Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Mai 2018 - L 11 AS 313/18 NZB

bei uns veröffentlicht am14.05.2018
vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 10 AS 8/18, 09.03.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.03.2018 - S 10 AS 8/18 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Streitig ist die Minderung des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 um 40,90 € monatlich.

Mit Bescheiden vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 hat der Beklagte den Eintritt einer Minderung des Anspruches auf Alg II für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 um 10 v. H. der Regelleistung wegen eines Meldeversäumnisses festgestellt und das zuvor bewilligte Alg II entsprechend teilweise aufgehoben. Die dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) ist erfolglos geblieben (Urteil vom 12.07.2017 - S 13 AS 573/17), die Berufung (Beschluss des Senates vom 17.10.2017 - L 11 AS 591/17) und die Revision (Beschluss des BSG vom 18.02.2018 - B 14 AS 385/17 B) sind nicht zugelassen worden.

Mit Schreiben vom 04.08.2018 hat der Kläger (erneut) beim SG die Aufhebung der Bescheide vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 gefordert. Er hat dazu ein ärztliches Attest vom 14.12.2017 vorgelegt. Auf Nachfrage des SG hat der Beklagte mitgeteilt, dass bei ihm kein Überprüfungsantrag gestellt worden sei. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.03.2018 abgewiesen. Es sei noch ein Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG zur Prüfung der Minderung des Leistungsanspruches anhängig. Eine erneute Klage hinsichtlich desselben Streitgegenstandes sei aber unzulässig (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz -GVG-). Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Richterin des SG lüge. Der EuGH werde sich mit dem Thema der Ungleichbehandlung vor dem SG bei den Einlasskontrollen zu beschäftigten haben. Das SG hätte aufgrund seines an das SG gerichteten Schreibens vom 07.03.2018 eine Beweiserhebung vornehmen müssen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Für den Senat ist weder eine grundsätzliche Bedeutung noch ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung zu erkennen, auch wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des SG das BSG bereits abschließend über die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 28.02.2018 entschieden hat. Vom Kläger wird dies - soweit seinen Ausführungen gefolgt werden kann und sich nicht nur in unangemessenen Vorwürfen an das SG erschöpfen - auch nicht geltend gemacht.

Einen Verfahrensfehler kann der Senat ebenfalls nicht erkennen und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Er behauptet lediglich, das SG hätte Beweise aufgrund seines an das SG gerichteten Schreibens vom 07.03.2018 erheben müssen. Zur Geltendmachung von Verfahrensfehlern im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG müssen die Tatsachen, die den Mangel ergeben, genau angegeben werden und aus den vorgetragenen Tatsachen muss sich schlüssig ergeben, welcher Mangel gerügt werden und sinngemäß auch, welche Verfahrensvorschrift als verletzt angesehen werden soll (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG,12. Aufl., § 144 RdNr. 36). Vorliegend fehlt es sowohl an der Annahme einer entsprechenden Tatsache, denn der Kläger behauptet lediglich das Vorliegen eines an das SG gerichteten Schriftsatzes vom 07.03.2018, der jedoch in den Akten des SG nicht enthalten ist. Es fehlt aber auch daran, dass sich der Verfahrensmangel aus der - lediglich behaupteten - Tatsache nicht schlüssig ergibt.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 145


(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Ur

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Sozialgericht Nürnberg Urteil, 12. Juli 2017 - S 13 AS 573/17

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Alg II um 10% wegen Meldepflichtverletzung sowie die Fests

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Okt. 2017 - L 11 AS 591/17

bei uns veröffentlicht am 17.10.2017

Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 - S 13 AS 573/17 - wird im Hinblick auf die Minderung verworfen und im Übrigen zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Alg II um 10% wegen Meldepflichtverletzung sowie die Feststellung, dass für die Entschuldigung einer Meldepflicht eine allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht.

Während des Bezuges von Leistungen war der Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen worden. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreichend wäre. Vielmehr müsse der Arzt bescheinigen, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, den Weg zum Jobcenter zurückzulegen.

Zum vorgesehenen Termin erschien der Kläger nicht, worauf er mit Schreiben vom 05.05.2017 wegen der geplanten Minderung des Leistungsanspruches um 10% der Regelleistung wegen Meldepflichtsverletzung angehört wurde.

Mit Bescheid vom 12.05.2017 erfolgte schließlich die Minderung der Regelleistung um 10%, d.h. 40,90 € für die Dauer von drei Monaten vom 01.06.2017 bis 31.08.2017.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 26.05.2017 Widerspruch, der allerdings nicht mit einer Unterschrift versehen war. Am gleichen Tage wandte er sich an das Sozialgericht Nürnberg und erhob gegen den Bescheid vom 12.05.2017 Klage. Das Klageverfahren wurde unter dem Az. S 13 AS 573/17 registriert. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Unterschrift als unzulässig zurück. Am 03.06.2017 erhob der Kläger eine weitere Klage mit der er die Feststellung begehrte, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichten zu entschuldigen. Diese Klage wurde unter dem Az. S 13 AS 609/17 registriert. In der mündlichen Verhandlung wurden die Streitsachen S 13 AS 573/17 und S 13 AS 609/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und führen nunmehr das Az. S 13 AS 573/17 Auf den Hinweis des Gerichts, dass sich aus dem Widerspruch des Klägers ergeben hätte, dass der Widerspruch vom Kläger stammt und dieses die Beklagte auch hätte erkennen müssen, war die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereit, den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2017 aufzuheben und erneut das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Kläger war jedoch nicht bereit abzuwarten, sondern bestand vielmehr auf einem Endurteil.

