Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 24. Aug. 2016 - L 15 SF 128/16
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem beim Sozialgericht (SG) München unter dem Aktenzeichen S 26 R 941/14 geführten rentenversicherungsrechtlichen Verfahren wurde der Beschwerdegegner, der Facharzt für Neurologie und ist, auf Antrag der dortigen Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses von 2.000,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 18.05.2015 an den Beschwerdegegner war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 2000,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Weiter enthält das gerichtliche Schreiben vom
„Um die Beiziehung eines beeidigten Simultandolmetschers für Türkisch wird gebeten. Dessen Vergütung richtet sich nach dem JVEG (siehe Merkblatt).“
Zudem war dem gerichtlichen Schreiben vom
Am
Weiteres wurde von Seiten des SG nicht veranlasst, weder die Anforderung eines zusätzlichen Vorschusses bei der Klägerin noch eine schriftliche Mitteilung an den Beschwerdegegner.
Eine am
Das unter dem Datum vom
Die Kostenbeamtin des SG setzte die Vergütung des Beschwerdegegners für das Gutachten vom
Gegen diese Kürzung hat sich der Beschwerdegegner mit Schreiben vom
Der Bezirksrevisor, der Beschwerdeführer, hat demgegenüber mit Schreiben vom
Dagegen hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 17.03.2016
Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom
Der Senat hat die erstinstanzlichen Akten sowohl zum Rentenverfahren als auch zum Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung beigezogen.
II.
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige, insbesondere nicht an eine Frist gebundene Beschwerde ist unbegründet.
Das SG hat die Vergütung des Beschwerdegegners für sein Gutachten vom
1. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren
Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer aufgegriffen hat oder nicht (vgl. Beschluss des Senats
2. Unstrittige und unproblematische Positionen
Unter den Beteiligten unstreitig und in der Sache richtig ist, dass - ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG -
- die Vergütungsforderung des Beschwerdegegners für sein Gutachten vom 06.07.2015 über 2.588,25 € und die dafür vom Schreibbüro (nach Abtretung) geltend gemachten Kosten von 147,46 € der Höhe nach objektiv berechtigt sind. Dabei ist berücksichtigt, dass sich die einem Sachverständigen zustehende Vergütung aus § 8 Abs. 1 JVEG ergibt, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats
- die vom Dolmetscher direkt gegenüber dem SG geltend gemachte Vergütung von 624,75 € der Höhe nach den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
3. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im vorliegenden Fall
Die Vergütung des Beschwerdegegners ist nicht gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Vorschusses zu kürzen. Denn der Beschwerdegegner hat die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten, da ihm vom Gericht nicht die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses mitgeteilt worden ist.
Im Grundsatzbeschluss
Der Senat hat dies im
Um die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG zu bewirken, hätte das Gericht vielmehr dem Sachverständigen mitteilen müssen, in welcher konkreten Höhe ein Vorschuss nunmehr zur Verfügung stand. Da dies das Gericht unterlassen hat, kann dem Sachverständigen kein Verschulden an der erheblichen Überschreitung des zur Verfügung stehenden Vorschusses vorgeworfen werden.
Im Sinn der Rechtssicherheit ist es unverzichtbar, dass einem Sachverständigen die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses bekannt sein muss, um ihm ein Verschulden wegen einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorhalten zu können. Nicht ausreichend ist es, wenn dem Sachverständigen nur die ungefähre Höhe des Vorschusses mitgeteilt worden ist. Denn daraus würde sich lediglich eine Vermutung, nicht aber eine sichere Kenntnis von der Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses ergeben. Allein eine derartige Vermutung für die Begrenzung der Vergütung wegen erheblicher Vorschussüberschreitung ausreichen zu lassen, würde zu weit gehen. Dem Sachverständigen würde anderenfalls auch die zulässige Möglichkeit zur „Optimierung“ der Vergütung (vgl. Beschlüsse des Senats
An der Kenntnis von der konkreten Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses fehlt es im vorliegenden Fall, so dass das vom Gesetzgeber gemäß § 8 a Abs. 5 JVEG (widerleglich) vermutete Verschulden hinsichtlich der Vorschussüberschreitung widerlegt ist.
Im Ergebnis ist der vorliegende Fall nicht anders als der gelagert, wie er dem Beschluss des Senats
Die Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG kann daher vorliegend auch nicht damit begründet werden, dass der Sachverständige aufgrund seiner telefonischen Mitteilung vom 23.05.2015, das Gutachten könne ca. 500,- € teurer werden, damit rechnen hätte müssen, dass ein Vorschuss von ca. 2.500,- zur Verfügung stehe. Denn ein genauer Betrag - ganz abgesehen davon, dass es das SG unterlassen hat, einen weiteren Vorschuss anzufordern - der für die Gutachtenserstellung zur Verfügung stehenden Geldmittel war dem Beschwerdegegner nicht bekannt.
In dem bereits zitierten Beschluss des Senats vom
„Der vorgenannten Bewertung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 21.10.2015, mit dem er mitgeteilt hat, dass der zur Verfügung stehende Vorschuss von 2.000,- € nicht ausreichen werde, einen detaillierten „Kostenvoranschlag“ über einen Betrag von 3.119,47 € aufgestellt hat und er aufgrund der Mitteilung des Gerichts vom 16.12.2015 davon ausgehen durfte, dass jedenfalls der in seinem Kostenvoranschlag genannte Betrag als Vorschuss zur Verfügung stehe. Denn das gerichtliche Schreiben vom 16.12.2015“ - Anmerkung des Senats: In diesem Schreiben war dem Sachverständigen nur mitgeteilt worden, dass die Mehrkosten von der Rechtsschutzversicherung bestätigt worden seien, und er um möglichst zeitnahe Erstellung des Gutachtens gebeten worden. - „kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein bestimmter, exakt bezifferbarer Betrag für die Erstellung des Gutachtens gemäß § 109 SGG zur Verfügung steht, auch nicht der, wie er im Kostenvoranschlag des Antragstellers genannt war; ein Rückschluss von dem im Kostenvoranschlag angegebenen Betrag auf den zur Verfügung stehenden Kostenvorschluss ist nicht zwingend. Bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben wie dem vom 16.12.2015 sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten (vgl. Beschlüsse des Senats
Da dem Antragsteller die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt war, kann ihm auch kein Verschulden bezüglich einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses entgegen gehalten werden.“
Lediglich der Vollständigkeit halber, ohne dass dies noch von Entscheidungsrelevanz wäre, weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
- Der Senat hält es wie die Kostenrichterin des SG im vorliegenden Fall nicht für vertretbar, die für die Dolmetschertätigkeit anfallenden Kosten den Kosten der Begutachtung zuzurechnen, für die der bei Gericht eingezahlte Vorschuss zur Verfügung steht, wenn es um die Anwendung von § 8 a Abs. 4 JVEG geht. Denn das SG als Gericht der Hauptsache hat insbesondere dadurch, dass es dem Beschwerdegegner ein Formular für den Vergütungsantrag des Dolmetschers zur Verfügung gestellt hat, das als Adressat das SG aufweist, beim Beschwerdegegner den Eindruck erweckt, dass der Dolmetscher seine Vergütung direkt gegenüber dem SG geltend machen müsse. Dass die Dolmetscherkosten, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Gutachtenserstellung anfallen, aus dem zur Verfügung stehenden Vorschuss zu zahlen sind, war daher aus der objektivierten Empfängersicht (zur Auslegung gerichtlicher Schreiben und Erklärungen: vgl. z. B. Beschlüsse des Senats
- Ob es im Auftragsschreiben des Gerichts an den Beschwerdegegner nicht ohnehin weitergehender Hinweise dazu bedurfte hätte, was unter dem Begriff der „gesamten Kosten“ der Begutachtung zu verstehen ist, die aus dem Vorschuss zu begleichen sind, kann vorliegend offen bleiben. Zur Vermeidung von Unklarheiten - zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass auf den objektivierten Empfängerhorizont des Sachverständigen abzustellen ist - hält es der Senat jedenfalls für sinnvoll, in dem an den Gutachter gerichteten Auftragsschreiben des Gerichts den vorgenannten Begriff zur Schaffung von Rechtsklarheit zu erläutern und dabei näher zu präzisieren, welche Kosten darunter fallen (können).
- Offen bleiben kann letztlich auch die Frage, ob sich der Sachverständige im Rahmen des § 8 a Abs. 4 JVEG Zahlungen zurechnen lassen muss, die das Gericht direkt an Hilfspersonen des Sachverständigen - hier das Schreibbüro und den Dolmetscher - geleistet hat. Denn wie auch dem sozialgerichtlichen Beschluss zu entnehmen ist, müssten die Kosten für ein Dolmetschen während der Begutachtung, wenn der Dolmetscher nicht vom Gericht selbst beauftragt worden ist, genauso wie die Kosten für das Schreiben des Gutachtens vom Anspruchsinhaber und damit vom Sachverständigen selbst in Rechnung gestellt werden; weder das Schreibbüro noch der Dolmetscher haben in derartigen Fällen einen eigenen Vergütungsanspruch gegenüber dem Gericht, da diesen vom Gericht kein Auftrag erteilt worden ist. Ob in derartigen Fällen mit dem Institut der zivilrechtlichen Abtretung gemäß §§ 398 ff. Bürgerliches Gesetzbuch eine der gerichtlichen Zahlungsverpflichtung entsprechende Leistung an eine andere Person als den Sachverständigen begründet werden kann, braucht vorliegend keiner weiteren rechtlichen Klärung.
Da dem Beschwerdegegner kein Verschulden bezüglich einer (erheblichen) Überschreitung des Vorschusses vorgeworfen werden kann, tritt die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG nicht ein. Dem Beschwerdegegner steht für sein Gutachten vom 06.07.2014 (ohne Kosten des Schreibbüros und des Dolmetschers) eine antragsgemäße Vergütung in Höhe von 2.588,25 € zu.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg
Das Bayer. LSG hat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist
- 1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist; - 2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.
(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.
(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung
- 1.
ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11), - 2.
Fahrtkostenersatz (§ 5), - 3.
Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie - 4.
Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).
(2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.
(3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.
(4) Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden.
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 13 R 564/14 geführten rentenversicherungsrechtlichen Verfahren wurde der Antragsteller, der Facharzt für Anästhesie ist, auf Antrag des dortigen Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses von 2.000,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 21.09.2015 an den Antragsteller war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 2000,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Nachdem der Antragsteller im Rahmen eines detaillierten Kostenvoranschlags vom
„Sehr geehrter Herr Dr. K.,
es wird mitgeteilt, dass die Mehrkosten von der Rechtsschutzversicherung des Klägers bestätigt wurden; um Erstellung des Gutachtens - möglichst zeitnah - wird gebeten.“
Am 26.02.2016 ist das unter dem Datum vom 23.02.2016 erstellte Gutachten des Antragstellers beim Bayer. LSG eingegangen, am 29.02.2016 die für das Gutachten gestellte Rechnung vom 25.02.2016 über 4.017,47 €.
Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG setzte die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 23.02.2016 mit Schreiben vom 21.04.2016 auf 3.200,- € fest. Die Kürzung begründete sie damit, dass die beantragte Vergütung den eingezahlten Vorschuss von insgesamt 3.200,- € um 817,47 € und damit erheblich übersteige. Die weitere Erhöhung habe der Antragsteller dem Gericht nicht vorher angekündigt, so dass keine Möglichkeit bestanden habe, den Kläger über die weiteren Mehrkosten zu informieren.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom
Die Vergütung für das Gutachten vom
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats
2. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist mit Wirkung zum
„(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat.“
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) lautet wie folgt:
„Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.“
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 a JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
„Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung. ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben. ...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht. ...
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen.“
Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen nicht (vgl. Beschluss des Senats
3. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im vorliegenden Fall
Die Vergütung des Antragstellers ist nicht auf die Höhe des Vorschusses zu kürzen, obwohl die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 3.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 3.2.) durch die dem Antragsteller ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 3.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 3.4.) und der Antragsteller auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 3.5.). Denn der Antragsteller hat die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten, da ihm vom Gericht nicht die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses mitgeteilt worden ist (vgl. unten Ziff. 3.6.).
3.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von insgesamt 3.200,- €.
3.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt im vorliegenden Fall bei 3.840,- €.
Eine Überschreitung des Vorschusses ist dann erheblich, wenn die Überschreitung mindestens 20% des Vorschusses beträgt (vgl. Beschlüsse des Senats
Bei einem Vorschuss in Höhe von 3.200,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 3.840,- € (3.200,- € x 1,2).
3.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Antragsteller zustehende Vergütung (zum Begriff der Vergütung in diesem Zusammenhang: vgl. Beschluss des Senats
Die einem Sachverständigen zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats
Die nach den aufgezeigten Vorgaben ermittelte Vergütung des Antragstellers entspricht dem Rechnungsbetrag vom
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass keine Reduzierung der in der Rechnung vom
3.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 3.3. ermittelte Betrag von 4.017,47 € liegt deutlich über der in Ziff. 3.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG in Höhe von 3.840,- €.
3.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Nach den Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG hätte der Antragsteller das LSG spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch im Sinn des § 8 JVEG die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohte. Dies hat er nicht getan.
Der Antragsteller hat vor Vorlage des Gutachtens überhaupt nicht darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 4.017,47 € vorgelegt.
3.6. Fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Dem Antragsteller kann aber kein Verschulden bezüglich der Verletzung der Hinweispflicht vorgehalten werden.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird. Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat (vgl. Beschlüsse des Senats
Im vorliegenden Fall ist ein fehlendes Verschulden des Antragstellers im Vollbeweis nachgewiesen. Denn dem Antragsteller war die genaue Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt.
Zunächst hat das Hauptsachegericht des Rentenverfahrens den Antragsteller mit dem Gutachtensauftrag vom
Um die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG zu bewirken, hätte das Gericht vielmehr dem Sachverständigen mitteilen müssen, in welcher konkreten Höhe ein Vorschuss nunmehr zur Verfügung stand. Da dies das Gericht unterlassen hat, kann dem Sachverständigen kein Verschulden an der erheblichen Überschreitung des zur Verfügung stehenden Vorschusses vorgeworfen werden.
Im Sinn der Rechtssicherheit ist es unverzichtbar, dass einem Sachverständigen die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses bekannt sein muss, um ihm ein Verschulden wegen einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorhalten zu können. Nicht ausreichend ist es, wenn dem Sachverständigen nur die ungefähre Höhe des Vorschusses mitgeteilt worden ist. Denn daraus würde sich lediglich eine Vermutung, nicht aber eine sichere Kenntnis von der Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses ergeben. Allein eine derartige Vermutung für die Begrenzung der Vergütung wegen erheblicher Vorschussüberschreitung ausreichen zu lassen, würde zu weit gehen. Dem Sachverständigen würde anderenfalls auch die zulässige Möglichkeit zur „Optimierung“ der Vergütung (vgl. Beschlüsse des Senats
Der vorgenannten Bewertung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 21.10.2015, mit dem er mitgeteilt hat, dass der zur Verfügung stehende Vorschuss von 2.000,- € nicht ausreichen werde, einen detaillierten „Kostenvoranschlag“ über einen Betrag von 3.119,47 € aufgestellt hat und er aufgrund der Mitteilung des Gerichts vom 16.12.2015 davon ausgehen durfte, dass jedenfalls der in seinem Kostenvoranschlag genannte Betrag als Vorschuss zur Verfügung stehe. Denn das gerichtliche Schreiben vom 16.12.2015 kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein bestimmter, exakt bezifferbarer Betrag für die Erstellung des Gutachtens gemäß § 109 SGG zur Verfügung steht, auch nicht der, wie er im Kostenvoranschlag des Antragstellers genannt war; ein Rückschluss von dem im Kostenvoranschlag angegebenen Betrag auf den zur Verfügung stehenden Kostenvorschluss ist nicht zwingend. Bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben wie dem vom 16.12.2015 sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten (vgl. Beschlüsse des Senats
Da dem Antragsteller die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt war, kann ihm auch kein Verschulden bezüglich einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses entgegen gehalten werden.
