierzu nähere Angaben machte. Sie könne die Unterlagen auch nicht erneut beibringen. Sie erwarte eine Entscheidung. Die Beklagte stellte hierzu fest, dass das Schreiben der Klägerin vom 10.11.2015 in einer anderen Abteilung eingegangen gewesen sei; Anlagen seien dabei aber nicht beigefügt gewesen.

Mit streitgegenständlichem Überprüfungsbescheid vom 08.02.2016 lehnte die Beklagte die Berücksichtigung von Zeiten der Beschäftigung in vollem Umfang (6/6 statt 5/6) ab. Das vorliegende Arbeitsbuch enthalte lediglich Angaben über Beginn und Ende von Beschäftigungen, ohne zweifelsfrei erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitragszeit durch Fehlzeiten unterbrochen gewesen sei. Es sei daher - nur - als Mittel der Glaubhaftmachung zu werten.

Den am 24.02.2016 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie in der Schule N., Gebiet O. vom 17.08.1971 bis 25.07.1977 und in der Schule A.-N. in der Ukraine vom 19.08.1977 bis 20.06.1990 ohne Fehlzeiten gearbeitet und immer ihr Gehalt bekommen habe. Die Schwangerschaftszeiten vom 14.09.1973 bis 04.01.1974, 01.01.1976 bis 23.04.1976, 15.08.1982 bis 05.12.1983 seien gesetzlich als Arbeitstage und als volles Gehalt gezahlt worden. Im aktuellen Bescheid seien diese Zeiten als unbezahlte Kindererziehungszeiten bewertet. Ansonsten habe sie keine Unterbrechungen und keine Fehlzeiten gehabt, sei nie krankgeschrieben gewesen. Im Jahr 1999 habe sie eine Reise unternommen, um schriftliche Nachweise zu bekommen, und habe diese nach Berlin gesandt. Sie habe eine neue Berechnung bekommen, aber die Unterlagen seien verlorengegangen. Außerdem wären Unterbrechungen oder unbezahlte Zeiten ins Arbeitsbuch eingetragen worden, besonders bei Lehrern.

Der Klägerin wurde nahegelegt, erreichbare Unterlagen vorzulegen und zwar Bescheinigungen der ehemaligen Beschäftigungsstellen. Es werde ihr auch anheimgestellt, sich um Zeugenerklärungen zu bemühen.

Die Klägerin legte eine Bescheinigung (Nr. Z-128 vom 10.03.2016) der Kreisverwaltung Sch. der Russischen Föderation vor, wonach in den Archivunterlagen der mittleren allgemeinbildenden Schule N. in den Personalunterlagen der Lehrkräfte für den Zeitraum von 1971 bis 1977 keine Einträge über unbezahlten Urlaub für die Klägerin vorhanden seien. Aufgrund dessen bestehe keine Möglichkeit, eine Bestätigung über oben genannte Einträge auszustellen.

Weiter legte die Klägerin zwei Zeugenerklärungen vor. Die Zeugin B. gab an, dass die Klägerin von August 1977 bis Juni 1990 in der Schule unterrichtet habe, in der sie auch unterrichtet habe. Sie könne deshalb bestätigen, dass die Klägerin in dieser Zeit nicht krankgeschrieben gewesen sei. Sie kenne die Klägerin seit Kindheit.

Die Zeugin C. gab an, dass die Klägerin von Juli 1977 bis Juli 1990 in A.-N. gewohnt habe, wo sie selbst als Hausärztin gearbeitet habe und jene ihre Patientin gewesen sei. Die Klägerin sei nie krankgeschrieben gewesen und nur sechs Wochen vor Geburt des Sohnes 1982 und sechs Wochen danach sei sie vom Unterricht befreit gewesen, habe aber normales Gehalt bekommen. Sie habe alle Daten im Gedächtnis gespeichert.

