Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Feb. 2017 - L 12 KA 132/14

bei uns veröffentlicht am08.02.2017
vorgehend
Sozialgericht München, S 21 KA 1240/10, 04.06.2014

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 04.06.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Prozesszinsen lediglich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen sind.

II. Die Beklagte trägt 9/10 und die Klägerin 1/10 der Kosten des Rechtsstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Auszahlung einbehaltener Gesamtvergütungsanteile für die Quartale 4/2006 bis 1/2008 in Höhe von 92.942,46 EUR.

Die Beklagte hatte Teile der an die Klägerin zu entrichtenden Gesamtvergütung einbehalten, weil sie ab 1.11.2006 einen Vertrag zur Durchführung Integrierter Versorgung über die ärztliche Versorgung mit Klassischer Homöopathie in Kooperation mit Apotheken und ab 1.1.2006 einen Rahmenvertrag zur Integrierten Versorgung „Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen“ geschlossen hatte.

Mit Schreiben vom 2.7.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde aus den einbehaltenden Gesamtvergütungsanteilen nicht verbrauchte Mittel für das Jahr 2007 in Höhe von 11.661,03 EUR und für das Jahr 2008 in Höhe von 19.323,37 EUR, insgesamt 30.984,40 EUR, an die Klägerin auszahlen. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 16.11.2010 auf, die geschlossenen Verträge zur integrierten Versorgung bis 30.11.2010 offenzulegen, da erhebliche Zweifel bestünden, ob die Voraussetzungen für einen Vertrag zur integrierten Versorgung erfüllt seien.

Am 15.12.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 61.598,06 EUR zuzüglich Prozesszinsen zu verurteilen. Die Beklagte habe Gesamtvergütungsanteile in dieser Höhe einbehalten. Die von der Beklagten geschlossenen und der BQS gemeldeten Verträge erfüllten nicht die Voraussetzungen integrierter Versorgungsverträge.

Mit Schreiben vom 1.6.2011 erweiterte die Klägerin die Klage dahingehend, dass die Beklagte zur Zahlung von 92.942,46 EUR zuzüglich Prozesszinsen an die Klägerin zu verurteilen sei. Die von der Beklagten angekündigte Auszahlung der Gesamtvergütungsanteile für 2007 in Höhe von 11.661,03 EUR und für 2008 in Höhe von 19.323,37 EUR, insgesamt 30.984,40 EUR sei durch die Klägerin versehentlich zweimal gebucht worden, weshalb zunächst unrichtigerweise nur von einer Forderung von 61.598,06 EUR ausgegangen worden sei. Zum Nachweis der Forderung von 92.942,46 EUR legte die Klägerin die Mitteilungen der Beklagten über einbehaltene Gesamtvergütungsanteile sowie die Buchungsbelege der Klägerin zur Auszahlung entsprechend der Konformitätserklärung vor. Nach den von der Klägerin vorgelegten Mitteilungen der Beklagten wurden Anteile an der Gesamtvergütung wie folgt einbehalten:

Datum Mitteilung; Kassennummer; Quartal; Anteil in %; Betrag in EUR:

30.08.2007; 40401; 4/2006; 0,25; 22.006,89 EUR

19.10.2007; 40401; 4/2006; - 7.335,93 EUR

19.11.2007; 40401; 1/2007; 0,25; 21.031,62 EUR

05.12.2007; 99401; 1/2007; 0,25; 22,88 EUR

14.02.2008; 40401; 2/2007; 0,25; 20.720,79 EUR

07.02.2007; 90401; 2/2007; 0,24; 9,12 EUR

14.04.2008; 40401; 3/2007; 0,25; 20.554,94 EUR

14.04.2008; 90401; 3/2007; 0,25; 31,31 EUR

03.07.2008; 40401; 4/2007; 0,25; 22.667,51 EUR

03.07.2008; 90401; 4/2007; 0,25; 37,69 EUR

03.11.2008; 40401; 1/2008; 0,25; 24.163,21 EUR

Mit Schreiben vom 2.11.2011 trug die Klägerin vor, dass bisher durch die Beklagte nicht nachgewiesen sei, dass mit dem Vertrag zur ärztlichen Versorgung mit klassischer Homöopathie in Kooperation mit Apotheken eine leistungssektorenübergreifende Versorgung vorliege. Die Einbindung von Apotheken allein führe nicht dazu, dass von einer leistungssektorenübergreifenden Versorgung auszugehen sei. Der Aufgabenbereich der Apotheken gehe nicht über den in der Regelversorgung vorgesehenen Aufgabenbereich hinaus. Auch eine interdisziplinär-fachübergreifende und die Regelversorgung ersetzende Versorgung sei nicht nachgewiesen. Hinsichtlich des Rahmenvertrages zur Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen wandte die Klägerin ein, dieser sei nach der BQS-Meldung nur für vier Versicherte geplant gewesen. Es sei daher nicht von einer Alternative zur Regelversorgung auszugehen. Nach der Anlage 7 zum Vertrag seien nicht Fallpauschalen, sondern integrierten Versorgung sei nicht auszugehen.

Die Beklagte bestritt mit den Schriftsätzen vom 23.3.2011 und 19.9.2011 die Höhe der Forderungen. Die Klägerin habe ein Telefonat mit der Beklagten nicht beachtet. Der Einbehalt habe in den Quartalen 4/2006 bis 1/2008 insgesamt nur 88.096,67 EUR betragen. Die Voraussetzungen des § 140a Abs. 1 SGB V seien erfüllt. Mit Schreiben vom 10.2.2012 legte die Beklagte die vollständigen Verträge vor. Der Rahmenvertrag zur Integrierten Versorgung „Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen“ wurde am 25.4.2005 durch den BKK Landesverband Bayern, das Klinikum Rechts der Isar und die Arbeitsgemeinschaft Münchener Nervenärzte und Psychiater e.V. geschlossen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Vertrages ist Hauptziel die Vermeidung einer stationären (Wieder) aufnahme eines an der Integrierten Versorgung nach § 3 teilnehmenden Versicherten. Zur Erreichung dieses Ziels ist ein Behandlungsablauf nach Anlage 1 zum Vertrag vereinbart (§ 1 Abs. 3 des Vertrages). Nach § 4 Abs. 2 des Vertrages umfassen die Leistungen spezielle Schulungen der Patienten und ihrer Angehörigen, eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Kommunikation zwischen den Ärzten und die Förderung der Medikamenten- und Therapiecompliance durch Compliancekontrolle und Remindersysteme. Gemäß § 7 wird die Vergütung der IV-spezifischen Kosten durch die teilnehmende BKK gesondert gezahlt. Für die gemäß § 4 erbrachten Leistungen wird daher eine Vergütung nach Anlage 7 vereinbart. Die gesetzlichen bzw. sonstige vertragliche Vergütungsansprüche der Leistungserbringer bleiben hiervon unberührt.

Der Vertrag zur Durchführung Integrierter Versorgung über die ärztliche Versorgung mit Klassischer Homöopathie war abgeschlossen worden zwischen dem Deutschen Zentralverein Homöopathischer Ärzte e.V. (DZVhÄ) und dem Deutschen Apothekerverband e.V., wobei die gesetzlichen Krankenkassen nach § 16 des Vertrages mit Zustimmung des DZVhÄ und des Deutschen Apothekerverbandes e.V. beitreten durften. Die Beklagte legte eine Kopie der Beitrittserklärung vor, die nach den Angaben auf der Beitrittserklärung nicht vor dem 1.9.2006 wirksam werden sollte. Nach § 1 Abs. 1 des Vertrages soll für die Versicherten der beigetretenen Krankenkassen der Zugang zu adäquater Beratung und Behandlung mit der klassischen Homöopathie im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung mit Unterstützung durch Apotheken verbessert werden. Nach § 7 Abs. 3 ist eine Abrechnung von Leistungen, die nach dem Vertrag erbracht und abgerechnet worden sind, zusätzlich über die Kassenärztliche Vereinigung unzulässig. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erhob der Vertreter der Beklagten die Einrede der Verjährung. Die Klageforderung sei erst nach Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2010 hinreichend deutlich bezeichnet worden. Hilfsweise machte er Verwirkung geltend. Die Klägerin hätte bereits seit dem ersten Einbehalt für das Quartal 4/2006 ihre Bedenken hinsichtlich der Voraussetzungen eines integrierten Versorgungsvertrages äußern und ggf. bereits 2007 bzw. 2008 auf Auszahlung der ungekürzten Gesamtvergütung klagen müssen. Nachdem sie aber die Einbehaltung von Gesamtvergütungsanteilen nicht beanstandet habe, könne sie nun nicht die Auszahlung aller einbehaltenen Gesamtvergütungsanteile verlangen. Das SG gab der Klage mit Urteil vom 4.6.2014 statt. Die Forderung der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht verjährt. Die im Streit stehenden Ansprüche auf Zahlung einbehaltener Gesamtvergütungsanteile unterlägen analog §§ 45 Abs. 1 SGB I, 113 Abs. 1 SGB X einer vierjährigen Verjährungsfrist, beginnend mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei. Nachdem die Gesamtvergütung für das Quartal 4/2006 erst 2007 fällig geworden sei, laufe die vierjährige Verjährungsfrist vom 1.1.2008 bis 31.12.2011. Die Klägerin habe mit dem Schriftsatz vom 1.6.2011 und den beigefügten Anlagen A5-A10a ihre Forderung innerhalb der bis 31.12.2011 laufenden Verjährungsfrist hinreichend individualisiert. Die Beklagte habe ihr Recht zur Geltendmachung der Forderung auch nicht verwirkt. Sie sei auf der Grundlage des § 140d Abs. 1 S. 5 SGB V verpflichtet, der Klägerin die einbehaltenen Anteile auszuzahlen. Der Vertrag über die ärztliche Versorgung mit Klassischer Homöopathie in Kooperation mit Apotheken (nachfolgend „Homöopathie-Vertrag“) sei kein Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V. Eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung werde nicht begründet. Der Vertrag sehe keine Kooperation von Haus- und Fachärzten oder von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete über die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechts vor. Vielmehr regele er die Versorgung von Versicherten allein durch den jeweils teilnehmenden Arzt, der über die in § 3 des Vertrages geregelte Qualifikation verfüge. Eine Zusammenarbeit mit anderen Ärzten sei nicht vorgesehen. Auch eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung werde durch den Vertrag nicht begründet. Aus der Definition des Versorgungsauftrages und dem in § 2 Abs. 3 und 4 definierten Leistungsumfang der teilnehmenden Ärzte und Apotheken ergebe sich, dass der Vertrag im Wesentlichen auf ärztliche Leistungen ausgerichtet sei und der Apotheke lediglich unterstützende Aufgaben zukämen. Ein Großteil der in § 2 Abs. 4 vorgesehenen Leistungen der Apotheken wie etwa die Information und Beratung der Versicherten über die homöopathische Behandlung und Anwendung homöopathischer Arzneimittel oder die Empfehlung der Konsultation des Arztes entspräche den Aufgaben, die der Apotheke nach§ 20 Apothekenbetriebsordnung oblägen, unabhängig davon, ob sie im Rahmen der Regelversorgung oder im Rahmen integrierter Versorgung tätig würde. Der vorgesehene Informationsaustausch zwischen Arzt und Apotheke über Behandlung und Anwendung des Arzneimittels diene der Arzneimittelsicherheit und Unterstützung der Therapie des Arztes (§ 2 Abs. 2 Homöopathievertrag). Die Arzneimittelsicherheit sei aber auch Gegenstand der Informations- und Beratungspflicht nach § 20 Abs. 1 und 2 Apothekenbetriebsordnung. In einer Gesamtbetrachtung begründe die im Homöopathievertrag vorgesehene Abstimmung zwischen Arzt und Apotheke keine sektorenübergreifende Versorgung. Darüber hinaus würden die im Homöopathievertrag vorgesehenen Leistungen nicht die Leistungen, die bisher Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, ersetzen. Dem Vertrag sei nicht zu entnehmen, für welche Krankheitsbilder insgesamt oder welche einzelnen, nach dem EBM abrechenbaren, Leistungen eine Ersetzung durch die integrierte Versorgung erfolgen solle.

