Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Dez. 2018 - L 19 R 165/17

bei uns veröffentlicht am19.12.2018
vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 3 R 529/16, 14.02.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.02.2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte aufgrund seines Antrags vom 27.10.2015 Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1959 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. Ein in der Zeit von 1979 bis 1982 durchgeführtes Studium der Betriebswirtschaftslehre wurde aus gesundheitlichen Gründen (schwere Depression mit Suizidversuch) abgebrochen. Der Kläger hat in der Folgezeit verschiedene Tätigkeiten verrichtet, jeweils unterbrochen durch längere Zeiten der Arbeitslosigkeit. Zuletzt war der Kläger im Jahr 2012 als Paketsortierer geringfügig beschäftigt. Seit 01.11.2012 bestand Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 ist zwischenzeitlich zuerkannt (Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales - ZBFS - Region Mittelfranken, Versorgungsamt Nürnberg vom 03.07.2014).

Am 08.03.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten erstmals die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen orthopädischer Probleme (Hüfte/Knie/HWS/LWS). Nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. G. vom 07.05.2013 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2015 eine Rentengewährung ab. Die hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 12 R 878/13 geführt wurde, wurde nach Einholung eines orthopädischen Terminsgutachtens von Dr. B. vom 02.12.2013 und eines neurologisch/psychiatrischen Gutachtens von Dr. C. vom 15.05.2014 sowie einer ergänzenden Stellungnahme von Dr. C. vom 07.07.2014 durch Urteil vom 27.11.2014 abgewiesen. Die hierzu beim Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung (Az L 20 R 91/15) wurde nach Ablehnung des gestellten PKH-Antrags mit Beschluss vom 27.05.2015 mit Schriftsatz des damaligen Prozessbevollmächtigten vom 16.07.2015 mit dem Hinweis zurückgenommen, dass die Rücknahme ausschließlich wirtschaftliche Gründe habe, der Kläger aber nach wie vor davon überzeugt sei, dass ihm Erwerbsminderungsrente zu gewähren sei.

Bereits am 27.10.2015 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente und gab hierbei an, sich seit Frühjahr 2012 aufgrund jahrelanger, sich wiederholender heftiger Schmerzzustände und Verschleiß in Hüft- und Kniegelenken, Wirbelsäule, Ellenbogen, Schulter, verschiedenen Sehfehlern und damit einhergehenden Depressionen für erwerbsgemindert zu halten. Er könne nur noch in seinem Privathaushalt und dem der schwerbehinderten Mutter (GdB 90, Mz G, Pflegestufe I) Tätigkeiten verrichten. Vorgelegt wurden hierzu zahlreiche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und ärztliche Befundberichte, die überwiegend bereits im vorherigen Verfahren vorgelegt worden waren.

Die Beklagte holte ein orthopädisch/sozialmedizinisches Gutachten von Dr. T. ein, die am 11.02.2016 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger zwar die letzte Tätigkeit in der Paketabfertigung nur noch unter 3 Stunden, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aber noch mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen verrichten könne. Seit der letzten Begutachtung habe sich die Situation des rechten Knies verschlimmert, aktuell sei orthopädischerseits die Indikation zur arthroskopischen Sanierung des Kniegelenkes gestellt worden. Das Ergebnis der anstehenden MRT-Untersuchung bleibe abzuwarten.

Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23.02.2016 eine Rentengewährung ab. Der Kläger könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen verrichten. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) komme trotz des Alters des Klägers nicht in Betracht, da er aufgrund seines beruflichen Werdegangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen sei.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.03.2016 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass bei nahezu allen Diagnosen das Ausmaß der Schädigung nicht andeutungsweise erfasst sei. Die vielen Sehfehler seien im Bescheid überhaupt nicht erwähnt, auch die rezidivierenden Depressionen seien im Bescheid ausgeklammert. Bereits im Jahr 2009 sei im Rahmen einer arbeitsamtsärztlichen Untersuchung seine fehlende Einsatzfähigkeit festgestellt worden. Sein Gesundheitszustand habe sich demgegenüber nachhaltig verschlechtert. Nach prüfärztlicher Stellungnahme durch Dr. D. vom 15.04.2015 zu dem mit der Widerspruchsbegründung vorgelegten MRT-Befund des rechten Kniegelenks wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.02.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger zunächst fristwahrend am 31.05.2016 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und mit Schreiben vom 20.06.2016 dahingehend begründet, dass die Beklagte seinen Rentenantrag rein aus orthopädischer Sicht abgelehnt habe. Dies werde seinen zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen nicht gerecht. Er habe heftige Schmerzen bei längerem Sitzen. Tätigkeiten im Wechselrhythmus würden zu stark schmerzhaften Beschwerden in Knie- und Hüftgelenken führen. Bei Tätigkeiten im Sitzen würden die Arme beansprucht, was zu weiteren Schmerzen in den Schultern und Ellenbogenbereichen führe. Durch die Schäden in der Halswirbelsäule seien die Nervenfunktionen beeinträchtigt, was oft zu pelzigen Händen und Taubheitsgefühlen in den Fingerspitzen führe. Vorgelegt wurde hierzu ein Attest des Praktischen Arztes Dr. B. vom 17.06.2016.

Das SG hat die Schwerbehindertenakten des ZBFS zum Verfahren beigezogen und Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers, nämlich des Praktischen Arztes Dr. B. (mit Fremdbefunden), des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie C. und des Facharztes für Orthopädie Dr. F., eingeholt.

Sodann hat das SG ein orthopädisches Terminsgutachten von Dr. S. eingeholt, der am 14.02.2017 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

- Fehlhaltungen im Bereich der Wirbelsäule mit überwiegend myostatischen belastungsbedingten Beschwerden. Mäßiggradige Funktionseinschränkungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule mit degenerativen Veränderungen und Bandscheibenschäden sowie vereinzelten Stenosen an den Nervenwurzelaustrittskanälen.

- Funktionsbehinderung in beiden Schultergelenken. Verdacht auf Epicondylopathien an beiden Ellbogengelenken. Fingergelenkspolyarthose beidseits mit zeitweiligen Gefühlsstörungen an den Fingern.

- Hüftgelenksbeschwerden beidseits mit allenfalls geringen Funktionseinschränkungen und degenerativen Veränderungen (Aktenlage).

- Funktionsbehinderung beider Kniegelenke mit belastungsbedingten Beschwerden bei stärkerer O-Bein-Fehlstellung. Knorpelschaden beide Kniegelenke mit Menikusschäden. Plattfußbildung beidseits mit Zehenfehlform.

- Rezidivierende depressive Episoden mit chronischem Schmerzsyndrom (Aktenlage).

- Sehstörungen beidseits mit Glaskörpertrübungen.

- Minderung des Ernährungs- und Kräftezustands.

Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich tätig sein. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Ambulante Heilmaßnahmen seien ausreichend. Es sei nicht zu erwarten, dass sich durch stationäre oder teilstationäre Reha-Maßnahmen das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich bessern würde. Die Einholung weiterer Gutachten sei nicht erforderlich.

Das SG hat daraufhin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2017 die Klage mit Urteil vom gleichen Tag als unbegründet abgewiesen. Der Kläger verfüge noch über ein Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Trotz der zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen könne eine Minderung des zeitlichen Leistungsvermögens noch nicht festgestellt werden. Dies ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. S..

Zur Begründung der hiergegen am 16.03.2017 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, dass die Begutachtung von Dr. S. seinen umfangreichen Gesundheitsstörungen nicht gerecht werde und auch wesentliche Befunde übersehen worden seien. So seien in der Akte verschiedene Bandscheibenvorfälle dokumentiert. Die Sehstörung sei nicht in die Bewertung einbezogen worden, auch nicht das Ausmaß seiner psychischen Erkrankung und seiner Schmerzerkrankung mit heftigen Schmerzzuständen und Schmerzmitteleinnahme. Die Darstellung seines beruflichen Werdegangs auf Seite 2 des Urteils sei für ihn diskriminierend, weil die gesundheitlichen Einflüsse auf seinen beruflichen Werdegang heruntergespielt worden seien. Schon minimale falsche Bewegungen könnten arthrotische und osteochondrotische Schmerzzustände aktivieren, die dann oft bis zu mehreren Wochen anhalten würden. Der gerichtliche Vorschlag einer Vollzeitbürotätigkeit komme bereits aufgrund der Gesamtheit seiner körperlichen und seelischen Einschränkungen nicht in Betracht, insbesondere aber infolge seiner Sehstörungen nicht. Bereits das arbeitsamtsärztliche Gutachten von Dr. E. aus dem Jahr 2009 habe festgestellt, dass er für Tätigkeiten am PC nicht geeignet sei. Beigefügt waren der Berufungsbegründung Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. B. von 2015 bis 04/2017 und weitere ärztliche Unterlagen, u. a. ein Antrag des behandelnden Hausarztes Dr. B. bei der Krankenkasse des Klägers auf Übernahme der Kosten für Cannabis mit der Begründung „alternative Schmerztherapie“, dem nach einem Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Bescheid entsprochen wurde.

Der Senat hat Befundberichte vom Hausarzt und Allgemeinmediziner Dr. B., vom Nervenarzt C., vom Orthopäden Dr. D. sowie von den Augenärzten Dr. E. und Dr. F. eingeholt.

Der Senat hat ein orthopädisches Fachgutachten bei Dr. G. und ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten bei Dr. H. in Auftrag gegeben. Zur anberaumten Untersuchung am 25.07.2018 ist der Kläger jedoch nicht erschienen, nachdem Dr. B. mit Fax vom 24.07.2018 dem Senat mitgeteilt hat, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen den Termin nicht wahrnehmen könne. Eine Begründung hierfür wurde zunächst nicht gegeben, dann auf eine akute Magen-Darm-Erkrankung hingewiesen.

Dr. G. ist schließlich nach Untersuchung des Klägers am 03.09.2018 in seinem orthopädischen Fachgutachten vom 06.09.2018 zu folgenden Diagnosen gelangt:

- Muskuläre Verspannungen im Nacken mit einer leichten Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und wiederkehrenden linksseitigen Zervikobrachialgien bei Verschleiß und Bandscheibenschäden ohne sensomotorische Defizite an den Armen.

- Belastungsminderung und mäßiggradige Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule bei Verschleiß und Bandscheibenschäden ohne aktuellen Anhalt für eine von der LWS ausgehende Nervenwurzelirritation.