Bei einem Abgleich mit den Unterlagen der Zeuginnen stellte die Beklagte fest, dass bei der Zeugin C. ebenfalls eine Berücksichtigung im Regelumfang von 5/6 erfolgt war, während bei der Zeugin B. Nachweisunterlagen vorgelegen hätten.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2016 den Widerspruch zurück. Weitere Unterlagen, die ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis belegen würden, könnten ausweislich der Bescheinigung Nr. Z-128 vom 10.03.2016 offenbar nicht mehr beigebracht werden. Zum Beweis habe die Klägerin zwei Zeugenerklärungen vorgelegt, die sich auf die Zeit vom 19.08.1977 bis 20.06.1990 bezogen hätten. Für die Beschäftigung vom 17.08.1971 bis 25.07.1977 seien keinerlei Unterlagen vorgebracht worden. Es verbleibe insgesamt bei der Berücksichtigung zu 5/6. Die Bestätigung der Zeugin B. enthalte keine Hinweise auf Arbeitsunterbrechungen durch Mutterschutz oder Erziehungsurlaub. Die Zeugenerklärung sei daher nicht geeignet, ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis zu belegen. Da bereits die Arbeitsunterbrechung durch Geburt des Kindes im Jahr 1982 nicht erwähnt werde, sei nicht auszuschließen, dass sich die Zeugin an andere und weitere Unterbrechungen möglicherweise nicht erinnert habe. Die Zeugenerklärung der C. könne nicht überzeugen: Während der Mutterschutzfristen seien in der ehemaligen Sowjetunion Sozialleistungen für Mutterschutz bezogen worden und nicht das normale Gehalt. Erziehungsurlaub sei in der Regel eine Beurlaubung ohne Gehaltsfortzahlung gewesen. Die Zeugin verfüge selbst nur über glaubhaft gemachte Beitragszeiten, so dass Fehlzeiten nicht auszuschließen seien. Für diese möglichen Fehlzeiten könne die Zeugin keine Aussage zu Fehlzeiten der Klägerin treffen. Außerdem widerspreche es der Lebenserfahrung, dass für einen Zeitraum, dessen Beginn fast 40 Jahre zurückliege und der 13 Jahre umfasse, umfängliche und vollständige Aussagen über Fehlzeiten gemacht werden könnten. Die Zeugin selbst mache geltend, Aussagen nur aus dem Gedächtnis machen zu können. Außerdem sei sie nach dem Akteninhalt nicht Hausärztin, sondern Krankenschwester mit Feldscherausbildung im örtlichen Krankenhaus gewesen. Bei der Beweiswürdigung gebe es keine Regel, wonach im Zweifel zu Gunsten der Klägerin entschieden werden dürfe. Der Widerspruch habe daher keinen Erfolg.

Mit Schreiben vom 28.08.2016 hat die Klägerin am 02.09.2016 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass sie die Bescheinigung so verstehe, dass eine Bescheinigung über Fehlzeiten deswegen nicht ausgestellt werde, weil solche nicht vorhanden gewesen seien. Außerdem sei es eine Unterstellung, die Aussagen der Zeugin anzuzweifeln. Ihre Kinder seien durch die Oma betreut worden.

In einem Erörterungstermin vom 01.12.2016 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erteilt. Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 19.12.2016 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im russischen Arbeitsbuch keine Spalten für Eintragungen zu Fehlzeiten vorgesehen seien. Es reiche grundsätzlich nicht aus, wenn nur Anfang und Ende der jeweiligen Zeiten feststehen würden. Die Bescheinigung Z-128 vom 10.03.2016 sei so zu verstehen, dass in den Personalunterlagen für die Zeit von 1971 bis 1977 keine Einträge über unbezahlten Urlaub vorhanden seien und daher keine Bestätigung erfolgen könne. Eine neuerliche Zeugeneinvernahme sei entbehrlich gewesen, da die Zeuginnen schriftliche Erklärungen vorgelegt hätten. Die allgemeinen Angaben der Zeugin B. seien nicht aufgrund von Lohnlisten oder ähnlichen Unterlagen der Personalabteilung gemacht worden. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass nach so vielen Jahren eine Kollegin über einen so langen Zeitraum genaue Einzelheiten wisse. Sie selbst habe Unterlagen vorgelegt, aus denen sich gearbeitete Tage, bezahlter Urlaub, Krankentage und Unterbrechung der Beschäftigungszeit ergeben hätten. Die Angaben der Zeugin C. seien ebenfalls nicht als Nachweis geeignet gewesen. Die Zeugin C. sei nur eine Hilfsärztin gewesen und in ihrem eigenen Versicherungsverlauf bestünden nur glaubhaft gemachte Zeiten nach dem FRG. Der Nachweis sei somit nicht geführt und die Klägerin, die die Beweislast zu tragen habe, könne nur glaubhaft gemachte Zeiten, aber nicht voll nachgewiesene Zeiten in Anspruch nehmen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden.

