Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 14. Sept. 2016 - L 12 KA 165/14

bei uns veröffentlicht am14.09.2016
vorgehend
Sozialgericht München, S 38 KA 1012/13, 23.07.2014
nachgehend
Bundessozialgericht, B 6 KA 58/17 R, 13.02.2019

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014 insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt wurde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden und die Klage auch insoweit abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der aufgrund einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale 1/2007 bis 2/2010 zurückgeforderten Honorare.

Die Klägerin ist als Anästhesistin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Zeitraum vom 01.08.2004 bis 30.09.2009 hatte sie im Rahmen einer Jobsharing-Partnerschaft einen angestellten Arzt in der Praxis. Es galten die vom Zulassungsausschuss festgesetzten Jobsharing-Obergrenzen. Entsprechende Saldierungsbescheide wurden von der Beklagten erlassen, zuletzt der Bescheid vom 19.04.2011 (vergleiche das Berufungsverfahren L 12 KA 164/14).

Wegen auffälliger Tagesarbeitszeiten wurde am 13.09.2010 eine Plausibilitätsprüfung eingeleitet. Dieses Verfahren endete mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 14.06.2011, mit dem die Honorarbescheide für die Quartale 1/2007 bis 2/2010 zurückgenommen wurden und das Honorar neu festgesetzt wurde, so dass sich eine Differenz mit einem Rückforderungsbetrag in Höhe von 101.816,65 € ergab. In diesem Bescheid legte die Beklagte dar, dass anhand der Saldierungsbescheide für Jobsharing die Rückforderungssumme in den einzelnen Quartalen ermittelt worden sei, die bereits von der Klägerin beglichen worden sei. Bei der Berechnung der Rückforderung aufgrund der Plausibilitätsprüfung sei in den Quartalen 1/2007 bis 4/2008 und 2/2009 die bereits geleistete Rückforderung aus der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen berücksichtigt. Dabei sei der prozentuale Anteil der Jobsharing-Rückforderung am Gesamthonorar ermittelt worden und dieser Anteil bei der jeweiligen Gebührenordnungsposition als Abschlag angerechnet worden. Dies sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts möglich. Die Beklagte beziehe sich insoweit auf die Rechtsprechung zu den Praxis- und Individualbudgets vom 11.03.2009. Der zu Grunde liegende Sachverhalt sei mit einer Jobsharing-Praxis vergleichbar. Auch hier würden die Ärzte einen festen Maximalbetrag erhalten. Leistungen, die über der Jobsharing-Obergrenze erbracht würden, führten faktisch dazu, dass das Honorar für die erbrachte Leistung sinke. Um diesem tatsächlich geringeren Honorar bei jeder Leistung Rechnung zu tragen, habe die Beklagte die Rückforderung aus der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze entsprechend anteilig je Gebührenordnungsposition (GOP) berücksichtigt und so nur den praxisindividuellen Wert der GOP zurückgefordert.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wies sie insbesondere darauf hin, dass die bereits wegen Überschreitens der Jobsharing-Obergrenze erfolgten Abzüge vollständig angerechnet werden müssten. Damit ergebe sich ein Rückzahlungsbetrag von 65.327,64 €, mehr Honorarvolumen sei nicht gegeben, weil die Beklagte nicht Honorar zurückfordern könne, das nicht ausbezahlt bzw. bereits zurückgefordert worden sei (Schreiben vom 19.08.2011).