- Engesyndrom der linken Schulter mit einer diskreten Funktionseinschränkung bei degenerativen Veränderungen und einer Läsion der Rotatorenmanschette.

- Beiderseitige belastungsabhängige Kniebeschwerden bei verstärkter Varusachse ohne Funktionseinschränkung bei stabilen Bandverhältnissen und fehlenden Hinweisen für anhaltende Reizerscheinungen.

- Diskrete konzentrische Funktionseinschränkung beider Hüftgelenke bei mäßigen Verschleißerscheinungen rechts mehr als links.

- Beiderseitige Fußfehlstatik und Verbildung der Großzehen.

Dem Kläger sei unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine mindestens 6stündige Tätigkeit noch zumutbar. Angezeigt sei eine leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung. Zu vermeiden seien länger anhaltende statische Wirbelsäulenzwangshaltungen, längere Tätigkeiten in gebückter, gehockter oder kniender Stellung, besondere Kraftanstrengungen für das linke SchulterArm-System, häufige und länger anhaltende Überkopfarbeiten sowie eine Kälte-, Nässe-, Zugluftexposition ohne entsprechenden Bekleidungsschutz. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei erhalten. Der gesundheitliche Zustand auf orthopädischem Fachgebiet bestehe schon seit geraumer Zeit, eine wesentliche Änderung sei während des Verfahrens nicht eingetreten. Durchgehend könnten aus orthopädischer Sicht lediglich qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens festgestellt werden. Diese seien dauerhaft. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.

Dr. H. ist in seinem neurologisch/psychiatrischen Fachgutachten vom 05.09.2018 zu folgenden Diagnosen gelangt:

- Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren.

- Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode.

- Spannungskopfschmerz.

Bei den genannten Gesundheitsstörungen handele es sich um echte psychische Krankheitsbilder. Die depressive Störung sei durch eine Medikation und eine Psychotherapie behandelbar. Die chronische Schmerzstörung werde derzeit mit einem Cannabinoid (Dronabinol) behandelt. Bezüglich der Depression seien die zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Weder die Depression noch die Schmerzstörung seien stationär behandelt worden. Die depressive Störung werde gegenwärtig auch nicht medikamentös behandelt. Unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen sei dem Kläger noch eine mindestens 6stündige Tätigkeit zumutbar. Es müsse sich um leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung handeln. Nicht abzuverlangen seien Arbeiten in Wechselschicht, insbesondere Nachtschicht sowie Arbeiten mit besonderer psychischer Belastung und Arbeiten unter hohem Zeitdruck. Das Reaktionsvermögen des Klägers sei aufgrund der Medikation mit Cannabinoiden als einschränkt einzuschätzen. Weitere Einschränkungen auf nervenärztlichem Fachgebiet lägen jedoch nicht vor. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei gegeben. Der beschriebene Zustand bestehe bereits seit Anfang 2010. Eine wesentliche Änderung sei im Laufe des Verfahrens nicht eingetreten.

Zu den Gutachten hat der Kläger mit Schreiben vom 25.10.2018 ausführlich Stellung genommen und hat weitere AU-Bescheinigungen von Dr. B. vorgelegt.

Der Senat hat von den beiden Sachverständigen Dr. H. und Dr. G. jeweils ergänzende Stellungnahmen zum Schreiben des Klägers vom 25.10.2018 eingeholt:

Dr. H. hat in seiner Stellungnahme vom 12.11.2018 darauf hingewiesen, dass er sich auf die psychiatrischen und neurologischen Befunde zu beschränken habe und es entscheidend auf die Funktionseinschränkungen ankäme, die objektivierbar seien. Der Hinweis des Klägers, dass er unter der Medikation mit Dronabinol den Termin habe einigermaßen gut überstehend können, spreche dafür, dass die Schmerzen und die Psyche durch die Medikation positiv beeinflusst würden, d.h. entweder seien die Schmerzen weitgehend behoben oder die Psyche stabilisiert worden. Dies stelle ja den gewünschten Therapieeffekt dar. Einwendungen des Klägers gegen die durchgeführten Testverfahren seien nicht tragfähig. Den Vorwurf der Aggravation habe er auf den Seiten 26 bis 28 des Gutachtens ausführlich und gut begründet. Die Wegefähigkeit des Klägers habe nicht gesondert geprüft werden müssen, da sich neurologisch keinerlei funktionelle Einschränkungen der Gehfähigkeit gezeigt hätten. Im Rahmen einer stationären psychotherapeutischen/psychosomatischen Behandlung könnte dem Kläger die Möglichkeit gegeben werden, seine Schmerzen besser zu verarbeiten und den Umgang mit ihnen besser zu erlernen. Die vom Kläger hiergegen vorgetragene Verantwortung für Haus und Vorgarten stelle keinen entscheidenden Grund gegen eine stationäre Behandlung dar. Er verbleibe bei seinem gefundenen Ergebnis.

Dr. G. weist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21.11.2018 darauf hin, dass er die vorliegenden MRT-Befunde und die daraus folgenden Diagnosen bei seiner Begutachtung beachtet habe und die vom Kläger ihm gegenüber geschilderten Beschwerden handschriftlich notiert und nach der Untersuchung des Klägers sofort abdiktiert habe. Weitere Beschwerden habe der Kläger nicht benannt. Ältere Diagnosen und irgendwann eingenommene Medikamente würden für die aktuelle Leistungsbeurteilung keine Rolle spielen. Es lasse sich eine quantitative Leistungsminderung des Klägers ebenso wenig begründen wie eine eingeschränkte Wegefähigkeit.

Zu den ergänzenden Stellungnahmen von Dr. H. und Dr. G. hat der Kläger nochmals mit Schreiben vom 11.12.2018 darauf hingewiesen, dass den Gutachten nicht zu folgen sei, weil sie wesentliche Aspekte seiner Erkrankung nicht, nur unzutreffend oder nicht mit der Beachtung der notwendigen Verlaufskontrolle erfassen würden. Bei ihm liege eine volle Erwerbsminderung auf Dauer vor. Zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung werde er aus wirtschaftlichen Gründen nicht erscheinen können. Außerdem sei nicht klar, wie sich seine derzeit schlechte gesundheitliche Situation bis dahin weiterentwickle. Er stehe zur Zeit wegen sich oft wiederholender Magen-Darm-Probleme in medikamentöser Behandlung (mit Perenterol) bei seinem Hausarzt Dr. B..

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.02.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf seinen Antrag vom 27.10.2015 hin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.02.2017 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Rentenakten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG Nürnberg mit dem Aktenzeiten S 12 R 878/13 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Eine rentenrechtlich relevante zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter 6 Stunden täglich ist nicht nachgewiesen.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

  • 1.teilweise erwerbsgemindert sind,

  • 2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und

  • 3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Ausweislich des vorliegenden Versicherungsverlaufs vom 22.05.2018 erfüllt der Kläger aktuell die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente. Nach Pflichtbeitragszeiten bis Oktober 2012 (trotz nur geringfügiger Beschäftigung) steht er seitdem im durchgehenden Bezug von Arbeitslosengeld II. Zusätzlich ist noch eine Pflichtversicherung wegen Pflegetätigkeit von 02 bis 04/2016 vermerkt.

Der Kläger erfüllt jedoch nicht die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Ein zeitlich auf unter 6 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen des Klägers ist nicht nachgewiesen.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen noch in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Es muss sich hierbei um leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Kraftanstrengung des linken Schulter-Arm-Systems, ohne häufige und länger dauernde Überkopfarbeiten und ohne Witterungseinflüsse ohne besonderen Bekleidungsschutz handeln. Der Kläger kann auch Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung (Schicht/hoher Zeitdruck) nicht verrichten. Aufgrund der Cannabis-Behandlung ist das Reaktionsvermögen des Klägers zusätzlich gegenwärtig eingeschränkt.

Der Senat stützt seine Überzeugung auf die im Verfahren eingeholten Gutachten, insbesondere auf die Gutachten von Dr. G. und Dr. H. im Berufungsverfahren. Alle im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten kommen zu einem mindestens 6stündigen Leistungsvermögen des Klägers, beginnend mit Dr. T. im sozialmedizinischen Gutachten vom 11.02.2016, Dr. S. im orthopädischen Gutachten vom 14.02.2017 im sozialgerichtlichen Verfahren und jetzt Dr. G. und Dr. H. im Berufungsverfahren. Zudem hatten auch im Rahmen des vorhergehenden Antrags auf Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente vom 08.03.2013 nur negative Gutachten vorgelegen (Dr. G., Dr. B. und Dr. C.).

Die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers liegen in erster Linie auf orthopädischem Fachgebiet, daneben auf psychiatrischem und schmerztherapeutischem Gebiet.

Auf orthopädischem Fachgebiet kommen alle eingeholten Sachverständigengutachten nur zu dem Ergebnis, dass an verschiedenen Stellen des Bewegungsapparates, insbesondere an der linken Schulter und am rechten Knie, zwar Abnutzungserscheinungen vorhanden sind, diese aber lediglich zu qualitativen Einschränkungen hinsichtlich der Schwere der Tätigkeit und der Haltungsanforderungen führen. Die behandelnden Orthopäden beschreiben ebenfalls keine weitergehenden Einschränkungen oder neue Erkrankungen. Die linke Schulter wird mit Krankengymnastik behandelt, zusätzlich führt der Kläger nach eigenen Angaben jeden Tag ein krankengymnastisches Eigenübungsprogramm einschließlich Yoga- und Atemübungen durch.

Auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet wurden rezidivierende depressive Episoden unterschiedlichen Schweregrades (leicht- bis mittelgradig, zuletzt bei Dr. H. leichtgradig oder nur Dysthymie) sowie eine somatoforme Schmerzstörung und eine Persönlichkeitsstörung oder -akzentuierung diagnostiziert. Dr. H. hat dabei in seinem Gutachten eine ausführliche Testung und Testvalidierung durchgeführt, die zeigt, dass der Kläger sich selbst als schwer depressiv und schwer schmerzgeschädigt sieht, dass dies aber weder in den Testverfahren noch in der Untersuchungssituation zum Ausdruck kam. Es fanden sich keinerlei Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten (in mehreren Tests wurde die volle Punktzahl erreicht), auch die Umstellungsfähigkeit des Klägers war vollständig erhalten. Im Beschwerdevalidierungstest kam nur eine leichte Depression zur Darstellung. Das Schmerzgesehen, vom Kläger mit Stärke 7 bis 10 von 10 angegeben, konnte nicht validiert und auch in der Untersuchungssituation nicht beobachtet werden. Dr. H. dokumentiert eine Beschwerdeverdeutlichung und Aggravation. Der Kläger hat zu keiner Zeit der Untersuchung besonders schmerzgeplagt gewirkt und weder durch Gestik, noch durch Mimik oder durch Schmerzäußerungen beim Entkleiden und Ankleiden hatte sich eine schmerzhafte Beeinträchtigung feststellen lassen, was bei einer Schmerzstärke von 7/10 aber zu erwarten gewesen wäre. Soweit der Kläger im Nachgang zum Gutachten von Dr. H. darauf hingewiesen hatte, dass er vor der Untersuchung ein Cannabinoid eingenommen und deshalb die Untersuchung einigermaßen habe überstehen können, hat er dies dem Sachverständigen vor der Untersuchung nicht mitgeteilt. Vielmehr hat er dort angegeben, dass er Dronabinol abends einnehme. Selten nehme er noch Tramadol, Ibuflam 600 nehme er nicht mehr. Vergleichbare Angaben wurden vom Kläger gegenüber Dr. G. gemacht. Auch hier hatte er nicht darauf hingewiesen, dass er aktuell vor der Untersuchung ein Cannabinoid eingenommen habe.

Dr. H. verweist in Bezug auf die Schmerzproblematik im Übrigen auch auf die MDK-Gutachten bezüglich der Cannabis-Verordnung. Während der MDK zuerst mangels ausgeschöpfter Behandlung der Schmerzerkrankung die Kostenübernahme abgelehnt hatte, wurde ein halbes Jahr später wegen „Therapieausschöpfung“ doch einer Kostenübernahme zugestimmt. Der Antrag des Hausarztes erfolgte kurz nach Einführung des § 31 Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - und ohne dass offensichtlich die Frage einer bestehenden oder früheren Suchterkrankung ausreichend abgeklärt wurde. Dr. H. hat darauf hingewiesen, dass von einem Ausschöpfen der Therapiemöglichkeiten der Schmerzerkrankung keine Rede sein könne. Der Kläger hat keine Psychotherapie absolviert, eine Psychopharmakotherapie findet nicht statt. Er war noch nie in stationärer Behandlung wegen der Psyche bzw. der Schmerzerkrankung. Der Hinweis des Klägers, dass er wegen seiner bestehenden Verantwortung als Miteigentümer seines Einfamilienhauses mit Vorgarten und zwei Hauskatzen nicht in stationäre Behandlung könne, ist insoweit unbeachtlich. Der Kläger stellt sich nach seinen eigenen Angaben lediglich einmal pro Quartal bei seinem Nervenarzt C. vor und spricht mit diesem oder füllt einen Test aus. Cannabis wird dem Kläger von seinem Hausarzt Dr. B. verordnet und verabreicht, der den Kläger auch ständig arbeitsunfähig schreibt.

Eine leitliniengerechte Therapie der Schmerzerkrankung und der psychischen Einschränkung hat bis heute nicht stattgefunden, obwohl der Kläger angibt, unter massiven Einschränkungen infolge dieser Erkrankungen seit mindestens 10 Jahren zu leiden. Dr. H. weist insoweit in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12.11.2018 zutreffend darauf hin, dass ein erheblicher Leidensdruck beim Kläger offensichtlich nicht vorhanden sein kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senats werden psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.03.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 12.10.2011 - L 19 R 738/08; BayLSG Urteil vom 30.11.2011 - L 20 R 229/08; BayLSG Urteil vom 18.01.2012 - L 20 R 979/09; BayLSG Urteil vom 15.02.2012 - L 19 R 774/06; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08; BayLSG Urteil vom 15.01.2015 - L 20 R 980/08; BayLSG vom 24.05.2017 - L 19 R 1047/14).

Der Senat hat auch die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens gegenwärtig nicht für erforderlich gehalten. Die behandelnden Augenärzte Dr. E. und Dr. F. beschreiben zwar eine Augenerkrankung des Klägers, gleichwohl ist noch ein Visus von 0,5 auf beiden Augen vorhanden. Eine akute Behandlungsnotwendigkeit wurde nicht gesehen, auch keine Verschlimmerung dokumentiert. Relevante Gesichtsfeldausfälle waren neurologisch nicht feststellbar. Der Kläger gibt an, jetzt mit einer Gleitsichtbrille versorgt zu sein.

Auch aus dem bei Dr. H. geschilderten Tagesablauf ergeben sich keine Hinweise auf ein unter 6 Stunden täglich abgesunkenes Leistungsvermögen. Der Kläger hat bei Dr. H. angegeben, dass er ca. 2 Stunden am PC sitzen, lesen und damit auch Filme ansehen könnte und er erst dann Probleme bekomme. Der Kläger kann ohne relevante Einschränkungen auch längere Fahrradtouren unternehmen und offensichtlich auch ohne Einschränkungen seinen Haushalt, seinen Garten und seine Verwaltungsangelegenheiten erledigen. Er pflegt weiterhin soziale Kontakte. Eine relevante Einschränkung der sozialen Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im rentenrechtlichen Sinne lässt sich hieraus ebenfalls nicht ableiten.

Nach alledem ist ein Nachweis eines auf unter 6 Stunden täglich abgesunkenen Leistungsvermögens des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Sinne des § 43 SGB VI nicht geführt worden. Das SG hat bereits zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI aufgrund des beruflichen Werdegangs des Klägers nicht in Betracht kommt. Er muss sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen, für den noch ein mindestens 6stündiges Leistungsvermögen besteht.

Die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 14.02.2017 ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 240 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

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(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

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berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2008 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.

Die 1954 geborene Klägerin hat nach ihren Angaben in Kasachstan eine Ausbildung als Bauingenieur durchlaufen. In Deutschland wurde sie in den Jahren 1995 bis 1997 zur Hauswirtschafterin ausgebildet, zuletzt war sie versicherungspflichtig in der Altenpflege tätig.

In einem früheren Rentenrechtstreit (L 20 RJ 201/03) entschied der Senat mit Urteil vom 27.10.2004, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Leistungen der verminderten Erwerbsfähigkeit gehabt habe. Sie sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne quantitative Einschränkung einsatzfähig gewesen. Es habe auch keine Berufsunfähigkeit vorgelegen, da sie in Anbetracht der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als ambulante Pflegekraft auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar gewesen sei.

Am 22.03.2005 stellte die Klägerin zum wiederholten Mal einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und gab an, schon seit längerem erwerbsgemindert zu sein wegen Erkrankungen der Wirbelsäule, des Magens/Darms, Bluthochdrucks, Arthrose, Augen/Netzhaut und Migräne. Bei ihr liege seit April 2003 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 vor; dieser beruhte auf einem Einzel-GdB von 30 für seelische Störung, einem Einzel-GdB von 20 für Migräne und Spannungskopfschmerzen, einem Einzel-GdB von 20 für Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelerscheinungen und einem Einzel-GdB von 20 für chronische Magenschleimhautentzündung.

Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin am 07.06.2005 orthopädisch durch Dr. S. untersucht, der eine Thorakolumbalskoliose, eine chronische Lumbalgie, ein chronisches Cervikalsyndrom und eine beginnende mediale Gonarthrose beidseits diagnostizierte. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegehelferin mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten könne die Klägerin weiterhin täglich sechs Stunden und mehr ausüben. Ebenfalls täglich sechs Stunden und mehr seien der Klägerin leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, ohne längere Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten und ohne sonstige häufige schwere körperliche Belastungen möglich.

Für ein weiteres Gutachten wurde die Klägerin am 21.06.2005 durch den Internisten Dr. S. untersucht. An Diagnosen stellte dieser in seinem Gutachten vom 14.07.2005 fest:

1. Colon irritabile,

2. Fruktoseintoleranz,

3. Hypercholesterinämie,

4. Zustand nach Helicobacter assoziierter Gastritis,

5. Zustand nach biliärer endoskopischer Sphinkterotomie,

6. Zustand nach Cholecystektomie,

7. Chronische spastische Bronchitis,

8. Zustand nach Tonsillektomie,

9. Psychosomatisches Syndrom mit somatoformer autonomer Funktionsstörung.

Sozialmedizinisch schloss er sich dem Vorgutachten an.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2005 den Rentenantrag ab. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin bestehe weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bei dem zuletzt ausgeübten Beruf als Altenpflegerin.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.08.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass nur Gutachten für die jeweiligen Fachgebiete erstellt worden seien und es an einem Gesamtgutachten fehle. Die Beklagte beauftragte im Folgenden den Psychiater Dr. B. mit der Erstellung eines weiteren ärztlichen Gutachtens. Die von Dr. B. angebotenen Untersuchungstermine sagte die Klägerin jedoch ab. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2006 den Widerspruch zurück. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens der Klägerin sei weder für den zuletzt ausgeübten Beruf noch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nachgewiesen.

Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 06.06.2006 am 07.06.2006 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Das Sozialgericht hat einen Befundbericht beim behandelnden Arzt Dr. B. eingeholt und den Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, das dieser am 05.06.2008 fertig gestellt hat. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin wurden folgendermaßen umfassend gefasst:

1. Dysthymie mit Somatisierung.

2. Wiederkehrende migräneartige Kopfschmerzen und Spannungskopfschmerzen.

3. Wirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit ausreichender Funktion.

4. Belastungsbeschwerden im Hüftbereich bei leicht verminderter Pfannendachausbildung sowie leichtem Verschleiß im Darmkreuzbeingelenk beidseits, Belastungsschmerzen im Kniebereich beidseits bei beginnenden Verschleißerscheinungen jeweils mit ausreichender Funktion.

5. Fruktose- und Sorbitintoleranz, zusätzlich Reizdarmsyndrom.

6. Nicht ausreichend eingestellter Bluthochdruck.

7. Hyperreagibles Bronchialsystem mit leichter, wiederkehrender obstruktiver und leichter restriktiver Funktionseinschränkung.