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.01.2017 am 13.01.2017 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat moniert, dass die Entscheidung des Sozialgerichts ohne Zeugenbefragung ergangen sei. Sie hat erneut behauptet, dass Unterbrechungen bei Lehrern ins Arbeitsbuch eingetragen worden wären. Frau C., die ihre Schwester sei, sei mit hausärztlichen Aufgaben betraut gewesen und sei sich sicher, dass bei der Klägerin keine Fehlzeiten vorgelegen hätten. Sie könne jetzt auch nicht dort hinfahren, wo sie beschäftigt gewesen sei, weil sie einen Mann mit 100% Behinderung pflege und keine Verwandte oder nähere Bekannte dort habe. Auch sei es teuer und gefährlich dahin zu reisen.

Im Erörterungstermin vom 18.04.2018 hat der Senat die Zeugin C. gehört. Diese hat angegeben, sie sei die Schwester der Klägerin, aber aussagebereit. Sie sei Arzthelferin, Assistentin und Krankenschwester gewesen. Seit ihre Schwester 1977 aus Russland wieder in das Dorf gekommen sei, hätten sie gemeinsam in dem Dorf gewohnt. Im Dorf sei eine Außenstelle des Krankenhauses gewesen, in der die Zeugin ambulante Behandlungen habe durchführen dürfen. Mit Erkältungen oder so etwas seien sie sowieso immer zur Arbeit gegangen. Wenn mit den Kindern etwas gewesen sei, habe sich die Oma darum gekümmert. Ihre Schwester, die Klägerin, sei nie schwerer erkrankt gewesen; sie habe sie nie ins Krankenhaus schicken müssen. Bei der Geburt des dritten Kindes sei die Klägerin für sechs oder sieben Tage im Krankenhaus gewesen. Auf Nachfrage zu auswärtigen Kursen gab die Zeugin an, keine Ahnung dazu zu haben; sie glaube aber nicht, dass die Klägerin dort gewesen sei. Sie selbst sei einmal wegen einer Nierenerkrankung im Krankenhaus gewesen, das sei aber noch zu der Zeit gewesen, als sie noch nicht die Krankenstation in dem Dorf übernommen gehabt habe. Die Krankenstation habe sie im Oktober 1978 übernommen. Später habe sie nie vertreten werden müssen.