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie legte nochmals dar, dass das Urteil vom 11.03.2009 auch auf Jobsharing-Obergrenzen anwendbar sei. Die Berechnung der Rückforderung sei rechtmäßig, da nur der praxisindividuelle Wert der GOP zurückgefordert worden sei und die Überschreitung der Jobsharing-Obergrenze entsprechend anteilig berücksichtigt worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG). Das SG gab der Klage mit Urteil vom 23.07.2014 teilweise statt und verurteilte die Beklagte, über den Widerspruch der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Verrechnung, wie sie von der Beklagten vorgenommen werde durch Ermittlung des prozentualen Anteils der Jobsharing-Rückforderung am Gesamthonorar und Abschlag dieses Anteils bei den jeweiligen GOP, sei bereits deshalb fraglich, weil hierfür keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei. Eine Berücksichtigung sei allenfalls im Rahmen des der Beklagten zustehenden Schätzungsermessens vorstellbar.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Gemäß § 106 Abs. 2 Satz 6 SGB V sei bei der Plausibilitätsprüfung von dem durch den Vertragsarzt angeforderten Punktzahlvolumen unabhängig von honorarwirksamen Begrenzungsregelungen auszugehen. Die Beklagte sei entsprechend dieser gesetzlichen Regelung vorgegangen und habe unabhängig vom Vorliegen honorarwirksamer Leistungsbegrenzungen auf das angeforderte Punktzahlvolumen abgestellt. Eine unzulässige Doppelbelastung der Klägerin liege nicht vor. Die Rückforderungsberechnung halte sich im Rahmen des Schätzungsermessens. Insbesondere liege kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor. Vielmehr handele es sich aus Sicht der Klägerin um eine sachgerechte Lösung und Berechnungsweise im Falle des Zusammentreffens einer unzulässigen Leistungsüberschreitung mit einer fehlerhaften Leistungsabrechnung in Anlehnung an die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze zur Budgetierung. Die Beklagte wies nochmals auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.03.2009 hin. Mit der Rechtsauffassung, dass die beiden Rückforderungen aus dem Plausibilitätsverfahren und der Jobsharing-Obergrenze in vollem Umfang zu verrechnen seien, verkenne das Gericht aus Sicht der Beklagten, dass je nach Höhe der Jobsharing-Überschreitung durch eine derartige Verrechnung beider Forderungen der gesetzliche Prüfauftrag der Beklagten ins Leere laufen würde. Würde man der Rechtsauffassung des Gerichts folgen, so könnte der Arzt durch eine enorme Überschreitung der Leistungsmenge und somit durch einen womöglich bewussten Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB V Rückforderungen aufgrund fehlerhafter oder unwirtschaftlicher Leistungsabrechnung auffangen, ohne Honorareinbußen befürchten zu müssen, denn dem Arzt verbliebe das volle Honorar bis zur zulässigen Leistungsobergrenze.

Die Beklagte stellt den Antrag:

1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.2014, Az.: S 38 KA 1012/13 wird aufgehoben, soweit die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2013 verurteilt wird, über den Widerspruch des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

2. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil sei zutreffend. Bei den im Rahmen des Jobsharings festgelegten Punktzahlobergrenzen handle es sich um absolute Honorargrenzen. Das bei der Klägerin über die festgelegten Punktzahlobergrenzen hinaus unvergütet gebliebene Leistungsvolumen sei erheblich, weshalb ein Ausnahmefall im Sinne einer vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeben sei. Indem die Beklagte über die standardisierte Abrechnung hinaus das Vorliegen eines Ausnahmefalles nicht erwogen habe, habe sie die im Rahmen der Ausübung des Schätzungsermessens gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung fehlerhaft ausgeübt. Die Berechnung der Rückforderung sei somit ermessensfehlerhaft erfolgt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Beklagtenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts München war deshalb aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Rechtsgrundlage der Plausibilitätsprüfung ist § 106a SGB V, Rechtsgrundlage für die Honoraraufhebung und Neufestsetzung § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V, wonach die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte feststellt; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten.

Gegen die Durchführung der Plausibilitätsprüfung bestehen keine rechtlichen Bedenken; auch die Klägerseite trägt insoweit nichts vor.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist auch die Berechnung des Rückforderungsbetrags im Rahmen des weiten Schätzungsermessens der Beklagten ohne Ermessensfehlgebrauch erfolgt.

Eine Ermessensüberschreitung liegt insbesondere nicht deshalb vor, weil die Beklagte den Rückforderungsbetrag aufgrund der Überschreitung der Jobsharing-Obergrenzen nicht vollständig abgezogen hat. Diese Vorgehensweise - vollständige Anrechnung - würde letztendlich zu unbilligen Ergebnissen führen und die Steuerungsfähigkeit des Systems konterkarieren. Darauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Das Vorgehen der Beklagten, jeweils anteilig bezogen auf die Gebührenordnungspositionen den Betrag anzurechnen, der wegen der Jobsharing-Obergrenzen bereits zurückgefordert wurde, ist logisch nachvollziehbar und führt zu praktikablen Ergebnissen. Insbesondere erfolgt entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten keine doppelte Rückforderung, da ja der bereits wegen Überschreitens der Jobsharing-Obergrenze zurückgeforderte Betrag bezogen auf die jeweiligen Gebührenordnungspositionen anteilig berücksichtigt wird.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers stellt die Jobsharing-Obergrenze gerade kein Mindesthonorar des Vertragsarztes dar, das nicht unterschritten werden darf. Die Ermessensausübung ist deshalb auch nicht unverhältnismäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 14. Sept. 2016 - L 12 KA 165/14 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 101 Überversorgung


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über 1. einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,2. Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche u

Referenzen

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.