Da dem Antragsteller kein Verschulden bezüglich der erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorgeworfen werden kann, tritt die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG nicht ein. Dem Antragsteller steht für sein Gutachten vom 23.02.2016 eine Vergütung in Höhe von 4.017,47 € zu.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG eine konkrete Bezifferung des zur Verfügung stehenden Vorschusses gegenüber dem Sachverständigen voraussetzt, in voller Besetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem am Sozialgericht (SG) München unter dem Aktenzeichen S 35 SB 962/12 geführten schwerbehindertenrechtlichen Verfahren wurde der Beschwerdeführer, der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie ist, auf Antrag der dortigen Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses in Höhe von 1500,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 07.11.2013 an den Beschwerdeführer war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 1500,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Am 18.03.2014 ist das unter dem Datum vom 16.03.2014 erstellte Gutachten des Beschwerdeführers beim SG eingegangen, am 20.03.2014 seine Rechnung vom 16.03.2014 zum Gutachten über einen Gesamtbetrag von 2.855,41 €.
Die Kostenbeamtin des SG setzte die Vergütung des Beschwerdeführers für sein Gutachten vom 16.03.2014 auf 1.500,- € fest. Die Kürzung begründete sie damit, dass die beantragte Vergütung den eingezahlten Vorschuss (1.500,- €) um fast 100% übersteige. Diese Erhöhung habe der Beschwerdeführer trotz des entsprechenden Hinweises im Gutachtensauftrag dem Gericht nicht vorher angekündigt, so dass keine Möglichkeit bestanden habe, die Klägerin darüber zu informieren und ihr Einverständnis zu der Kostensteigerung einzuholen.
Dagegen hat sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.04.2014 gewandt und um gerichtliche Festsetzung der Vergütung gebeten. Bei Durchsicht der Akten sei er zunächst der Ansicht gewesen, dass die Vorschusshöhe von 1.500,- € nicht wesentlich überschritten werde. Im Übrigen hat er näher begründet, warum der Zeitaufwand so hoch geworden sei.
Der Bezirksrevisor hat mit Schreiben vom 27.05.2014 darauf hingewiesen, dass angesichts der Tatsache, dass einerseits die Erstellung des Gutachtens objektiv betrachtet eine höhere Vergütung als in Vorschusshöhe begründen würde, andererseits aber eine nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung nach § 8 a Abs. 4 JVEG im Raum stehe, zu überlegen sei, ob die Vergütung auf den Vorschuss oder auf das (maximal) 1,2-fache des Vorschusses zu begrenzen sei. Im Schreiben vom 05.06.2014 hat er zudem sinngemäß die Frage aufgeworfen, ob § 8 a Abs. 4 JVEG die Besonderheiten im sozialgerichtlichen Verfahren ausreichend berücksichtige, und in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des Senats
Mit Beschluss vom 14.08.2014 hat das SG die Vergütung des Beschwerdeführers auf 1.500,- €, also auf die Höhe des Vorschusses, festgesetzt. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, dass der Vorschuss um rund 90% überschritten worden sei und nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 a Abs. 4 JVEG in einem solchen Fall eine Kappung der Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses erfolgen müsse.
Dagegen hat sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 05.09.2014 gewandt und Beschwerde eingelegt. Er hat nochmals darauf hingewiesen, dass es nicht möglich gewesen sei, bei einer wirtschaftlichen Arbeitsweise im Rahmen des Vorschusses mehr als ein erweitertes Attest oder Kurzgutachten zu erstellen und sich differenziert mit den im Raum stehenden medizinischen Fragen zu beschäftigen.
Der Bezirksrevisor hat sich mit Schreiben vom 04.11.2014 dahingehend geäußert, dass er nach wie vor der Auffassung sei, dass eine Kürzung auf das 1,2-fache (statt das 1,0-fache) des Vorschusses auch bei erheblicher Überschreitung des Vorschusses angezeigt sei. Weiter hat er darauf hingewiesen, dass es dem Sachverständigen möglich sein müsse, nach der Kürzung auf den Vorschuss innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG eine auf das 1,2-fache des Vorschusses reduzierte Rechnung zu stellen und so doch noch das 1,2-fache vergütet zu erhalten. Eine Kürzung (auf das 1,0-fache des Vorschusses) sei ein (zumindest haushaltsrechtlicher) Verwaltungsakt. Ein anfechtbarer Verwaltungsakt müsse mit einer richtigen Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden. Ein Hinweis nur darauf, dass man gegen die Kürzung auf die Höhe des Vorschusses Antrag auf richterliche Festsetzung nach § 4 JVEG stellen könne, wäre bei zulässiger Nachliquidation innerhalb von drei Monaten (danach nur mit Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) nicht ausreichend, wenn nicht sogar falsch. Anstatt in einem Rechtsbehelf auf die Möglichkeit einer „reduzierten Rechnungsstellung“ hinzuweisen, sei es fairer, einfacher und praktikabler, gleich nur auf das 1,2-fache des Vorschusses zu kürzen.
II.
Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Festsetzung der Vergütung durch das SG auf die Höhe des Vorschusses, also auf 1.500,- €, steht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG. Die Berücksichtigung eines Aufschlags (in Höhe von bis zu unter 20%) ist ausgeschlossen, wenn die ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung den eingezahlten Vorschuss erheblich überschreitet.
1. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn der Beschwerdeführer als Berechtigter ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG als Sachverständiger beauftragt worden.
2. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren
Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer aufgegriffen hat oder nicht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B.
3. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist die Vorschrift des § 8 a JVEG eingeführt worden, dessen hier maßgebliche Absätze 4 und 5 wie folgt lauten:
„(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat.“
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO lautet wie folgt:
„Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.“
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
„Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung. ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben.
...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht.
... Wenn die Vergütung einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigt, soll sie mit dem Betrag des Vorschusses gekappt werden. Dadurch soll aber keine generelle Kappungsgrenze für jede Überschreitung des Vorschusses geschaffen werden, sondern nur für Fälle des erheblichen Übersteigens. Die Literatur nimmt Erheblichkeit erst bei einer um zwanzig Prozent übersteigenden Vergütung an (Zöller/Greger, 25. Auflage, § 413 ZPO, Rnr. 6).
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen.“
4. Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren
§ 8 a Abs. 4 JVEG ist im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar; irgendwelche Einschränkungen aufgrund der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens gibt es nicht.
Wenn der Bezirksrevisor mit Blick auf den Beschluss des Senats
Strittig im Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 SF 275/13 war die Vergütung einer Magnetresonanztomographie (MRT) im Rahmen eines von Amts wegen eingeholten Gutachtens. Das SG hatte dies unter dem Gesichtspunkt, dass durch die MRT hohe zusätzliche Kosten entstünden, die grundsätzlich einer Genehmigung durch den Hauptsacherichter bedürfen würden, abgelehnt. In diesem Zusammenhang hatte der Senat zum Rechtsgedanken des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO im Beschluss vom 07.12.2013 Folgendes ausgeführt:
„Der Senat hält § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO in gemäß § 183 SGG kostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren für unanwendbar. Im sozialgerichtlichen Verfahren gilt abweichend von der ZPO, in der der Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz maßgeblich ist, der Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. Leitherer, a. a. O., § 202, Rdnr. 3). Alle Vorschriften der ZPO, die mit dem Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz zusammenhängen, sind daher gemäß § 202 SGG nicht anwendbar (vgl. Leitherer, a. a. O., § 103, Rdnr. 1). Von der Anwendbarkeit ausgeschlossen sind zudem alle weiteren Regelungen, die auf Ausgestaltungen des zivilgerichtlichen Verfahrens beruhen, die es so im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gibt. Dazu gehört auch die Regelung des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO. Zum einen existiert in den sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 183 SGG ein Streitwert im Sinn des Zivilprozessrechts nicht und auch das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten - als potentielles Ersatzkriterium bei einer nur entsprechenden Anwendung - ist kaum quantifizierbar. Die dem Sachverständigen mit § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO auferlegte Pflicht, den Streitwert zumindest grob zu schätzen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl. 2013, § 407 a, Rdnr. 20) wird daher regelmäßig unerfüllbar sein. Zum anderen - und dies ist das noch gewichtigere Argument - dient die Hinweispflicht des Sachverständigen gemäß § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO dem Zweck, den Parteien Anlass zu der Überlegung zu geben, ob ihnen die Sache dies wert ist (vgl. Reichhold, in: /Putzo, ZPO, 33. Aufl. 2012, § 407 a, Rdnr. 5), nicht so sehr aber als Hilfe für die Verfahrensführung durch das Gericht. Denn im zivilgerichtlichen Verfahren sind die Kosten von den Parteien, nicht aber wie im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 183 SGG bei Ermittlungen von Amts wegen von der Staatskasse zu tragen. Insofern unterscheiden sich zivilgerichtliches und sozialgerichtliches Verfahren grundlegend. Im zivilgerichtlichen Verfahren sind für das Gericht und damit die Staatskasse die entstehenden Kosten ohne allzu große Bedeutung, da immer eine der Parteien die Kosten zu tragen hat. Wegen der Parteien und zu deren Schutz hat der Gesetzgeber die Verpflichtung für den Sachverständigen eingeführt. Im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 183 SGG hingegen ist der Kostengesichtspunkt für die Beteiligten bei den von Amts wegen durchgeführten Ermittlungen grundsätzlich ohne Bedeutung, da nicht sie, sondern die Staatskasse die Kosten zu tragen hat. Der Kostengesichtspunkt hat daher im zivilgerichtlichen Verfahren ein ganz anderes Gewicht für die Parteien, die das Verfahren auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen müssen. Insofern sieht der Senat den Anwendungsbereich des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 183 SGG als nicht eröffnet an, da der Grund für die Regelung des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO, nämlich der Schutz der Parteien vor unwirtschaftlich hohen Gutachtenskosten, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht einschlägig ist und - wie oben (vgl. Ziff. 6.1.1.1.) erläutert - fiskalische Überlegungen den Amtsermittlungsgrundsatz nicht einschränken können, also ein Schutzbedürfnis für das Gericht vor unwirtschaftlich hoher Belastung von der gesetzlichen Systematik nicht vorgesehen ist. Wenn demgegenüber Keller (vgl. in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 118, Rdnr. 11d) ohne irgendeine Begründung § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO für anwendbar hält, kann sich der Senat dem nicht anschließen.“
Daraus aber auf eine Unanwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren zu schließen, wäre verfehlt. Denn die damals im Zusammenhang mit § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO, der mit dem durch das 2. KostRMoG eingeführten § 8 a Abs. 3 JVEG korrespondiert, erörterte Frage ist nicht mit der zu vergleichen, wie sie sich jetzt mit Blick auf § 8 a Abs. 4 JVEG stellt.
Die Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG mit der darin enthaltenen Hinweispflicht, die § 407 a Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. ZPO entspricht, einerseits und die Vorschriften des § 8 a Abs. 3 JVEG und des damit korrespondierenden § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO, die Gegenstand der Entscheidung des Senats
So soll mit § 8 a Abs. 3 JVEG (bzw. § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO) dem Gericht und damit insbesondere den Parteien die Möglichkeit eröffnet werden, von der Einholung eines Gutachtens abzusehen, wenn die dafür entstehenden Kosten, die regelmäßig erst der Sachverständige absehen kann, in einem Missverhältnis zum Streitwert stehen und daher ein Gutachten angesichts der dadurch entstehenden Kosten mit Blick auf das Prozessziel möglicherweise als unwirtschaftlich erscheint. Für diese Regelung sieht der Senat wie früher (vgl. Beschluss des Senats
Mit § 8 a Abs. 4 JVEG wird hingegen - auf das sozialgerichtliche Verfahren übertragen - dem Umstand Rechnung getragen, dass sich ein Kläger dazu entschlossen hat, von seinem Recht nach § 109 SGG Gebrauch zu machen und dabei bereit ist, jedenfalls bis zu einer bestimmten Höhe, wie sie sich aus dem von ihm eingezahlten Vorschuss ergibt, (zumindest zunächst) eigene finanzielle Mittel aufzuwenden. Um den Kläger in einem derartigen Fall vor einem „Ausdemruderlaufen“ der Kosten zu schützen, muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, von seinem sich aus § 109 SGG ergebenden Recht Abstand zu nehmen, wenn dadurch Kosten entstehen, die er nicht mehr tragen kann oder will. Die Interessenlage ist hier nicht anders als im zivilgerichtlichen Verfahren.
Insofern kann aus einer Unanwendbarkeit des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 1. Alt. ZPO bzw. jetzt auch des § 8 a Abs. 3 JVEG nicht darauf geschlossen werden, dass der Regelungsgehalt des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren fehl am Platz wäre.
Es besteht daher bei § 8 a Abs. 4 JVEG (genauso wie bei § 407 a Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. ZPO) kein Zweifel daran, dass diese Regelung mit den Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens in Einklang steht. Denn in den Fällen einer Gutachtenserstellung gemäß § 109 SGG - nur in derartigen Fällen kann es wegen der dann üblicherweise erfolgenden Anforderung eines Vorschusses zu einer Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG kommen - besteht genauso wie im zivilgerichtlichen Verfahren ein Interesse des Antragstellers gemäß § 109 SGG, über die Höhe der entstehenden Kosten im Bilde zu sein.
5. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im hier zu entscheidenden Fall
Das SG hat die Vergütung des Beschwerdeführers zutreffend auf die Höhe des Vorschusses festgesetzt, da die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 5.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 5.2.) durch die dem Beschwerdeführer ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 5.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 5.4.), der Beschwerdeführer auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 5.5.) und nicht der Nachweis geführt ist, dass er die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten hätte (vgl. unten Ziff. 5.6.), mit der Konsequenz, dass die Vergütung auf die Höhe des Vorschusses ohne Aufschlag (von 20% abzüglich eines Cents) festzusetzen ist (vgl. unten Ziff. 5.7.).
5.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von 1.500,- €.
5.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt bei einer Vorschusshöhe von 1.500,- € bei
1.800,-€.
Der Senat geht davon aus, dass eine Überschreitung des Vorschusses dann erheblich ist, wenn die Überschreitung mindestens 20% des Vorschusses beträgt. Dies steht in Einklang mit der Gesetzesbegründung (vgl. die Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG, a. a. O., S. 260), der Kostenrechtsliteratur (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 8 a, Rdnr. 33; Hartmann, a. a. O., § 8 a JVEG, Rdnr. 64) und der überwiegenden Rechtsprechung (vgl. z. B. Oberlandesgericht - OLG - Hamm,
Bei einem Vorschuss in Höhe von 1.500,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 1.800,- € (1.500,- € x 1,2).
5.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Beschwerdeführer zustehende Vergütung, wenn kein Fall des § 8 a Abs. 4 JVEG gegeben wäre, bewegt sich jedenfalls in einer Dimension, die deutlich oberhalb von 2.000,- € liegt.
Sofern der Gesetzgeber in § 8 Abs. 4 JVEG formuliert
„Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss...“
meint der Gesetzgeber mit dem Wort „Vergütung“ die dem Sachverständigen zustehende Vergütung, wie sie sich ohne Anwendung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG ergeben würde. Nicht maßgeblich kann die vom Sachverständigen beantragte Vergütung sein, wenn diese die Höhe überschreiten würde, wie sie sich bei Zugrundelegung der maßgeblichen Abrechnungsvorgaben ergeben würde.