In der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2018 hat der Senat die Zeugin B. angehört. Diese hat angegeben, sie sei eine Cousine der Klägerin. Sie habe schon vor der Klägerin und auch länger als die Klägerin an derselben Mittelschule in A.-N. gearbeitet und zwar als Lehrerin für Physik und Astronomie sowie in Vertretung auch für Mathematik. Sie habe die Klägerin nie vertreten müssen; bei der Schwangerschaft 1982 sei diese von einem anderen Lehrer vertreten worden. Die Klägerin sei niemals krank gewesen, mit Ausnahme der Schwangerschaft, wobei die Unterbrechung von der Entbindung am 10.10.1982 bis 15.08.1983 gedauert habe. Die Klägerin habe ununterbrochen gearbeitet bis auf zwei Fortbildungen in M.. Die Kinder der Klägerin seien von deren Mutter und Großmutter versorgt worden. Sie sei Mitglied des Betriebsrates gewesen und habe insbesondere den Lohn den kranken Beschäftigten nach Hause gebracht, weshalb sie wisse, wann die Leute gearbeitet hätten oder nicht. Im Übrigen seien Unterbrechungen in den Arbeitsbüchern eingetragen worden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.12.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 08.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2016 aufzuheben und die Beklagte dazu zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Rentenbescheides vom 09.09.2015 eine höhere Altersrente ab Rentenbeginn zu gewähren und hierbei die Zeiten vom 17.08.1971 bis 25.07.1977 sowie vom 19.08.1977 bis 20.06.1990 als nachgewiesene Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz zu sechs Sechsteln (6/6) zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.12.2016 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin den Nachweis einer ununterbrochenen Beitragszahlung in den geltend gemachten Zeiträumen nicht erbracht hat.

Nachdem keine Begrenzung durch § 44 Abs. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erfolgt, kann es dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ihre Entscheidung durch Bescheid vom 08.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.08.2016 formal zu Recht im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens getroffen hatte, obwohl die Klägerin ihren Widerspruch gegen den Rentenbescheid vom 09.09.2015 noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens erweitert gehabt hatte.

Beim Rentenbescheid vom 09.09.2015 ist die Beklagte weder von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, noch hat sie das Recht falsch angewandt. Die gegenteiligen Behauptungen der Klägerin haben sich nicht mit der für einen vollen Nachweis erforderlichen Sicherheit nachweisen lassen. Beim Senat sind Restzweifel verblieben.

Die Rentenhöhe ergibt sich nach § 64 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) aus der Vervielfältigung der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert. Zu den Beitragszeiten, die für die Summe der Entgeltpunkte aufsummiert werden und die zu den persönlichen Entgeltpunkten führen (§ 66 SGB VI), zählen auch die in den sog. Vertreibungsgebieten zurückgelegten Beitragszeiten nach § 15 FRG. Bei der Klägerin betrifft dies die beiden von ihr benannten Zeiträume vom 17.08.1971 bis 25.07.1977 sowie vom 19.08.1977 bis 20.06.1990.

Für die Feststellung einer derartigen Beitragszeit als Grundlage der Rentenberechnung genügt es nach § 4 Abs. 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht ist, d.h. nach dem Ergebnis der Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich ist. Dabei werden nach § 22 Abs. 3 FRG für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, solange sie nicht nachgewiesen sind, regelhaft die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 gekürzt, weil dies dem statistischen Regelfall der damals in Deutschland zurückgelegten Beitragszeiten entspricht und der Gesetzgeber insoweit Vergleichbarkeit erreichen wollte. Nur wenn ausnahmsweise im Einzelfall die tatsächliche Belegungsdichte höher ist, d.h. insbesondere keine oder zumindest deutlich weniger nicht mit Beiträgen belegte Tage bzw. Zeiträume vorliegen, werden je nach den genauen Daten die Tabellenwerte für die gesamte Zeit oder Teilzeiträume zu 6/6 angerechnet. Der Nachweis ist im Sinne eines Vollbeweises zu führen, was erfordert, dass kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen darf (vgl. Urteil des Senats vom 15.02.2012, Az. L 19 R 8/10 m.w.N.).

Für die Frage, ob Beitragszeiten zu 6/6 anzurechnen sind, kommt es damit auf den Nachweis an, dass die geltend gemachten Zeiten nicht etwa durch Krankheitszeiten, unbezahlten Urlaub o.ä. unterbrochen worden sind. Offensichtlich kann mit Unterlagen, aus denen lediglich das Beschäftigungsverhältnis als solches und sein Beginn und Ende zu ersehen sind, dieser Nachweis nicht geführt werden.