Der Rahmenvertrag zur Integrierten Versorgung „Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen“ sei ebenfalls kein Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V. Es fehle an einer Ersetzung der von der Klägerin nach § 75 Abs. 1 SGB V sicherzustellenden vertragsärztlichen Versorgung durch die im Vertrag vereinbarte Versorgung. § 7 Rahmenvertrag führe zur Vergütung aus, die Vergütung der IV-spezifischen Kosten werde von den teilnehmenden BKK gesondert gezahlt. Die gesetzlichen bzw. sonstige vertraglichen Vergütungsansprüche der Leistungserbringer blieben hiervon unberührt. Es fehle daher an einer Ersetzung der vom Vertragsarzt auf der Grundlage des EBM gegenüber der Klägerin abzurechnenden ambulanten Behandlung durch ein einheitliches Versorgungsangebot, das insgesamt auf der Grundlage des § 140c Abs. 1 SGB V nach vertraglichen Vereinbarungen vergütet werde.

Die Beklagte habe die von der Klägerin geltend gemachte Forderung nicht substantiiert bestritten. Der Hinweis auf ein angebliches Telefonat, ohne Angabe von Datum, Uhrzeit, Gesprächspartner und Inhalt des Gesprächs sei nicht geeignet, die durch die Mitteilungen der Beklagten nachgewiesene Forderungshöhe in Zweifel zu ziehen.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie machte erneut Verjährung und Verwirkung unter Hinweis auf das Beschleunigungsgebot geltend. Außerdem seien beide Verträge solche im Sinne des § 140a SGB V. Im Wesentlichen wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen in der ersten Instanz.

Bezüglich der Höhe der streitgegenständlichen Forderung verweist sie auf eine Telefonnotiz vom 28.11.2008, nach der mitgeteilt worden sei, dass es für das Quartal 1/2008 bei einem Abzug von 19.287,21 EUR bliebe. Dieser Betrag entspreche auch dem Auszug aus dem Kassenbuch der Beklagten. Demgegenüber führte die Klägerin zur Höhe der streitgegenständlichen Forderung aus, dass lediglich schriftliche Belege, nicht Telefonnotizen, relevant seien und legte einen Buchungsbeleg vom 9.12.2008 in Höhe von 4876 EUR vor.

Der Vertreter der Beklagten stellt den Antrag aus dem Berufungserhebungsschriftsatz vom 4.8.2014.

Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe, dass Prozesszinsen nur in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz zu zahlen sind, abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagte wird durch das Urteil des Sozialgerichts München vom 4.6.2014 nicht in ihren Rechten verletzt. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch nach § 140 d Abs. 1 Satz 8 SGB V i.d. bis zum 31.12.2011 geltenden F. des GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl. I 378 hat, weil die Beklagte die einbehaltenen Mittel in Höhe von 92.942,46 EUR nicht für Vergütungen aus Verträgen zu integrierten Versorgung (§ 140 c SGB V) verwendete.

1. Weder der Homöopathie-Vertrag noch der Vertrag über die Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen sind Verträge im Sinne von § 140 a SGB V.

Nach § 140 a Abs. 1 SGB V können Krankenkassen mit bestimmten, in§ 140 b Abs. 1 SGB V abschließend aufgezählten Vertragspartnern IV-Verträge schließen. Dabei liegt die Abschlusskompetenz ausschließlich bei den Krankenkassen.

Der Homöopathie-Vertrag wurde ausweislich des dem Gericht vorliegenden Vertragstextes zwischen dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte e.V. und dem deutschen Apothekerverband e.V. abgeschlossen, wobei für die Krankenkassen lediglich ein Recht zum Vertragsbeitritt vorgesehen ist. § 16 des Homöopathie-Vertrags sieht vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen nur mit Zustimmung des Zentralvereins und des Deutschen Apothekerverbandes beitreten können. Bei dieser Konstruktion haben die gesetzlichen Krankenkassen als Träger der Krankenversicherung keine eigene Gestaltungsmöglichkeit und keine Möglichkeit, auf die in § 7 bezüglich der ärztlichen Leistungen und in § 8 bezüglich der Leistungen der Apotheken vereinbarten Vergütungen Einfluss zu nehmen. Auch die jeweiligen Leistungsinhalte stehen nicht zur Disposition der gesetzlichen Krankenkassen. Diese Konstruktion ist mit den Regelungen über die integrierte Versorgung, insbesondere mit § 140 a Abs. 1 Satz 1 SGB V und§ 140 b Abs. 1 SGB V nicht vereinbar. Bereits deshalb ist der Homöopathie-Vertrag kein Vertrag im Sinne von § 140 a SGB V. Die dafür einbehaltenen Mittel sind gemäß § 140 d Abs. 1 Satz 5 SGB V an die Klägerin auszuzahlen.

Im übrigen ist der Homöopathie-Vertrag auch inhaltlich kein Vertrag über die integrierte Versorgung. Nach der insoweit gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden, solche der Regelversorgung in der vertragsärztlichen oder in der stationären Versorgung zumindest überwiegend ersetzen (BSG Urteil vom 6.2.2008, B 6 KA 27/07 R, Juris Rn. 25; Urteil vom 15.6.2016, B6 KA 22/15 R, Juris Rn. 19; ebenso der erkennende Senat, Urteil vom 15.1.2014, L 12 KA 57/12). Eine entsprechende Regelung findet sich im Homöopathie-Vertrag jedoch nicht. Vielmehr bestimmt § 7 Nummer 3 des Vertrags lediglich, dass, sobald eine ärztliche Leistung nach diesem Vertrag erbracht und abgerechnet ist, eine zusätzliche Abrechnung dieser Leistungen über eine kassenärztliche Vereinigung unzulässig ist.

Der Rahmenvertrag zur Behandlung schizophrener und affektiver Erkrankungen (Psychiatrie-Vertrag) erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen eines Vertrags über die integrierte Versorgung ebenfalls nicht.

Nach dem dem Senat vorliegenden Vertragstext wurde der Vertrag zwischen dem BKK Landesverband Bayern, dem Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und der Arbeitsgemeinschaft Münchner Nervenärzte und Psychiater abgeschlossen. § 12 des Psychiatrie-Vertrags sah die Möglichkeit des Beitritts der Krankenkassen vor. Anders als bei den Gesamtverträgen (vergleiche § 83 Satz 1 SGB V) haben die Landesverbände der Krankenkassen (§ 207 SGB V) nach§ 140 b Abs. 1 SGB V keine Vertragsabschlusskompetenz. Vielmehr ist der Abschluss von Verträgen über die integrierte Versorgung ausschließlich den Krankenkassen vorbehalten. Damit steht bereits fest, dass der Psychiatrie-Vertrag kein Vertrag nach § 140 a SGB V ist.

Außerdem sieht der Psychiatrie-Vertrag keine die Regelleistungen zumindest teilweise ersetzenden Leistungen vor. Inhalt des Vertrags sind vielmehr gemäß § 4 Abs. 2 spezielle Schulungen der Patienten und deren Angehörigen, eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Kommunikation zwischen den Ärzten und die Förderung der Medikamenten- und Therapiecompliance. Entsprechende Vergütungen sind in der Anlage 7 aufgelistet. Diese Leistungen sind bisher nicht im EBM enthalten. § 7 sieht insoweit vor, dass die Vergütung der I.V.-spezifischen Kosten von den teilnehmenden Betriebskrankenkassen gesondert gezahlt werden müssen. Darüber hinaus ist explizit vorgesehen, dass die gesetzlichen Vergütungsansprüche der Leistungserbringer hiervon unberührt bleiben. Es handelt sich also bei den im Psychiatrie-Vertrag vorgesehenen Leistungen nicht um die Regelversorgung ersetzende Leistungen, sondern um Zusatzleistungen.

Der Psychiatrie-Vertrag ist somit keine Regelung im Sinne von § 140 a SGB V.

Auch insoweit ist der klägerische Anspruch auf Rückerstattung des Einbehalts nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. begründet.

2. Bezüglich der Höhe des Erstattungsanspruchs bestehen gegen den klägerischen Vortrag keine Bedenken. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen ist der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe begründet. Die Beklagte wendet insoweit ein, dass aufgrund des Telefonvermerks feststehen würde, dass ein weiterer Abzug in Höhe von 4876 EUR nicht erfolgt sei. Dies erschließt sich dem Senat aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht. Mit Schreiben vom 13.11.2014 übersandte die Klägerin vielmehr eine Aufstellung, in der der streitgegenständliche Betrag von 4876 EUR als „IGV-Abzug 1/2008“ ausgewiesen ist. Die Argumentation der Beklagten, für das Quartal 1/2008 sei nur ein Anteil von 79/91 berechnet worden, ist mathematisch nicht nachvollziehbar. Weiterer schlüssiger Vortrag erfolgte nicht. In Würdigung der vorgetragenen Gesichtspunkte kann der Senat den Ausführungen der Beklagten nicht folgen.

3. Eine Verjährung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 15.6.2016, B6 KA 22/15 R, Juris Rn. 36 ff. nicht eingetreten. Die Entscheidung des SG ist insoweit zutreffend.

4. Bezüglich der Verwirkung schließt sich der Senat ebenfalls gem. § 153 Abs. 2 SGG den Ausführungen des Sozialgerichts an. Umstände, die eine Verwirkung auslösen könnten, sind nicht ersichtlich.

5. Bezüglich der Höhe der Zinsen war das Urteil abzuändern. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts steht fest, dass Prozesszinsen lediglich nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zu zahlen sind, also 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Insoweit war das Urteil durch eine Maßgabe zu ändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG,§ 155 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen.

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 15. Jan. 2014 - L 12 KA 57/12

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Tatbestand Die Beteiligten streiten um einen Einbehalt von Gesamtvergütungsanteilen des Quartals 4/04 in Höhe von 39.734,21 Euro. Der Einbehalt basiert auf dem als „Vertrag über eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V für

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(1) Die Krankenkassen können Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Die Verträge können auch Regelungen enthalten, die die besondere Versorgung regional beschränken. Verträge, die nach den §§ 73a, 73c und 140a in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurden, sind spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift zu ersetzen oder zu beenden. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Satz 4 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(2) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen beinhalten. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 27b, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen. Die Sätze 1 und 2 gelten insoweit, als über die Eignung der Vertragsinhalte als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 oder im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die abweichende Regelung muss dem Sinn und der Eigenart der besonderen Versorgung entsprechen, sie muss insbesondere darauf ausgerichtet sein, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Wenn Verträge über eine besondere Versorgung zur Durchführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen abgeschlossen werden, gelten die Anforderungen an eine besondere Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Anforderungen nach Satz 4 als erfüllt. Das gilt auch für Verträge zur Fortführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen oder wesentlicher Teile daraus sowie für Verträge zur Übertragung solcher Versorgungsformen in andere Regionen. Für die Qualitätsanforderungen zur Durchführung der Verträge gelten die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend. Gegenstand der Verträge dürfen auch Vereinbarungen sein, die allein die Organisation der Versorgung betreffen. Die Partner eines Vertrages nach Absatz 1 können sich darauf verständigen, dass Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen der Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten im Rahmen der besonderen Versorgung durch die Vertragspartner oder Dritte erbracht werden; § 11 Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(3) Die Krankenkassen können nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 Verträge abschließen mit:

1.
nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2.
Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,
3.
Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage des § 92b des Elften Buches,
3a.
anderen Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches und den Leistungserbringern, die nach den für diese Leistungsträger geltenden Bestimmungen zur Versorgung berechtigt sind,
3b.
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, um Angebote der besonderen Versorgung für Versicherte in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung zu ermöglichen,
4.
Praxiskliniken nach § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
5.
pharmazeutischen Unternehmern,
6.
Herstellern von Medizinprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745,
7.
Kassenärztlichen Vereinigungen oder Berufs- und Interessenverbänden der Leistungserbringer nach Nummer 1 zur Unterstützung von Mitgliedern, die an der besonderen Versorgung teilnehmen,
8.
Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach § 68a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3.
Die Partner eines Vertrages über eine besondere Versorgung nach Absatz 1 können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der besonderen Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können, wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Bei Verträgen mit Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach Nummer 8 sind die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

(3a) Gegenstand der Verträge kann sein

1.
die Förderung einer besonderen Versorgung, die von den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern selbständig durchgeführt wird, oder
2.
die Beteiligung an Versorgungsaufträgen anderer Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches.
Die Förderung und Beteiligung nach Satz 1 dürfen erfolgen, soweit sie dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

(3b) Gegenstand der Verträge kann eine besondere Versorgung im Wege der Sach- oder Dienstleistung sein

1.
im Einzelfall, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen, oder
2.
in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung der vom Versicherten selbst beschafften Leistungen vorliegen.
Verträge nach Satz 1 können auch mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern geschlossen werden, wenn eine dem Versorgungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertige Versorgung gewährleistet ist.

