Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Jan. 2015 - L 11 AS 7/15 B PKH

bei uns veröffentlicht am26.01.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.11.2014 - S 13 AS 399/14 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Beklagte auf einen Antrag des Klägers hin untätig geblieben ist.

Im Rahmen eines Weiterbewilligungsantrags auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.01.2014 beantragte der Kläger mit Schreiben vom 27.11.2013 die Leistungsbewilligung für einen längeren Zeitraum als sechs Monate. Mit Bescheid vom 05.12.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die Leistungshöhe sei unzutreffend und zu unbestimmt, die Regelleistung genüge nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Er erwarte zeitnahe Widerspruchsbescheide; das gelte auch für seinen Antrag auf Verlängerung des Bewilligungszeitraumes.

Am 05.05.2014 hat der Kläger Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) wegen seines Antrags auf Verlängerung des Bewilligungszeitraums erhoben. Sein Antrag vom 27.11.2013 sei nicht bearbeitet worden. Im Bescheid vom 05.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 fänden sich keine Ausführungen zu einer „Laufzeitverlängerung“. Zugleich hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren begehrt.

Der Beklagte hat ausgeführt, u. a. sei über den Antrag vom 27.11.2013 mit Bescheid vom 05.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 entschieden worden. Dagegen habe der Kläger Klage zum SG erhoben (S 13 AS 299/14).

Mit Beschluss vom 17.11.2014 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Die erhobene Untätigkeitsklage sei unzulässig, denn der Beklagte habe mit Bescheid vom 05.12.2013 den Antrag auf Verlängerung der Laufzeiten abschlägig entschieden. Über den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch komme, im Rahmen dessen er auch eine Verlängerung der Laufzeit angesprochen habe, habe der Beklagte mit Widerspruchsbescheid entschieden. Ob fehlende Ausführungen zur Laufzeitverlängerung einen Begründungsmangel darstellten, sei im Rahmen der Untätigkeitsklage nicht zu prüfen.

Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der Beschluss sei nicht unterschrieben, er habe den Richter am SG abgelehnt.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn.26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn.7). Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH- Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 (Rn. 29) - BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060ff).

Vorliegend sind keine hinreichenden Erfolgsaussichten zu erkennen. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 05.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 über die begehrte „Laufzeitverlängerung“ entschieden und diese abgelehnt. Der Kläger hat dagegen Klage erhoben und kann im Rahmen dieser Klage die begehrte Laufzeitverlängerung geltend machen. Einer gesonderte Entscheidung des Beklagten über den Antrag auf Laufzeitverlängerung vom 27.11.2013 bedarf es nicht. Nachdem der Beklagte über den Antrag entschieden hat, muss die zusätzlich erhobene Untätigkeitsklage ohne Erfolg bleiben. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen des SG Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Es wird darauf hingewiesen, dass der sich in der Akte des SG befindende Beschluss vom 17.11.2014 vom Richter unterschrieben ist.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Jan. 2015 - L 11 AS 7/15 B PKH zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 142


(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.