Mit dem von der Klägerin vorgelegten Arbeitsbuch aus der ehemaligen Sowjetunion ist dieser Nachweis nicht geführt. Unterlagen, die nur Beginn und Ende der jeweiligen Beschäftigungszeiträume bescheinigen, aber keine Angaben zu etwaigen Ausfalltatbeständen während des Beschäftigungszeitraumes enthalten, werden von der Rechtsprechung regelmäßig nur als Mittel der Glaubhaftmachung, nicht aber als geeigneter Nachweis für eine lückenlose Beitragszahlung in den entsprechenden Zeiträumen anerkannt (z.B. BSG, Urt. v. 21.08.2008, Az. B 13/4 R 25/07 R; LSG Bayern, Urt. v. 17.01.2007, Az. L 19 R 584/05 - jeweils nach juris). Für den Vortrag der Klägerin, dass bei der Berufsgruppe der Lehrer eine andere Handhabung gegolten habe und in ihrem Arbeitsbuch Ausfallzeiten eingetragen worden wären, wenn sie angefallen wären, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Daran ändert auch die bestätigende Aussage der Zeugin B. nichts. Insbesondere hätten auch bei Beschäftigten, die im Einzelfall keine Ausfallzeiten gehabt haben, im Arbeitsbuch entsprechende Eintragsmöglichkeiten vorgesehen sein müssen, da im Vorhinein ja nicht bekannt gewesen sein konnte, dass keine Ausfallzeiten anfallen würden. Die aktenkundigen Inhalte des Arbeitsbuches der Klägerin lassen eine derartige Eintragungsmöglichkeit nicht erkennen.

Entscheidend für die Anerkennung von Zeiten nach § 15 FRG sind die in der ehemaligen Sowjetunion von der Beschäftigungsstelle abgeführten Beiträge zur Rentenversicherung. Eine Liste der tatsächlich gearbeiteten Arbeitstage kann, wenn sie als übereinstimmend mit den Originalunterlagen angesehen wird und auch sonst keine Zweifel an der Abführung der Beiträge bestehen, als Nachweismittel ausreichen. Hinsichtlich der von der Klägerin für die Zeit vom 17.08.1971 bis 25.07.1977 vorgelegten Bescheinigung Z 128 ergibt sich aus Sicht des Senats - wie schon des Sozialgerichts - dass diese Bescheinigung darlegt, dass dem Aussteller keine Angaben zu Ausfallzeiten möglich sind. Die von der Klägerin vertretene Lesart, dass damit bescheinigt werde, dass sie keinerlei Ausfallzeiten gehabt habe, überzeugt nicht. Einzig die Formulierung, dass „für die Klägerin“ keine Einträge vorhanden seien, anstatt der pauschalen Aussage, dass derartige Einträge nicht vorhanden seien, lässt diese Deutung zu, wobei aber die im nächsten Satz verweigerte Bescheinigung dann nicht nachzuvollziehen wäre. Aber allein die Tatsache, dass es bei dieser Bescheinigung zwei Lesarten geben mag, führt dazu, dass sie keine ausreichende Nachweisqualität hat. Andere Beweismittel für diesen Zeitraum existieren nicht. Es bleiben somit die Zweifel bestehen, ob in diesem Zeitraum tatsächlich keine Ausfallzeiten vorgelegen haben oder ob Ausfalltage nicht eingetragen und von den Arbeitstagen nicht in Abzug gebracht worden sind.

Die Klägerin hat zur Überzeugung des Senats den Nachweis einer Beschäftigung mit durchgehender Beitragszahlung, d.h. ohne bedeutsame Ausfallzeiten wie längere Krankheitszeiten oder unbezahlte Arbeitsunterbrechungen auch für die Zeit vom 19.08.1977 bis 20.06.1990 nicht geführt. Die in der Vergangenheit geltende Beweiserleichterung für eine Beschäftigung von mehr als 10 Jahren bei einem Arbeitgeber ist aufgehoben (§ 19 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. FRG a.F.). Unterlagen für diesen Zeitraum sind nicht aktenkundig.