(4) Die Versicherten erklären ihre freiwillige Teilnahme an der besonderen Versorgung schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur zeitlichen Bindung an die Teilnahmeerklärung, zur Bindung an die vertraglich gebundenen Leistungserbringer und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärungen zu enthalten. Die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4a) Krankenkassen können Verträge auch mit Herstellern von Medizinprodukten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten schließen. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. In den Verträgen ist sicherzustellen, dass über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich von Therapievorschlägen hinausgehende diagnostische Feststellungen durch einen Arzt zu treffen sind. Bei dem einzubeziehenden Arzt muss es sich in der Regel um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln.

(5) Die Verarbeitung der für die Durchführung der Verträge nach Absatz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Vertragspartner nach Absatz 1 darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information der Versicherten erfolgen.

(6) Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 2 gilt § 73b Absatz 7 entsprechend; falls eine Vorabeinschreibung der teilnehmenden Versicherten nicht möglich ist, kann eine rückwirkende Bereinigung vereinbart werden. Die Krankenkasse kann bei Verträgen nach Absatz 1 auf die Bereinigung verzichten, wenn das voraussichtliche Bereinigungsvolumen einer Krankenkasse für einen Vertrag nach Absatz 1 geringer ist als der Aufwand für die Durchführung dieser Bereinigung. Der Bewertungsausschuss hat in seinen Vorgaben gemäß § 87a Absatz 5 Satz 7 zur Bereinigung und zur Ermittlung der kassenspezifischen Aufsatzwerte des Behandlungsbedarfs auch Vorgaben zur Höhe des Schwellenwertes für das voraussichtliche Bereinigungsvolumen, unterhalb dessen von einer basiswirksamen Bereinigung abgesehen werden kann, zu der pauschalen Ermittlung und Übermittlung des voraussichtlichen Bereinigungsvolumens an die Vertragspartner nach § 73b Absatz 7 Satz 1 sowie zu dessen Anrechnung beim Aufsatzwert der betroffenen Krankenkasse zu machen.

(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(3) Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(4) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen können Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Die Verträge können auch Regelungen enthalten, die die besondere Versorgung regional beschränken. Verträge, die nach den §§ 73a, 73c und 140a in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurden, sind spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift zu ersetzen oder zu beenden. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Satz 4 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(2) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen beinhalten. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 27b, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen. Die Sätze 1 und 2 gelten insoweit, als über die Eignung der Vertragsinhalte als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 oder im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die abweichende Regelung muss dem Sinn und der Eigenart der besonderen Versorgung entsprechen, sie muss insbesondere darauf ausgerichtet sein, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Wenn Verträge über eine besondere Versorgung zur Durchführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen abgeschlossen werden, gelten die Anforderungen an eine besondere Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Anforderungen nach Satz 4 als erfüllt. Das gilt auch für Verträge zur Fortführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen oder wesentlicher Teile daraus sowie für Verträge zur Übertragung solcher Versorgungsformen in andere Regionen. Für die Qualitätsanforderungen zur Durchführung der Verträge gelten die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend. Gegenstand der Verträge dürfen auch Vereinbarungen sein, die allein die Organisation der Versorgung betreffen. Die Partner eines Vertrages nach Absatz 1 können sich darauf verständigen, dass Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen der Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten im Rahmen der besonderen Versorgung durch die Vertragspartner oder Dritte erbracht werden; § 11 Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(3) Die Krankenkassen können nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 Verträge abschließen mit:

1.
nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2.
Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,
3.
Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage des § 92b des Elften Buches,
3a.
anderen Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches und den Leistungserbringern, die nach den für diese Leistungsträger geltenden Bestimmungen zur Versorgung berechtigt sind,
3b.
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, um Angebote der besonderen Versorgung für Versicherte in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung zu ermöglichen,
4.
Praxiskliniken nach § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
5.
pharmazeutischen Unternehmern,
6.
Herstellern von Medizinprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745,
7.
Kassenärztlichen Vereinigungen oder Berufs- und Interessenverbänden der Leistungserbringer nach Nummer 1 zur Unterstützung von Mitgliedern, die an der besonderen Versorgung teilnehmen,
8.
Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach § 68a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3.
Die Partner eines Vertrages über eine besondere Versorgung nach Absatz 1 können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der besonderen Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können, wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Bei Verträgen mit Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach Nummer 8 sind die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

(3a) Gegenstand der Verträge kann sein

1.
die Förderung einer besonderen Versorgung, die von den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern selbständig durchgeführt wird, oder
2.
die Beteiligung an Versorgungsaufträgen anderer Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches.
Die Förderung und Beteiligung nach Satz 1 dürfen erfolgen, soweit sie dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

(3b) Gegenstand der Verträge kann eine besondere Versorgung im Wege der Sach- oder Dienstleistung sein

1.
im Einzelfall, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen, oder
2.
in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung der vom Versicherten selbst beschafften Leistungen vorliegen.
Verträge nach Satz 1 können auch mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern geschlossen werden, wenn eine dem Versorgungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertige Versorgung gewährleistet ist.

(4) Die Versicherten erklären ihre freiwillige Teilnahme an der besonderen Versorgung schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur zeitlichen Bindung an die Teilnahmeerklärung, zur Bindung an die vertraglich gebundenen Leistungserbringer und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärungen zu enthalten. Die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4a) Krankenkassen können Verträge auch mit Herstellern von Medizinprodukten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten schließen. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. In den Verträgen ist sicherzustellen, dass über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich von Therapievorschlägen hinausgehende diagnostische Feststellungen durch einen Arzt zu treffen sind. Bei dem einzubeziehenden Arzt muss es sich in der Regel um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln.

(5) Die Verarbeitung der für die Durchführung der Verträge nach Absatz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Vertragspartner nach Absatz 1 darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information der Versicherten erfolgen.

(6) Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 2 gilt § 73b Absatz 7 entsprechend; falls eine Vorabeinschreibung der teilnehmenden Versicherten nicht möglich ist, kann eine rückwirkende Bereinigung vereinbart werden. Die Krankenkasse kann bei Verträgen nach Absatz 1 auf die Bereinigung verzichten, wenn das voraussichtliche Bereinigungsvolumen einer Krankenkasse für einen Vertrag nach Absatz 1 geringer ist als der Aufwand für die Durchführung dieser Bereinigung. Der Bewertungsausschuss hat in seinen Vorgaben gemäß § 87a Absatz 5 Satz 7 zur Bereinigung und zur Ermittlung der kassenspezifischen Aufsatzwerte des Behandlungsbedarfs auch Vorgaben zur Höhe des Schwellenwertes für das voraussichtliche Bereinigungsvolumen, unterhalb dessen von einer basiswirksamen Bereinigung abgesehen werden kann, zu der pauschalen Ermittlung und Übermittlung des voraussichtlichen Bereinigungsvolumens an die Vertragspartner nach § 73b Absatz 7 Satz 1 sowie zu dessen Anrechnung beim Aufsatzwert der betroffenen Krankenkasse zu machen.

(1) Der Apothekenleiter muss im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems sicherstellen, dass Patienten und andere Kunden sowie die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen hinreichend über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte informiert und beraten werden. Die Verpflichtung zur Information und Beratung über Arzneimittel muss durch Apotheker der Apotheke ausgeübt werden, sie kann durch andere Angehörige des pharmazeutischen Personals der Apotheke übernommen werden, wenn der Apothekenleiter dies zuvor schriftlich oder elektronisch festgelegt hat. Dabei hat er auch zu definieren, in welchen Fällen ein Apotheker der Apotheke grundsätzlich hinzuzuziehen ist.

(1a) Durch die Information und Beratung der Patienten und anderen Kunden darf die Therapie der zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen nicht beeinträchtigt werden. Soweit Arzneimittel ohne Verschreibung abgegeben werden, hat der Apotheker dem Patienten und anderen Kunden die zur sachgerechten Anwendung erforderlichen Informationen zu geben.

(2) Bei der Information und Beratung über Arzneimittel müssen insbesondere Aspekte der Arzneimittelsicherheit berücksichtigt werden. Die Beratung muss die notwendigen Informationen über die sachgerechte Anwendung des Arzneimittels umfassen, soweit erforderlich, auch über eventuelle Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen, die sich aus den Angaben auf der Verschreibung sowie den Angaben des Patienten oder Kunden ergeben, und über die sachgerechte Aufbewahrung oder Entsorgung des Arzneimittels. Bei der Abgabe von Arzneimitteln an einen Patienten oder anderen Kunden ist durch Nachfrage auch festzustellen, inwieweit dieser gegebenenfalls weiteren Informations- und Beratungsbedarf hat und eine entsprechende Beratung anzubieten. Im Falle der Selbstmedikation ist auch festzustellen, ob das gewünschte Arzneimittel zur Anwendung bei der vorgesehenen Person geeignet erscheint oder in welchen Fällen anzuraten ist, gegebenenfalls einen Arzt aufzusuchen. Die Sätze 1 bis 4 sind auf apothekenpflichtige Medizinprodukte entsprechend anzuwenden.

(3) Der Apothekenleiter muss einschlägige Informationen bereitstellen, um Patienten und anderen Kunden zu helfen, eine sachkundige Entscheidung zu treffen, auch in Bezug auf Behandlungsoptionen, Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit der von ihm erbrachten Leistungen; er stellt ferner klare Rechnungen und klare Preisinformationen sowie Informationen über den Erlaubnis- oder Genehmigungsstatus der Apotheke, den Versicherungsschutz oder andere Formen des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf seine Berufshaftpflicht bereit.

(4) Dem Leiter einer krankenhausversorgenden Apotheke oder dem von ihm beauftragten Apotheker obliegt die Information und Beratung der Ärzte des Krankenhauses über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte. Er ist Mitglied der Arzneimittelkommission des Krankenhauses.

(1) Die Krankenkassen können Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Die Verträge können auch Regelungen enthalten, die die besondere Versorgung regional beschränken. Verträge, die nach den §§ 73a, 73c und 140a in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurden, sind spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift zu ersetzen oder zu beenden. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Satz 4 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(2) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen beinhalten. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 27b, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen. Die Sätze 1 und 2 gelten insoweit, als über die Eignung der Vertragsinhalte als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 oder im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die abweichende Regelung muss dem Sinn und der Eigenart der besonderen Versorgung entsprechen, sie muss insbesondere darauf ausgerichtet sein, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Wenn Verträge über eine besondere Versorgung zur Durchführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen abgeschlossen werden, gelten die Anforderungen an eine besondere Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Anforderungen nach Satz 4 als erfüllt. Das gilt auch für Verträge zur Fortführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen oder wesentlicher Teile daraus sowie für Verträge zur Übertragung solcher Versorgungsformen in andere Regionen. Für die Qualitätsanforderungen zur Durchführung der Verträge gelten die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend. Gegenstand der Verträge dürfen auch Vereinbarungen sein, die allein die Organisation der Versorgung betreffen. Die Partner eines Vertrages nach Absatz 1 können sich darauf verständigen, dass Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen der Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten im Rahmen der besonderen Versorgung durch die Vertragspartner oder Dritte erbracht werden; § 11 Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(3) Die Krankenkassen können nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 Verträge abschließen mit:

1.
nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2.
Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,
3.
Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage des § 92b des Elften Buches,
3a.
anderen Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches und den Leistungserbringern, die nach den für diese Leistungsträger geltenden Bestimmungen zur Versorgung berechtigt sind,
3b.
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, um Angebote der besonderen Versorgung für Versicherte in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung zu ermöglichen,
4.
Praxiskliniken nach § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
5.
pharmazeutischen Unternehmern,
6.
Herstellern von Medizinprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745,
7.
Kassenärztlichen Vereinigungen oder Berufs- und Interessenverbänden der Leistungserbringer nach Nummer 1 zur Unterstützung von Mitgliedern, die an der besonderen Versorgung teilnehmen,
8.
Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach § 68a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3.
Die Partner eines Vertrages über eine besondere Versorgung nach Absatz 1 können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der besonderen Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können, wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Bei Verträgen mit Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach Nummer 8 sind die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

(3a) Gegenstand der Verträge kann sein

1.
die Förderung einer besonderen Versorgung, die von den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern selbständig durchgeführt wird, oder
2.
die Beteiligung an Versorgungsaufträgen anderer Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches.
Die Förderung und Beteiligung nach Satz 1 dürfen erfolgen, soweit sie dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

(3b) Gegenstand der Verträge kann eine besondere Versorgung im Wege der Sach- oder Dienstleistung sein

1.
im Einzelfall, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen, oder
2.
in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung der vom Versicherten selbst beschafften Leistungen vorliegen.
Verträge nach Satz 1 können auch mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern geschlossen werden, wenn eine dem Versorgungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertige Versorgung gewährleistet ist.