Etwas anderes, nämlich die Maßgeblichkeit der vom Sachverständigen gestellten Vergütungsforderung, ergibt sich weder aus § 8 a JVEG, insbesondere nicht § 8 a Abs. 3 JVEG, noch aus dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter, der die Rechtsprechung des Kostensenats durchzieht (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse
In § 8 a Abs. 3 JVEG hat der Gesetzgeber das Wort „Vergütung“ ergänzt um den Zusatz „geltend gemachte“. Es spricht nichts dagegen, § 8 a Abs. 4 JVEG nicht identisch wie § 8 a Abs. 3 JVEG auszulegen. Daraus aber den Schluss zu ziehen, es komme bei § 8 a Abs. 4 a.A. JVEG auf die „geltend gemachte“ Vergütung als Kriterium für die Beurteilung der Erheblichkeit der Überschreitung an, wäre falsch. Denn auch bei § 8 a Abs. 3 JVEG kann es - entgegen dem Wortlaut des Gesetzes - nicht darauf ankommen, was der Antragsteller als Vergütung gefordert hat, sondern nur darauf, was ihm als Vergütung objektiv zustehen würde. Denn dem ganzen Vergütungs- und Entschädigungssystem des JVEG ist es fremd, dass - abgesehen von einer Begrenzung durch das Antragsprinzip - die Höhe der vom Gericht festzusetzenden Vergütung oder Entschädigung allein durch die geltend gemachte Forderungshöhe des Antragstellers und damit u.U. unabhängig von einem objektiven Maßstab bestimmt würde. Vielmehr ist immer maßgeblich die objektiv zustehende Vergütung (vgl. auch Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 55/07). Es würde einen Systembruch darstellen, abweichend vom vorgenannten Grundsatz allein bei § 8 a Abs. 3 und 4 JVEG auf die geltend gemachte - und nicht die objektiv zustehende - Vergütung abzustellen. Denn dann wäre bei Gutachten, denen die Einholung eines Vorschusses vorausgeht, die Vergütung, jedenfalls wenn sich die Forderung des Sachverständigen im Bereich von 100% bis unter 120% des Vorschusses bewegt, fernab aller ansonsten geltenden Grundsätze lediglich aufgrund einer nicht auf Übereinstimmung mit den Abrechnungsvorgaben geprüften Vergütungsforderung vorzunehmen. Dies wäre durch nichts legitimiert, auch nicht durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung. Dieses Gebot stellt lediglich sicher, dass die Kostenbearbeitung nicht durch überzogene Prüfpflichten in ihrer Effektivität beschränkt wird, hebelt aber nicht die Vorgaben zur Ermittlung der Vergütung eines Sachverständigen aus, auch wenn die Kosten für das Gutachten zumindest zunächst von einem Beteiligten durch die Einzahlung eines Vorschusses zu tragen sind. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass für die Vergütung aller Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren die gleichen Maßstäbe gelten, unabhängig davon, ob ein Gutachten von Amts wegen gemäß § 106 SGG oder auf Antrag eines Klägers gemäß § 109 SGG eingeholt worden ist. Zudem wäre ein erhebliches Missbrauchspotenzial eröffnet, wenn das Wort „Vergütung“ in § 8 a Abs. 4 a.A. JVEG als „geltend gemachte Vergütung“ im Sinn der gestellten Rechnung interpretiert würde. Denn dann könnte ein Sachverständiger dadurch, dass er eine den Auslagenvorschuss erheblich übersteigende Vergütungsforderung aufstellt, eine Vergütung in Höhe des Auslagenvorschusses erreichen, auch wenn die ihm objektiv zustehende Vergütung diese Höhe nicht erreichen würde. Denn - bei wörtlicher Auslegung - wäre in einem derartigen Fall die Vergütung auf die Höhe des Auslagenvorschusses festzusetzen. Die vom Gesetzgeber als Sanktionierung einer Schlechtleistung gedachte Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG würde damit in eine Belohnung für einen (absichtlich) falsch abrechnenden Sachverständigen und damit das Regelungsziel des Gesetzgebers in sein Gegenteil verkehrt. Dass ein derartiges Ergebnis unvertretbar wäre, bedarf keiner weitergehenden Erläuterung.
Der Senat hat daher nicht den geringsten Zweifel daran, dass im Rahmen des § 8 a Abs. 4 JVEG immer auf die dem Sachverständigen objektiv zustehende Vergütung abzustellen ist, nicht aber auf eine vom Gutachter beantragte höhere.
Wenn aus der erst ganz vereinzelt vorliegenden zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 8 a Abs. 4 JVEG nicht ersichtlich ist, dass auch die Zivilgerichte immer in gleicher Weise wie der Senat Anlass für eine präzise Betrachtung sehen (vgl. einerseits OLG Hamm, Beschluss vom 24.07.2014, Az.: I-24 U 220/12, 24 U 220/12:
„Die vom Sachverständigen begehrte Vergütung übersteigt den Auslagenvorschuss ...“;
ähnlich Thüringer OLG, Beschluss vom 01.08.2014, Az.: 7 U 405/12:
„Im vorliegenden Fall stehen die geltend gemachten Gutachterkosten ...“,
andererseits OLG Hamm, Beschluss vom 14.10.2014, Az.: I-10 U 104/11, 10 U 104/11:
„...erscheint der vom Sachverständigen geltend gemachte Zeitaufwand ohne weiteres nachvollziehbar, so dass sich grundsätzlich ein Vergütungsanspruch in der vom Sachverständigen geltend gemachten Höhe errechnet.“)
ist dies ohne Frage mit den praktischen Unterschieden des sozialgerichtlichen Verfahrens einerseits und des zivilgerichtlichen Verfahrens andererseits zu begründen. Denn anders als im zivilgerichtlichen Verfahren, in dem die Parteien die Kosten eines Gutachtens zu tragen haben, ist bei einem Gutachten gemäß § 109 SGG die gar nicht seltene Möglichkeit gegeben, dass letztlich die Staatskasse die Kosten für das Gutachten zu tragen hat. Dies dürfte - neben dem im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachtenden Grundsatz, dass alle Gutachten, also sowohl nach § 106 SGG als auch gemäß § 109 SGG, nach den selben Vorgaben abzurechnen sind - die unterschiedliche Sensibilität in den beiden Gerichtszweigen erklären.
Die einem Sachverständigen objektiv zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats vom 26.06.2012; Az.: L 15 SF 423/09, und
Dass die nach den aufgezeigten Vorgaben zu ermittelnde Vergütung des Beschwerdeführers - der Beschwerdeführer hat eine Rechnung über 2.855,41 € gestellt - sich in einem Bereich von deutlich über 2.000,- € bewegt, liegt angesichts der ausführlichen Erläuterungen des Sachverständigen in seinem Gutachten im Rahmen der Beurteilung der Beweisfragen und der von ihm dazu gemachten plausiblen Zeitangaben auf der Hand; einer detaillierten Berechnung bedarf es insofern im vorliegenden Fall nicht.
5.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 5.3. ermittelte Betrag von mindestens 2.000,- € liegt deutlich über der in Ziff. 5.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG in Höhe von hier 1.800,- €.
5.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Der Beschwerdeführer hat überhaupt nicht vor Vorlage des Gutachtens darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 2.855,41 € vorgelegt.
5.6. Kein fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Es ist nicht nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Pflicht, auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses rechtzeitig hinzuweisen, nicht zu vertreten hätte.
5.6.1. Zur widerleglichen Vermutung des Verschuldens - Allgemeines
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird (vgl. auch die Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG, a. a. O., S. 260).
Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat. Darauf, ob er vom Gericht über die Konsequenzen der Vorschussüberschreitung hingewiesen worden ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der Sachverständige kann sich auch nicht darauf berufen, dass er zunächst davon ausgegangen sei, dass der Vorschuss ausreichend hoch und ihm die Überschreitung erst zu einem Zeitpunkt aufgefallen sei, als der vergütungsrechtliche Wert seiner Arbeit den Vorschuss bereits erheblich überschritten habe.
Das den Gutachtensauftrag erteilende Gericht (der Hauptsache) hat den Sachverständigen nur auf die Höhe des Vorschusses hinzuweisen, nicht aber auf die sich aus einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses ergebende Konsequenz. Dies folgt schon aus der gesetzlichen Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG. Der Gesetzgeber hat darin - anders als im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG - keine ausdrückliche Belehrungspflicht hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Vorschussüberschreitung vorgegeben. Dagegen, dass im Rahmen dieser gerichtlichen Informationspflicht verpflichtend zusätzlich darüber aufzuklären wäre, welche Konsequenzen sich bei erheblicher Überschreitung des Vorschusses ergeben, wenn der Sachverständige darauf nicht rechtzeitig hingewiesen hat, spricht auch, dass als Bezugspunkt für ein fehlendes Vertretenmüssen gemäß § 8 a Abs. 5 JVEG allein die Verletzung der Hinweispflicht des Sachverständigen auf die Vorschussüberschreitung, nicht aber die Kenntnis der vergütungsrechtlichen Konsequenzen einer Hinweispflichtverletzung angesehen wird (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14.10.2014, Az.: I-10 U 104/11, 10 U 104/11; Landgericht - LG - Heidelberg,
Andere Fälle als der aufgezeigte der fehlenden Kenntnis von der Höhe des Vorschusses, weil eine entsprechende Information durch das Gericht nicht erfolgt ist, für die Widerlegung des Verschuldens sind für den Senat schwerlich vorstellbar. Insbesondere kann sich ein Sachverständiger nicht auf eine Fehlkalkulation der Kosten vor Beginn der Gutachtenserstellung (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 8 a, Rdnr. 35) oder darauf berufen, dass ihm die erhebliche Kostensteigerung erst bewusst geworden sei, als das Gutachten bereits fertig erstellt oder jedenfalls der Vorschuss durch die schon angefallene Tätigkeit bereits erheblich überschritten gewesen sei. Zwar bestehen für den Senat nicht die geringsten Zweifel daran, dass von einem Sachverständigen nicht erwartet werden kann, dass er bereits bei Beginn der Gutachtenserstellung die endgültigen Kosten exakt abschätzen kann. Eine derartige Erwartungshaltung wäre zum einen völlig praxisfern, da ein soweit gehender Vorausblick des Sachverständigen angesichts oft sehr komplexer Fragestellungen nicht erwartet werden kann, und hätte zum anderen auch keine gesetzliche Grundlage. Denn der Gesetzgeber fordert in § 8 a Abs. 4 JVEG (und auch in § 407 a Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. ZPO) lediglich einen „rechtzeitigen“ Hinweis auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses. Von einer Rechtzeitigkeit in diesem Sinn muss, um die Anforderung an den Sachverständigen, sich über die Höhe der voraussichtlich anfallenden Kosten im Bilde zu sein, nicht zu überspannen, auch noch dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige das Gericht zu einem Zeitpunkt informiert, zu dem die ihm bis dahin zustehende Vergütung die Grenze der Erheblichkeit der Vergütung zu erreichen droht. Würde vom Sachverständigen ein früherer Hinweis erwartet - dies läge im Interesse der die Kosten tragenden Partei, da damit ihr Kostenrisiko reduziert werden könnte, dass sie Gutachtenskosten (bis zur Höhe des Vorschusses) zu tragen hätte, ohne dass es zu einer Fertigstellung des Gutachtens gekommen wäre -, würden die Anforderungen an ihn überspannt, sich bei der Gutachtenserstellung der voraussichtlich entstehenden Kosten bewusst zu sein. Auch wäre anderenfalls keine rechtssichere Abgrenzung bezüglich der Rechtzeitigkeit möglich, da es nicht Sache des Kostenbeamten und Kostenrichters sein kann, einem Sachverständigen nachzuweisen, zu welchem Zeitpunkt ihm während der Gutachtenserstellung bewusst geworden sein muss, dass die Gutachtenskosten den Vorschuss erheblich überschreiten würden. Dabei bedarf es in diesem Zusammenhang gar keines Rückgriffs auf den Leitgedanken der Rechtsprechung des Kostensenats, wonach aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Handhabbarkeit die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nur sehr gering sind (vgl. die oben in Ziff. 5.3. aufgelisteten Grundsatzbeschlüsse des Senats). Denn dass es für einen Außenstehenden, der nicht selbst Sachverständiger ist, nicht nachvollziehbar sein wird, ab welchem Zeitpunkt dem gerichtlichen Sachverständigen die Entstehung von Kosten in einer konkreten Höhe, nämlich in Höhe des Vorschusses mit einer nur unerheblichen Überschreitung, bewusst gewesen sein muss, liegt auf der Hand. Erwartet werden kann und muss daher vom Sachverständigen nur, dass er während der Erstellung des Gutachtens über die jeweils bereits angefallenen Kosten weitgehend im Bilde ist.
Eine Exkulpation bezüglich des Verschuldens wäre auch nicht dadurch möglich, dass der Sachverständige vortragen würde, ihm sei die genaue Höhe der Erheblichkeitsgrenze nicht bewusst gewesen. Es muss einem Sachverständigen grundsätzlich bewusst sein, dass er nur mit einer Vergütung im Rahmen des eingezahlten Vorschusses rechnen kann und es daher in seinem eigenen Interesse geboten ist, dass er das Gericht schon darüber in Kenntnis setzt, wenn eine Überschreitung des Vorschusses an sich im Raum steht, nicht erst dann, wenn die Überschreitung einen nicht unerheblichen Umfang annimmt. Entsprechend war auch der Hinweis im Auftragsschreiben des Gerichts an den Sachverständigen formuliert.
5.6.2. Kein fehlendes Verschulden des Beschwerdeführers
Ein fehlendes Verschulden des Beschwerdeführers ist nicht nachgewiesen.
Auf die Höhe des eingezahlten Vorschusses ist der Beschwerdeführer mit dem Gutachtensauftrag hingewiesen worden.
Der Beschwerdeführer ist, der üblichen Praxis in der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern folgend, nicht nur über die Höhe des eingezahlten Vorschusses informiert worden, sondern sogar über die rechtliche Konsequenz einer Überschreitung des Vorschusses unter Verstoß gegen die Hinweispflicht belehrt worden. Dass die gerichtliche Aufforderung im Gutachtensauftrag dahingehend formuliert ist, dass der Sachverständige das Gericht schon bei einer im Raum stehenden Überschreitung des Vorschusses zu informieren und dann die Nachricht des Gerichts abzuwarten habe und nicht erst bei einer wesentlichen Überschreitung, wie es die gesetzlichen Regelungen des § 8 a Abs. 4 JVEG und des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. ZPO vorsehen, ist unschädlich. Zwar geht die Aufforderung im gerichtlichen Gutachtensauftrag - auch im Interesse des Sachverständigen zur frühzeitigen Vorbeugung etwaiger vergütungsrechtlicher Probleme - über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Dies kann aber kein fehlendes Verschulden des Beschwerdeführers im Sinn des § 8 a Abs. 5 JVEG begründen, was einer Kürzung seiner Vergütungsforderung auf den Vorschuss entgegenstünde. Denn für die Frage des Verschuldens kommt es allein auf die Kenntnis der Vorschusshöhe, nicht aber auf die rechtlichen Konsequenzen einer (erheblichen) Überschreitung an (vgl. oben Ziff. 5.6.1.). Allenfalls dann, wenn die weitergehenden Hinweise insofern nicht mit der Gesetzeslage übereinstimmen würden, dass die falsch oder unzureichend dargestellten rechtlichen Konsequenzen weniger schwerwiegend wären als das, was die Gesetzeslage vorsieht, wäre dies gegebenenfalls zugunsten des Sachverständigen zu berücksichtigen. Da aber hier die gesetzlichen Konsequenzen einer Überschreitung des Vorschusses nicht als weniger belastend, als sie tatsächlich sind, dargestellt worden sind, erübrigen sich weitergehende Überlegungen.
Dass der Beschwerdeführer zunächst davon ausgegangen ist, dass der eingezahlte Vorschuss für das Gutachten ausreichend sei, und sich, wie er vorgetragen hat, erst im Lauf der Erstellung des Gutachtens für ihn zunächst nicht absehbare Kostenmehrungen ergeben haben, kann - wie oben erläutert (vgl. Ziff. 5.6.1.) - ein fehlendes Verschulden nicht begründen. Er hätte das SG spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als die bis dahin angefallenen Kosten die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohten.