8. Wiederkehrendes Ohrgeräusch rechts bei Zustand nach Trommelfellschaden rechts mit beginnender Hörminderung.

9. Leichte Störung des Sehvermögens bei Pigmentepitheldefekten und Augenhindergrundveränderungen Grad II.

10. Anamnestisch Helicobacter pylori-assoziierte Magenschleimhautentzündung.

11. Fett- und Cholesterinstoffwechselstörung.

12. Hämorrhoidalleiden.

13. Stressinkontinenz bei Gebärmuttersenkung und Myombildung.

Im Vordergrund stehe die psychische Symptomatik, die aktuell jedoch nicht behandelt werde. Die Klägerin sei trotzdem in der Lage, den Anforderungen des täglichen Lebens zu genügen. Sie könne noch leichte bis zeitweilig mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten verrichten. Zwangshaltungen wie anhaltendes Bücken oder Knien oder Hocken oder Überkopfarbeiten seien zu vermeiden. Ebenso seien Tätigkeiten mit besonderen nervlichen Belastungen oder mit Verantwortung sowie Akkord- und Fließbandarbeiten, Wechselschicht und Nachtschicht, vermehrte Lärmeinwirkung, das Besteigen von Leitern und Gerüsten nicht abzuverlangen. Auch sollten Tätigkeiten mit Einwirkung von Rauch, Gas, Stäuben oder Dämpfen und die Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft vermieden werden. Die Klägerin sei in der Lage, ortsübliche Anmarschwege zu Fuß zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass ihr eine Berufstätigkeit schon deshalb unzumutbar sei, da sie entweder keine Nahrung aufnehmen könne oder ständig auf die Toilette müsse. Auch sei sie durch ihre Sehfeldeinschränkung weiter in den Einsatzmöglichkeiten eingeschränkt. Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgebrachten Einwände hat der Sachverständige Dr. H. am 23.10.2008 eine ergänzende Stellungnahme zu seinem Gutachten abgegeben. Die Seh- und Hörfähigkeit der Klägerin sei nur in geringem Maße eingeschränkt und dies würde einer Tätigkeit als Pförtnerin nicht entgegenstehen. Gegen den Einwand der ständigen Toilettenbesuche sei anzuführen, dass die Klägerin ihr Gewicht halten könne und sie darüber hinaus bei der Anamneseerhebung selbst angeführt habe, sie hätte keine Beschwerden, wenn sie Brot, Reis, Kartoffeln und Fleisch essen würde. Bei gelegentlichen Durchfällen wegen Diätfehlern sei die Ausübung einer mindestens 6-stündigen Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen.

Daraufhin hat das Sozialgericht mit Urteil vom 30.10.2008 die Klage abgewiesen. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin sei nach dem Gutachten nicht belegt. Ein weiteres Zuwarten auf ein noch zu erstellendes Gutachten der Arbeitsagentur sei nicht erforderlich, da dieses nach den dortigen Auskünften erst nach Abschluss des Rentenverfahrens aus der Aktenlage erstellt werde. Auch wäre darauf hinzuweisen, dass bei den im Vordergrund stehenden psychischen Beschwerden die Klägerin zunächst die therapeutischen Möglichkeiten ausschöpfen müsste, sie jedoch derzeit nicht in entsprechender ärztlicher Behandlung stehe. Bei der Klägerin bestehe kein weitergehender Berufsschutz, nachdem bereits vom Bayer. Landessozialgericht in seinem Urteil vom 27.10.2004 (L 20 RJ 201/03) bestandskräftig festgestellt worden sei, dass die Klägerin keine Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beanspruchen könne.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 10.12.2008 am 16.12.2008 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Sie hat umfangreich Bezug genommen auf ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2002 und 2003, die belegen sollen, dass bereits damals wesentlich mehr gesundheitliche Störungen vorgelegen hätten, als von den Gutachtern berücksichtigt worden seien.

Die Klägerin hat mitgeteilt, dass ihr GdB zwischenzeitlich auf 60 erhöht worden sei. Ferner hat sie ein fachärztliches Attest des Orthopäden Dr. S. vom 30.11.2010 übergeben, wonach die Klägerin wegen eines chronisch rezidivierenden Brustwirbel- und Lendenwirbelsäulensyndroms, Spondylose und Spondylarthrose, einer s-förmigen thorakolumbalen Skoliose, einer beginnenden Hüftgelenksarthrose links, Trochantertendinose links, beginnende medial betonte Gonarthrose beidseits, Verdacht auf Innenmeniskusschaden, Chondromalazia retropatellaris beidseits, Reizknie beidseits und Übergewicht. weiterhin behandlungsbedürftig sei. Der Senat hat ergänzend beim behandelnden Arzt Dr. B. einen Befundbericht eingeholt.

Die Klägerin hat sich im Mai 2011 in stationärer Behandlung befunden wegen einer Koprostase mit konsekutiven Dünndarmmilieus und einer axialen Hiatushernie. Nach der Behandlung habe laut ärztlichem Bericht ein erneuter Kostaufbau stattgefunden und die Klägerin sei am 12.05.2011 in einem guten Allgemeinzustand wieder nach Hause entlassen worden.

Der Senat hat sodann ein Gutachten durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. H. eingeholt, das - nach längeren Vorabklärungen - mit Untersuchung der Klägerin erstattet worden ist. Im Gutachten vom 01.08.2012 sind bei der Klägerin als Gesundheitsstörungen aufgeführt worden:

1. Arterieller Bluthochdruck, medikamentös nicht ausreichend kompensiert.

2. Verdauungsbeschwerden bei Fruktose- und Sorbitintoleranz sowie funktionelle Darmpassagestörungen.

3. Chronische Atemwegserkrankung mit geringgradiger funktioneller Beeinträchtigung der Atemleistung.

4. Hypercholesterinämie und beginnende Glukosestoffwechselstörung bei Körperübergewicht.

5. Diffuser Leberparenchymschaden ohne Einschränkung der Syntheseleistung der Leber.

6. Hinweise für beginnende chronische Nierenveränderungen.

7. Verschleißschäden am Skelettsystem mit leichter funktioneller Beeinträchtigung.

8. Erhebliche Fuß- und Zehenverformungen.

9. Chronische Kopfschmerzen.

10. Somatisierungsstörung mit diffuser Schmerzsymptomatik.

11. Stressinkontinenz.

Die Klägerin könne auch weiterhin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich tätig sein, wobei es sich um leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung oder länger im Sitzen in geschlossenen Räumen handeln müsse. Auszuschließen seien vor allem übermäßige nervliche Belastungen, erhöhte Unfallgefährdungen, die Einwirkung ungünstiger äußerer Witterungsbedingungen wie Kälte, Nässe und Zugluft, Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, Zwangshaltungen, häufiges Bücken und längeres Überkopfarbeiten. Im Hinblick auf die jetzt vorliegenden Befunde und die ausgeprägte Somatisierungsstörung sowie die von der Klägerin angegebenen kognitiven Beeinträchtigungen sei ein psychiatrisches Gutachten erforderlich.

Das Klinikum A-Stadt Nord hat dem Senat auf Nachfrage mitgeteilt, dass die von der Klägerin im Jahr 2002 aufgesuchte Frau Dr. E. dort bereits seit längerem nicht mehr tätig sei. Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass jedenfalls bereits 2002 ein chronifiziertes Colon irritabile mit einem Ausschluss einer restitutio ad integrum bestanden habe.

Der Senat hat sodann Dr. D., Oberarzt an der am Klinikum A-Stadt Nord, mit der Erstellung eines Fachgutachtens beauftragt. Dieser hat die Klägerin am 16.05.2013 untersucht und in seinem Gutachten vom 16.08.2013 ausgeführt, dass auf seinem Fachgebiet bei der Klägerin eine undifferenzierte Somatisierungsstörung, eine Zwangsstörung mit vorwiegenden Zwangshandlungen, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik und ein chronischer Kopfschmerz mit Spannungskopfschmerz bestehen würde. Die Zwangsstörung mit Waschzwang und Kontrollzwang sei bislang noch nicht diagnostiziert gewesen. Die Störung liege nach Angaben der Klägerin zwar bereits seit Jahren vor, habe sich aber in der letzten Zeit verstärkt. Vor diesem Hintergrund sei der Klägerin die Ausübung von Tätigkeiten, die mit erheblicher Verschmutzung und unhygienischen Zuständen einhergingen, nicht möglich. Bei der Klägerin sei eine eher geringe Leistungsmotivation festzustellen und die Ausdauer sei reduziert. Altersbedingt und im Rahmen der psychischen Gesundheitsstörungen seien auch die Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel und die Umstellungsfähigkeit eingeschränkt. Beschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit und anderer kognitiver Funktionen bestünden nicht. Die Klägerin könne an geeigneten Arbeitsplätzen noch täglich mindestens sechs Stunden erwerbstätig sein. Es müsse sich um körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen sowie in wechselnder Stellung in geschlossenen Räumen handeln. Zu vermeiden seien besondere nervliche Belastungen wie Zeitdruck und Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Nachtschicht und Tätigkeiten im Gefahrenbereich. Außerdem seien besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems, unfallgefährdete Arbeitsplätze und ungünstige äußere Bedingungen zu vermeiden. Teilhabeleistungen seien bei der nur geringen Motivation nicht angezeigt; zur besseren Wiedereingliederung der Klägerin in das berufliche Tätigwerden käme vorab ein Praktikum in Betracht. Mögliche Arbeitsplätze könne die Klägerin mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit entsprechendem Fußweg erreichen.

Die Klägerin hat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Einholung eines Gutachtens durch Dr. G. beantragt. Dieser hat jedoch seine Praxistätigkeit und gutachterliche Tätigkeit eingestellt. Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin sodann Prof. Dr. F. und Dr. C. als neue Gutachter gewünscht.

Prof. Dr. F. hat die Klägerin am 17.09.2014 untersucht und in seinem Gutachten die Gesundheitsstörungen wie folgt festgestellt:

1. Endlagige Bewegungsbehinderung der Halswirbelsäule und reaktive muskuläre Verspannung bei röntgenologisch nachgewiesenen mäßigen degenerativen Veränderungen ohne Nachweis von Nervenwurzelreizerscheinungen aus der Halswirbelsäule; Spannungskopfschmerz.

2. Skoliose der Lendenwirbelsäule nach rechts; endlagige Bewegungsbehinderung der Lendenwirbelsäule bei röntgenologisch nachweisbaren spondylotischen Randlippen im mittleren Lendenwirbelsäulenbereich; Beinverkürzung rechts.

3. Konzentrische Bewegungsbehinderung des linken Armes im Schultergelenk bei röntgenologisch nachgewiesener sehr geringer Schultereckgelenksumformung.