(4) Die Versicherten erklären ihre freiwillige Teilnahme an der besonderen Versorgung schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur zeitlichen Bindung an die Teilnahmeerklärung, zur Bindung an die vertraglich gebundenen Leistungserbringer und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärungen zu enthalten. Die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4a) Krankenkassen können Verträge auch mit Herstellern von Medizinprodukten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten schließen. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. In den Verträgen ist sicherzustellen, dass über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich von Therapievorschlägen hinausgehende diagnostische Feststellungen durch einen Arzt zu treffen sind. Bei dem einzubeziehenden Arzt muss es sich in der Regel um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln.

(5) Die Verarbeitung der für die Durchführung der Verträge nach Absatz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Vertragspartner nach Absatz 1 darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information der Versicherten erfolgen.

(6) Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 2 gilt § 73b Absatz 7 entsprechend; falls eine Vorabeinschreibung der teilnehmenden Versicherten nicht möglich ist, kann eine rückwirkende Bereinigung vereinbart werden. Die Krankenkasse kann bei Verträgen nach Absatz 1 auf die Bereinigung verzichten, wenn das voraussichtliche Bereinigungsvolumen einer Krankenkasse für einen Vertrag nach Absatz 1 geringer ist als der Aufwand für die Durchführung dieser Bereinigung. Der Bewertungsausschuss hat in seinen Vorgaben gemäß § 87a Absatz 5 Satz 7 zur Bereinigung und zur Ermittlung der kassenspezifischen Aufsatzwerte des Behandlungsbedarfs auch Vorgaben zur Höhe des Schwellenwertes für das voraussichtliche Bereinigungsvolumen, unterhalb dessen von einer basiswirksamen Bereinigung abgesehen werden kann, zu der pauschalen Ermittlung und Übermittlung des voraussichtlichen Bereinigungsvolumens an die Vertragspartner nach § 73b Absatz 7 Satz 1 sowie zu dessen Anrechnung beim Aufsatzwert der betroffenen Krankenkasse zu machen.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.

(1a) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu informieren die Kassenärztlichen Vereinigungen die Versicherten im Internet in geeigneter Weise bundesweit einheitlich über die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte und über die Zugangsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen zur Versorgung (Barrierefreiheit) und richten Terminservicestellen ein, die spätestens zum 1. Januar 2020 für 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein müssen; die Terminservicestellen können in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen betrieben werden und mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren. Die Terminservicestelle hat

1.
Versicherten innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 zu vermitteln,
2.
Versicherte bei der Suche nach einem Hausarzt zu unterstützen, den sie nach § 76 Absatz 3 Satz 2 wählen möchten,
3.
Versicherte bei der Suche nach einem Angebot zur Versorgung mit telemedizinischen Leistungen zu unterstützen und
4.
Versicherten in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungsebene, in geeigneten Fällen auch in Form einer telefonischen ärztlichen Konsultation, zu vermitteln.
Für die Vermittlung von Behandlungsterminen bei einem Facharzt muss mit Ausnahme
1.
von Behandlungsterminen bei einem Augenarzt oder einem Frauenarzt,
2.
der Fälle, in denen bei einer zuvor erfolgten Inanspruchnahme eines Krankenhauses zur ambulanten Notfallbehandlung die Ersteinschätzung auf der Grundlage der nach § 120 Absatz 3b zu beschließenden Vorgaben einen ärztlichen Behandlungsbedarf, nicht jedoch eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergeben hat, und
3.
der Vermittlung in Akutfällen nach Satz 3 Nummer 4
eine Überweisung vorliegen; eine Überweisung muss auch in den Fällen des Satzes 11 Nummer 2 vorliegen. Die Wartezeit auf einen Behandlungstermin darf vier Wochen nicht überschreiten. Die Entfernung zwischen Wohnort des Versicherten und dem vermittelten Arzt muss zumutbar sein. Kann die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 innerhalb der Frist nach Satz 5 vermitteln, hat sie einen ambulanten Behandlungstermin in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten; Satz 3 Nummer 1 und die Sätze 4, 5 und 6 gelten entsprechend. Satz 7 gilt nicht bei verschiebbaren Routineuntersuchungen, sofern es sich nicht um termingebundene Gesundheitsuntersuchungen für Kinder handelt, und in Fällen von Bagatellerkrankungen sowie bei weiteren vergleichbaren Fällen. Für die ambulante Behandlung im Krankenhaus gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung. In den Fällen von Satz 8 hat die Terminservicestelle einen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 in einer angemessenen Frist zu vermitteln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 sind insbesondere Regelungen zu treffen
1.
zum Nachweis des Vorliegens einer Überweisung,
2.
zu den Fällen, in denen es für die Vermittlung von einem Behandlungstermin bei einem Haus- oder einem Kinder- und Jugendarzt einer Überweisung bedarf,
3.
zur zumutbaren Entfernung nach Satz 6, differenziert nach Arztgruppen,
4.
über das Nähere zu den Fällen nach Satz 8,
5.
zur Notwendigkeit weiterer Behandlungen nach § 76 Absatz 1a Satz 2.
Im Bundesmantelvertrag können zudem ergänzende Regelungen insbesondere zu weiteren Ausnahmen von der Notwendigkeit des Vorliegens einer Überweisung getroffen werden. Die Sätze 2 bis 12 gelten nicht für Behandlungen nach § 28 Absatz 2 und § 29. Für Behandlungen nach § 28 Absatz 3 gelten die Sätze 2 und 3 Nummer 1 sowie die Sätze 5 bis 12 hinsichtlich der Vermittlung eines Termins für ein Erstgespräch im Rahmen der psychotherapeutischen Sprechstunden und hinsichtlich der sich aus der Abklärung ergebenden zeitnah erforderlichen Behandlungstermine sowie hinsichtlich der Vermittlung eines Termins im Rahmen der Versorgung nach § 92 Absatz 6b; einer Überweisung bedarf es nicht. Die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Akutbehandlung darf zwei Wochen nicht überschreiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung unterstützt die Kassenärztlichen Vereinigungen durch das Angebot einer Struktur für ein elektronisch gestütztes Wartezeitenmanagement und für ein elektronisch gestütztes Dispositionsmanagement bei der Terminvermittlung; sie hat ein elektronisches Programm zur Verfügung zu stellen, mit dem die Versicherten auf die Internetseite der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung geleitet werden, um sich über die Sprechstundenzeiten der Ärzte informieren zu können. Die Kassenärztlichen Vereinigungen können darüber hinaus zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Satz 3 auch eigene digitale Angebote bereitstellen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung evaluiert die Auswirkungen der Tätigkeit der Terminservicestellen insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der fristgemäßen Vermittlung von Arztterminen, auf die Häufigkeit der Inanspruchnahme und auf die Vermittlungsquote. Über die Ergebnisse hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich, erstmals zum 30. Juni 2017, zu berichten. Die Vertragsärzte sind verpflichtet, der Terminservicestelle freie Termine zu melden. Soweit Vertragsärzte Leistungen in Form von Videosprechstunden anbieten, können die Vertragsärzte den Terminservicestellen freie Termine, zu denen Leistungen in Form der Videosprechstunde angeboten werden, freiwillig melden.

(1b) Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Im Rahmen des Notdienstes sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen spätestens ab dem 31. März 2022 ergänzend auch telemedizinische Leistungen zur Verfügung stellen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Im Rahmen einer Kooperation nach Satz 3 zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern kann auch die Nutzung der technischen Ausstattung der Krankenhäuser zur Erbringung telemedizinischer Leistungen durch Notdienstpraxen oder die Erbringung telemedizinischer Leistungen durch die Notfallambulanzen der Krankenhäuser vereinbart werden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 5 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 3 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.

(2) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen. Sie haben die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragsärzte, soweit notwendig, unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 vorgesehenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Pflichten anzuhalten.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ärztliche Untersuchungen zur Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht sowie Untersuchungen zur Vorbereitung von Personalentscheidungen und betriebs- und fürsorgeärztliche Untersuchungen, die von öffentlich-rechtlichen Kostenträgern veranlaßt werden.

(3a) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung der in den brancheneinheitlichen Standardtarifen nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 403 und nach § 257 Abs. 2a in Verbindung mit § 404 sowie dem brancheneinheitlichen Basistarif nach § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes und dem Notlagentarif nach § 153 des Versicherungsaufsichtsgesetzes Versicherten mit den in diesen Tarifen versicherten ärztlichen Leistungen sicherzustellen. Solange und soweit nach Absatz 3b nichts Abweichendes vereinbart oder festgesetzt wird, sind die in Satz 1 genannten Leistungen einschließlich der belegärztlichen Leistungen nach § 121 nach der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte mit der Maßgabe zu vergüten, dass Gebühren für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, Gebühren für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und Gebühren für die Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte nur bis zum 2fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Zahnärzte berechnet werden dürfen. Für die Vergütung von in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen gilt Satz 2 entsprechend, wenn diese für die in Satz 1 genannten Versicherten im Rahmen der dort genannten Tarife erbracht werden.

(3b) Die Vergütung für die in Absatz 3a Satz 2 genannten Leistungen kann in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den Kassenärztlichen Vereinigungen oder den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 geregelt werden. Für den Verband der privaten Krankenversicherung gilt § 158 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes entsprechend. Wird zwischen den Beteiligten nach Satz 1 keine Einigung über eine von Absatz 3a Satz 2 abweichende Vergütungsregelung erzielt, kann der Beteiligte, der die Abweichung verlangt, die Schiedsstelle nach Absatz 3c anrufen. Diese hat innerhalb von drei Monaten über die Gegenstände, über die keine Einigung erzielt werden konnte, zu entscheiden und den Vertragsinhalt festzusetzen. Die Schiedsstelle hat ihre Entscheidung so zu treffen, dass der Vertragsinhalt

1.
den Anforderungen an eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte ärztliche Versorgung der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten entspricht,
2.
die Vergütungsstrukturen vergleichbarer Leistungen aus dem vertragsärztlichen und privatärztlichen Bereich berücksichtigt und
3.
die wirtschaftlichen Interessen der Vertragsärzte sowie die finanziellen Auswirkungen der Vergütungsregelungen auf die Entwicklung der Prämien für die Tarife der in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten angemessen berücksichtigt.
Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbarten oder von der Schiedsstelle festgesetzten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag bis zu der Entscheidung der Schiedsstelle weiter. Für die in Absatz 3a Satz 1 genannten Versicherten und Tarife kann die Vergütung für die in den §§ 115b und 116b bis 119 genannten Leistungen in Verträgen zwischen dem Verband der privaten Krankenversicherung einheitlich mit Wirkung für die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und im Einvernehmen mit den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften mit den entsprechenden Leistungserbringern oder den sie vertretenden Verbänden ganz oder teilweise abweichend von den Vorgaben des Absatzes 3a Satz 2 und 3 geregelt werden; Satz 2 gilt entsprechend. Wird nach Ablauf einer von den Vertragsparteien nach Satz 7 vereinbarten Vertragslaufzeit keine Einigung über die Vergütung erzielt, gilt der bisherige Vertrag weiter.

(3c) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden mit dem Verband der privaten Krankenversicherung je eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einerseits und Vertretern des Verbandes der privaten Krankenversicherung und der Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften andererseits in gleicher Zahl, einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie je einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Gesundheit. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Vertragsparteien einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 134a Absatz 4 Satz 5 und 6 entsprechend. Im Übrigen gilt § 129 Abs. 9 entsprechend. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsstelle führt das Bundesministerium der Finanzen; § 129 Abs. 10 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Behandlung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten der Anstaltsärzte und Anstaltszahnärzte sicherzustellen, soweit die Behandlung nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Soweit die ärztliche Versorgung in der knappschaftlichen Krankenversicherung nicht durch Knappschaftsärzte sichergestellt wird, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(6) Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden können die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen weitere Aufgaben der ärztlichen Versorgung insbesondere für andere Träger der Sozialversicherung übernehmen.