5.7. Rechtsfolge: Kürzung auf die Höhe des Vorschusses
Die Vergütung ist auf die Höhe des Vorschusses, d. h. auf 1.500 €, zu kürzen. Ein Aufschlag auf die Höhe dessen, was die maximal mögliche Vergütung unterhalb der Erheblichkeitsgrenze darstellen würde, also von 20% abzüglich eines Cents, ist nicht vorzunehmen.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG ist eindeutig und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Der Gesetzgeber hat eine Vergütung „nur in Höhe des Auslagenvorschusses“ vorgegeben. Dieses Ergebnis - Festsetzung der Vergütung auf die Höhe des Auslagenvorschusses - entspricht auch der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse
5.8. Keine weiteren Prüfungspunkte
5.8.1. Frage der Gutachtenserstellung bei Kenntnis der höheren Kosten irrelevant
Darauf, ob das Gutachten im vorliegenden, über den Kostenvorschuss hinausgehende Kosten verursachenden Umfang auch dann erstellt worden wäre, wenn das Gericht (und von diesem die Antragstellerin gemäß § 109 SGG) über die höheren Kosten rechtzeitig informiert worden wäre, kommt es nicht an.
Wenn das Thüringer OLG im
„Eine Kürzung seiner Vergütung scheidet gleichwohl aus. Denn eine solche ist nur möglich, wenn bei verständiger Würdigung aller Umstände anzunehmen ist, dass bei rechtzeitiger Anzeige der Mehrkosten der Gutachtensauftrag eingeschränkt oder beendet worden wäre (OLG Stuttgart, MDR 2008, 652 f.; OLG Celle, BauR 2008, 718 f.; OLG Düsseldorf, BauR 2003, 1448; BayObLGZ 1997, 353 ff.). Das ist im vorliegenden Fall nicht anzunehmen. Hierbei kommt es darauf an, ob und inwieweit das Gutachten für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich war und ob der Kläger bei rechtzeitiger Mitteilung von Mehrkosten die Klage oder die Berufung zurückgenommen hätte (OLG Celle, BauR 2008, 718 f.; OLG Düsseldorf, BauR 2003, 1448; BayObLGZ 1997, 353 ff.). Das Gutachten des Sachverständigen D. war im vollen Umfang für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich. Es enthält keine überflüssigen weitschweifigen Ausführungen. Der Kläger hätte die Klage im Falle rechtzeitiger Mitteilung der Mehrkosten nicht zurückgenommen. Vielmehr hat er nachhaltig an seinem Rechtsstandpunkt festgehalten. Auch eine Einschränkung des Gutachtensauftrags kam nicht in Betracht, vielmehr beschränkte sich dieser von vornherein auf die wesentlichen und für die Entscheidung notwendigen Beweistatsachen“ begründet hat (ähnlich vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 55/07), kann sich der Senat dem jedenfalls für die neue Rechtslage seit Inkrafttreten des 2. KostRMoG nicht anschließen. Denn die Frage der Kausalität der Verletzung der Hinweispflicht ist jetzt bei der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG kein vom Gesetzgeber vorgesehenes oder zugelassenes Kriterium für die Ermittlung der Vergütungshöhe. Der Senat kann zwar die Zielrichtung der Argumentation des Thüringer OLG nachvollziehen und hat auch unter allgemeinen Gerechtigkeitsüberlegungen Verständnis für diese Position. Gleichwohl würde der Senat einer Einführung eines derartigen weiteren Tatbestandsmerkmals im Weg der Auslegung einen Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz (GG) sehen. Denn eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung in § 8 a Abs. 4 JVEG könnte nur der Gesetzgeber, nicht aber die Judikative im Wege der ergänzenden Auslegung vornehmen. Auf die Frage der Kausalität der Verletzung der Hinweispflicht kann es daher zumindest bei der neuen Rechtslage ab Inkrafttreten des 2. KostRMoG nicht ankommen (vgl. LG Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015, Az.: 3 T 4/15 - m. w. N.).
5.8.2. Frage der Verwertung des Gutachtens irrelevant
Ob das Gutachten, dessen Vergütung auf den Vorschuss gekürzt worden ist, im gerichtlichen Verfahren bestimmungsgemäß verwertet wird oder worden ist, hat für die Frage der Vergütung im Zusammenhang mit § 8 a Abs. 4 JVEG ebenfalls keine Bedeutung.
Der Gesetzgeber hat die Rechtsfolge einer Kürzung der Vergütung an den Vorschuss bei § 8 a Abs. 4 JVEG allein an die erhebliche Überschreitung des Vorschusses unter Verstoß gegen die Hinweispflicht geknüpft, ohne dies vom Umfang der Verwertung des Gutachtens abhängig zu machen. Jede Abhängigmachung der Vergütung vom Umfang der Verwertung bzw. Verwertbarkeit des Gutachtens würde den Regelungszweck des § 8 a Abs. 4 JVEG konterkarieren und den Beteiligten, der einen Vorschuss leistet, zwingen, für das Gutachten mehr auszugeben, als er möglicherweise ursprünglich gewollt hat. Das Risiko einer Kostenüberschreitung des Gutachters kann aber nicht dem Beteiligten aufgebürdet werden, sondern muss wegen der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung, wozu die Fälle des § 8 a Abs. 4 JVEG zählen (vgl. die Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG, a. a. O., S. 259), beim Sachverständigen bleiben. Ob und inwieweit ein Gutachten im Hauptsacheverfahren verwertet wird, ist daher für das kostenrechtliche Verfahren nach dem JVEG ohne Bedeutung.
Aus den genannten Gründen ist auch an eine (analoge) Anwendung von § 8 a Abs. 2 Satz 2 JVEG nicht zu denken. Eine direkte Anwendung ist nicht eröffnet, da § 8 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG ausdrücklich nur auf die Verpflichtungen gemäß § 407 a Abs. 1 bis 3 Satz 1 ZPO, nicht aber auf die Hinweispflicht gemäß § 407 a Abs. 3 Satz 2 ZPO, die mit § 8 a Abs. 4 JVEG korrespondiert, verweist. Für eine analoge Anwendung ist kein Raum, da damit die über § 8 a Abs. 4 JVEG eröffnete Möglichkeit des die Kosten tragenden Beteiligten, die entstehenden Kosten zu begrenzen, zunichte gemacht und der Zweck der gesetzlichen Regelung unterlaufen würde.
5.8.3. Keine nachträgliche Einholung des Einverständnisses des Beteiligten
Die Frage, ob der Beteiligte - im sozialgerichtlichen Verfahren der Antragsteller gemäß § 109 SGG - die Kosten, die den von ihm geleisteten Vorschuss übersteigen, nachträglich, d. h. nach Vorlage des Gutachtens, nachschießen würde, hat für die Frage der Vergütung keine rechtliche Bedeutung.
Unter den Voraussetzungen des § 8 a Abs. 4 JVEG wird die Vergütung des Sachverständigen kraft Gesetzes gekappt. Eine Nachzahlung des Antragstellers sehen die gesetzlichen Regelungen nicht vor. Es wäre auch systemwidrig, eine Nachzahlung zuzulassen, da der Gesetzgeber die Rechtsfolge der Kappung der Vergütung gerade an die nicht rechtzeitige Mitteilung des Vorschusses geknüpft hat, nicht daran, dass es nicht später nach der Vorlage des Gutachtens zu einer Nachzahlung durch den Antragsteller gekommen ist. Wäre dies die Intention des Gesetzgebers gewesen, hätte er dies entsprechend zum Ausdruck bringen müssen.
5.8.4. Keine Befassung des Hauptsacherichters erforderlich
Im Fall der Vorschussüberschreitung im Sinn des § 8 a Abs. 4 JVEG ist keine Befassung des Hauptsacherichters, insbesondere nicht in Form eines Beschlusses erforderlich.
Sofern Ausführungen in der kostenrechtlichen Kommentarliteratur darauf hindeuten, dass nach dortiger Ansicht der Kostenbeamte nicht dazu befugt wäre, über die Kappung gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG zu entscheiden, sondern dass dazu ein gerichtlicher Beschluss - wohl des Hauptsachegerichts - ergehen müsste und dass vor diesem Beschluss die „Beteiligten“ - unklar ist, ob damit die Beteiligten des Hauptsacheverfahrens oder auch der Sachverständige gemeint sind - zu hören wären (vgl. Hartmann, a. a. O., § 8 a JVEG, Rdnr. 65), ist eine solche Ansicht für den Senat im Zusammenhang mit § 8 a Abs. 4 JVEG nicht nachvollziehbar.
Nach den allgemeinen Regelungen erfolgt die Festsetzung der Vergütung oder Entschädigung zunächst, wenn nicht bereits mit der Geltendmachung der Vergütung oder Entschädigung explizit ein Antrag auf gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG gestellt wird, durch den Kostenbeamten in einem reinen Verwaltungsverfahren nach § 2 JVEG. Einer Einbeziehung der Prozessbeteiligten des Hauptsacheverfahrens bedarf es dabei nicht (vgl. Hartmann, a. a. O., § 4 JVEG, Rdnr. 4; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 4, Rdnr. 7 - jeweils m. w. N.).
Irgendein Grund, von diesem vorgegebenen Verfahren nur deshalb abzuweichen, weil bei der Frage der Vergütung § 8 a Abs. 4 JVEG eine Rolle spielt, lässt sich § 8 a JVEG nicht entnehmen, zumal § 8 a JVEG keinerlei gegenüber § 2 und § 4 JVEG abweichende Verfahrensvorschriften enthält. Der Senat kann auch keinerlei Sinn und Zweck eines vorab über die Frage der Überschreitung des Vorschusses zu treffenden Gerichtsbeschlusses erkennen, wovon Hartmann auszugehen scheint (vgl. Hartmann, a. a. O., § 8 a JVEG, Rdnr. 65). Denn ein solcher Beschluss würde inhaltlich nichts anderes darstellen als der gemäß § 4 Abs. 1 JVEG zu treffende Beschluss, für den nicht das Gericht der Hauptsache, sondern - wenn die gerichtliche Zuständigkeit in der Hauptsache nicht mit der in der Kostensache zusammenfällt - das Kostengericht zuständig ist.
Zudem ist auch kein Gesichtspunkt ersichtlich, warum beispielsweise aus Gründen einer Sachnähe das Gericht der Hauptsache einen Beschluss in Zusammenhang mit § 8 a Abs. 4 JVEG treffen sollte. Denn es sind ausschließlich kostenrechtliche Fragen zu klären. An dieser Beurteilung ändert auch die Tatsache nichts, dass in anderem Zusammenhang bei § 8 a JVEG, nämlich bei der Frage der Verwertbarkeit der gutachtlichen Leistung gemäß § 8 a Abs. 2 JVEG, eine Äußerung des Hauptsachegerichts - aber nicht in Form eines Beschlusses - vor der Festsetzung der Vergütung durch den Kostenbeamten oder das Gericht der Kostensache regelmäßig unverzichtbar sein wird. Denn auf die Frage der Verwertbarkeit der Leistung des Sachverständigen kommt es bei § 8 a Abs. 4 JVEG gerade nicht an (vgl. oben Ziff. 5.8.2.).
5.9. Ergebniskontrolle
Rechtliche Bedenken gegen das gefundene Ergebnis bestehen nicht.
5.9.1. Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG
Unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlich gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen Gleichbehandlung ist das gefundene Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt vom Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998, Az.: 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94
Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben begegnet das Ergebnis des Senats - bei erheblicher Überschreitung des Vorschusses Kürzung auf den Vorschuss ohne Aufschlag - keinen Bedenken.
Der Senat ist sich bewusst, dass bei der von ihm praktizierten Anwendung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG ein Sachverständiger, wenn die ihm objektiv zustehende Vergütung den eingezahlten Vorschuss nicht erheblich übersteigt, eine höhere Vergütung erhält als ein Gutachter, der für sein Gutachten objektiv eine höhere Vergütung, nämlich eine erheblich den Vorschuss übersteigende Vergütung, verlangen könnte; bei letzterem ist nämlich - im Gegensatz zu ersterem - auf die Höhe des Vorschusses zu kürzen. Einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz stellt das aber nicht dar. Überschreitet der Sachverständige mit seiner Vergütungsforderung den Vorschuss nicht im Sinn des § 8 a Abs. 4 JVEG erheblich, verstößt er gegen keine gesetzlichen Vorgaben. Überschreitet er dagegen den Vorschuss erheblich, liegt ein Fall der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung vor (vgl. die Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG, a. a. O., S. 259). Diese beiden Konstellationen - einerseits gesetzeskonforme, andererseits nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung - gleich zu behandeln, gebietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.
Nicht ganz unähnlich stellt sich im Übrigen die Vorgehensweise zur Ermittlung des zu vergütenden Zeitaufwands eines Sachverständigen dar. Überschreiten dort die Zeitangaben eines Sachverständigen die vom Kostenbeamten oder Kostenrichter als objektiv notwendig ermittelte Zeit um nicht mehr als 15%, sind der Vergütung die Zeitangaben des Sachverständigen zugrunde zu legen. Gehen seine Zeitangaben jedoch um mehr als 15% über die als objektiv erforderlich ermittelte Zeit hinaus, wird der Vergütung die als objektiv erforderlich ermittelte Zeit ohne einen 15%igen Aufschlag zugrunde gelegt (vgl. Beschluss des Senats
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG bestehen daher nicht.
Gleichwohl kann der Senat nicht verhehlen, dass er die vom Gesetzgeber mit dem 2. KostRMoG eingeführte Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG jedenfalls für das sozialgerichtliche Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung nicht für gerade glücklich hält. Es mag zwar sein, dass damit eine Anpassung an die bisherige Rechtsprechung vor der Einführung des § 8 a JVEG erfolgt ist. Im Gesetzgebungsverfahren wurde aber die Situation in der Sozialgerichtsbarkeit nicht berücksichtigt. Eine Regelung wie in § 8 a Abs. 4 JVEG wäre insbesondere in der sozialgerichtlichen Praxis dann ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung, wenn eine Kürzung auf den Vorschuss unabhängig davon erfolgen würde, ob die Überschreitung erheblich oder nur unerheblich ist. Denn in den Fällen einer unerheblichen Überschreitung des Kostenvorschusses muss sich das Gericht erneut an den Antragsteller gemäß § 109 SGG wenden und versuchen, die den Vorschuss übersteigenden Kosten von diesem zu erhalten. Dies kann, insbesondere bei fehlendem Zahlungswillen, mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sein, den der Gesetzgeber der Sozialgerichtsbarkeit ersparen hätte können, wenn er in jedem Fall eine Kappung auf den Vorschuss vorgesehen hätte. Dass dies verfassungsrechtlich ohne Frage zulässig gewesen wäre, bedarf keiner Diskussion. Der Senat kann nicht erkennen, dass die jetzt mit § 8 a Abs. 4 JVEG getroffene Regelung mit einer Orientierung an der Erheblichkeit der Überschreitung im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens zwingend notwendig gewesen wäre.
5.9.2. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Die getroffene Auslegung des § 8 a Abs. 4 JVEG eröffnet keine Missbrauchsmöglichkeiten, sondern allenfalls rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten eines Sachverständigen. Dies gibt keinen Anlass, an der gewählten Auslegung zu zweifeln.