4. Streckbehinderung des linken Unterarmes im Ellenbogengelenk.

5. Endlagige Bewegungsbehinderung des linken Beines im Hüftgelenk bei röntgenologisch nachgewiesener Praearthrosis coxae beidseits; Trochantertendopathie beidseits.

6. Chondromalazie retropatellar beidseits.

7. Spreizfuß beidseits mit Hallux valgus beidseits und Metatarsale-I-Exostose beidseits.

Die Klägerin könne ohne Gefährdung ihrer Restgesundheit leichte körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus verrichten, wobei der sitzende Anteil überwiegen solle. Eine derartige Tätigkeit sei im Umfang von täglich mindestens sechs Stunden möglich. Arbeiten mit ständiger Reklination der Halswirbelsäule, ständige Inklination der Lendenwirbelsäule, Armarbeiten über der Horizontalen, kniende Tätigkeiten, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Nachtschicht, Arbeit an laufenden Maschinen, Arbeiten mit Absturzgefahr sowie Einflüsse von Kälte, Nässe und starken Temperaturschwankungen seien der Klägerin nicht zumutbar. Die Klägerin sei in der Lage öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und die notwendigen Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen.

Die Klägerin hat dieses ärztliche Gutachten als ungenügend angesehen, da nicht ausreichend auf ihre Schriftsätze eingegangen worden sei.

Aus einem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf ist zu ersehen, dass bei der Klägerin vor 1984 die allgemeine Wartezeit durch die Anerkennung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) bereits erfüllt war und bis März 1993 schon wegen Kinderberücksichtigungszeiten keine Lücken in der Beitragsbelegung vorgelegen hatten. In der Folgezeit sind lückenlos rentenrechtlich relevante Zeiten bis Dezember 2013 nachgewiesen, wobei es sich in der Zeit ab Dezember 1995 bis November 1997 um Zeiten einer Bildungsmaßnahme nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gehandelt hat.

Im Anschluss an das Gutachten von Prof. Dr. F. ist Dr. C. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt worden. Dr. C. hat dem Senat am 03.12.2014 mitgeteilt, dass er aufgrund der hohen Arbeitsbelastung in seiner Hausarztpraxis keine Möglichkeit sehe, die voraussichtlich sehr umfangreiche Begutachtung zu übernehmen. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 11.12.2014 die Beweisanordnung aufgehoben. Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass der ärztliche Sachverständige ihr gegenüber ein entsprechendes Einverständnis mit der Gutachtenerstattung gegeben gehabt hätte und die Arbeitsüberlastung nicht die Aufhebung der Beweisanordnung rechtfertige, da dem Sachverständigen - ähnlich wie Prof. Dr. F. - eine Zeit von neun Monaten oder mehr zur Gutachtenerstellung zur Verfügung hätte gestellt werden können.

Ausdrücklich hat die Klägerin nochmals die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit geltend gemacht, da sie entgegen dem damaligen Arbeitsvertrag hauswirtschaftlich gearbeitet habe, wie sich aus ihren Arbeitszeugnissen entnehmen lasse. In medizinischer Hinsicht wendet sie ein, dass ihre Schmerzproblematik und insbesondere die tägliche Schmerzmedikation - mit Ibuprofen 600 - in sämtlichen Gutachten nicht berücksichtigt worden sei. Auch wären Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Krankheiten zu Unrecht unberücksichtigt geblieben. Aufgrund der Vielzahl von Krankheiten, Einschränkungen und Wechselwirkungen könne die Klägerin überhaupt nicht mehr arbeiten. Die Klägerseite hat beantragt, dass Dr. D. sein Gutachten noch näher erläutere, wozu auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 04.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 18.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab Antragstellung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.10.2008 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, der Vorprozessakten, der beigezogenen Akten der Beklagten und der beigezogenen Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht Nürnberg hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gelten, hat die Klägerin bei Rentenantragstellung eindeutig erfüllt gehabt. Da die Klägerin nach ihrer letztmaligen Beschäftigung im Jahr 2001 und dem Ende von Leistungen der Arbeitslosenversicherung im Jahr 2004 zumindest bis Ende 2013 fortlaufend arbeitsuchend gemeldet war - bei einem Pflichtbeitrag für eine Beschäftigung vom 08.02. bis 13.02.2008 -, verlängert sich nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI der maßgebliche 5-Jahreszeitraum um 107 Monate, so dass weit mehr als die mindestens erforderlichen 36 Monate Pflichtbeitragszeiten in diesem verlängerten Zeitraum vorliegen. Zudem hatte die Klägerin in Anbetracht der nach dem FRG anerkannten Zeiten bereits 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt und seitdem bis zur Rentenantragstellung keine Lücke in ihrem Versicherungsverlauf gehabt, so dass unter Beachtung von §§ 198, 197 Abs. 2 i. V. m. 241 Abs. 2 SGB VI selbst ohne diese Mindestanzahl die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen als erfüllt gelten würden.

Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 3 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Sämtliche Ärzte, die sich im Verlauf des Verfahrens sozialmedizinisch geäußert haben, sind sich darin einig, dass das Leistungsvermögen der Klägerin weder aktuell auf weniger als 6 Stunden herabgesunken ist, noch dies in der Vergangenheit - abgesehen von gelegentlichen Zeiten vorübergehender Arbeitsunfähigkeit - so gewesen war. Die weitergehenden Voraussetzungen, wonach die Leistungsfähigkeit auch unter Beachtung der Einschränkungen der Arbeitsbedingungen so weit herabgesunken ist, dass sie nicht einmal mehr 3 Stunden pro Tag beträgt, hat die Klägerin erst recht nicht erfüllt.

Die Leistungsfähigkeit der Klägerin stellt sich zur Überzeugung des Senats folgendermaßen dar: Die Klägerin kann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch mindestens sechs Stunden erwerbstätig sein, wenn die gesundheitlichen Anforderungen an die Arbeitsbedingungen beachtet werden. Es muss sich um eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen Räumen handeln, wobei der sitzende Anteil überwiegen soll. Auszuschließen sind übermäßige nervliche Belastungen wie Zeitdruck, Akkordarbeit, Fließbandarbeit und Nachtschicht sowie Tätigkeiten im Gefahrenbereich etwa an laufenden Maschinen oder mit Absturzgefahr. Der Klägerin sind das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, häufiges Bücken, häufiges Knien, längerdauernde Arbeit über Kopf oder in Zwangshaltungen insbesondere ständige Reklination der Halswirbelsäule und ständige Inklination der Lendenwirbelsäule sowie Armarbeiten über der Horizontalen nicht zumutbar. Vermieden werden soll ferner die Einwirkung ungünstiger äußerer Witterungsbedingungen wie Kälte, Nässe, Zugluft, und starke Temperaturschwankungen.

Der Senat entnimmt dieses Leistungsbild insbesondere den zeitnahen Gutachten des Dr. H. und des Dr. D., von denen auch Prof. Dr. F. nicht abweicht. Die Ausführungen der Klägerin, wonach sich diese Gutachter nicht hinreichend mit den Gesundheitsstörungen auseinandergesetzt hätten, können den Senat nicht überzeugen. Nicht alle von der Klägerin in Erwägung gezogenen, im Rahmen der Untersuchungen jedoch in keiner Weise verifizierbaren Einschränkungen müssen in den Gutachten in allen Einzelheiten erörtert werden. Der Vorwurf, dass die Schmerzsituation der Klägerin nicht beachtet worden sei, trifft nicht zu. So hat beispielsweise Dr. D. die im Verlauf des Verfahrens berichtete Schmerzmedikation referiert, die Angaben der Klägerin zum Schmerzgeschehen mit seinen eigenen Beobachtungen kontrastiert und auf noch bestehende, bisher ungenutzte therapeutische Möglichkeiten hingewiesen sowie - in den Senat überzeugender Art und Weise - die Auswirkungen der Schmerzstörung sozialmedizinisch beurteilt.

Der Senat sah sich nicht gehalten, weitere Sachaufklärung durch Einvernahme des Sachverständigen Dr. D. zu betreiben, da von der Klägerin keine konkreten und beweiserheblichen Fragen benannt worden waren und darüber hinaus noch nicht einmal erläuterungsbedürftige Punkte hinreichend konkret bezeichnet worden waren, sondern pauschal auf umfangreiche Schriftstücke Bezug genommen worden war. Von der Klägerseite wird insbesondere problematisiert, dass gewisse Arbeitsbedingungen bereits nicht mit einer leichten Tätigkeit vereinbar seien, dass es leichte Tätigkeiten der beschriebenen Art auf dem Arbeitsmarkt nicht geben würde und dass ein Einsatz der Klägerin als Praktikantin, wie von Dr. D. gefordert, keine reguläre Beschäftigungsmöglichkeit darstelle. Die Beurteilung, ob die seitens des Gutachters festgestellten sozialmedizinischen Einschränkungen einen Einsatz auf dem Arbeitsmarkt entsprechend den gesetzlichen Anforderungen zulassen, ist aber gerade Angelegenheit des Senats als gesetzlicher Richter und unterfällt nicht der Beurteilung durch einen Sachverständigen. Hinsichtlich der im Gutachten enthaltenen Anregung, durch ein vorgeschaltetes Praktikum den Wiedereinsatz der Klägerin auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern, handelt es sich um keinen Widerspruch gegenüber den sozialmedizinischen Ausführungen zum Umfang der Einsatzmöglichkeiten. Im Übrigen ist auch hier nicht erkennbar, inwiefern eine Befragung des Sachverständigen hierzu angezeigt wäre, da die Frage der Schlüssigkeit eines Gutachtens unabhängig von einer Anhörung zu klären ist und nur im Falle des Feststellens einer Unschlüssigkeit möglicherweise eine zusätzliche Nachfrage sinnvoll sein könnte.

Eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung käme zusätzlich auch dann in Betracht, wenn bei der Klägerin zwar keine quantitative Einschränkung bestehen würde, jedoch die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Ausnahmefall (sog. Katalogfall) vorliegen würden. Für die Prüfung ist nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - zitiert nach juris) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn. 37 m. w. N.). Für den Senat ergeben sich bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da zumindest Sortieren und Verpacken von Kleinteilen als geeignete Arbeitsfelder anzuführen wären. Die von der Klägerseite erfolgten Ausführungen, wonach leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus auf dem Arbeitsmarkt nicht vorhanden seien, widersprechen der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit und auch den eigenen Erfahrungen des Senats. Aber selbst wenn man der Klägerseite hinsichtlich der ernstlichen Zweifel noch folgen wollte, so stellen sich die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen jedenfalls nicht als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit und auch nicht als Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen dar. Eine solche Summierung würde voraussetzen, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere Einschränkungen hinzutreten, die ganze Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen. Die bei der Klägerin festgestellten Einschränkungen sind gerade nicht so weitgehend. Die Einschränkungen der Sinneswahrnehmung sind moderat. Die Notwendigkeit besonders häufiger Toilettengänge ist nur im Zusammenhang mit Diätfehlern protokolliert und ist ansonsten nicht beobachtbar gewesen.