(7) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben

1.
die erforderlichen Richtlinien für die Durchführung der von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit geschlossenen Verträge aufzustellen,
2.
in Richtlinien die überbezirkliche Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung und den Zahlungsausgleich hierfür zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu regeln, soweit nicht in Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind,
3.
Richtlinien über die Betriebs-, Wirtschafts- und Rechnungsführung der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
3a.
bis zum 31. Dezember 2021 Richtlinien zur Gewährleistung einer bundesweit einheitlichen und vollständigen Bereitstellung von Informationen nach Absatz 1a Satz 2 auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen aufzustellen,
4.
Richtlinien für die Umsetzung einer bundeseinheitlichen Telefonnummer nach Absatz 1a Satz 2 aufzustellen,
5.
Richtlinien für ein digitales Angebot zur Vermittlung von Behandlungsterminen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 1 sowie zur Vermittlung einer unmittelbaren ärztlichen Versorgung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 und für ein Angebot eines elektronisch gestützten Dispositionsmanagements aufzustellen und
6.
Richtlinien für ein bundesweit einheitliches, standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren aufzustellen, auf dessen Grundlage die Vermittlung in Akutfällen nach Absatz 1a Satz 3 Nummer 3 erfolgt.
Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 muss sicherstellen, dass die für die erbrachte Leistung zur Verfügung stehende Vergütung die Kassenärztliche Vereinigung erreicht, in deren Bezirk die Leistung erbracht wurde; eine Vergütung auf der Basis bundesdurchschnittlicher Verrechnungspunktwerte ist zulässig. Die Richtlinie nach Satz 1 Nr. 2 kann auch Regelungen über die Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfung sowie über Verfahren bei Disziplinarangelegenheiten bei überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften, die Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen haben, treffen, soweit hierzu nicht in den Bundesmantelverträgen besondere Vereinbarungen getroffen sind. Bei der Erarbeitung der Richtlinien nach Satz 1 Nummer 3a sind die Bundesfachstelle Barrierefreiheit sowie die maßgeblichen Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten nach § 140f zu beteiligen. Die Richtlinien nach Satz 1 Nummer 4 und 5 müssen auch sicherstellen, dass die von Vertragsärzten in Umsetzung der Richtlinienvorgaben genutzten elektronischen Programme von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zugelassen sind.

(7a) Abweichend von Absatz 7 Satz 2 muss die für die ärztliche Versorgung geltende Richtlinie nach Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 sicherstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk die Leistungen erbracht wurden (Leistungserbringer-KV), von der Kassenärztlichen Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnort hat (Wohnort-KV), für die erbrachten Leistungen jeweils die entsprechenden Vergütungen der in der Leistungserbringer-KV geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 erhält. Dabei ist das Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen herzustellen.

(8) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, daß die zur Ableistung der Vorbereitungszeiten von Ärzten sowie die zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung in den Praxen niedergelassener Vertragsärzte benötigten Plätze zur Verfügung stehen.

(9) Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, mit Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes auf deren Verlangen Verträge über die ambulante Erbringung der in § 24b aufgeführten ärztlichen Leistungen zu schließen und die Leistungen außerhalb des Verteilungsmaßstabes nach den zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Einrichtungen nach § 13 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes oder deren Verbänden vereinbarten Sätzen zu vergüten.

(10) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen können Verträge mit den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern über eine besondere Versorgung der Versicherten abschließen. Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Die Verträge können auch Regelungen enthalten, die die besondere Versorgung regional beschränken. Verträge, die nach den §§ 73a, 73c und 140a in der am 22. Juli 2015 geltenden Fassung geschlossen wurden, sind spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift zu ersetzen oder zu beenden. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Satz 4 gilt nicht für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten.

(2) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen beinhalten. Die Verträge können auch Abweichendes von den im Dritten Kapitel benannten Leistungen beinhalten, soweit sie die in § 11 Absatz 6 genannten Leistungen, Leistungen nach den §§ 20i, 25, 26, 27b, 37a und 37b sowie ärztliche Leistungen einschließlich neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden betreffen. Die Sätze 1 und 2 gelten insoweit, als über die Eignung der Vertragsinhalte als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 oder im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die abweichende Regelung muss dem Sinn und der Eigenart der besonderen Versorgung entsprechen, sie muss insbesondere darauf ausgerichtet sein, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Wenn Verträge über eine besondere Versorgung zur Durchführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen abgeschlossen werden, gelten die Anforderungen an eine besondere Versorgung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Anforderungen nach Satz 4 als erfüllt. Das gilt auch für Verträge zur Fortführung von nach § 92a Absatz 1 Satz 1 und 2 geförderten neuen Versorgungsformen oder wesentlicher Teile daraus sowie für Verträge zur Übertragung solcher Versorgungsformen in andere Regionen. Für die Qualitätsanforderungen zur Durchführung der Verträge gelten die vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend. Gegenstand der Verträge dürfen auch Vereinbarungen sein, die allein die Organisation der Versorgung betreffen. Die Partner eines Vertrages nach Absatz 1 können sich darauf verständigen, dass Beratungs-, Koordinierungs- und Managementleistungen der Leistungserbringer und der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten im Rahmen der besonderen Versorgung durch die Vertragspartner oder Dritte erbracht werden; § 11 Absatz 4 Satz 5 gilt entsprechend. Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Verträge sein.

(3) Die Krankenkassen können nach Maßgabe von Absatz 1 Satz 2 Verträge abschließen mit:

1.
nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2.
Trägern von Einrichtungen, die eine besondere Versorgung durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten,
3.
Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage des § 92b des Elften Buches,
3a.
anderen Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches und den Leistungserbringern, die nach den für diese Leistungsträger geltenden Bestimmungen zur Versorgung berechtigt sind,
3b.
privaten Kranken- und Pflegeversicherungen, um Angebote der besonderen Versorgung für Versicherte in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung zu ermöglichen,
4.
Praxiskliniken nach § 115 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1,
5.
pharmazeutischen Unternehmern,
6.
Herstellern von Medizinprodukten im Sinne der Verordnung (EU) 2017/745,
7.
Kassenärztlichen Vereinigungen oder Berufs- und Interessenverbänden der Leistungserbringer nach Nummer 1 zur Unterstützung von Mitgliedern, die an der besonderen Versorgung teilnehmen,
8.
Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach § 68a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und 3.
Die Partner eines Vertrages über eine besondere Versorgung nach Absatz 1 können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der besonderen Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können, wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs-, Ermächtigungs- oder Berechtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Bei Verträgen mit Anbietern von digitalen Diensten und Anwendungen nach Nummer 8 sind die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.

(3a) Gegenstand der Verträge kann sein

1.
die Förderung einer besonderen Versorgung, die von den in Absatz 3 genannten Leistungserbringern selbständig durchgeführt wird, oder
2.
die Beteiligung an Versorgungsaufträgen anderer Leistungsträger nach § 12 des Ersten Buches.
Die Förderung und Beteiligung nach Satz 1 dürfen erfolgen, soweit sie dem Zweck der gesetzlichen Krankenversicherung dienen.

(3b) Gegenstand der Verträge kann eine besondere Versorgung im Wege der Sach- oder Dienstleistung sein

1.
im Einzelfall, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen, oder
2.
in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung der vom Versicherten selbst beschafften Leistungen vorliegen.
Verträge nach Satz 1 können auch mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern geschlossen werden, wenn eine dem Versorgungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwertige Versorgung gewährleistet ist.

(4) Die Versicherten erklären ihre freiwillige Teilnahme an der besonderen Versorgung schriftlich oder elektronisch gegenüber ihrer Krankenkasse. Die Versicherten können die Teilnahmeerklärung innerhalb von zwei Wochen nach deren Abgabe schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse ohne Angabe von Gründen widerrufen. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung an die Krankenkasse. Die Widerrufsfrist beginnt, wenn die Krankenkasse dem Versicherten eine Belehrung über sein Widerrufsrecht schriftlich oder elektronisch mitgeteilt hat, frühestens jedoch mit der Abgabe der Teilnahmeerklärung. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten, insbesondere zur zeitlichen Bindung an die Teilnahmeerklärung, zur Bindung an die vertraglich gebundenen Leistungserbringer und zu den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in den Teilnahmeerklärungen. Die Satzung der Krankenkasse hat Regelungen zur Abgabe der Teilnahmeerklärungen zu enthalten. Die Regelungen sind auf der Grundlage der Richtlinie nach § 217f Absatz 4a zu treffen.

(4a) Krankenkassen können Verträge auch mit Herstellern von Medizinprodukten nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 über die besondere Versorgung der Versicherten mit digitalen Versorgungsangeboten schließen. Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden. In den Verträgen ist sicherzustellen, dass über eine individualisierte medizinische Beratung einschließlich von Therapievorschlägen hinausgehende diagnostische Feststellungen durch einen Arzt zu treffen sind. Bei dem einzubeziehenden Arzt muss es sich in der Regel um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt handeln.

(5) Die Verarbeitung der für die Durchführung der Verträge nach Absatz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten durch die Vertragspartner nach Absatz 1 darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information der Versicherten erfolgen.

(6) Für die Bereinigung des Behandlungsbedarfs nach § 87a Absatz 3 Satz 2 gilt § 73b Absatz 7 entsprechend; falls eine Vorabeinschreibung der teilnehmenden Versicherten nicht möglich ist, kann eine rückwirkende Bereinigung vereinbart werden. Die Krankenkasse kann bei Verträgen nach Absatz 1 auf die Bereinigung verzichten, wenn das voraussichtliche Bereinigungsvolumen einer Krankenkasse für einen Vertrag nach Absatz 1 geringer ist als der Aufwand für die Durchführung dieser Bereinigung. Der Bewertungsausschuss hat in seinen Vorgaben gemäß § 87a Absatz 5 Satz 7 zur Bereinigung und zur Ermittlung der kassenspezifischen Aufsatzwerte des Behandlungsbedarfs auch Vorgaben zur Höhe des Schwellenwertes für das voraussichtliche Bereinigungsvolumen, unterhalb dessen von einer basiswirksamen Bereinigung abgesehen werden kann, zu der pauschalen Ermittlung und Übermittlung des voraussichtlichen Bereinigungsvolumens an die Vertragspartner nach § 73b Absatz 7 Satz 1 sowie zu dessen Anrechnung beim Aufsatzwert der betroffenen Krankenkasse zu machen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Einbehalt von Gesamtvergütungsanteilen des Quartals 4/04 in Höhe von 39.734,21 Euro. Der Einbehalt basiert auf dem als „Vertrag über eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V für Versicherte der DAK zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD I)“ bezeichneten Vertrag (im Folgenden „COPD-Vertrag“).

Die Beklagte hat nach Auskunft der Gemeinsamen Registrierungsstelle BQS (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung) mit dem Pneumologischen Netzwerk Südbayern e. V. zum 01.10.2004 einen Vertrag über eine integrierte Versorgung nach § 140a SGB V für DAK-Versicherte zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD I) abgeschlossen (BQS Nr. 00089). Vertragsgegenstand ist danach die Indikation Chronisch obstruktive Bronchitis und Lungenemphysem (COPD). Der Vertrag sieht als Vergütungsform eine leistungsabhängige Modulvergütung vor. Der Auskunft der BQS ist ein geschätztes Vergütungsvolumen für die Klägerin i. H. v. 116.930,00 Euro zu entnehmen sowie eine geschätzte Anzahl von 75 teilnehmenden Versicherten für den Zeitraum 01.10.2004 bis 31.12.2004. Zur Anschubfinanzierung hatte die Beklagte im Quartal 4/04 den streitgegenständlichen Betrag einbehalten.

Am 23.12.2008 erhob die Klägerin wegen dieses Einbehalts Klage zum Sozialgericht München (SG). Die Voraussetzungen für den Einbehalt seien nicht erfüllt, da es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag nicht um einen Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne von §§ 140a ff. SGB V handle. Der Vertrag beinhalte weder eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung noch eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung. Die ambulanten Behandlungsmodule stellten im Vergleich zur Regelversorgung Add-on Leistungen dar, die zusätzlich erbracht, aber nicht die Regelversorgung ersetzen würden. Darüber hinaus würden die ambulanten Module nicht vollständig über den Vertrag vergütet. Die neben den Modulen notwendigen Behandlungsmaßnahmen der Fachärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde würden wie üblich über die Klägerin im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vergütet. Dies entspräche nicht den Vergütungsvorgaben in § 140 c SGB V. Die Beklagte habe es versäumt, ausreichend geeignete Vertragsauszüge vorzulegen, die den vereinbarten Versorgungsauftrag und die Kriterien eines IV-Vertrages belegten.