Allerdings ist es nicht so, dass die Vorlage derartiger Unterlagen nicht von vornherein allgemein ausgeschlossen ist, wie sich daraus ableiten lässt, dass die Zeugin B. solche Unterlagen nach den Angaben der Beklagten beigebracht hat. Auch die Behauptung der Klägerin, dass sie schon einmal über solche Unterlagen verfügt gehabt habe, deutet in diese Richtung. Allerdings lässt sich der entsprechende Vortrag der Klägerin mit den aktenkundigen Abläufen der Klärung des Versicherungskontos in der Vergangenheit nicht zur Deckung bringen, so dass man wohl von Erinnerungsungenauigkeiten ausgehen muss. Den von der Klägerin angesprochenen Schwierigkeiten bei der Beschaffung derartiger Unterlagen in den Gebieten des früheren Aufenthalts hat der Gesetzgeber im Übrigen bereits gerade damit Rechnung getragen, dass er Beweiserleichterungen in Form von Glaubhaftmachung zugelassen hat und somit für den Regelfall die Beschaffung solcher Unterlagen entbehrlich ist.

Dass auf einen Zeugenbeweis ausschließlich zurückgegriffen werden dürfte, wenn schriftliche Beweismittel nicht zu erlangen sind, ist aus Sicht des Senats nicht zwingend so geregelt. Dass Zeugen für lange Zeiträume in der Vergangenheit, die noch dazu Jahrzehnte zurückliegen, taggenaue Angaben machen können, ist wohl nur im Ausnahmefall, insbesondere bei der Möglichkeit des Rückgriffs auf Aufzeichnungen, möglich. Im Fall der Klägerin liegen nur generalisierte Aussagen vor. Immerhin haben die Zeuginnen vermitteln können, dass sie in der Lage sein könnten, Aussagen zu Fehlzeiten der Klägerin zu machen, weil sie mit der gesundheitlichen Versorgung der Klägerin im Krankheitsfall, mit der Vertretung der Klägerin an der Arbeitsstelle und mit der Entlohnung von erkrankten Arbeitnehmern zu tun gehabt hatten. Die Zeugenaussage der Zeugin C. machte trotz des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses den Eindruck einer ausreichenden Distanz und des Bemühens um ein erinnerungsgetragenes Bezeugen der damaligen Geschehnisse, wie sich an dem Einräumen der fehlenden Kenntnis zu auswärtigen Fortbildungen ersehen lässt. Die Zeugin B. zeigte sich stärker von den Vorgängen betroffen, aber auch ihr war das Bemühen um eine aus ihrer Sicht zutreffende Darstellung nicht abzusprechen.

Gleichwohl sieht der Senat keine so präzisen Angaben in den Zeugenaussagen, die es ihm erlauben würden, ohne verbleibende Restzweifel davon auszugehen, dass die Klägerin in den Jahren 1977 bis 1990 keine - oder zumindest keine bedeutsamen - Ausfallzeiten gehabt hatte. Die Ausführungen der Zeuginnen stellen sich weniger als Erinnerungsberichte als eindrucksgetragene Wertungen dar, wonach sie die Klägerin als Beschäftigte mit wenig bis sehr wenig Ausfallanlässen einschätzen. Auch nach Nachfragen bestehen beim Senat Zweifel, welche Ausfalltatbestände in welchem Umfang vorgelegen haben. So war die Rede davon, dass man bei Erkältungskrankheiten ohnehin auf die Arbeit gegangen sei, aber auch, dass so ein kurzer Ausfall ja keine Bedeutung haben könne. Die Angaben rund um die Schwangerschaft der Klägerin variieren deutlich und erst im Verlauf des Verfahrens hat sich gezeigt, dass bei dem Kind, das während des von den Zeugenaussagen angesprochenen Zeitraums geboren worden war, längere Zeiten der Kindererziehung ohne Beschäftigung rechtlich möglich waren und auch von der Klägerin in Anspruch genommen worden waren. Zu auswärtigen Fortbildungen der Klägerin existieren ebenfalls nur - wenn überhaupt - vage Erinnerungen. Die Zeugin B. vertritt wie die Klägerin die nach Kenntnis des Senats unzutreffende Auffassung, dass in Arbeitsbüchern in Russland bei Lehrkräften - ausnahmsweise und exklusiv - Fehlzeiten eingetragen worden wären, wenn solche vorgelegen hätten.