Die gesetzlichen Vorgaben lassen dem Sachverständigen eine Möglichkeit, wie er bei erheblicher Überschreitung des Vorschusses unter Verstoß gegen die Hinweispflicht die gesetzlich vorgegebene Kürzung minimieren kann. Wie oben ausgeführt (vgl. Ziff. 5.3.), ist bei der Beurteilung, ob eine zur Kürzung führende erhebliche Überschreitung des Vorschusses vorliegt, auf den dem Sachverständigen objektiv zustehenden Vergütungsbetrag abzustellen. Dieser bestimmt sich nach den allgemeinen Abrechnungsvorgaben, wie sie in der ständigen Rechtsprechung des Kostensenats angewendet werden, wobei zu beachten ist, dass die Vergütung des Sachverständigen immer durch das Antragsprinzip limitiert ist. Insofern kann ein Sachverständiger, der erkannt hat, dass er bei einer Rechnungsstellung, wie sie den Abrechnungsvorgaben der Rechtsprechung des Kostensenats entsprechen würde, eine Kürzung bis auf die Höhe des Vorschusses erleiden würde, eine so weit gehende Kürzung dadurch vermeiden, dass er eine Rechnung in Höhe des Vorschusses zuzüglich eines 20%igen Zuschlags und abzüglich eines Cents stellt. So könnte er ein fast 20% höheres Honorar, als dies der Gesetzgeber sich vorgestellt hat, nur durch geschickte Rechnungsstellung erreichen.
In einer derartigen Rechnungsstellung sieht der Senat aber keinen Rechtsmissbrauch, der Anlass gäbe, an der angewandten Auslegung des § 8 a Abs. 4 JVEG zu zweifeln. Denn ein Rechtsmissbrauch als besondere Form des Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.02.1981, Az.: 1 BvR 413/80, 1 BvR 768/80
Die Frage, ob und wenn ja wie lang es dem Sachverständigen möglich ist, auch nach Geltendmachung einer den Vorschuss erheblich übersteigenden und in diesem Umfang auch - abgesehen von den Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG - berechtigten Forderung diese durch eine neue Rechnung mit einer unter der Grenze der Erheblichkeit liegenden Vergütungsforderung zu ersetzen, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung. Es dürfte aber einiges dafür sprechen, eine derartige erneute Vorlage einer Rechnung mit reduzierter Forderung wie die Geltendmachung einer Nachforderung zu behandeln. Denn auch wenn es sich formal betrachtet um eine Reduzierung der Rechnungshöhe handeln würde, dient die reduzierte Rechnungsstellung allein dem Zweck, eine höhere Vergütung zu erhalten. Würde ein derartiges Vorgehen unabhängig von der dreimonatigen Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG (bei Versäumung dieser Frist nur über eine Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 JVEG) zugelassen, würde das mit der kurzen Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG verfolgte Ziel eines zeitnahen kostenrechtlichen Abschlusses des Verfahrens (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 178 f.) missachtet.
Sofern der Bezirksrevisor in seinem Schreiben vom 04.11.2014 zu der Ansicht zu tendieren scheint, dass bei der Kürzung der Vergütungsforderung durch den Kostenbeamten dieser, würde der Rechtsansicht des Senats zur Möglichkeit einer nachträglichen Rechnungsänderung gefolgt, seine Kürzung als (zumindest haushaltsrechtlichen) Verwaltungsakt mit einer Rechtsbehelfsbelehrung nicht nur im Sinn eines Hinweises auf die Möglichkeit einer gerichtlichen Kostenfestsetzung, sondern auch auf die Gelegenheit zur nachträglichen Rechnungskorrektur versehen müsste, würde dies zu weit gehen. Denn eine Rechtsbehelfsbelehrung muss nur den Hinweis auf den sich eröffnenden Rechtsschutz, nicht aber alle denkbaren rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen, mit denen sich ein Antragsteller gegebenenfalls (wirtschaftliche) Vorteile verschaffen kann. Dies ergibt sich auch aus dem mit Wirkung zum 01.01.2014 neu eingeführten § 4 c JVEG. Danach hat eine Belehrung (nur) „über den statthaften Rechtsbehelf“ zu erfolgen, nicht aber über andere Möglichkeiten, sich gegen eine nicht genehme Entscheidung zur Wehr zu setzen (vgl. auch Hartmann, a. a. O., § 4 c JVEG, Rdnr. 1, § 5 b GKG, Rdnr. 16).
Die Kürzung der Vergütungsforderung des Beschwerdeführers auf die Höhe des Vorschusses ist daher zu Recht erfolgt; die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Umfangs der Kürzung bei erheblicher Überschreitung des Vorschusses gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG in voller Besetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses und nach Reduzierung der ursprünglichen Vergütungsforderung.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (...) unter dem Aktenzeichen geführten schwerbehindertenrechtlichen Verfahren wurde der Antragsteller, der Facharzt für Orthopädie ist, auf Antrag des dortigen Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses in Höhe von 1500,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 02.09.2014 an den Antragsteller war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 1500,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Am
Die Kostenbeamtin des Bayer. ... setzte die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom
Der Berichterstatter des Kostensenats des Bayer. ... hat dem Antragsteller mit Schreiben vom
Mit Schreiben vom
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom
Die Vergütung für das Gutachten vom
1. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG)
2. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats
3. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist die Vorschrift des § 8 a JVEG eingeführt worden, dessen hier maßgebliche Absätze 4 und 5 wie folgt lauten:
„(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat.“
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) lautet wie folgt:
„Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.“
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 a JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
„Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung. ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben. ...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht.
Wenn die Vergütung einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigt, soll sie mit dem Betrag des Vorschusses gekappt werden. Dadurch soll aber keine generelle Kappungsgrenze für jede Überschreitung des Vorschusses geschaffen werden, sondern nur für Fälle des erheblichen Übersteigens. Die Literatur nimmt Erheblichkeit erst bei einer um zwanzig Prozent übersteigenden Vergütung an (Zöller/Greger, 25. Auflage, § 413 ZPO, Rnr. 6).
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen.“
Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen nicht (vgl. Beschluss des Senats
4. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im hier zu entscheidenden Fall
Die Vergütung des Antragstellers ist auf die Höhe des Vorschusses festzusetzen, da die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 4.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 4.2.) durch die dem Antragsteller ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 4.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 4.4.), der Antragsteller auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 4.5.) und nicht der Nachweis geführt ist, dass er die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten hat (vgl. unten Ziff. 4.6.), mit der Konsequenz, dass die Vergütung auf die Höhe des Vorschusses ohne Aufschlag (von 20% abzüglich eines Cents) festzusetzen ist (vgl. unten Ziff. 4.7.). Die vom Antragsteller mit Schreiben vom 04.02.2015 erfolgte „Reduzierung“ der Vergütungsforderung auf 1799,- € ist unbeachtlich, da sie rechtlich betrachtet eine Nachforderung darstellt (vgl. unten Ziff. 4.8.), diese Nachforderung zu spät geltend gemacht worden ist (vgl. unten Ziff. 4.8.1.) und eine Wiedereinsetzung dafür nicht gewährt werden kann (vgl. unten Ziff. 4.8.2.). Weitere vergütungsrelevante Gesichtspunkte gibt es nicht (vgl. unten Ziff. 4.9.).
4.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von 1.500,- €.
4.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt bei einer Vorschusshöhe von 1.500,- € bei 1.800,- €.
Der Senat geht davon aus, dass eine Überschreitung des Vorschusses dann erheblich ist, wenn die Überschreitung mindestens 20% des Vorschusses beträgt (vgl. Beschluss des Senats
Bei einem Vorschuss in Höhe von 1.500,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 1.800,- € (1.500,- € x 1,2).
4.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Antragsteller zustehende Vergütung (zum Begriff der Vergütung in diesem Zusammenhang: vgl. Beschluss des Senats
Die einem Sachverständigen objektiv zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats
Dass die nach den aufgezeigten Vorgaben zu ermittelnde Vergütung des Antragstellers - der Antragsteller hat eine Rechnung über 2.500,46 € gestellt - sich in einem Bereich von deutlich über 2.000,- € bewegt, liegt angesichts der ausführlichen Erläuterungen des Sachverständigen in seinem Gutachten im Rahmen der Beurteilung der Beweisfragen und der von ihm dazu gemachten plausiblen Zeitangaben sowie der durchgeführten bildgebenden Verfahren auf der Hand; einer detaillierten Berechnung bedarf es insofern im vorliegenden Fall nicht.
Lediglich der Klarheit halber weist der Senat darauf hin, dass die mit Schreiben des Antragstellers vom
4.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 4.3. ermittelte Betrag von mindestens 2.000,- € liegt deutlich über der in Ziff. 4.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG von 1.800,- € (zur nachträglichen Reduzierung der Vergütungsforderung durch den Antragsteller vgl. unten Ziff. 4.8.).
4.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Der Antragsteller hätte das ... spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch im Sinn des § 8 JVEG die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohte. Dies hat er nicht getan.
Der Antragsteller hat vor Vorlage des Gutachtens überhaupt nicht darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 2.500,46 € vorgelegt. Der erst zusammen mit der Rechnungsvorlage erfolgte Hinweis auf die Kostenüberschreitung ist bei weitem zu spät erfolgt.
4.6. Kein fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Es ist nicht nachgewiesen, dass der Antragsteller die Verletzung seiner Pflicht, auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses rechtzeitig hinzuweisen, nicht zu vertreten hat.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird (vgl. auch die Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG, a. a. O., S. 260). Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat. Der Sachverständige kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass er zunächst davon ausgegangen sei, dass der Vorschuss ausreichend hoch und ihm die Überschreitung erst zu einem Zeitpunkt aufgefallen sei, als der vergütungsrechtliche Wert seiner Arbeit den Vorschuss bereits erheblich überschritten habe (ausführlich zum Gesichtspunkt des Verschuldens: vgl. Beschluss des Senats
Im vorliegenden Fall ist ein fehlendes Verschulden des Antragstellers nicht nachgewiesen. Auf die Höhe des eingezahlten Vorschusses ist der Antragsteller mit dem Gutachtensauftrag hingewiesen worden. Der Antragsteller ist, der üblichen Praxis in der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern folgend, sogar überobligatorisch über die rechtliche Konsequenz einer Überschreitung des Vorschusses unter Verstoß gegen die Hinweispflicht belehrt worden. Dass die gerichtliche Aufforderung im Gutachtensauftrag dahingehend formuliert ist, dass der Sachverständige das Gericht schon bei einer im Raum stehenden Überschreitung des Vorschusses zu informieren und dann die Nachricht des Gerichts abzuwarten habe und nicht erst bei einer wesentlichen Überschreitung, wie es die gesetzlichen Regelungen des § 8 a Abs. 4 JVEG und des § 407 a Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. ZPO vorsehen, ist unschädlich. Zwar geht die Aufforderung im gerichtlichen Gutachtensauftrag - auch im Interesse des Sachverständigen zur frühzeitigen Vorbeugung etwaiger vergütungsrechtlicher Probleme - über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Dies kann aber kein fehlendes Verschulden des Antragstellers im Sinn des § 8 a Abs. 5 JVEG begründen, was einer Kürzung seiner Vergütungsforderung auf den Vorschuss entgegenstünde. Denn für die Frage des Verschuldens kommt es allein auf die Kenntnis der Vorschusshöhe, nicht aber auf die rechtlichen Konsequenzen einer (erheblichen) Überschreitung an (vgl. Beschluss des Senats
4.7. Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG: Kürzung auf die Höhe des Vorschusses
Die Vergütung ist gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Vorschusses, d. h. auf 1.500 €, zu kürzen. Ein Aufschlag auf die Höhe dessen, was die maximal mögliche Vergütung unterhalb der Erheblichkeitsgrenze darstellen würde, also von 20% abzüglich eines Cents, ist nicht vorzunehmen (h.M. in Literatur und Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Senats
4.8. Nachträgliche Reduzierung der Vergütungsforderung auf 1799,- € durch den Antragsteller ohne rechtliche Relevanz
Dass der Antragsteller mit Schreiben vom
Rechtlich betrachtet stellt die mit Schreiben vom
4.8.1. Keine Reduzierung der Vergütungsforderung durch das Antragsprinzip mehr möglich
Zum Zeitpunkt des Schreibens des Antragstellers vom
Grundsätzlich sieht der Senat kein Hindernis für einen Sachverständigen, über das Antragsprinzip die Höhe seiner Vergütungsforderung dahingehend zu „optimieren“, dass er die maximal mögliche Vergütung erhält, wenn er es versäumt hat, rechtzeitig eine erhebliche Überschreitung des Vorschusses anzuzeigen. Denn es stellt keinen Rechtsmissbrauch dar, eine Kürzung auf die Höhe des Vorschusses dadurch zu vermeiden, dass eine Rechnung in Höhe des Vorschusses zuzüglich eines 20%igen Zuschlags und abzüglich eines Cents und damit eine Forderung unter der Erheblichkeitsgrenze gestellt wird, obwohl das Gutachten eine höhere Vergütungsforderung rechtfertigen würde, wenn kein Verstoß gegen § 8 a Abs. 4 JVEG vorliegen würde (vgl. Beschluss des Senats
Von dieser „Optimierungsmöglichkeit“ kann aber grundsätzlich nur zeitlich begrenzt Gebrauch gemacht werden, wobei sich die zeitliche Grenze aus der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG ergibt. Diese zeitliche Grenze gilt auch für eine nachträgliche Rechnungskorrektur im Sinn einer neuen Rechnungsstellung mit einer Vergütungsforderung unter der Erheblichkeitsgrenze.
Die im vorliegenden Fall nach der ursprünglichen Rechnung erfolgte neue Rechnungsstellung beinhaltet zwar einen gegenüber der ersten Rechnung niedrigeren Forderungsbetrag, stellt aber rechtlich betrachtet keine Absenkung der Vergütungsforderung dar, sondern eine Nachforderung. Mit der zweiten Rechnung hat der Antragsteller nicht auf eine Forderung teilweise verzichtet, sondern tatsächlich eine Nachforderung über 299,- € aufgestellt. Denn zum Zeitpunkt der Einreichung der zweiten Rechnung über 1.799,- € stand dem Antragsteller nur eine Vergütung über 1.500,- € zu (vgl. oben Ziff. 4.1. bis 4.7.), da die Rechtsfolge der Kürzung der Rechnung auf den Betrag des Vorschusses mit Eingang der Rechnung des Sachverständigen bei Gericht eingetreten war.
Die Geltendmachung einer Nachforderung unterliegt den selben rechtlichen Anforderungen wie die erstmalige Geltendmachung der Vergütungsforderung (vgl. Beschluss des Senats
4.8.2. Keine Wiedereinsetzung bezüglich der Reduzierung der Vergütungsforderung
Eine Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 JVEG kann nicht erfolgen, da der Antragsteller keinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat und eine Wiedereinsetzung von Amts wegen im Bereich des JVEG nicht möglich ist.
Einen Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller nicht gestellt. Insofern erübrigen sich weitergehende Überlegungen des Senats, ob ein Wiedereinsetzungsgrund in einer Konstellation wie hier überhaupt möglich wäre.
Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist dem JVEG - im Gegensatz zu vielen anderen gesetzlichen Regelungen - fremd (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats
4.9. Keine weiteren vergütungsrelevanten Gesichtspunkte
Weitere, bei der Festsetzung der Vergütung relevante Aspekte gibt es nicht (vgl. Beschluss des Senats
Die Vergütung für das Gutachten vom
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der nachträglichen Reduzierung der Vergütungsforderung nach erheblicher Überschreitung des Vorschusses gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG in voller Besetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 13 R 564/14 geführten rentenversicherungsrechtlichen Verfahren wurde der Antragsteller, der Facharzt für Anästhesie ist, auf Antrag des dortigen Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses von 2.000,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 21.09.2015 an den Antragsteller war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 2000,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Nachdem der Antragsteller im Rahmen eines detaillierten Kostenvoranschlags vom
„Sehr geehrter Herr Dr. K.,
es wird mitgeteilt, dass die Mehrkosten von der Rechtsschutzversicherung des Klägers bestätigt wurden; um Erstellung des Gutachtens - möglichst zeitnah - wird gebeten.“
Am 26.02.2016 ist das unter dem Datum vom 23.02.2016 erstellte Gutachten des Antragstellers beim Bayer. LSG eingegangen, am 29.02.2016 die für das Gutachten gestellte Rechnung vom 25.02.2016 über 4.017,47 €.
Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG setzte die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 23.02.2016 mit Schreiben vom 21.04.2016 auf 3.200,- € fest. Die Kürzung begründete sie damit, dass die beantragte Vergütung den eingezahlten Vorschuss von insgesamt 3.200,- € um 817,47 € und damit erheblich übersteige. Die weitere Erhöhung habe der Antragsteller dem Gericht nicht vorher angekündigt, so dass keine Möglichkeit bestanden habe, den Kläger über die weiteren Mehrkosten zu informieren.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom
Die Vergütung für das Gutachten vom
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats
2. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist mit Wirkung zum
„(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat.“
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) lautet wie folgt:
„Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.“
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 a JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
„Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung. ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben. ...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht. ...
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen.“
Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen nicht (vgl. Beschluss des Senats
3. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im vorliegenden Fall
Die Vergütung des Antragstellers ist nicht auf die Höhe des Vorschusses zu kürzen, obwohl die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 3.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 3.2.) durch die dem Antragsteller ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 3.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 3.4.) und der Antragsteller auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 3.5.). Denn der Antragsteller hat die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten, da ihm vom Gericht nicht die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses mitgeteilt worden ist (vgl. unten Ziff. 3.6.).
3.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von insgesamt 3.200,- €.
3.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt im vorliegenden Fall bei 3.840,- €.
Eine Überschreitung des Vorschusses ist dann erheblich, wenn die Überschreitung mindestens 20% des Vorschusses beträgt (vgl. Beschlüsse des Senats
Bei einem Vorschuss in Höhe von 3.200,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 3.840,- € (3.200,- € x 1,2).
3.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Antragsteller zustehende Vergütung (zum Begriff der Vergütung in diesem Zusammenhang: vgl. Beschluss des Senats
Die einem Sachverständigen zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats
Die nach den aufgezeigten Vorgaben ermittelte Vergütung des Antragstellers entspricht dem Rechnungsbetrag vom
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass keine Reduzierung der in der Rechnung vom
3.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 3.3. ermittelte Betrag von 4.017,47 € liegt deutlich über der in Ziff. 3.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG in Höhe von 3.840,- €.
3.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Nach den Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG hätte der Antragsteller das LSG spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch im Sinn des § 8 JVEG die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohte. Dies hat er nicht getan.
Der Antragsteller hat vor Vorlage des Gutachtens überhaupt nicht darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 4.017,47 € vorgelegt.
3.6. Fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Dem Antragsteller kann aber kein Verschulden bezüglich der Verletzung der Hinweispflicht vorgehalten werden.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird. Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat (vgl. Beschlüsse des Senats
Im vorliegenden Fall ist ein fehlendes Verschulden des Antragstellers im Vollbeweis nachgewiesen. Denn dem Antragsteller war die genaue Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt.
Zunächst hat das Hauptsachegericht des Rentenverfahrens den Antragsteller mit dem Gutachtensauftrag vom
Um die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG zu bewirken, hätte das Gericht vielmehr dem Sachverständigen mitteilen müssen, in welcher konkreten Höhe ein Vorschuss nunmehr zur Verfügung stand. Da dies das Gericht unterlassen hat, kann dem Sachverständigen kein Verschulden an der erheblichen Überschreitung des zur Verfügung stehenden Vorschusses vorgeworfen werden.
Im Sinn der Rechtssicherheit ist es unverzichtbar, dass einem Sachverständigen die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses bekannt sein muss, um ihm ein Verschulden wegen einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorhalten zu können. Nicht ausreichend ist es, wenn dem Sachverständigen nur die ungefähre Höhe des Vorschusses mitgeteilt worden ist. Denn daraus würde sich lediglich eine Vermutung, nicht aber eine sichere Kenntnis von der Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses ergeben. Allein eine derartige Vermutung für die Begrenzung der Vergütung wegen erheblicher Vorschussüberschreitung ausreichen zu lassen, würde zu weit gehen. Dem Sachverständigen würde anderenfalls auch die zulässige Möglichkeit zur „Optimierung“ der Vergütung (vgl. Beschlüsse des Senats
Der vorgenannten Bewertung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 21.10.2015, mit dem er mitgeteilt hat, dass der zur Verfügung stehende Vorschuss von 2.000,- € nicht ausreichen werde, einen detaillierten „Kostenvoranschlag“ über einen Betrag von 3.119,47 € aufgestellt hat und er aufgrund der Mitteilung des Gerichts vom 16.12.2015 davon ausgehen durfte, dass jedenfalls der in seinem Kostenvoranschlag genannte Betrag als Vorschuss zur Verfügung stehe. Denn das gerichtliche Schreiben vom 16.12.2015 kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein bestimmter, exakt bezifferbarer Betrag für die Erstellung des Gutachtens gemäß § 109 SGG zur Verfügung steht, auch nicht der, wie er im Kostenvoranschlag des Antragstellers genannt war; ein Rückschluss von dem im Kostenvoranschlag angegebenen Betrag auf den zur Verfügung stehenden Kostenvorschluss ist nicht zwingend. Bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben wie dem vom 16.12.2015 sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten (vgl. Beschlüsse des Senats
Da dem Antragsteller die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt war, kann ihm auch kein Verschulden bezüglich einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses entgegen gehalten werden.
Da dem Antragsteller kein Verschulden bezüglich der erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorgeworfen werden kann, tritt die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG nicht ein. Dem Antragsteller steht für sein Gutachten vom 23.02.2016 eine Vergütung in Höhe von 4.017,47 € zu.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG eine konkrete Bezifferung des zur Verfügung stehenden Vorschusses gegenüber dem Sachverständigen voraussetzt, in voller Besetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.
(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.
Tenor
I.
Der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg
II.
Es wird festgestellt, dass die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. vom 01.09.2015 im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg mit dem Aktenzeichen S 3 SB 178/14 durch die Staatskasse zu tragen sind.
III.
Der Beschwerdeführerin sind die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Kosten für eine ergänzende Stellungnahme eines Sachverständigen zu tragen hat.
In dem am Sozialgericht (SG) Nürnberg unter dem Aktenzeichen S 3 SB 178/14 anhängig gewesenen Rechtsstreit der Klägerin und jetzigen Beschwerdeführerin wegen der Höhe des Grads der Behinderung erstellte zunächst der Orthopäde Sch. am 17.09.2014 ein Gutachten von Amts wegen. Anschließend wurde auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Orthopäde Dr. S. gehört, der am 28.02.2015 sein Gutachten erstellte.
Nachdem sich der damalige Beklagte mit Schreiben vom
„Sollte seitens des Gerichts eine andere Ansicht vertreten werden, so bitten und beantragen wir vorsorglich, die Stellungnahmen der Ärzte Sch. und Dr. N. dem Sachverständigen Dr. S. zuzusenden zwecks Stellungnahme hierzu.“
Anschließend erging unter dem Datum des
„Sehr geehrter Herr Dr. S.,
anbei erhalten Sie das Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin mit der Bitte um ergänzende Stellungnahme zu der Stellungnahme von Dr. N. (Bl. 204 d. Klageakte) und von Herrn Sch. (Blatt 208 ff d. Klageakte) binnen 4 Wochen.
Mit freundlichen Grüßen“
Am
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom
Mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 23.11.2015
Gegen den ihnen am
Der Senat hat die Akten des SG im schwerbehindertenrechtlichen Verfahren beigezogen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist insofern begründet, als klarzustellen ist, dass die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S.
Eine Kostentragung für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S.
Das gerichtliche Schreiben vom
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Im gerichtlichen Schreiben an den Sachverständigen fehlt ein Hinweis auf §109 SGG.
Das gerichtliche Schreiben vom
Rechtsprechung und Literatur vertreten die Ansicht, dass es vom Gericht klarzustellen ist, wenn eine sachverständige Äußerung gemäß § 109 SGG eingeholt werden soll und nicht eine solche von Amts wegen gemäß § 106 SGG (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109, Rdnr. 2; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 21.10.1969, Az.: L 1 Sb 11/69). Dies gilt auch, wenn ein Gericht eine ergänzende Stellungnahme zu einem nach § 109 SGG veranlassten Gutachten einholt; auch dann ist es, z. B. im Anschreiben an den Sachverständigen, klarzustellen, dass die Stellungnahme nicht von Amts wegen, sondern nach § 109 SGG angefertigt werden soll (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.12.2003, Az.: L 2 B 149/03 U).
Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Selbst wenn der zuvor bereits gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige nochmals um eine ergänzende Stellungnahme gebeten wird, lässt sich daraus nicht der Rückschluss ziehen, dass auch die ergänzende Stellungnahme gemäß § 109 SGG abgegeben werden soll. Denn es ist durchaus nicht fernliegend, dass ein Gericht einen Sachverständigen, auch wenn er zunächst gemäß § 109 SGG gehört worden ist, später von Amts wegen gemäß § 106 SGG um eine ergänzende Stellungnahme bittet. Denn die Eigenschaft als Sachverständiger gemäß § 109 SGG haftet dem Gutachter nicht für das gesamte Verfahren und alle darin abgegebenen Äußerungen an, sondern ergibt sich aus der jeweiligen Beauftragung für die konkret angeforderte sachverständige Stellungnahme. In diesem Zusammenhang gibt es auch keinen Beweis des ersten Anscheins dahingehend, dass aus einer einmal erfolgten Beauftragung gemäß § 109 SGG auf weitere Heranziehungen gemäß § 109 SGG geschlossen werden könnte. Insbesondere dann, wenn es ein Gericht in Erwägung zieht, sich in seiner Entscheidung auf die Ausführungen des Sachverständigen gemäß § 109 SGG zu stützen, und wenn es von diesem Gutachter noch weitere Auskünfte erwartet, wird es regelmäßig zu erwarten sein, dass dieser weitere Ermittlungsbedarf durch eine Anfrage gemäß § 106 SGG abgedeckt wird. In einem derartigen Fall die weiteren Ermittlungen gestützt auf § 109 SGG und damit jedenfalls zunächst mit einer Kostenlast für den Kläger verbunden durchzuführen, würde dem Grundsatz widersprechen, dass das Gericht immer vorab zu prüfen hat, ob nicht anstelle von Ermittlungen gemäß § 109 SGG solche von Amts wegen durchzuführen sind (vgl. Keller, a. a. O., § 109, Rdnr. 2), wobei Ermittlungen gemäß § 106 SGG gegenüber solchen gemäß § 109 SGG vorrangig sind (vgl. Bundessozialgericht - BSG -
Das gerichtliche Schreiben vom 05.06.2015 kann auch nicht im Weg der Auslegung als Auftrag gemäß § 109 SGG interpretiert werden.
Bei der Auslegung dieses gerichtlichen Schreibens sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten. Danach ist Maßstab der Auslegung der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13), wobei der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu berücksichtigen ist (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.11.1995, Az.: X B 328/94). Verbleiben Zweifel, ist im Rahmen der Auslegung sicherzustellen, dass dem Begehren der Beteiligten nach Rechtsschutz möglichst umfassend Rechnung getragen wird (vgl. auch BSG, Urteil vom 01.03.2011, Az.: B 1 KR 10/10 R), um dem Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02, und vom 03.03.2004
Bei Beachtung dieser Vorgaben gibt es nichts, was eine Auslegung des gerichtlichen Schreibens vom 05.06.2015 als Anforderung einer ergänzenden Stellungnahme gemäß § 109 SGG gebietet. Das Schreiben selbst enthält nichts, was auf eine Beauftragung gemäß § 109 SGG hindeuten würde. Die Tatsache, dass der mit einer ergänzenden Stellungnahme beauftragte Sachverständige zuvor gemäß § 109 SGG gehört worden ist, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass auch die ergänzende Stellungnahme gemäß § 109 SGG ergehen sollte (vgl. oben). Schließlich kann das gerichtliche Schreiben vom 05.06.2015 auch nicht in einer Zusammenschau mit dem Schreiben der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 29.05.2015, mit dem vorsorglich beantragt worden ist, bei Dr. S. eine weitere Stellungnahme anzufordern, dahingehend ausgelegt werden, dass damit eine Beauftragung gemäß § 109 SGG erfolgt wäre. Denn im anwaltlichen Schreiben vom 29.05.2015 ist kein expliziter Antrag gemäß § 109 SGG gestellt worden. Ein Vorgehen, wie es hier die anwaltlichen Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit ihrer eher unspezifischen Formulierung („so bitten und beantragen wir vorsorglich, die Stellungnahmen der Ärzte Sch. und Dr. N. dem Sachverständigen Dr. S. zuzusenden zwecks Stellungnahme hierzu.“) gewählt haben, ist im Übrigen, wie die Praxis zeigt, nicht untypisch. Ein solches Schreiben ist, wie sich unter Zugrundelegung der aufgezeigten Auslegungsgrundsätze ergibt, typischerweise nicht eindeutig, sondern kann entweder als Anregung zu Ermittlungen von Amts wegen oder als Antrag gemäß § 109 SGG gedeutet werden. In einem solchen Fall ist das Gericht gehalten, den Verfasser des Schreibens zu einer Klarstellung aufzufordern, sofern die Einholung der ergänzenden Stellungnahme nicht ohnehin gemäß § 106 SGG erfolgt. Solange eine solche Aufforderung - wie hier - nicht ergangen und keine Klarstellung durch den Prozessbeteiligten erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die anschließend erfolgte Anforderung einer Stellungnahme auf § 109 SGG gestützt würde.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass - wie sich aus der handschriftlichen Verfügung in der Gerichtsakte des SG entnehmen lässt - offenbar beabsichtigt war, Dr. S. gemäß § 109 SGG zu hören. Denn sollte zum Zeitpunkt der Beauftragung ein solcher innerer Wille des Hauptsacherichters bestanden haben, so wäre er jedenfalls nicht nach außen zum Ausdruck gebracht und damit erkennbar geworden. Damit verbietet es sich, einen solchen inneren Willen in die Auslegung einer Erklärung einfließen zu lassen. Denn in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und den anerkannten Grundsätzen der Auslegungslehre kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den nach außen erklärten Willen an, wie er sich bei objektiver Betrachtungsweise und nach Treu und Glauben im Rechtsverkehr darstellt (ständige Rspr., vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 06.05.2008, Az.: 2 BvR 1926/07; BFH, Urteil vom 18.02.1997, Az.: VII R 96/95; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.10.2014, Az.: 8 B 99/13).
Dass das SG bei der Abfassung seines Schreibens vom 05.06.2015 nicht von außen erkennbar von einem Auftrag gemäß § 109 SGG ausgegangen ist, wird auch dadurch bestätigt, dass in diesem Schreiben kein Hinweis auf den noch zur Verfügung stehenden, von der Beschwerdeführerin eingezahlten Vorschuss für eine Begutachtung gemäß § 109 SGG enthalten ist. Ein solcher Hinweis wäre aber geboten gewesen, um die Beschwerdeführerin über § 8 a Abs. 4 JVEG vor einer Ausuferung der Kosten zu schützen. Zu dieser mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) eingeführten Regelung hat der Senat in seinem
„Mit § 8 a Abs. 4 JVEG wird... - auf das sozialgerichtliche Verfahren übertragen - dem Umstand Rechnung getragen, dass sich ein Kläger dazu entschlossen hat, von seinem Recht nach § 109 SGG Gebrauch zu machen, und dabei bereit ist, jedenfalls bis zu einer bestimmten Höhe, wie sie sich aus dem von ihm eingezahlten Vorschuss ergibt, (zumindest zunächst) eigene finanzielle Mittel aufzuwenden. Um den Kläger in einem derartigen Fall vor einem „Ausdemruderlaufen“ der Kosten zu schützen, muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, von seinem sich aus § 109 SGG ergebenden Recht Abstand zu nehmen, wenn dadurch Kosten entstehen, die er nicht mehr tragen kann oder will. Die Interessenlage ist hier nicht anders als im zivilgerichtlichen Verfahren.“
Der fehlende Hinweis auf den noch zur Verfügung stehenden Vorschuss im gerichtlichen Schreiben vom 05.06.2015 bestätigt daher die Einschätzung des Senats, dass bei objektiver Betrachtungsweise nicht von einem Auftrag gemäß § 109 SGG ausgegangen werden kann. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Richter der Hauptsache bei der Anforderung der ergänzenden Stellungnahme die im Sinn des § 8 a Abs. 4 JVEG bei einer Anforderung nach § 109 SGG angezeigten Überlegungen angestellt hätte.