Der ärztliche Sachverständige Dr. D. hat deutlich herausgestellt, dass die psychischen Störungen der Klägerin bisher noch nicht adäquat behandelt worden sind und hinsichtlich der Schmerzstörung die Behandlung zu verändern und zu intensivieren wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werden psychische Erkrankungen jedoch erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89; BSG urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 - L 19 R 35/08). Unbeachtlich für eine Rentengewährung im Rahmen des SGB VI bleiben nach den gesetzlichen Vorschriften die Zeiten, in denen die Klägerin wegen Arbeitsunfähigkeit vorübergehend nicht arbeiten konnte. Von zentraler Bedeutung in diesem Fall sind daher die ärztlichen Darlegungen, dass bei den Erkrankungen der Klägerin auf psychischem Gebiet die Behandlungsoptionen noch nicht ausgeschöpft sind, weshalb ein nicht mehr beeinflussbarer Gesundheitszustand in dieser Hinsicht nicht besteht.

Da nach dem oben Dargestellten bei der Klägerin auch keine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens an ansonsten geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf einen zeitlichen Umfang von mindestens 3 Stunden aber weniger als 6 Stunden bestanden hat (kein Gutachter hat eine derartige sozialmedizinische Beurteilung vorgenommen), besteht bei der Klägerin auch nicht die hilfsweise geltend gemachte teilweise Erwerbsminderung.

Nachdem von der Klägerseite eine weitere Verschlechterung der gesundheitlichen Situation der Klägerin gegenüber dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung beschrieben wird und auch die ärztlichen Gutachten dies tendenziell bestätigen und der Senat für den aktuellen Zeitpunkt das Vorliegen einer Erwerbsminderung im rentenberechtigenden Umfangverneint, ist es auszuschließen, dass für einen umrissenen längeren Zeitraum in der Vergangenheit eine derart starke Erwerbsminderung vorgelegen hätte und die Klägerin einen Anspruch auf eine zeitlich befristete Rente wegen Erwerbsminderung gehabt haben könnte.

Da somit bei der Klägerin weder das Vorliegen von voller noch von teilweiser Erwerbsminderung belegt ist, besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die weiter hilfsweise geltend gemachte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Zwar gehört die Klägerin aufgrund ihres Geburtsjahrganges zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich erfassten Personenkreis. Sie ist jedoch nicht berufsunfähig im Sinne dieser Vorschrift.

Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Die Klägerin hat den zuletzt ausgeübten Beruf in der Altenpflege aus gesundheitlichen Gründen bereits vor Oktober 2004 nicht mehr 6 Stunden täglich ausüben können, wie von der Klägerin geltend gemacht wird, von den Gutachtern bestätigt wurde und auch im Vorprozess so akzeptiert worden war. Im Vorprozess ist aber zugleich rechtskräftig entschieden worden, dass die Klägerin bis zur Entscheidung des damals erkennenden Senats am 27.10.2004 keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gehabt hatte. Die Klägerin war dabei nicht als Facharbeiterin eingeordnet und damit als auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar angesehen worden. Wegen der Rechtskraft der damaligen Entscheidung kommt eine Rentengewährung mit einem Leistungsfall vor Oktober 2004 nicht in Betracht. Ein späterer Eintritt von Berufsunfähigkeit liegt jedoch nicht vor: Er wäre nur durch den später eingetretenen Wegfall von zumutbaren Verweisungstätigkeiten begründbar, da - wie ausgeführt - ein zeitlich nicht eingeschränkter Einsatz der Klägerin als Altenpflegehelferin schon zuvor aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen ist. Die Argumentation der Klägerin, wonach sie in ihrer letzten Tätigkeit auch oder in erheblichem Umfang hauswirtschaftliche Tätigkeiten verrichtet habe, war einschließlich der zugehörigen Belege - Arbeitszeugnisse - bereits im früheren Verfahren (L 20 RJ 201/03) bekannt und hatte nicht dazu geführt, dass die Klägerin im Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts der Facharbeiterstufe zugeordnet worden wäre. Auch der Senat sieht darin keinen hinreichenden Nachweis dafür, dass eine derartige Zuordnung vorgenommen werden müsste. Zum einen fehlt es schon an Belegen dafür, dass die hauswirtschaftliche Tätigkeit den Schwerpunkt der Arbeitsstelle gebildet hätte, zum anderen ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den hauswirtschaftlichen Verrichtungen um solche gehandelt hätte, die eine Facharbeiterausbildung erfordert hätten. Trotz einer Fachausbildung in einem bestimmten Bereich kann sehr wohl überwiegend eine Beschäftigung mit Tätigkeiten eines geringeren Anforderungslevels erfolgen und entsprechende tarifliche Eingruppierung vorgenommen werden. Dies ist etwa bekannt beim Einsatz von gelernten ehemaligen Schneiderinnen in der industriellen Textilfertigung oder beim Einsatz von gelernten ehemaligen Schreinern in der industriellen Möbelfertigung. Da die Klägerin somit der Stufe der Angelernten zuzuordnen ist und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist und der Senat dort noch eine zeitlich nicht eingeschränkte Einsatzfähigkeit bei Beachtung der erforderlichen Arbeitsbedingungen als gegeben ansieht (vgl. oben), ist auch zwischenzeitlich Berufsunfähigkeit nicht eingetreten. Im Übrigen wäre bei Annahme einer andersartigen Einstufung in das Mehrstufenschema des BSG der Leistungsfall wohl bereits vor Oktober 2004 eingetreten, wofür eine Rentenzahlung aber durch das rechtskräftige Urteil im früheren Verfahren ausgeschlossen wäre, worauf bereits die Vorinstanz hingewiesen hat.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind somit nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.11.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1969 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und im März 1990 aus Polen nach Deutschland zugezogen. Er hat in Polen von September 1985 bis Juni 1987 eine Schlosser- und Schweißerausbildung besucht, jedoch nicht abgeschlossen. In Deutschland war er in verschiedenen Berufsfeldern tätig, zuletzt in den Jahren 2008 und 2009 als Busfahrer. In der Folgezeit war der Kläger überwiegend arbeitslos oder arbeitsunfähig erkrankt.

Weiter befand sich der Kläger vom 17.02.2010 bis 24.03.2010 zur stationären medizinischen Rehabilitation in der Klinik H. in B-Stadt. Im dortigen Entlassungsbericht vom 23.03.2010 sind als Diagnosen aufgeführt:

1. Lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie.

2. Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus bei Bandscheibenschäden.

3. Sonstige näher bezeichnete Bandscheibenverlagerung.

4. Zervikobrachial-Syndrom.

5. Lumboischialgie.

Der Kläger sei für die Tätigkeit als Busfahrer nur noch zeitlich eingeschränkt einsatzfähig; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in Tagschicht im Wechselrhythmus mehr als sechs Stunden täglich verrichten. Vermeiden sollte er besondere Belastungen der Wirbelsäule wie schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten, ständiges Stehen, Gehen und Sitzen, sowie besondere Belastungen beider Ellenbogengelenke. Berufsförderungsmaßnahmen wurden im Anschluss vorgesehen und von Oktober 2010 bis Mai 2011 durchgeführt, ohne dass eine dauerhafte Integration an einen Arbeitsplatz gelungen wäre. Im Juli und August 2011 liegen jedoch noch einmal Pflichtbeiträge aus einer Beschäftigung vor.

Beim Kläger wurde vom D. (ZBFS), Versorgungsamt ab Oktober 2011 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 anerkannt, wobei dies auf einen Einzel-GdB von 30 wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Bandscheibenschäden sowie einen Einzel-GdB von 10 wegen depressiver Verstimmung zurückzuführen ist. Später wurde noch ein Carpaltunnelsyndrom beidseits mit Einzel-GdB 10 anerkannt, ohne dass sich der Gesamt-GdB geändert hätte (Bescheid 14.12.2011, Widerspruchsbescheid 27.06.2012).

Am 03.05.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten wurde der Kläger am 18.09.2012 durch den Orthopäden Dr. N. untersucht. Dieser beschrieb beim Kläger - rezidivierende Lumbalgien bei geringgradig degenerativen Lendenwirbelsäulenveränderungen ohne radikuläre Symptomatik, - rezidivierende Cervicalgien ohne Nachweis höhergradiger degenerativer Veränderungen, ohne radikuläre Symptomatik und - Adipositas. Der Kläger habe im Jahr 2009 die Tätigkeit als Busfahrer wegen Rückenbeschwerden nicht mehr weiter verrichten können. Im Anschluss an eine Rehabilitationsmaßnahme sei eine mögliche Sitzdauer von zwei bis vier Stunden angegeben worden. Der Kläger berichte über eine deutlich eingeschränkte Gehstrecke auf ca. 200 Meter. Eine regelmäßige Schmerzmedikation werde nicht eingenommen. Der ärztliche Sachverständige kam zum Ergebnis, dass der Kläger aktuell sowohl die Tätigkeit als Busfahrer als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend sitzend, stehend und gehend, sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne. Wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen müssten dabei vermieden werden.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.10.2012 den Rentenantrag ab und verwies den Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem er ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig sei.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 30.10.2012 Widerspruch ein. Er berief sich im Weiteren auf ein Attest seines Hausarztes Dr. E. vom 07.11.2012, wonach er wegen massiven Wirbelsäulenleidens und ausgeprägter Polyarthrosis nicht einmal drei Stunden täglich arbeiten könne, was auch für körperlich leichte Tätigkeiten gelte. Dr. H. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten sah darin keine neuen sozialmedizinisch bedeutsamen Erkenntnisse. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 zurück: Der Kläger sei mit seinem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im erforderlichen zeitlichen Umfang einsatzfähig.