Für den Senat verbleibt es somit dabei, dass die strittigen Zeiten nach dem FRG - nur - als glaubhaft gemacht anzusehen sind. Die Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung sind im Ergebnis nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

12 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn

1.
die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte,
2.
der Rentenartfaktor und
3.
der aktuelle Rentenwert
mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

(1) Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für

1.
Beitragszeiten,
2.
beitragsfreie Zeiten,
3.
Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten,
4.
Zuschläge oder Abschläge aus einem durchgeführten Versorgungsausgleich oder Rentensplitting,
5.
Zuschläge aus Zahlung von Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters oder bei Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse,
6.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung,
7.
Arbeitsentgelt aus nach § 23b Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Vierten Buches aufgelösten Wertguthaben,
8.
Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters,
9.
Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung,
10.
Zuschläge an Entgeltpunkten für nachversicherte Soldaten auf Zeit und
11.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung
mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt und bei Witwenrenten und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag erhöht wird. Persönliche Entgeltpunkte nach Satz 1 Nummer 11 sind für die Anwendung von § 97a von den übrigen persönlichen Entgeltpunkten getrennt zu ermitteln, indem der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird.

(2) Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte sind die Entgeltpunkte

1.
des Versicherten bei einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente,
2.
des verstorbenen Versicherten bei einer Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente,
3.
der zwei verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten bei einer Vollwaisenrente.

(3) Bei einer Teilrente (§ 42 Absatz 1) ergeben sich die in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus der Summe aller Entgeltpunkte entsprechend dem Verhältnis der Teilrente zu der Vollrente.

(3a) Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters werden mit Ablauf des Kalendermonats des Erreichens der Regelaltersgrenze und anschließend jährlich zum 1. Juli berücksichtigt. Dabei sind für die jährliche Berücksichtigung zum 1. Juli die für das vergangene Kalenderjahr ermittelten Zuschläge maßgebend.

(4) Bei einer nur teilweise zu leistenden Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ergeben sich die jeweils in Anspruch genommenen Entgeltpunkte aus dem Monatsbetrag der Rente nach Anrechnung des Hinzuverdienstes im Wege einer Rückrechnung unter Berücksichtigung des maßgeblichen aktuellen Rentenwerts, des Rentenartfaktors und des jeweiligen Zugangsfaktors.

(1) Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge auf Grund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich. Für Personen, die zum Personenkreis des § 1 Buchstabe b gehören, werden rentenrechtliche Zeiten bis zum 8. Mai 1945 berücksichtigt.

(2) Als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 ist jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Wird durch die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung dem Erfordernis, einem der in Satz 1 genannten Systeme anzugehören, Genüge geleistet, so ist auch die betreffende Einrichtung als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen, und zwar auch für Zeiten bis zum 31. Dezember 1890 zurück, in denen es ein System der in Satz 1 genannten Art noch nicht gegeben hat. Als gesetzliche Rentenversicherung gelten nicht Systeme, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind.

(3) Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären. Als Beitragszeiten gelten die Zeiten, in denen der Versicherte nach dem 8. Mai 1945 im Herkunftsgebiet den gesetzlichen Grundwehrdienst geleistet hat. Als Beitragszeiten gelten nicht Zeiten,

a)
die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind,
b)
die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Absatz 2 Satz 3 zurückgelegt worden sind,
c)
für die Entgeltpunkte nicht ermittelt werden,
d)
die von Zeit- oder Berufssoldaten oder vergleichbaren Personen zurückgelegt worden sind.

(1) Für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind.

(3) Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch eidesstattliche Versicherungen zugelassen werden. Der mit der Durchführung des Verfahrens befaßte Versicherungsträger ist für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig; er gilt als Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuchs.