Die Beklagte wandte ein, sie sei ihrer Nachweispflicht dadurch nachgekommen, dass sie die für die Prüfung notwendigen Daten an die BQS übersandt habe, zudem habe sie Teile des streitgegenständlichen Vertrages im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vorgelegt. Sie sei auch aus datenschutzrechtlichen Gründen sowie aus Gründen des Konkurrenzschutzes nicht verpflichtet, den vollständigen COPD-Vertrag gegenüber der Klägerin offenzulegen. Zur Behebung von Versorgungsdefiziten im südbayerischen Raum habe die Beklagte den streitgegenständlichen Vertrag mit dem Pneumologischen Netzwerk geschlossen. Leistungserbringer seien - zum Vertragsbeginn - 15 niedergelassene Vertragsärzte für den ambulanten Bereich, die A. Fachklinik A-Stadt und das Krankenhaus R. für den akutstationären Bereich sowie die Fachklinik A. in B-Stadt und das Klinikum B., C-Stadt für den rehabilitativen Sektor gewesen. Die Leistungserbringer seien Mitglieder in dem als eingetragener Verein organisierten Pneumologischen Netzwerk Südbayern e.V. Ziel des streitgegenständlichen Vertrages sei die sektorenübergreifende Vernetzung akutstationärer, rehabilitativer und ambulanter Leistungen im Rahmen einer integrativen Zusammenarbeit im Sinne der §§ 140a ff. SGB V. Darüber hinaus solle durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit eine effektive und effiziente Versorgung der DAK-Versicherten erfolgen. Im Rahmen des Vertrages würden daher Leistungssektoren miteinander verknüpft, die in der traditionellen Versorgung inhaltlich und institutionell typischerweise getrennt seien. Abweichend von der Regelversorgung seien im Rahmen des Vertrages insbesondere folgende Leistungsmodule vereinbart worden: Raucherentwöhnung, COPD-Schulung, PneumoFit-Trainingstherapie, Bewegungstraining/Lungensport, Shared-decision-making, leitliniengerechte Behandlung/GOLD-Standard, Netzwerkmanager/Koordinator, interne Fortbildungsveranstaltungen, akutstationäre Behandlung, stationäre Rehabilitationsmaßnahmen (Direkteinweisung), Nachuntersuchungen, Telefon-Hotline, Qualitätsmessung. Es werde durch die Leistungsmodule ein umfassendes und besonderes Angebot geschaffen, das die Regelversorgung ersetze und erhebliche Abweichungen zur traditionellen Versorgung enthalte. Die vereinbarten Leistungen würden mittels innovativer Pauschalen, teilweise differenziert nach Schweregrad, in Rechnung gestellt und vergütet. Es sei die Vergütung aller Vertragsbestandteile festgelegt worden.

Das SG verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 26.01.2012, an die Klägerin 39.734,21 Euro an rückständiger Gesamtvergütung für das Quartal 4/04 nebst Prozesszinsen zu zahlen. Die Frage, ob ein Vertrag vorliege, der die Voraussetzungen nach § 140a ff. SGB V erfüllt und damit den Einbehalt von Gesamtvergütungsanteilen rechtfertigt, unterliege der vollen gerichtlichen Kontrolle. Sofern das Vorliegen eines Vertrages zur integrierten Versorgung substantiiert bestritten werde beziehungsweise sich aus der Auskunft der Registrierungsstelle selbst Zweifel an der rechtlichen Qualität des Vertrages ergeben würden, sei die Beklagte nach den allgemeinen Regeln hinsichtlich des Nachweises der Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 140a ff. SGB V beweispflichtig und habe den streitigen Vertrag vorzulegen. Im vorliegenden Fall bestünden Zweifel an der rechtlichen Qualität des streitgegenständlichen Vertrages. Den im Laufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Vertragsteilen könne nicht entnommen werden, ob die Voraussetzungen für einen IV-Vertrag erfüllt seien. Die Kammer gehe zwar davon aus, dass der Vertrag eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung zum Gegenstand habe, indem er Leistungen des ambulanten, des akutstationären und des medizinischen Rehabilitationsbereichs regle. Allerdings fehle es an einer weiteren Voraussetzung, denn essenzielle ambulante Leistungen, die in dem Vertrag näher geregelt seien, würden nach Überzeugung der Kammer im Rahmen der bisherigen Regelversorgung vorgenommen. § 2 des streitgegenständlichen Vertrages, der dem Gericht vorliege, regelt, welche Leistungen Vertragsgegenstand sind. Zu diesen zählten u. a., dass die Behandlungsziele dem Erkrankungsschweregrad angemessen zu definieren seien. Dafür ist für jeden Patienten eine Bewertung nach GOLD (Global Initiative of Chronic Obstructive Lung Disease) durch den Erstbehandler dieses Versorgungsvertrages vorzunehmen und zu dokumentieren (§ 2 Abs. 6). Gem. § 2 Abs. 9 des Vertrages sind die Leistungen (Diagnostik und Therapie) an den Leitlinien und Empfehlungen nach GOLD auszurichten. § 2 Abs. 11 des COPD-Vertrags schreibt vor, dass regelmäßig Nachuntersuchungen der eingeschriebenen Versicherten zu erfolgen haben, um den Behandlungsprozess im Rahmen der Zielsetzung weiter zu verbessern. Die Nachuntersuchungen finden 6 Monate nach einer stationären Behandlung und/oder nach dem Ende einer PneumoFIT-Schulung statt. Vorrangig erfolge diese durch die niedergelassenen Pneumologen. Für die in § 2 Abs. 6, 9 und 11 des Vertrages geregelten (zumeist) ambulanten Leistungen enthielten die dem Gericht offen gelegten Vertragsteile keine Vergütungsregelung. Vergütungsregelungen für „Ambulante Behandlungsmodule“ seien zwar in der dem Gericht vorliegenden Anlage A 2 aufgeführt. Diese bezögen sich jedoch nur auf die „Module“ Raucherentwöhnung, COPD-Schulung, Pneumo-FIT (incl. COPD-Schulung) und Lungensport, also auf Leistungen, die nur teilweise ärztlicher Natur seien. Da eine darüber hinaus gehende Vergütungsregelung für ambulante Leistungen fehle bzw. nicht vorgelegt worden sei, gehe die Kammer davon aus, dass die in § 2 Abs. 6, 9 und 11 des Vertrages geregelten (zumeist) ambulanten Leistungen im Rahmen der Regelversorgung erbracht und vergütet würden. Auch durch die zusätzlichen Leistungen, die nur zum Teil ärztlicher Natur seien und vollständig auf die vertragsärztliche Regelversorgung aufsetzten, finde ein Wettbewerb um Versorgungsmodelle, wie er vom Gesetzgeber im Rahmen der §§ 140a ff. SGB V beabsichtigt sei, nicht statt. Da nicht sämtliche Leistungen, die von teilnehmenden Versicherten im Rahmen des vertraglichen Versorgungsauftrages in Anspruch genommen würden, aus der Vergütung für die integrierte Versorgung vergütet würden, entspreche der Vertrag nicht den Vorgaben für einen IV-Vertrag. Würde man im Übrigen die nicht Regelversorgung ersetzenden ambulanten Leistungen ausblenden und lediglich die (soweit dem Gericht vorliegend) vertraglich vereinbarten akutstationären Leistungen analysieren, wäre nicht ersichtlich, welches alternative Versorgungsmodell nach dem streitgegenständlichen Vertrag die Regelversorgung in der stationären Versorgung (überwiegend) ersetzen sollte. Offen lassen könne die Kammer die Frage, ob die Beklagte aufgrund des Vertrages überhaupt in der Lage wäre, den insoweit auf sie übergegangenen Sicherstellungsauftrag zu gewährleisten, denn es sei nicht ersichtlich, wie die einzelnen Leistungserbringer vertraglich verpflichtet würden und welche Pflichten sie übernähmen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 01.03.2012, die sie wie folgt begründet: Das Sozialgericht habe bereits einen falschen Prüfungsmaßstab angelegt. Für die Einbehaltung der Anschubfinanzierung sei nach § 140d SGB V nach Auffassung des BSG lediglich zu verlangen, dass die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140 b geschlossenen Verträgen erforderlich sei. Eine weitergehende Detailprüfung verlange das Gesetz nicht. Unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber angestrebten Wettbewerbs sowohl zwischen den Krankenkassen als auch zwischen den Leistungserbringern reduziere sich der Prüfungsmaßstab demnach auf die Zielrichtung und den tatsächlichen Abschluss eines IV-Vertrages. Eine weitergehende Analyse und Interpretation des Vertrages - wie vom SG vorgenommen - sei nicht zulässig. Die integrierte Versorgung sei zudem schon dadurch gegeben, dass durch den Vertrag eine Verknüpfung der beteiligten Leistungserbringer sektorenübergreifend erfolgt sei. Im stationären Bereich sei die akutstationäre Behandlung sowie stationäre Rehabilitationsmaßnahmen vereinbart worden. Bei der Vorbereitung auf die Reha-Maßnahmen profitiere der Patient von den Absprachen der beteiligten Leistungserbringer untereinander und der Vermeidung von Doppeluntersuchungen durch den Austausch der Informationen über den Patienten unter Nutzung der Internetplattform „healthbase“. Im ambulanten Bereich habe das SG zu Unrecht nur auf Add-on-Leistungen erkannt. Es seien vielmehr eine Vielzahl von zusätzlichen Leistungsmodulen vereinbart worden, nämlich zum Beispiel Raucherentwöhnung, COPD-Schulung, PneumoFit-Trainingstherapie, Bewegungstraining/Lungensport usw. Außerdem sei diesem Zusammenhang bereits fraglich, wann ein Vertrag als Add-on-Vertrag zu bewerten sei, da der Begriff rechtlich nicht definiert sei. Im streitgegenständlichen Vertrag würden mehrere Sektoren miteinander verzahnt und eine Vielzahl von Mehrleistungen aufgenommen, so dass die Regelversorgung in den Hintergrund träte, mithin ein alternatives Versorgungskonzept vereinbart worden sei. Zentraler Inhalt des Vertrages sei eine Komplettversorgung des Patienten sowie den für ihn entstehenden Mehrnutzen. Von Bedeutung seien insbesondere das seitens des Pneumologen entworfene individuelle Versorgungskonzept sowie die Vernetzung von einzelnen Sektoren durch das Zusammenwirken der beteiligten Leistungserbringer. Hinsichtlich der Vergütungsregelung stelle die Beklagte nicht in Abrede, dass im Rahmen der Vergütungsregelung hinsichtlich der ambulanten Leistungen nicht sämtliche Module über eine gesonderte IV-Vergütung pauschal abgerechnet würden. Dennoch sei eine genaue Abgrenzung der Vergütungen vorgenommen worden. Auch die Kommentarliteratur (Hess im Kassler-Kommentar und auch Orlowski) vertrete die Auffassung, dass eine Vergütungsvereinbarung eines IV-Vertrages die mit den Gesamtvergütungen vergüteten ärztlichen Leistungen als gegeben voraussetze und im Integrationsvertrag diese ambulanten ärztlichen Leistungen nur durch zusätzliche Leistungen ergänzt würden. Aus der Integrationsvergütung seien in dieser Konstellation nur die zusätzlich zu dem mit der Gesamtvergütung abgegoltenen zusätzlich vereinbarten Integrationsleistungen zu vergüten.

Die Beklagte und Berufungsklägerin stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.01.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das Urteil des SG für zutreffend. Das SG sei zu Recht von einer vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit des Vertrages ausgegangen. Die Auffassung des Beklagten, der Begriff „regelversorgungersetzend“ sei im angefochtenen Urteil zu eng ausgelegt worden, sei nicht tragfähig. Nach der Rechtsprechung des BSG sei vielmehr die Integrationsversorgung als Alternative zur Regelversorgung konzipiert. Bleibe der Vertrag mit seinen integrativen Elementen im Wesentlichen innerhalb der Versorgung, erfülle er damit nicht die aus Zielsetzung und gesetzlicher Ausgestaltung der integrierten Versorgung abzuleitenden Voraussetzungen, dass Leistungen der Regelversorgung ersetzt würden. Im vorliegenden Fall träten die integrativen Elemente des Vertrages in den Hintergrund beziehungsweise würden die entsprechenden Leistungen im Rahmen der Regelversorgung erbracht. Die Beklagte selbst trage in ihrer Berufungsbegründung vor, dass zentraler Inhalt des Vertrages die Komplettversorgung des Patienten sowie der für ihn entstehende Mehrnutzen sei. Insoweit hätten alle diese Leistungen auch über den Vertrag vergütet werden müssen.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte die Beklagte auf Bitte des Gerichts den Vertragstext mit den Anlagen A, B und C vor.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zutreffend zur Zahlung des einbehaltenen Betrages in Höhe von 39.734,21 Euro nebst Prozesszinsen verurteilt, da die Beklagte nicht berechtigt war, den streitigen Betrag auf der Grundlage von § 140 d Abs. 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003 von der an die Klägerin zu zahlenden Gesamtvergütung nach § 85 Abs. 1 SGB V einzubehalten.

Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren ist § 85 Abs. 1 SGB V i. V. m. dem zwischen den Beteiligten geschlossenen Gesamtvertrag. Die Beklagte hat Einbehalte von dem der Klägerin zustehenden Anspruch auf Zahlung der Gesamtvergütung nach § 85 Abs. 2 SGB V vorgenommen. Das „Einbehalten“ von Mitteln umschreibt dabei den Vorgang, dass die Krankenkasse einen gegen sie gerichteten Anspruch - sei es aus nach § 85 Abs. 2 SGB V an die KÄV zu entrichtender Gesamtvergütung, sei es aus abgerechneter Krankenhausbehandlungsvergütung - als berechtigt ansieht, die hierfür geschuldeten Mittel in Höhe des Einbehalts aber nicht leistet, sondern mit einem Gegenrecht auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung aufrechnet und die auf diese Art und Weise „einbehaltenen Mittel“ zur zweckgebundenen Verwendung verbucht (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.2010, B 1 KR 11/10 R). Die von einer Krankenkasse nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung des GMG vom 14.11.2003, BGBl 2190) einbehaltenen Mittel dürfen gemäß Satz 3 ausschließlich zur Finanzierung der nach § 140c Abs. 1 Satz 1 SGB V vereinbarten Vergütungen verwendet werden. Nach dieser Vorschrift legen die Verträge zur integrierten Versorgung die Vergütung der in diesem Rahmen erbrachten Leistungen fest. Die Beklagte und Berufungsklägerin war damit nach den allgemeinen Beweisregeln beweispflichtig im Hinblick auf das Vorliegen von Verträgen nach § 140 a bis c SGB V sowie das Erfordernis des Einbehalts nach § 140 d Abs. 1 SGB V.

Ob Verträge die Voraussetzungen von § 140d SGB V (hier in der Fassung des GMG, a. a. O.) erfüllen, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Die Beklagte kann sich daher nur bei entsprechender Offenlegung der Verträge erfolgreich auf diese berufen. Denn gemäß § 140b Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Krankenkassen nur zur Finanzierung konkreter Integrationsverträge berechtigt, Vergütungsanteile einzubehalten. Mit dieser Regelung wäre es nicht vereinbar, dass Krankenkassen pauschal und ohne näheren Hinweis auf Inhalt und finanzielles Volumen von Integrationsverträgen zunächst Vergütungsbestandteile einbehielten und allenfalls auf der Grundlage des § 140d Abs. 1 Satz 5 SGB V nach drei Jahren (ganz oder anteilig) zurückerstatteten. Die gemeinsame Registrierungsstelle (BQS) prüft weder, noch stellt sie verbindlich fest, dass ein Vertrag im Sinne des § 140a Abs. 1 SGB V vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 - B 6 KA 27/07 R). Daher sind im Streitfall die Verträge daraufhin zu überprüfen, ob ein Vertrag vorliegt, der eine integrierte Versorgung zum Gegenstand hat (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.04.2010, L 5 KR 12/08; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.09.2009, L 9 KR 470/08; LSG Hessen, Urteil vom 05.02.2013, L 1 KR 222/10; a. A. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 24.06.2009, L 1 KR 76/08). Da aufgrund der Angaben der BQS die rechtliche Qualität des Vertrages als rechtskonformer Integrationsvertrag nach § 140 b SGB V nicht zweifelsfrei geprüft werden kann, umfasst der Prüfungsmaßstab des Gerichts die Prüfung des gesamten Vertrages. Der Prüfungsmaßstab ist insoweit nicht auf die Angaben der Krankenkasse gegenüber der BQS beschränkt. Der streitgegenständliche COPD-Vertrag ist kein Vertrag zur integrierten Versorgung im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V. Verträge zur integrierten Versorgung i. S. des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V können nur über eine „interdisziplinär-fachübergreifende“ oder über eine „verschiedene Leistungssektoren übergreifende“ Versorgung geschlossen werden. Der Begriff der interdisziplinär-fachübergreifenden Versorgung setzt eine Kooperation von Hausärzten und Fachärzten oder von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete voraus. Die Kooperationen müssen die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechts überschreiten. Sie müssen zudem im ambulanten Bereich über die traditionelle Zusammenarbeit durch Überweisungen an Ärzte eines anderen Fachgebiets bzw. im stationären Bereich über die traditionelle Zusammenarbeit der Abteilungen der unterschiedlichen Fachgebiete innerhalb eines Krankenhauses hinausgehen. Hierfür unzureichend ist insbesondere die Zusammenarbeit zwischen dem Arzt bzw. der Abteilung des operierenden Fachgebiets und dem Anästhesisten bzw. seinem Fachgebiet, wie sie traditionellerweise ohnehin in jeder Einrichtung stattfindet. Erforderlich ist vielmehr ein Konzept längerfristiger, gemeinsam aufeinander abgestimmter Behandlungen von Haus- und Fachärzten oder von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete. Das Vorliegen einer dieser Formen interdisziplinär-fachübergreifender Versorgung ist für den COPD-Vertrag zu verneinen. Welcher Fachrichtung die nach Anlage A 1 innerhalb des ambulanten Sektors beteiligten Vertragsärzte angehören, lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen. Auch ist eine ggf. fachübergreifende Zusammenarbeit der Vertragsärzte nicht vertraglich geregelt. Nach der Präambel des Vertrages ist Ziel der Vereinbarung vielmehr die sektorübergreifende Vernetzung akutstationärer, rehabilitativer und ambulanter Leistungen. Auf das Vorliegen einer interdisziplinär-fachübergreifenden Versorgung beruft sich auch die Beklagte nicht. Zu den Voraussetzungen eines leistungssektoren-übergreifenden Integrationsvertrages hat sich das Bundessozialgericht ebenfalls mit Urteilen vom 06.02.2008, B 6 KA 27/07 R und B 6 KA 5/07 R geäußert: „Der Begriff der Leistungssektoren i. S. des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V ist gesetzlich nicht definiert (so Senatsurteil, a. a. O., RdNr. 15 mit Hinweis auch auf die Begr. des Gesetzentwurfs zum GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129, Zu Nr. 113, Zu Buchst. a). Sein Inhalt ist deshalb nur durch eine am Zweck der integrierten Versorgung orientierte Auslegung zu bestimmen (Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, 2003, S 25). Die Zielrichtung dieser Versorgungsform besteht vor allem darin, die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu durchbrechen und den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, außerhalb der bisherigen Regelversorgung eine alternative Versorgungsstruktur zu entwickeln. Es soll eine Verzahnung der verschiedenen Leistungssektoren stattfinden, zum einen, um eine wirtschaftlichere Versorgung zu ermöglichen, zum anderen aber auch, um für die Versicherten die medizinischen Behandlungsabläufe zu verbessern, z. B. Wartezeiten, Doppeluntersuchungen und Behandlungsdiskontinuitäten zu vermeiden (vgl. Baumann, jurisPK-SGB V, § 140a RdNr. 2). Ausgehend von dieser allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Begriff der „leistungssektorenübergreifenden Versorgung“ funktionell zu bestimmen. Ausgangspunkt ist jeweils das Leistungsgeschehen und dessen inhaltlicher Schwerpunkt. „Übergreifend“ ist dementsprechend eine Versorgung, die Leistungsprozesse, die in der traditionellen Versorgung inhaltlich und institutionell getrennt sind, nunmehr verknüpft. Behandlungsansatz und Ausrichtung des einzelnen Leistungsprozesses (z. B. hausärztliche Versorgung, ambulante Versorgung insgesamt, operative Behandlung, medizinische Rehabilitation) geben den entscheidenden Hinweis darauf, ob einzelne Behandlungsmaßnahmen Teil desselben Leistungssektors sind oder unterschiedlichen Sektoren angehören. Eine Operation (z. B. Implantation eines neuen Gelenks) und die anschließende Rehabilitation (z. B. Mobilisierung) dienen unterschiedlichen medizinischen Zwecken und sind in der Regelversorgung auch institutionell getrennt. Insoweit betreffen sie (auch) verschiedene Leistungssektoren i. S. des § 140a Abs. 1 SGB V.

Wichtigster Anwendungsfall einer Versorgung, die verschiedene Leistungssektoren miteinander verknüpft, ist die Verzahnung von ambulanten und stationären Behandlungen (vgl. Senatsurteil vom 6.2.2008, a. a. O., RdNr. 17). Diese Art von Verknüpfungen wird bei der Erläuterung der Ziele der Integrationsversorgung bereits in der Überschrift besonders hervorgehoben (Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000, BT-Drucks. 14/1245 S 55). Diese Versorgungsstruktur soll „Brücken über die Gräben der Versorgung schlagen“. Neben das mehr als 100 Jahre bestehende Versorgungssystem alter Art soll eine Innovation gestellt werden, in der eine bessere, effektivere, die Angebote der Sektoren integrierende und die Ressourcen schonende Versorgung der Versicherten bewirkt wird (von Schwanenflügel, NZS 2006, 285, 287).

Daraus kann allerdings nicht abgeleitet werden, nur solche Verträge seien von § 140a Abs. 1 SGB V erfasst, die Leistungen aus den beiden „Hauptsektoren“ anbieten (vgl. Senatsurteil vom 6.2.2008, a. a. O., RdNr. 18). Vielmehr sind unter Zugrundelegung eines funktionellen Ansatzes sowohl innerhalb des ambulanten als auch innerhalb des stationären Hauptsektors weitere Leistungssektoren zu unterscheiden, die Gegenstand von Integrationsverträgen sein können. Beispiel für ein integriertes Versorgungsangebot ohne Einbeziehung des stationären Sektors ist etwa die Verzahnung von ambulanten Operationen und anschließender Versorgung der Patienten in ambulanten Rehabilitationseinrichtungen. Die Ziele der integrierten Versorgung, nämlich ua die Vermeidung unnötiger Doppeluntersuchungen, von Koordinationsproblemen im Behandlungsablauf und von Wartezeiten, können durch ein derartiges Angebot erreicht werden. Auch innerhalb des stationären Behandlungsbereichs ist eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung möglich und bisweilen vom Regelungszweck der Vorschriften für die integrierte Versorgung geboten. So kann etwa die Verknüpfung der Akutbehandlung in einem Krankenhaus - z. B. Durchführung einer Operation oder Behandlung eines Schlaganfalls - mit der anschließenden medizinischen Rehabilitation in stationären Einrichtungen Gegenstand eines Integrationsvertrages sein. Auch zwischen dem Akutkrankenhaus und dem Träger einer stationären Rehabilitationseinrichtung bestehen im traditionellen Versorgungssystem Schnittstellenprobleme, die im Interesse der betroffenen Patienten durch ein Versorgungsangebot aus einer Hand überwunden werden können.“

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist der COPD-Vertrag grundsätzlich ein leistungssektoren-übergreifender Vertrag. Dies hat das SG bereits zutreffend anhand der ihm vorliegenden Vertragsbestandteile festgestellt. Denn die Verzahnung des ambulanten und des stationären Sektors über das Informationssystem „Healthcare“ mit dem Ziel, medizinische Behandlungsabläufe zu verbessern und Doppeluntersuchungen zu vermeiden, ist grundsätzlich geeignet, eine neue Versorgungsstruktur aufzubauen, die „Brücken über die Gräben der Versorgung schlägt“. Ob der Austausch der Informationen über das Informationssystem „Healthcare“ diesen Anforderungen tatsächlich gerecht wird, kann der Senat mangels Vorlage entsprechender näherer vertraglicher Regelungen nicht abschließend beurteilen. Dem vorgelegten Vertrag ist hierzu nur in § 12 Abs. 6 zu entnehmen, dass diese webbasierte Kommunikationsform bereits innerhalb des Universitätsklinikums G. sowie projektmäßig an mehreren Standorten eingesetzt wird. Sie besteht aus einer multimedialen Patientenakte sowie einer Kommunikationsinfrastruktur. Die Ausstattung und Schulung aller am Vertrag teilnehmenden Mitglieder des Netzwerks regelt § 12 Abs. 7 des COPD-Vertrages. Nähere Angaben zum Umfang der gesammelten Daten macht der Vertrag nicht. Einer abschließenden Beurteilung der Frage, ob bereits diese Vernetzung allein ausreicht, um den Vertrag als sektorenübergreifend zu qualifizieren, bedarf es aber nicht. Denn entgegen der Auffassung der Beklagten reicht allein die Einbeziehung verschiedener Leistungssektoren in einen Vertrag nicht, um diesen als IV-Vertrag zu qualifizieren.