Mit Schreiben vom 23.01.2013 hat der Kläger am 24.01.2013 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dr. E. vom 11.03.2013, Dr. H. vom 18.03.2013 sowie Dr. H. vom 21.03.2013 eingeholt. Weiter hat es den Orthopäden Dr. S. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens vor dem Verhandlungstermin am 25.09.2013 beauftragt. Dr. S. hat in seinem Gutachten die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben:

1. Fehlhaltungen und Verbiegungen der Wirbelsäule, leichtgradige Funktionsstörungen mit Schmerzausstrahlung auch in den linken Kopf hinein; fehlende radikuläre Symptomatik.

2. Radiale Epicondylopathie am linken Ellenbogengelenk.

3. Belastungsbedingte Beschwerden in beiden Kniegelenken, Fußfehlform beidseits; leicht- bis mäßiggradige Bewegungsstörungen im rechten Fußgelenk ohne sichtbare Beeinträchtigung des Gangbildes.

4. Seelische Störung, derzeit nicht behandlungsbedürftig.

5. Verdacht auf Restless-Legs-Syndrom.

Der Kläger könne leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen und teilweise im Gehen und Stehen verrichten. Das Leistungsvermögen betrage mindestens sechs Stunden täglich. Vermieden werden müssten schwere und mittelschwere Hebe- und Tragebelastungen, Zwangshaltungen, häufige bückende Arbeiten, häufige kniende Arbeiten, besondere nervliche Belastungen und Tätigkeiten mit Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft. Die Wegefähigkeit sei zu bejahen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist weiter ein Gutachten durch den Neurologen und Nervenarzt Dr. R. erstellt worden, der den Kläger am 22.01.2014 untersucht hat. In seinem Gutachten vom 07.02.2014 hat er die Gesundheitsstörungen des Klägers in seinem Fachgebiet folgendermaßen beschrieben:

1. Sensibles Wurzelkompressionssyndrom und Wurzelreizsyndrom S1 links.

2. Somatoforme Schmerzstörung.

3. Leichte depressive Episode.

4. Insomnie.

Dem Kläger seien leichte, kurzzeitig mittelschwere Arbeiten vorwiegend im Sitzen, aber auch im Stehen und Gehen in geschlossenen Räumen ohne schweres Heben und Tragen von Lasten täglich mindestens sechs Stunden zumutbar. Sehr hohe Anforderungen an die Konzentration, Daueraufmerksamkeit, Verantwortung und Umsicht dürften nicht gestellt werden.

Der Kläger hat ergänzend noch eine Stellungnahme der Dipl.-Psychologin T. vom Klinikum C-Stadt vom 14.05.2014 vorgelegt, wonach die testpsychologische Diagnostik vom 04.02.2014 Hinweise auf das Vorliegen einer hohen Symptombelastung ergeben habe. Es werde somit von einer schweren depressiven Symptomatik, einer Panikstörung, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer dekompensierten Insomnie ausgegangen.

Nach Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen durch den Kläger u.a. über eine kurze stationäre Behandlung hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. R. eingeholt, die dieser am 04.08.2014 erstellt hat: Der jetzt neu beschriebene psychopathologische Befund sei nicht nachvollziehbar; in der eigenen Untersuchung sei keine Antriebsstörung fassbar gewesen. Auch seien die Behandlungen nicht hinreichend beschrieben und es sei nicht klar, ob eine adäquate Umsetzung der Medikation erfolge.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.11.2014 abgewiesen. Der Kläger sei nach den übereinstimmenden ärztlichen Feststellungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig und die Voraussetzungen medizinischer Art für das Vorliegen von teilweiser oder voller Erwerbsminderung seien nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 26.11.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg schriftlich erklärt, mit dem Urteil nicht einverstanden zu sein. Das Sozialgericht hat dieses Schreiben dem Bayer. Landessozialgericht als Berufung vorgelegt. Der Kläger hat zudem umfangreiche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht.

Der Senat hat einen Befundbericht beim behandelnden Arzt Dr. E. vom 28.07.2015 eingeholt. Hierzu sowie zu den mitübersandten ärztlichen Unterlagen hat am 21.08.2015 Dr. S. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten Stellung genommen und angegeben, dass keine neuen medizinischen Gesichtspunkte vorliegen würden.

Vom 16.06.2015 bis 16.07.2015 befand sich der Kläger zur stationären psychotherapeutischen Behandlung in der K-Klinik Bad M … Im Entlassungsbericht vom 25.08.2015 sind als Diagnosen genannt:

1. Somatoforme Schmerzstörung.

2. Rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode.

3. Panikstörung.

4. Insomnie.

5. Schädlicher Analgetikagebrauch.

Der Kläger wurde als teilweise stabilisiert, aber noch arbeitsunfähig entlassen. Eine ambulante Psychotherapie solle sich anschließen.

Eine dem Kläger von der Beklagten mit Bescheid vom 30.06.2015 zunächst bewilligte stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der psychosomatischen Abteilung des Klinikums Bad B. ist im Folgenden nicht durchgeführt worden, weil die Voraussetzungen für eine vorfristige Rehabilitationsmaßnahme nicht erfüllt seien.

Im Versicherungsverlauf vom 24.09.2015 hat die Beklagte weitere Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Gesundheitsmaßnahmen berücksichtigt und zwar über einen Zeitraum von knapp vier Jahren.

Nachdem der Kläger Unterlagen über eine weitere Behandlung im Klinikum C-Stadt vorgelegt hatte, hat Dr. H. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 18.01.2016 folgende Stellungnahme abgegeben: Beim Kläger erfolge bisher weder eine ausreichend dosierte und langfristig angelegte Psychopharmaka-Therapie, noch eine leitliniengerechte längerfristige Psychotherapie. Auch eine konsequente Schmerztherapie finde nicht statt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien die zumutbaren Therapieoptionen sicher nicht ausgeschöpft.

Der Senat hat ein Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. eingeholt, der den Kläger am 29.04.2016 untersucht hat. In seinem Gutachten vom 06.05.2016 hat er die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben:

1. Rezidivierende Depression verschiedener Ausprägung.

2. Verdacht auf komplexe Traumafolgestörung mit dissoziativer Identitätsstörung.

3. Restless-Legs-Syndrom.

4. Ein- und Durchschlafstörungen und obstruktives Schlafapnoe-Syndrom sowie Somniloquie.

5. Gastroösophageale Refluxkrankheit ohne Ösophagitis.

6. Sonstige zervikale Bandscheibenverlagerung.

7. Chronisch unbeeinflussbare Schmerzen.

8. Zustand nach Fraktur des Außenknöchels.

Beim Kläger bestehe derzeit eine Arbeitsunfähigkeit, die bis zu einem Jahr andauern könne, um die vorgeschlagenen stationären Therapien durchzuführen. Prognostisch sei der Kläger in der Lage, täglich sechs Stunden erwerbstätig zu sein, wobei es sich um mittelschwere körperliche Tätigkeiten in wechselnder Stellung handeln könne. Nachtschicht und Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems seien zu vermeiden.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist im Anschluss ein Gutachten durch die Fachärztin für Psychiatrie M. G. erstellt worden, die den Kläger am 11.08.2016 und 01.09.2016 untersucht hat. Im Gutachten vom 14.11.2016 hat sie die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben:

1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome.

2. Posttraumatische Belastungsstörung PTBS mit dissoziativen Zuständen.

3. Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst).

4. Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom).

5. Obstruktives Schlafapnoesyndrom.

6. Kombinierte Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen, narzisstischen und abhängigen Anteilen.

Sie komme aufgrund der ausgeprägten Persönlichkeitsmerkmale, anders als die Vorgutachter, zu dem Schluss, dass diese Gesundheitsstörungen von erwerbsmindernder Bedeutung seien. Nach ihrer Einschätzung sei nicht davon auszugehen, dass die Symptome durch eine erneute stationäre Therapie und nachfolgende ambulante Psychotherapie hinreichend gebessert werden könnten. Es sei von einer Erwerbsunfähigkeit seit der letzten Begutachtung im Mai 2016 auszugehen. Dies habe sich auch in den eigenen Untersuchungen gezeigt, in denen deutliche Beschränkungen hinsichtlich der Leistungsmotivation des Klägers festzustellen gewesen seien. Der Kläger sei nur noch unter drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig. Die psychischen Fehlhaltungen seien durch jahrelange Kränkungen so verfestigt, dass nicht von einer Besserung ausgegangen werden könnte. Die im Befundbericht der Klinik H-Stadt beschriebenen deutlichen Verbesserungen hätten nicht dauerhaft stabilisiert werden können. Auch seien diese subjektiv völlig anders erlebt worden. Die Wegefähigkeit sei gegeben.

Zu dem Gutachten hat am 05.12.2016 die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. von der sozialmedizinischen Begutachtungsstelle der Beklagten Stellung genommen:

Die in den Gutachten gestellte Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung sei durchaus schlüssig und nachvollziehbar; dies gelte jedoch nicht für die Einschätzung, dass die Störung durch Therapie nicht beeinflussbar sei. Eine längerfristige adäquate Therapie sei bisher nicht durchgeführt worden und der Kläger wehre sich seit Jahren hiergegen. Eine leitliniengerechte Psychotherapie sei beim Kläger bisher nicht erfolgt. Die beim Kläger noch vorhandenen Ressourcen würden nicht hinreichend eingeschätzt werden und die Angaben des Klägers würden übernommen, ohne diese kritisch zu hinterfragen.

Die Klägerseite hat vorgebracht, dass das Gutachten der M. G. durch Frau Dr. K. nicht zutreffend beurteilt worden sei. Im Gutachten hätten sich keine Hinweise auf Aggravationsneigung des Klägers gefunden und es sei ausführlich dargelegt, dass spätestens seit 29.04.2016 die Anspruchsvoraussetzungen des § 43 SGB VI erfüllt seien. Der Kläger sei auch für geringfügige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr belastbar.