(1) Für Zeiten der in §§ 15 und 16 genannten Art werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2 und 9 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ermittelt. Hierzu werden für Zeiten nach dem 31. Dezember 1949 die in Anlage 14 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten oder nach § 256b Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht und für Zeiten vor dem 1. Januar 1950 Entgeltpunkte auf Grund der Anlagen 1 bis 16 dieses Gesetzes ermittelt. Die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs richtet sich danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich. Kommen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Bereiche in Betracht, ist von ihnen der Bereich mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres maßgeblich. Ist eine Zuordnung zu einem oder zu einem von mehreren Bereichen nicht möglich, so erfolgt die Zuordnung zu dem Bereich mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten. Die Sätze 5 und 6 gelten entsprechend für die Zuordnung zu einer Qualifikations- oder Leistungsgruppe. Zeiten eines gesetzlichen Wehr- oder Ersatzdienstes werden Entgeltpunkte zugeordnet, die zu berücksichtigen wären, wenn der Wehr- oder Ersatzdienst im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet abgeleistet worden wäre. Kindererziehungszeiten nach § 28b sind Entgeltpunkte zuzuordnen, wie wenn die Erziehung im Bundesgebiet erfolgt wäre.

(2) Zeiten der Ausbildung als Lehrling oder Anlernling erhalten für jeden Kalendermonat 0,025 Entgeltpunkte.

(3) Für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt.

(4) Die nach den Absätzen 1 und 3 maßgeblichen Entgeltpunkte werden mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt.

(1) Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge auf Grund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit entrichtet, so steht die ihnen zugrunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich. Für Personen, die zum Personenkreis des § 1 Buchstabe b gehören, werden rentenrechtliche Zeiten bis zum 8. Mai 1945 berücksichtigt.

(2) Als gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des Absatzes 1 ist jedes System der sozialen Sicherheit anzusehen, in das in abhängiger Beschäftigung stehende Personen durch öffentlich-rechtlichen Zwang einbezogen sind, um sie und ihre Hinterbliebenen für den Fall der Minderung der Erwerbsfähigkeit, des Alters und des Todes oder für einen oder mehrere dieser Fälle durch die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Geldleistungen (Renten) zu sichern. Wird durch die Zugehörigkeit zu einer Einrichtung dem Erfordernis, einem der in Satz 1 genannten Systeme anzugehören, Genüge geleistet, so ist auch die betreffende Einrichtung als gesetzliche Rentenversicherung anzusehen, und zwar auch für Zeiten bis zum 31. Dezember 1890 zurück, in denen es ein System der in Satz 1 genannten Art noch nicht gegeben hat. Als gesetzliche Rentenversicherung gelten nicht Systeme, die vorwiegend zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst geschaffen sind.

(3) Zeiten einer Beschäftigung, die bei ihrer Zurücklegung nach dem zu dieser Zeit geltenden Recht als Beitragszeiten im Sinne des Absatzes 1 anrechnungsfähig waren und für die an einen Träger eines Systems der sozialen Sicherheit Beiträge nicht entrichtet worden sind, stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich, soweit für sie nach Bundesrecht Beiträge zu zahlen gewesen wären. Als Beitragszeiten gelten die Zeiten, in denen der Versicherte nach dem 8. Mai 1945 im Herkunftsgebiet den gesetzlichen Grundwehrdienst geleistet hat. Als Beitragszeiten gelten nicht Zeiten,

a)
die ohne Beitragsleistung rückwirkend in ein System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen worden sind,
b)
die außerhalb der Herkunftsgebiete ohne Beitragsleistung an den Träger im Herkunftsgebiet oder in einem System nach Absatz 2 Satz 3 zurückgelegt worden sind,
c)
für die Entgeltpunkte nicht ermittelt werden,
d)
die von Zeit- oder Berufssoldaten oder vergleichbaren Personen zurückgelegt worden sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.