Die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. vom 01.09.2015 können daher nicht der Beschwerdeführerin auferlegt werden; die Stellungnahme ist nach § 106 SGG eingeholt worden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Beschlüsse des Senats
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG endgültig.
Tenor
Die Vergütung für die Stellungnahme vom
Gründe
I.
Streitig ist, ob dem Antragsteller für seine in Zusammenhang mit einem Befangenheitsantrag angefertigte Stellungnahme vom
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 19 R 678/12 geführten rentenrechtlichen Verfahren hatte der Antragsteller, der Internist und Arbeitsmediziner ist, im Auftrag des Gerichts am 23.10.2015 ein Gutachten erstellt.
Der Bevollmächtigte des Klägers nahm mit 5-seitigem Schreiben vom
Den Schriftsatz des Bevollmächtigten vom
„Sehr geehrter Herr Dr. A.,
in dem Rechtsstreit ...
erhalten Sie beiliegend eine Abschrift des Schriftsatzes vom
Mit freundlichen Grüßen“
Nach Rücksprache mit seinem Mandanten erhob der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom
Den Schriftsatz des Bevollmächtigten vom
„Sehr geehrter Herr Dr. A.,
in dem Rechtsstreit ...
erhalten Sie beiliegend eine Abschrift des Schriftsatzes vom
Mit freundlichen Grüßen“
Die Akten des Hauptsacheverfahrens wurden dem Antragsteller nicht nochmals zur Verfügung gestellt.
Unter dem Datum des
Zusammen mit der Stellungnahme vom
Am
Die Kostenbeamtin des LSG lehnte mit Schreiben vom
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom
Mit gerichtlichem Schreiben vom
Dieser hat mit Schreiben vom
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom
Die Vergütung für die ergänzende Stellungnahme vom
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h. M., vgl. z. B. Beschluss des Senats
2. Ob der Vergütung
Der Vergütung steht nicht entgegen, dass die Stellungnahme im Zusammenhang mit einem gegen den Antragsteller gerichteten Befangenheitsantrag erstellt worden ist. Denn es handelt sich nicht um eine Stellungnahme im Rahmen der Anhörung zu einem Befangenheitsantrag, sondern um eine Stellungnahme zu den inhaltlichen Einwendungen des Bevollmächtigten des Klägers gegen das Gutachten des Antragstellers und damit um eine nach dem JVEG zu vergütende Leistung.
2.1. Allgemeines
Eine Vergütung nach dem JVEG ist dann zu gewähren, wenn ein Antragsteller als Sachverständiger vom Gericht herangezogen wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG). Dies bedeutet, dass ein (auch) als Sachverständiger Tätiger jedenfalls dann eine Vergütung nach dem JVEG erhält, wenn er eine Leistung im Sinn des JVEG erbracht hat. Eine Leistung in diesem Sinn liegt vor, wenn der Sachverständige sich in seiner Eigenschaft als Sachverständiger im Rahmen eines gerichtlichen Auftrags geäußert hat. Hat sich der Sachverständige ausschließlich zu einem Befangenheitsgesuch im Rahmen seiner Anhörung dazu (vgl. zu dem Erfordernis einer Anhörung: Keller, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 118, Rdnr. 12 m) geäußert, steht ihm eine Vergütung nach dem JVEG nicht zu.
Dies entspricht der überwiegenden Rechtsprechung, wie es beispielsweise das Oberlandesgericht Celle in seinem
„In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Sachverständiger für eine Stellungnahme zum Ablehnungsantrag einer Partei eine Entschädigung erhält. Während die wohl herrschende Meinung dem Sachverständigen für seinen Aufwand einer solchen Stellungnahme grundsätzlich keine Vergütung zubilligt (OLG München, MDR 1994, 1050; OLG Düsseldorf MDR 1994, 1050; OLG Köln, VersR 1995, 1508; OLG Koblenz, MDR 2000, 416; KG MDR 2010, 719; Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., Rdnrn. 12a zu § 406 und 1 zu § 413; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., Rdnr. 12 zu § JVEG; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Auflage, Rdnr. 8.39 zu § 8), wird mit unterschiedlichen Begründungen und unter unterschiedlichen Voraussetzungen auch vertreten, dass dem Sachverständigen dafür eine Entschädigung zustehen kann (OLG Frankfurt, MDR 1993, 474; OLG Stuttgart MDR 2007, 1456; LSG Chemnitz, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - L 2 U 77/06 -, juris; LSG Stuttgart, Beschluss vom 17. Februar 2004 - L 12 RA 1624/03 KO-A-, juris; Musielak-Huber, ZPO, 8. Aufl., Rdnr. 1 zu § 413). Der Senat erachtet die erstgenannte Auffassung für richtig.
...
Eine Vergütung für seine Leistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG i. V. m. §§ 9 bis 11 JVEG kann der Sachverständige (entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt a. a. O., das einen Vergütungsanspruch ohne weitere Voraussetzungen annimmt) nicht verlangen, weil seine Stellungnahme keine Leistung im Sinne des JVEG ist. Gemeint ist damit seine Leistung als Sachverständiger, mithin der besondere Sachverstand, auf dem die erbrachte Leistung gründet. Das zeigt sich bereits in der Struktur der Vorschrift des § 9 JVEG, der die Höhe der Vergütung von einer Zuordnung gerade dieser Leistung (nicht der grundsätzlichen Qualifikation des Sachverständigen) zu einer nach Sachgebieten zu bestimmenden Honorargruppe abhängig macht. Umgekehrt formuliert bedeutet das, dass eine Leistung im Sinne der Vorschrift nur das ist, was auf einem bestimmten Sachgebiet erbracht wird (so auch ausdrücklich der Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG:
...
Die Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch ist aber gerade keine auf irgendeinem Sachgebiet erbrachte Leistung, sie setzt nicht den für die Erstellung des Gutachtens gebotenen Sachverstand voraus.“
Der Ausschluss einer Vergütung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn vom Sachverständigen eine Äußerung zum Befangenheitsantrag verlangt und auch nur eine solche gegeben und anschließend vom Gericht verwertet worden ist. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob sich der Sachverständige zum Befangenheitsantrag oder zum inhaltlichen Vorbringen oder zu beiden Gesichtspunkten geäußert hat. Diese in der Rechtsprechung geforderte Differenzierung hat beispielsweise das LSG Berlin-Brandenburg im
Die Beantwortung der Frage des Ob und gegebenenfalls auch des Umfangs der Vergütung hat sich daher im Wesentlichen daran zu orientieren, ob die Stellungnahme des Sachverständigen ausschließlich zum Befangenheitsgesuch angefordert worden und ergangen ist - dann kommt eine Vergütung nach dem JVEG nicht infrage, da sich der zuvor als Sachverständige Tätige lediglich in seiner Eigenschaft als wegen Besorgnis der Befangenheit Abgelehnter geäußert hat - oder ob sie (auch) in der Sache und damit vom Gutachter (auch) in der Eigenschaft als Sachverständiger abgegeben worden ist.
2.2. Kriterien für die Differenzierung, in welcher Eigenschaft die Äußerung erfolgt ist
Die Rechtsprechung des Kostensenats ist seit Jahren von dem Leitgedanken der durch das Gebot der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung begründeten geringen Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter geprägt (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse
Dieser Leitgedanke ist auch bei der Festlegung von Kriterien dafür zu beachten, wie eine - nach dem JVEG zu vergütende - sachverständige Äußerung von einer - nicht nach dem JVEG zu vergütenden - Stellungnahme des Sachverständigen im Rahmen der Anhörung zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsgesuch zu unterscheiden ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass, wie auch der hier vorliegende Fall zeigt, nicht selten zusammen mit einem Befangenheitsantrag auch inhaltliche Einwendungen gegen eine gutachterliche Äußerung vorgebracht werden, so dass nicht auf den ersten Blick eindeutig erkennbar ist, in welcher Eigenschaft sich der Sachverständige in der Folge geäußert hat.
Bei den im Folgenden dargestellten Kriterien für eine Unterscheidung hat der Senat im Übrigen in seine Überlegungen einbezogen, dass sich der Charakter der Äußerung des Sachverständigen im Regelfall aus der Anforderung des Hauptsacherichters ergibt und bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen sind, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten. Danach ist Maßstab der Auslegung der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -
Bei der Unterscheidung zwischen einer Stellungnahme in der Eigenschaft als Sachverständiger und einer solchen im Rahmen einer Anhörung zu einem Befangenheitsantrag erscheinen dem Senat insbesondere folgende Gesichtspunkte als hilfreich für eine Differenzierung im Sinn einer verwaltungspraktikablen Lösung:
- Wird in dem Anforderungsschreiben des Gerichts an den Sachverständigen nicht darauf hingewiesen, dass zu einem Befangenheitsantrag Stellung zu nehmen ist, und enthält das zur Stellungnahme übersandte Schreiben mehr als nur einen Befangenheitsantrag und die Begründung dafür, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Äußerung des Sachverständigen auch in der Eigenschaft als Sachverständiger erfolgt, es sein denn die Stellungnahme hat offenkundig nur den Befangenheitsantrag zum Gegenstand.
- Verfügt der Hauptsacherichter nach Eingang der Äußerung des Sachverständigen auf dem dafür vorgesehenen Formblatt, dass keine Einwände gegen eine Vergütung dem Grunde nach bestehen, ist dies ein Beleg dafür, dass sich der Sachverständige als Gutachter geäußert hat.
- Werden die gesamten Akten des Gerichts mitübersandt, darf der Sachverständige regelmäßig davon ausgehen, dass von ihm auch eine sachverständige Äußerung erwartet wird.
Sollte eine der drei vorgenannten Konstellationen erfüllt sein, kann der Kostenbeamte bzw. der Kostenrichter davon ausgehen, dass die Äußerung des Sachverständigen auch in dieser Eigenschaft erfolgt ist und daher eine Vergütung nach dem JVEG zu erfolgen hat. Anders ist dies nur dann zu bewerten, wenn es offenkundig auf der Hand liegt, dass sich der Sachverständige ausschließlich zum Befangenheitsgesuch geäußert hat.
Ist es offensichtlich, dass sich der Sachverständige nicht nur als Sachverständiger, sondern auch zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag geäußert hat, ist nur der Anteil der Äußerungen nicht nach dem JVEG zu vergüten, der zweifelsfrei nicht den sachverständigen Äußerungen zuzuschreiben ist. Auch hier ist zu beachten, dass die Prüfpflichten der Kostenbeamten und Kostenrichter nur gering sind; eine detaillierte und exakte Prüfung jedes einzelnen Satzes auf seinen Bezug wird nicht erwartet (vgl. auch die ähnlichen - schematischen - Vorgaben für die Ermittlung dessen, was dem Kernbereich der Beurteilung eines Gutachtens zuzurechnen ist: Beschlüsse des Senats
Nur dann, wenn sich der Sachverständige offenkundig nur zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrag geäußert hat, scheidet eine Vergütung nach dem JVEG vollständig aus.
Eine Versagung der Vergütung allein deshalb, weil die Stellungnahme des Sachverständigen im Zusammenhang mit einem gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag erfolgt ist und ohne dass es auf die näheren Umstände der gerichtlichen Anforderung und der Äußerung des Sachverständigen ankäme - dies entspricht dem Beschluss des Senats
2.3. Prüfung im vorliegenden Fall
Die Stellungnahme vom
- In den Anschreiben des Hauptsachesenats vom
- Der Hauptsacherichter hat nach Eingang der Stellungnahme des Antragstellers vom
- Bei der gebotenen geringen Prüfpflicht liegen keine Passagen in der Stellungnahme vom
- Ohne Bedeutung ist es, dass dem Sachverständigen die Hauptsacheakten nicht nochmals übersandt worden sind. Gerade dann, wenn - wie hier - eine ergänzende Stellungnahme zeitnah nach dem Gutachten angefordert wird, wird der Sachverständige in vielen Fällen die Akten für seine Stellungnahme nicht nochmals benötigen, was im Übrigen auch durch die nur eingeschränkte Vergütung eines erneuten Aktenstudiums bei einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme berücksichtigt wird (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 20.03.1997, Az.: L 10 V 122/92.Ko, vom 12.08.1998
3. Höhe der Vergütung
Die Stellungnahme vom
Der vom Antragsteller dem Vergütungsantrag zugrunde gelegte Zeitaufwand von drei Stunden hält einer Nachprüfung unter Beachtung der vom Senat entwickelten Grundsätze (vgl. insbesondere Beschlüsse
Es errechnet sich damit samt Umsatzsteuer (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) ein Betrag von insgesamt 267,75 €.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Vergütung einer Stellungnahme im Zusammenhang mit einem Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen in voller Besetzung. Die Rechtsprechung, wie sie im Beschluss des Senats
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Tenor
I.
Der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg
II.
Es wird festgestellt, dass die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. vom 01.09.2015 im Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg mit dem Aktenzeichen S 3 SB 178/14 durch die Staatskasse zu tragen sind.
III.
Der Beschwerdeführerin sind die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Kosten für eine ergänzende Stellungnahme eines Sachverständigen zu tragen hat.
In dem am Sozialgericht (SG) Nürnberg unter dem Aktenzeichen S 3 SB 178/14 anhängig gewesenen Rechtsstreit der Klägerin und jetzigen Beschwerdeführerin wegen der Höhe des Grads der Behinderung erstellte zunächst der Orthopäde Sch. am 17.09.2014 ein Gutachten von Amts wegen. Anschließend wurde auf Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Orthopäde Dr. S. gehört, der am 28.02.2015 sein Gutachten erstellte.
Nachdem sich der damalige Beklagte mit Schreiben vom
„Sollte seitens des Gerichts eine andere Ansicht vertreten werden, so bitten und beantragen wir vorsorglich, die Stellungnahmen der Ärzte Sch. und Dr. N. dem Sachverständigen Dr. S. zuzusenden zwecks Stellungnahme hierzu.“
Anschließend erging unter dem Datum des
„Sehr geehrter Herr Dr. S.,
anbei erhalten Sie das Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin mit der Bitte um ergänzende Stellungnahme zu der Stellungnahme von Dr. N. (Bl. 204 d. Klageakte) und von Herrn Sch. (Blatt 208 ff d. Klageakte) binnen 4 Wochen.
Mit freundlichen Grüßen“
Am
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom
Mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 23.11.2015
Gegen den ihnen am
Der Senat hat die Akten des SG im schwerbehindertenrechtlichen Verfahren beigezogen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist insofern begründet, als klarzustellen ist, dass die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S.
Eine Kostentragung für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S.
Das gerichtliche Schreiben vom
Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Im gerichtlichen Schreiben an den Sachverständigen fehlt ein Hinweis auf §109 SGG.
Das gerichtliche Schreiben vom
Rechtsprechung und Literatur vertreten die Ansicht, dass es vom Gericht klarzustellen ist, wenn eine sachverständige Äußerung gemäß § 109 SGG eingeholt werden soll und nicht eine solche von Amts wegen gemäß § 106 SGG (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 109, Rdnr. 2; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 21.10.1969, Az.: L 1 Sb 11/69). Dies gilt auch, wenn ein Gericht eine ergänzende Stellungnahme zu einem nach § 109 SGG veranlassten Gutachten einholt; auch dann ist es, z. B. im Anschreiben an den Sachverständigen, klarzustellen, dass die Stellungnahme nicht von Amts wegen, sondern nach § 109 SGG angefertigt werden soll (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.12.2003, Az.: L 2 B 149/03 U).
Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Selbst wenn der zuvor bereits gemäß § 109 SGG gehörte Sachverständige nochmals um eine ergänzende Stellungnahme gebeten wird, lässt sich daraus nicht der Rückschluss ziehen, dass auch die ergänzende Stellungnahme gemäß § 109 SGG abgegeben werden soll. Denn es ist durchaus nicht fernliegend, dass ein Gericht einen Sachverständigen, auch wenn er zunächst gemäß § 109 SGG gehört worden ist, später von Amts wegen gemäß § 106 SGG um eine ergänzende Stellungnahme bittet. Denn die Eigenschaft als Sachverständiger gemäß § 109 SGG haftet dem Gutachter nicht für das gesamte Verfahren und alle darin abgegebenen Äußerungen an, sondern ergibt sich aus der jeweiligen Beauftragung für die konkret angeforderte sachverständige Stellungnahme. In diesem Zusammenhang gibt es auch keinen Beweis des ersten Anscheins dahingehend, dass aus einer einmal erfolgten Beauftragung gemäß § 109 SGG auf weitere Heranziehungen gemäß § 109 SGG geschlossen werden könnte. Insbesondere dann, wenn es ein Gericht in Erwägung zieht, sich in seiner Entscheidung auf die Ausführungen des Sachverständigen gemäß § 109 SGG zu stützen, und wenn es von diesem Gutachter noch weitere Auskünfte erwartet, wird es regelmäßig zu erwarten sein, dass dieser weitere Ermittlungsbedarf durch eine Anfrage gemäß § 106 SGG abgedeckt wird. In einem derartigen Fall die weiteren Ermittlungen gestützt auf § 109 SGG und damit jedenfalls zunächst mit einer Kostenlast für den Kläger verbunden durchzuführen, würde dem Grundsatz widersprechen, dass das Gericht immer vorab zu prüfen hat, ob nicht anstelle von Ermittlungen gemäß § 109 SGG solche von Amts wegen durchzuführen sind (vgl. Keller, a. a. O., § 109, Rdnr. 2), wobei Ermittlungen gemäß § 106 SGG gegenüber solchen gemäß § 109 SGG vorrangig sind (vgl. Bundessozialgericht - BSG -
Das gerichtliche Schreiben vom 05.06.2015 kann auch nicht im Weg der Auslegung als Auftrag gemäß § 109 SGG interpretiert werden.
Bei der Auslegung dieses gerichtlichen Schreibens sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten. Danach ist Maßstab der Auslegung der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13), wobei der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu berücksichtigen ist (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.11.1995, Az.: X B 328/94). Verbleiben Zweifel, ist im Rahmen der Auslegung sicherzustellen, dass dem Begehren der Beteiligten nach Rechtsschutz möglichst umfassend Rechnung getragen wird (vgl. auch BSG, Urteil vom 01.03.2011, Az.: B 1 KR 10/10 R), um dem Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschlüsse vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02, und vom 03.03.2004
Bei Beachtung dieser Vorgaben gibt es nichts, was eine Auslegung des gerichtlichen Schreibens vom 05.06.2015 als Anforderung einer ergänzenden Stellungnahme gemäß § 109 SGG gebietet. Das Schreiben selbst enthält nichts, was auf eine Beauftragung gemäß § 109 SGG hindeuten würde. Die Tatsache, dass der mit einer ergänzenden Stellungnahme beauftragte Sachverständige zuvor gemäß § 109 SGG gehört worden ist, lässt nicht den Rückschluss darauf zu, dass auch die ergänzende Stellungnahme gemäß § 109 SGG ergehen sollte (vgl. oben). Schließlich kann das gerichtliche Schreiben vom 05.06.2015 auch nicht in einer Zusammenschau mit dem Schreiben der Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin vom 29.05.2015, mit dem vorsorglich beantragt worden ist, bei Dr. S. eine weitere Stellungnahme anzufordern, dahingehend ausgelegt werden, dass damit eine Beauftragung gemäß § 109 SGG erfolgt wäre. Denn im anwaltlichen Schreiben vom 29.05.2015 ist kein expliziter Antrag gemäß § 109 SGG gestellt worden. Ein Vorgehen, wie es hier die anwaltlichen Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit ihrer eher unspezifischen Formulierung („so bitten und beantragen wir vorsorglich, die Stellungnahmen der Ärzte Sch. und Dr. N. dem Sachverständigen Dr. S. zuzusenden zwecks Stellungnahme hierzu.“) gewählt haben, ist im Übrigen, wie die Praxis zeigt, nicht untypisch. Ein solches Schreiben ist, wie sich unter Zugrundelegung der aufgezeigten Auslegungsgrundsätze ergibt, typischerweise nicht eindeutig, sondern kann entweder als Anregung zu Ermittlungen von Amts wegen oder als Antrag gemäß § 109 SGG gedeutet werden. In einem solchen Fall ist das Gericht gehalten, den Verfasser des Schreibens zu einer Klarstellung aufzufordern, sofern die Einholung der ergänzenden Stellungnahme nicht ohnehin gemäß § 106 SGG erfolgt. Solange eine solche Aufforderung - wie hier - nicht ergangen und keine Klarstellung durch den Prozessbeteiligten erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die anschließend erfolgte Anforderung einer Stellungnahme auf § 109 SGG gestützt würde.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass - wie sich aus der handschriftlichen Verfügung in der Gerichtsakte des SG entnehmen lässt - offenbar beabsichtigt war, Dr. S. gemäß § 109 SGG zu hören. Denn sollte zum Zeitpunkt der Beauftragung ein solcher innerer Wille des Hauptsacherichters bestanden haben, so wäre er jedenfalls nicht nach außen zum Ausdruck gebracht und damit erkennbar geworden. Damit verbietet es sich, einen solchen inneren Willen in die Auslegung einer Erklärung einfließen zu lassen. Denn in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und den anerkannten Grundsätzen der Auslegungslehre kommt es nicht auf den inneren, sondern auf den nach außen erklärten Willen an, wie er sich bei objektiver Betrachtungsweise und nach Treu und Glauben im Rechtsverkehr darstellt (ständige Rspr., vgl. z. B. BVerfG, Beschluss vom 06.05.2008, Az.: 2 BvR 1926/07; BFH, Urteil vom 18.02.1997, Az.: VII R 96/95; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22.10.2014, Az.: 8 B 99/13).
Dass das SG bei der Abfassung seines Schreibens vom 05.06.2015 nicht von außen erkennbar von einem Auftrag gemäß § 109 SGG ausgegangen ist, wird auch dadurch bestätigt, dass in diesem Schreiben kein Hinweis auf den noch zur Verfügung stehenden, von der Beschwerdeführerin eingezahlten Vorschuss für eine Begutachtung gemäß § 109 SGG enthalten ist. Ein solcher Hinweis wäre aber geboten gewesen, um die Beschwerdeführerin über § 8 a Abs. 4 JVEG vor einer Ausuferung der Kosten zu schützen. Zu dieser mit dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) eingeführten Regelung hat der Senat in seinem
„Mit § 8 a Abs. 4 JVEG wird... - auf das sozialgerichtliche Verfahren übertragen - dem Umstand Rechnung getragen, dass sich ein Kläger dazu entschlossen hat, von seinem Recht nach § 109 SGG Gebrauch zu machen, und dabei bereit ist, jedenfalls bis zu einer bestimmten Höhe, wie sie sich aus dem von ihm eingezahlten Vorschuss ergibt, (zumindest zunächst) eigene finanzielle Mittel aufzuwenden. Um den Kläger in einem derartigen Fall vor einem „Ausdemruderlaufen“ der Kosten zu schützen, muss ihm die Möglichkeit gegeben werden, von seinem sich aus § 109 SGG ergebenden Recht Abstand zu nehmen, wenn dadurch Kosten entstehen, die er nicht mehr tragen kann oder will. Die Interessenlage ist hier nicht anders als im zivilgerichtlichen Verfahren.“
Der fehlende Hinweis auf den noch zur Verfügung stehenden Vorschuss im gerichtlichen Schreiben vom 05.06.2015 bestätigt daher die Einschätzung des Senats, dass bei objektiver Betrachtungsweise nicht von einem Auftrag gemäß § 109 SGG ausgegangen werden kann. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Richter der Hauptsache bei der Anforderung der ergänzenden Stellungnahme die im Sinn des § 8 a Abs. 4 JVEG bei einer Anforderung nach § 109 SGG angezeigten Überlegungen angestellt hätte.
Die Kosten für die ergänzende Stellungnahme des Dr. S. vom 01.09.2015 können daher nicht der Beschwerdeführerin auferlegt werden; die Stellungnahme ist nach § 106 SGG eingeholt worden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG (vgl. Beschlüsse des Senats
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 SGG endgültig.
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 13 R 564/14 geführten rentenversicherungsrechtlichen Verfahren wurde der Antragsteller, der Facharzt für Anästhesie ist, auf Antrag des dortigen Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und nach Einzahlung eines Vorschusses von 2.000,- € mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 21.09.2015 an den Antragsteller war folgender Hinweis enthalten:
„Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 2000,00 € übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen.“
Nachdem der Antragsteller im Rahmen eines detaillierten Kostenvoranschlags vom
„Sehr geehrter Herr Dr. K.,
es wird mitgeteilt, dass die Mehrkosten von der Rechtsschutzversicherung des Klägers bestätigt wurden; um Erstellung des Gutachtens - möglichst zeitnah - wird gebeten.“
Am 26.02.2016 ist das unter dem Datum vom 23.02.2016 erstellte Gutachten des Antragstellers beim Bayer. LSG eingegangen, am 29.02.2016 die für das Gutachten gestellte Rechnung vom 25.02.2016 über 4.017,47 €.
Die Kostenbeamtin des Bayer. LSG setzte die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 23.02.2016 mit Schreiben vom 21.04.2016 auf 3.200,- € fest. Die Kürzung begründete sie damit, dass die beantragte Vergütung den eingezahlten Vorschuss von insgesamt 3.200,- € um 817,47 € und damit erheblich übersteige. Die weitere Erhöhung habe der Antragsteller dem Gericht nicht vorher angekündigt, so dass keine Möglichkeit bestanden habe, den Kläger über die weiteren Mehrkosten zu informieren.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom
Die Vergütung für das Gutachten vom
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z. B. Beschluss des Senats
2. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist mit Wirkung zum
„(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat.“
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) lautet wie folgt:
„Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen.“
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 a JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
„Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung. ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben. ...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht. ...
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen.“
Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen nicht (vgl. Beschluss des Senats
3. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im vorliegenden Fall
Die Vergütung des Antragstellers ist nicht auf die Höhe des Vorschusses zu kürzen, obwohl die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 3.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 3.2.) durch die dem Antragsteller ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 3.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 3.4.) und der Antragsteller auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 3.5.). Denn der Antragsteller hat die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten, da ihm vom Gericht nicht die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses mitgeteilt worden ist (vgl. unten Ziff. 3.6.).
3.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von insgesamt 3.200,- €.
3.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt im vorliegenden Fall bei 3.840,- €.
Eine Überschreitung des Vorschusses ist dann erheblich, wenn die Überschreitung mindestens 20% des Vorschusses beträgt (vgl. Beschlüsse des Senats
Bei einem Vorschuss in Höhe von 3.200,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 3.840,- € (3.200,- € x 1,2).
3.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Antragsteller zustehende Vergütung (zum Begriff der Vergütung in diesem Zusammenhang: vgl. Beschluss des Senats
Die einem Sachverständigen zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats
Die nach den aufgezeigten Vorgaben ermittelte Vergütung des Antragstellers entspricht dem Rechnungsbetrag vom
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass keine Reduzierung der in der Rechnung vom
3.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 3.3. ermittelte Betrag von 4.017,47 € liegt deutlich über der in Ziff. 3.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG in Höhe von 3.840,- €.
3.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Nach den Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG hätte der Antragsteller das LSG spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch im Sinn des § 8 JVEG die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohte. Dies hat er nicht getan.
Der Antragsteller hat vor Vorlage des Gutachtens überhaupt nicht darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 4.017,47 € vorgelegt.
3.6. Fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Dem Antragsteller kann aber kein Verschulden bezüglich der Verletzung der Hinweispflicht vorgehalten werden.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird. Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat (vgl. Beschlüsse des Senats
Im vorliegenden Fall ist ein fehlendes Verschulden des Antragstellers im Vollbeweis nachgewiesen. Denn dem Antragsteller war die genaue Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt.
Zunächst hat das Hauptsachegericht des Rentenverfahrens den Antragsteller mit dem Gutachtensauftrag vom
Um die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG zu bewirken, hätte das Gericht vielmehr dem Sachverständigen mitteilen müssen, in welcher konkreten Höhe ein Vorschuss nunmehr zur Verfügung stand. Da dies das Gericht unterlassen hat, kann dem Sachverständigen kein Verschulden an der erheblichen Überschreitung des zur Verfügung stehenden Vorschusses vorgeworfen werden.
Im Sinn der Rechtssicherheit ist es unverzichtbar, dass einem Sachverständigen die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses bekannt sein muss, um ihm ein Verschulden wegen einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorhalten zu können. Nicht ausreichend ist es, wenn dem Sachverständigen nur die ungefähre Höhe des Vorschusses mitgeteilt worden ist. Denn daraus würde sich lediglich eine Vermutung, nicht aber eine sichere Kenntnis von der Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses ergeben. Allein eine derartige Vermutung für die Begrenzung der Vergütung wegen erheblicher Vorschussüberschreitung ausreichen zu lassen, würde zu weit gehen. Dem Sachverständigen würde anderenfalls auch die zulässige Möglichkeit zur „Optimierung“ der Vergütung (vgl. Beschlüsse des Senats
Der vorgenannten Bewertung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 21.10.2015, mit dem er mitgeteilt hat, dass der zur Verfügung stehende Vorschuss von 2.000,- € nicht ausreichen werde, einen detaillierten „Kostenvoranschlag“ über einen Betrag von 3.119,47 € aufgestellt hat und er aufgrund der Mitteilung des Gerichts vom 16.12.2015 davon ausgehen durfte, dass jedenfalls der in seinem Kostenvoranschlag genannte Betrag als Vorschuss zur Verfügung stehe. Denn das gerichtliche Schreiben vom 16.12.2015 kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein bestimmter, exakt bezifferbarer Betrag für die Erstellung des Gutachtens gemäß § 109 SGG zur Verfügung steht, auch nicht der, wie er im Kostenvoranschlag des Antragstellers genannt war; ein Rückschluss von dem im Kostenvoranschlag angegebenen Betrag auf den zur Verfügung stehenden Kostenvorschluss ist nicht zwingend. Bei der Auslegung derartiger gerichtlicher Schreiben wie dem vom 16.12.2015 sind die gleichen Maßstäbe zugrunde zu legen, wie sie auch für die Auslegung von Prozesserklärungen der Beteiligten gelten (vgl. Beschlüsse des Senats
Da dem Antragsteller die konkrete Höhe des zur Verfügung stehenden Vorschusses nicht bekannt war, kann ihm auch kein Verschulden bezüglich einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses entgegen gehalten werden.
Da dem Antragsteller kein Verschulden bezüglich der erheblichen Überschreitung des Vorschusses vorgeworfen werden kann, tritt die Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG nicht ein. Dem Antragsteller steht für sein Gutachten vom 23.02.2016 eine Vergütung in Höhe von 4.017,47 € zu.
Der Kostensenat trifft diese Entscheidung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG eine konkrete Bezifferung des zur Verfügung stehenden Vorschusses gegenüber dem Sachverständigen voraussetzt, in voller Besetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist
- 1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist; - 2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.
(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.