Auf weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG ist eine ergänzende Stellungnahme durch Frau G. eingeholt worden, die diese am 10.04.2017 erstellt hat. Gerade die zwischen den Gutachtern jetzt nicht mehr strittige Feststellung einer kombinierten Persönlichkeitsstörung lasse es für den Kläger unmöglich werden, sich einer konsequenten Psychotherapie zu unterziehen. Die Verbitterungstendenz habe im Laufe der Jahre so zugenommen, dass ein therapeutischer Ansatz langfristig aufgebaut werden müsste, soweit er überhaupt möglich sei. Inwieweit der Kläger sich aufgrund seines Störungsbildes auf eine ambulante psychotherapeutische Behandlung einlassen könne, sei fraglich. Um überhaupt eine Veränderung oder Korrektur erreichen zu können, bedürfe es wahrscheinlich jahrelanger therapeutischer Behandlung und die Fähigkeit des Klägers, daran mitzuarbeiten, werde von ihr kritisch gesehen. Im momentanen Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr in der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als drei Stunden einer Beschäftigung nachzugehen und dies sei aufgrund der Schwere der Erkrankung zunächst für drei Jahre als gegeben anzusehen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.11.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 08.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf seinen Antrag vom 03.05.2012 hin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer, hilfsweise auf Zeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.11.2014 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten und des ZBFS Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch eine Rente wegen Erwerbsminderung hat, und auch in der Folgezeit ist ein derartiger Anspruch nicht nachgewiesen.

Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat der Kläger bei Rentenantragstellung im Mai 2012 unproblematisch erfüllt gehabt. Ausgehend vom Versicherungsverlauf vom September 2015, wären die besonderen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI allerdings letztmals bei einem medizinischen Leistungsfall im Februar 2017 erfüllt gewesen. Ob sie tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt bestanden haben, schon früher weggefallen sind oder aktuell noch vorliegen, konnte dahingestellt bleiben, da die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen sind und somit ein medizinischer Leistungsfall als Ausgangspunkt für die Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht existiert. Es kam somit weder darauf an, ob der Kläger noch weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hätte vorlegen können, noch ob eine zeitliche Beschränkung des Umfangs für die Berücksichtigung derartiger Zeiten zu beachten wäre.

Hinsichtlich der medizinischen Anspruchsgrundlagen führt § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aus, dass Versicherte voll erwerbsgemindert sind, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Sämtliche gutachterliche Äußerungen bis zum Berufungsverfahren sind einhellig der Auffassung gewesen, dass der Kläger - unter Berücksichtigung eingeschränkter Arbeitsbedingungen - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig war. Die gegenläufige Äußerung des behandelnden Arztes Dr. E. in seinem Attest von November 2012, der eine zeitliche Einschränkung auf weniger als 3 Stunden täglich aus dem Wirbelsäulenleiden, der Polyarthrosis und Unfallfolgen herleiten will, ist nicht näher ausdifferenziert und vermag in keiner Weise zu überzeugen. Eine Herleitung der Einschränkung aus den Befunden erfolgt nicht bzw. ist nicht nachvollziehbar. Damit ergibt sich für den Senat, dass die angefochtenen Bescheide und die erstinstanzliche Entscheidung für den zurückliegenden Zeitraum vor 2016 nicht zu beanstanden sind und weder volle, noch teilweise Erwerbsminderung vorgelegen hatte.

Der Senat ist weiter zur Überzeugung gelangt, dass auch nicht durch eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers oder durch neue diagnostische Erkenntnisse in der Folgezeit die Erfüllung der medizinischen Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nachgewiesen ist. Die beiden im Jahr 2016 erstellten Gutachten des Dr. J. und der M. G. legen den Schwerpunkt auf die psychischen Störungen beim Kläger und deren Auswirkungen auf den Einsatz im Erwerbsleben. Aktuell seit der Untersuchung bei Dr. J. im April 2016 werden verstärkte Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers im Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsstörung beschrieben. Die ebenfalls angeführten Traumafolgestörungen sind dagegen nur schwer fassbar, weil weder eine oder mehrere typische Traumasituationen herausgearbeitet worden sind, noch entsprechende Folgen wie systematische Flashbacks belegt sind. Die zunächst von Dr. J. angesprochene komplexe Traumafolgestörung im Zusammenhang mit Belastungen als Kind aber auch im Erwerbsleben bis hin zum Mobbing bleibt somit nur schlecht greifbar. Für den Senat entscheidend ist aber, dass trotz der Annahme einer komplexen Traumafolgestörung Dr. J. in sozialmedizinischer Hinsicht ein hinreichendes Leistungsvermögen des Klägers jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bejaht, auch wenn er zunächst eine - längerfristige - Behandlung des Klägers für erforderlich ansieht.

Den Ausführungen der M. G. vermag der Senat nicht in vollem Umfang zu folgen, wobei er insbesondere die Einwände der Dr. K. für bedeutsam und auch durch die ergänzende Stellungnahme der M. G. nicht als widerlegt ansieht. Insbesondere bestehen im Gutachten der M. G. an einer ganzen Reihe von Punkten Widersprüchlichkeiten und Ungenauigkeiten: So sieht sie in ihrem Gutachten die Chancen einer Behandlung des Klägers zunächst nicht für realistisch gegeben, wobei sie zwar an sich ebenfalls offene Behandlungsoptionen beschreibt, aber meint, dass der Kläger wegen seiner Persönlichkeitsstörung diese nicht nutzen könne. In ihrer ergänzenden Stellungnahme geht sie dann aber von zunächst auf 3 Jahre befristeten Einschränkungen aus, was aber doch einen möglichen Behandlungserfolg einbezieht. Ebenso spricht sie zunächst von einem auf unter 3 Stunden herabgesunkenen Einsatzvermögen, später davon, dass der Kläger nicht mehr als 3 Stunden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Weiter werden bei der Auseinandersetzung mit Vorgutachten und Stellungnahme des ärztlichen Dienstes Behandlungsdatum und Datum der Gutachtenerstellung vermischt und Namen falsch wiedergegeben.

Von zentraler Bedeutung für die Frage der Rentengewährung ist für den Senat in diesem Zusammenhang, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89, BSG Urteil vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils juris, BayLSG Urteil vom 18.01.2017 - L 19 R 755/11 mwN - juris, LSG Baden-Württemberg Urteile vom 22.09.2016 - L 7 R 2329/15, 25.05.2016 - L 5 R 4194/13 und 27.04.2016 - L 5 R 459/15 - jeweils juris). Beim Kläger sind die Behandlungsmöglichkeiten auf psychiatrischem und psychotherapeutischem Fachgebiet bei weitem nicht ausgeschöpft. Insofern besteht noch nicht einmal eine Diskrepanz zwischen den Ärzten. Insbesondere Dr. K., aber auch Dr. J. beschreiben nachvollziehbar offene Behandlungsoptionen - wie im Übrigen früher auch schon Dr. R … Eine psychiatrische Behandlung des Klägers ist bisher zwar punktuell erfolgt, aber nicht leitliniengerecht längerfristig durchgeführt worden. Dass die Einschätzung des Bestehens von Erfolgschancen für weitere Behandlungen zutreffend ist, ergibt sich für den Senat auch daraus, dass die jeweiligen - stationären - Akutbehandlungen eine gesundheitliche Besserung einleiten. Dass es nicht zur dauerhaften Besserung gekommen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass - wie ärztlich dargestellt - dann aber bisher keine konsequente, umfassende und leitliniengerechte ambulante Behandlungsfortführung erfolgt war.

Selbst die Gutachterin M. G. stellt die benannten Behandlungsoptionen nicht Abrede, sieht jedoch den Kläger wegen seiner Persönlichkeitsstörung trotz evtl. ärztlicher Unterstützung nicht dazu in der Lage, derartige Behandlungen wahrzunehmen. Letzteres vermag den Senat nicht zu überzeugen, zumal die Aussage in der ergänzenden Stellungnahme nicht in der Absolutheit aufrecht erhalten geblieben war. Der Senat sieht daher durch die Ausführungen der M. G. die Feststellungen und sozialmedizinischen Aussagen des Dr. J. und der Dr. K. nicht als widerlegt an.

Somit gewinnt der Senat aus den ärztlichen Feststellungen die Überzeugung, dass der Kläger nach wie vor leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von täglich 6 Stunden oder mehr verrichten kann. Eine dauerhaft vorliegende zeitliche Leistungsminderung ist derzeit nicht hinreichend nachgewiesen.

Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen kann der Kläger eine Tätigkeit in geschlossenen Räumen vorwiegend im Sitzen, aber auch im Stehen und Gehen ohne besondere nervliche Belastungen wie Nachtschicht, hohe Anforderungen an Konzentration, Daueraufmerksamkeit, Verantwortung oder Umsicht und ohne besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems wie schwere und mittelschwere Hebe- und Tragebelastungen, Zwangshaltungen, häufige bückende Arbeiten, häufige kniende Arbeiten verrichten. Die Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft sollte vermieden werden.

Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als 3 Stunden täglich - also volle Erwerbsminderung - oder weniger als 6 Stunden - also teilweise Erwerbsminderung - ist daher zur Überzeugung des Senats nicht gegeben; allenfalls lag und liegt - zeitweilig bzw. protrahiert - Arbeitsunfähigkeit bei bestehender Behandlungsbedürftigkeit vor.

Ein Anspruch des Klägers auf eine volle Erwerbsminderungsrente kann auch nicht anderweitig begründet werden. Zwar könnte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zusätzlich auch dann in Betracht kommen, wenn zwar keine quantitative Einschränkung besteht, jedoch die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Ausnahmefall (sog. Katalogfall) vorliegen würden. Für die Ermittlung, ob ein solcher Ausnahmefall besteht, ist nach dem BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R - nach juris) mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären. Für den Senat ergeben sich keine durchgreifenden Zweifel an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da sein Restleistungsvermögen etwa das Sortieren, Zureichen oder Verpacken leichter Gegenstände aber auch Kleben und Zusammensetzen von Teilen und Maschinenbedienung grundsätzlich zulässt. Beim Kläger ist zur Überzeugung des Senats auch die sogenannte Wegefähigkeit, d.h. die Möglichkeit zu einem Arbeitsplatz zu gelangen, zu bejahen, da er öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann und die Wege zu und von den Haltestellen innerhalb üblicher Zeit zu Fuß zurücklegen kann. Die diesbezüglich vom Kläger anfänglich vorgebrachten Einwände haben sich fachärztlicherseits nicht bestätigen lassen und im weiteren Verlauf des Verfahrens keine Rolle mehr gespielt.

Dementsprechend lässt sich beim Kläger weder das Vorliegen von voller, noch von teilweiser Erwerbsminderung - wie hilfsweise geltend gemacht - überzeugend belegen und es besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI.

Ein Antrag auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist nicht gestellt worden. Der Kläger hätte auch keinen Anspruch darauf, da er auf Grund seines Geburtsjahrganges nicht zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfassten Personenkreis gehört.

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind somit nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.