Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 19. Okt. 2017 - L 7 AS 723/17 B PKH

bei uns veröffentlicht am19.10.2017
vorgehend
Sozialgericht Regensburg, S 4 AS 561/12, 21.08.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 21. August 2017 - S 4 AS 561/12 - aufgehoben.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 02.04.2014 hatte das Sozialgericht Regensburg (SG) dem Antragsteller zu 3) (Ast) Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt.

Anschließende Anfragen zu einer eventuellen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an den Bevollmächtigten des Ast zu 3) (mit Fristsetzung, Hinweis auf eine eventuelle Aufhebung und gegen Empfangsbekenntnis) blieben ohne Erfolg.

Das SG hat mit Beschluss vom 21.08.2017 die Bewilligung von PKH aufgehoben; der Ast zu 3) habe die vom Gericht geforderte Erklärung nicht eingereicht. Die Aufhebung entspreche billigem Ermessen.

Dagegen hat der Ast zu 3) Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben und einen am 08.09.2017 unterschriebenen Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgelegt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen; denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung von Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung (vgl. hierzu BayLSG, Beschluss vom 19.08.2015 - L 11 AS 533/15 B PKH - m.w.N.). Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. hierzu BT-Drs. 811/12, S. 65). Aus diesem Grund greift auch ein Beschwerdeausschluss gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2b und 2c SGG nicht.

Ein Ausschluss der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 73a Abs. 8 SGG. Offen gelassen werden kann dabei, ob diese Regelung auch sogenannte Altfälle, also Fälle, bei denen der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt worden war (so wohl: Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.02.2015 - L 8 AS 78/15 B PKH), anzuwenden ist. Denn diese Regelung bestimmt jedenfalls eine endgültige Entscheidung durch das SG nur, wenn dieses über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat. Allein diese Variante wollte der Gesetzgeber in § 73a Abs. 8 SGG regeln (vgl. dazu BT-Drs. 17/11472, S. 48).

Die damit zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 - L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.). Der Ast hat die vom SG begehrte Handlung nachgeholt; dies ist auch im Beschwerdeverfahren noch möglich (vgl. BayLSG, Beschluss vom 12.04.2017 - L 11 AS 248/17 B PKH m.w.N.).

Aufgrund der nunmehr erfolgten Angaben des Ast zu 3) wird das SG zu prüfen haben, inwieweit eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei, die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 19. Okt. 2017 - L 7 AS 723/17 B PKH zitiert 7 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 172


(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.