Über das Erfordernis einer verschiedene Leistungssektoren übergreifenden Versorgung hinaus sind Verträge der in § 140b Abs. 1 SGB V genannten Vertragspartner nur dann solche der integrierten Versorgung, wenn durch sie auch Leistungen, die bislang Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, künftig ersetzt werden. Das ergibt sich aus der Konzeption der Integrationsversorgung als einer Alternative zur Regelversorgung, wie sie den Vorschriften der §§ 140a bis 140d SGB V seit ihrer Neufassung durch das GMG zugrunde liegt (vgl. umfassend BSG, Urteil vom 06.02.2008, B 6 KA 27/07 R). Der Versicherte, der von einer Erkrankung bedroht oder betroffen ist, soll alternativ zur - regelmäßig in einzelne Sektoren unterteilten - Regelversorgung von seiner Krankenkasse ein Versorgungsangebot erhalten, in dem seine Behandlung unabhängig „vom sektorenabhängigen Denken“ organisiert wird. An die Stelle einer vom Vertragsarzt auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) gegenüber der KÄV abzurechnenden ambulanten Behandlung, die im Bedarfsfall (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) durch eine auf der Grundlage des Krankenhausentgeltgesetzes von der Krankenkasse zu vergütende stationäre Behandlung ergänzt wird, soll fakultativ ein einheitliches Versorgungsangebot treten können, das insgesamt auf der Grundlage des § 140c Abs. 1 SGB V nach vertraglichen Vereinbarungen vergütet wird. Dieses alternative Versorgungs- und Vergütungskonzept beruht begrifflich wie systematisch auf dem Prinzip der Substitution: Vertragsärztliche Leistungen, die in der Regelversorgung aus der Gesamtvergütung i. S. des § 85 Abs. 1 SGB V zu honorieren sind, werden durch Leistungen (auch, aber nicht notwendig) von Vertragsärzten im Rahmen eines vertraglich gesteuerten Versorgungsmanagements ersetzt und nicht mehr aus der Gesamtvergütung, sondern ausschließlich einzelvertraglich honoriert. Finden die Behandlungsleistungen, die vertraglich näher geregelt werden, weiterhin im Rahmen der bisherigen Regelversorgung statt, ergibt sich im Gegenschluss daraus, das kein Fall der integrierten Versorgung vorliegt. Wie das SG auch hier zu Recht ausgeführt hat, werden die wesentlichen ambulanten Leistungen weiterhin im Rahmen der Regelversorgung vorgenommen. Eine andere Bewertung ergibt auch nicht die Prüfung des vorliegenden Vertrages samt der Anlagen A bis C. Insbesondere ergibt sich aus § 3 Abs. 2 S. 2 des Vertrages, dass lediglich die in diesem Vertrag geregelten besonderen Leistungen von der Beklagten gesondert vergütet werden, die bisherigen Leistungen jedoch im Rahmen der Regelversorgung über die Klägerin abgerechnet werden. Auch bestimmt § 7 des Vertrages ausdrücklich, dass die niedergelassenen beziehungsweise KV-ermächtigten Ärzte, die an der Versorgung teilnehmen, wie bisher ihre üblichen Leistungen über die zuständige KV abrechnen. Der Vertrag ist damit im ambulanten Bereich keine Alternative zur Regelversorgung, sondern setzt nur die in Anlage A 2 genannten ambulanten Behandlungsmodule Raucherentwöhnung, COPD-Schulung, Pneumo-FIT und Lungensport auf die Regelversorgung auf. Auch aus den in Anlage A3 genannten ergänzenden Leistungen sind keine die Regelversorgung ersetzenden Leistungen ersichtlich. Die ergänzenden Leistungen betreffen lediglich organisatorische Leistungen (Netzwerkmanagement), eine Telefonhotline sowie eine Dokumentation zur Qualitätssicherung. Weitere ärztliche Leistungen, insbesondere solche der Regelversorgung, werden nicht angeboten. Der Patient kann sich daher nicht zwischen der Regelversorgung und der integrierten Versorgung als Alternative zur Regelversorgung entscheiden. Denn im ambulanten Bereich bietet der Vertrag nur Leistungen, die bisher nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind.

Gleiches gilt für den stationären Sektor. Nach Anlage B 1 versorgen die beiden Akutkliniken die in den Vertrag eingeschriebenen Patienten mit leitlinienkonformer Diagnostik und Therapie im Rahmen des geltenden Versorgungsauftrages. Die Vergütung erfolgt entsprechend der jeweils geltenden Regelungen (entweder nach Pflegesatzvereinbarung oder DRG-Fallpauschalen). Inhaltlich erfolgt eine Vernetzung mit den übrigen Leistungserbringern des Vertrages durch „besondere Vernetzung“ nach § 2 Abs. 5 des Vertrages sowie Dokumentationen, die weiteren Leistungserbringern für den gleichen Patienten zur Verfügung gestellt werden. Über die - sicherlich zu begrüßende - Vernetzung der einzelnen Sektoren untereinander ergibt sich jedoch aus dem Vertrag nicht, welche Leistungen insbesondere im stationären Bereich zusätzlich erbracht werden, die über die Regelversorgung hinausgehen oder eine Alternative zu dieser bieten. Ein Konzept gemeinsam aufeinander abgestimmter Behandlungen zwischen den verschiedenen Leistungssektoren ist dem Vertrag über die Dokumentation und Vernetzung hinaus nicht zu entnehmen.

Auch im Bereich der stationären Rehabilitation lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen, welche alternativen Versorgungsleistungen erbracht werden sollen. Zwar erfolgt hier eine pauschalierte Vergütung entsprechend der Vergütungsvereinbarung Anlage C2 abhängig vom Schweregrad nach Leistungsdifferenzierung nach GOLD mit einem Verweildauerkorridor, jedoch sind auch hier weitergehende Leistungen bis auf einen eigenständigen Transport bezüglich Verlegung und Abholung des Patienten sowie unentgeltliche Serviceleistungen wie TV Nutzung nicht ersichtlich. Die Beklagte selbst verweist auch lediglich darauf, das bei der Vorbereitung auf die Rehabilitation der Patient von den Absprachen der beteiligten Leistungserbringer untereinander und der Vermeidung von Doppeluntersuchungen durch den Austausch von Informationen über den Patienten unter Nutzung der Internet Plattform „healthcare“ sowie die Vermeidung des Drehtüreffektes profitiert. Dies allein reicht für eine Alternativversorgung durch IV-Vertrag nicht aus. Aus dem Vertrag ergibt sich vielmehr, dass zum Beispiel nach § 2 Abs. 10 zur Durchbrechung des Drehtüreffekt zwar eine direkte Zuweisung des Facharztes zur Reha-Klinik möglich ist, jedoch ist nach wie vor eine Antragstellung des Versicherten und eine leistungsrechtliche Entscheidung der Beklagten im Sinne des § 40 SGB V unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 SGB V erforderlich. Auch findet insgesamt eine Abrechnung der jeweiligen Leistungen jeweils getrennt für den ambulanten, den stationären sowie den rehabilitativen Sektor statt, Komplexpauschalen für alle im Rahmen des Vertrages erbrachten Leistungen sind nicht vorgesehen.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass nach § 140 a Abs. 1 S. 2 SGB V der Sicherstellungsauftrag der KÄV nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt ist, soweit die Versorgung der Versicherten nach IV-Verträgen durchgeführt und in Bezug auf welche Versorgung konkret der Sicherstellungsauftrag eingeschränkt ist, ist im Vertrag nicht geregelt.

Zudem kann der Senat nicht erkennen, auf welche Weise die Leistungserbringer in den Vertrag einbezogen werden. Entsprechende „Kooperationsvereinbarungen“ werden von der Beklagten behauptet, aber nicht vorgelegt, so dass nicht nachvollziehbar ist, wie die einzelnen Leistungserbringer vertraglich verpflichtet werden und welche Pflichten sie konkret übernehmen. Auch aus den im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Anträgen auf Mitgliedschaft im Pneumologischen Netzwerk Südbayern ergeben sich außer einer Zahlungsverpflichtung keine weiteren Erkenntnisse.

Der COPD- Vertrag entspricht damit nicht den Anforderungen an eine integrierte Versorgung im Sinne der §§ 140 a ff SGB V.

Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 291 BGB i. V. m. § 288 Abs. 1 BGB. Die hier streitige Gesamtvergütung beruht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnis. Da sich weder aus den §§ 53 bis 60 SGB X noch den sonstigen Vorschriften des SGB X eine ausdrückliche Regelung über Prozesszinsen ergibt (§ 61 Satz 1 SGB X), gelten gemäß § 61 Satz 2 SGB X ergänzend die Bestimmungen des BGB (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2005, B 6 KA 71/04 R).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG). Das BSG hat sich zu IV-Verträgen umfassend in den Urteilen vom 6.2.2008 geäußert.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen schließen mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Gesamtverträge über die vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort in ihrem Bezirk einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen; die Landesverbände der Krankenkassen schließen die Gesamtverträge mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart. Für die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gilt Satz 1 entsprechend, soweit die ärztliche Versorgung durch die Kassenärztliche Vereinigung sichergestellt wird. § 82 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Kassenindividuelle oder kassenartenspezifische Vereinbarungen über zusätzliche Vergütungen für Diagnosen können nicht Gegenstand der Gesamtverträge sein; § 71 Absatz 6 gilt entsprechend. Satz 4 gilt nicht für vertragszahnärztliche Leistungen.

(1) In jedem Land bilden
die Ortskrankenkassen einen Landesverband der Ortskrankenkassen,
die Betriebskrankenkassen einen Landesverband der Betriebskrankenkassen,
die Innungskrankenkassen einen Landesverband der Innungskrankenkassen.
Die Landesverbände der Krankenkassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Krankenkassen gehören mit Ausnahme der Betriebskrankenkassen der Dienstbetriebe des Bundes dem Landesverband des Landes an, in dem sie ihren Sitz haben. Andere Krankenkassen können den Landesverbänden beitreten.

(2) Bestehen in einem Land am 1. Januar 1989 mehrere Landesverbände, bestehen diese fort, wenn die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes ihre Zustimmung nicht bis zum 31. Dezember 1989 versagt. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder können ihre Zustimmung nach Satz 1 unter Einhaltung einer einjährigen Frist zum Ende eines Kalenderjahres widerrufen. Versagen oder widerrufen sie die Zustimmung, regeln sie die Durchführung der erforderlichen Organisationsänderungen.

(2a) Vereinigen sich in einem Land alle Mitglieder eines Landesverbandes oder werden alle Mitglieder eines Landesverbandes durch die Landesregierung zu einer Krankenkasse vereinigt, tritt diese Krankenkasse in die Rechte und Pflichten des Landesverbandes ein.

(3) Länderübergreifende Landesverbände bestehen fort, wenn nicht eine der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden in den betroffenen Ländern ihre Zustimmung bis zum 31. Dezember 1989 versagt. Jede dieser obersten Verwaltungsbehörden der Länder kann ihre Zustimmung unter Einhaltung einer einjährigen Frist zum Ende eines Kalenderjahres widerrufen. Wird die Zustimmung versagt oder widerrufen, regeln die beteiligten Länder die Durchführung der erforderlichen Organisationsänderungen einvernehmlich.

(4) Besteht in einem Land nur eine Krankenkasse der gleichen Art, nimmt sie zugleich die Aufgaben eines Landesverbandes wahr. Sie hat insoweit die Rechtsstellung eines Landesverbands.

(4a) Besteht in einem Land für eine Kassenart kein Landesverband, nimmt ein anderer Landesverband dieser Kassenart mit Zustimmung der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der beteiligten Länder die Aufgabe eines Landesverbandes in diesem Land wahr. Kommt eine Einigung der Beteiligten nicht innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Landesverbandes zustande, nimmt der Bundesverband der Kassenart diese Aufgabe wahr.

(5) Mit Zustimmung der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder können sich Landesverbände der gleichen Krankenkassenart zu einem Verband zusammenschließen. Das gilt auch, wenn die Landesverbände ihren Sitz in verschiedenen Ländern haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.