Er beantragt,

den Bescheid vom 12.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht um Meldepflichten zu entschuldigen.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist insoweit zulässig, als sie sich gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 wendet.

Zwar hat die Beklagte zu Unrecht durch den Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen, da sich aus dem Widerspruch eindeutig ergeben hatte, dass er vom Kläger stammt und die Beklagte dies auch erkannt hatte. Nach herrschender Meinung genügt in einem derartigen Fall trotz der Vorschrift des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ein schriftlicher Widerspruch ohne Unterschrift.

Der Minderungsbescheid vom 12.05.2017 ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Unstreitig war der Kläger durch Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen und darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreicht, vielmehr eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung erforderlich wäre. Nachdem der Kläger in der Vergangenheit mehrfach Meldetermine unter Hinweis auf eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht einhielt, war ein derartiges Vorgehen erforderlich. Das Handeln der Beklagten ist von der Sanktionsvorschrift des § 32 SGB II gedeckt.

Dennoch legte der Kläger wiederum nur eine schlichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dieser ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger gesundheitlich gehindert gewesen wäre, das Jobcenter aufzusuchen. Insofern ist der Kläger seiner Verpflichtung zur Meldung nicht nachgekommen. Der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist daher erfüllt. Der Kläger konnte auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegen und nachweisen. Zwar hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, er hätte im Zeitpunkt des Meldetermins tatsächlich nicht laufen können.

Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung hat er aber nicht vorgelegt, so dass es am Nachweis des wichtigen Grundes fehlt.

Sollte der Kläger noch eine entsprechende Bescheinigung erhalten, bleibt es ihm unbenommen innerhalb eines Jahres ab Erlass des angefochtenen Bescheides einen Antrag nach § 44 SGB Xauf Rücknahme des Minderungsbescheides zu stellen.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht Meldepflichten zu entschuldigen, ist diese Klage unzulässig, da es an einem Feststellungsinteresse fehlt. Eine Feststellungsklage gemäß § 55 SGG ist subsidiär zu einer Anfechtungsklage. Da im vorliegenden Fall die vom Kläger begehrte Feststellung im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 getroffen werden kann, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Feststellungsklage.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 - S 13 AS 573/17 - wird im Hinblick auf die Minderung verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 um 40,90 € monatlich und die Feststellung, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 19.01.2017 Alg II für die Zeit vom 01.03.2017 bis 28.02.2018. Zur Besprechung seiner beruflichen Situation lud der Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 zum 03.05.2017 ein. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genüge im Krankheitsfall nicht als Entschuldigung, vielmehr sei eine Bescheinigung des behandelnden Arztes vorzulegen, aus der hervorgehe, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, den Termin wahrzunehmen. Hierfür würden 5,36 € erstattet werden. Angehört zu einer beabsichtigten Minderung wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin am 03.05.2017 teilte der Kläger das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab 02.05.2017 mit. Mit Bescheid vom 12.05.2017 stellte der Beklagte den Eintritt einer Minderung um 40,90 € monatlich für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin am 03.05.2017 ohne wichtigen Grund fest und hob die Bewilligung mit Bescheid vom selben Tag teilweise für diese Zeit auf. Eine geforderte Wegeunfähigkeitsbescheinigung liege nicht vor. Hierüber sei aber mit dem Einladungsschreiben vom 13.04.2017 informiert worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück, denn er sei mangels Unterschrift unzulässig.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er sei wegen seiner nachgewiesenen ärztlichen Krankheitsbescheinigung nicht verpflichtet gewesen, die Einladung zum 03.05.2017 wahrzunehmen. Wenn der Beklagte auf ein zusätzliches Attest zur Wegeunfähigkeit bestehe, habe er auch die Kosten hierfür (10 bis 20,00 €) zu zahlen. Der Beklagte sei daher zu verpflichten, die Kosten für ein solches Attest zu bezahlen. Der Beklagte wolle jedoch nur 5,36 € bezahlen. Am 22.06.2017 ist der Kläger zur mündlichen Verhandlung vom 12.07.2017 geladen worden. Zudem hat es, nachdem der Kläger den vom SG angeforderten Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht übersandt hatte, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 12.07.2017). In der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2017 hat das SG das Klageverfahren mit einer weiteren Klage des Klägers auf Feststellung, ob die allgemeinübliche Arbeitsunfähigkeit dazu ausreiche, um seinen Meldepflichten nicht nachkommen zu müssen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zuletzt hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 12.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichten zu entschuldigen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.07.2014 abgewiesen. Zwar habe der Beklagte den Widerspruch zu Unrecht mangels Unterschrift als unzulässig „zurückgewiesen“. Der Minderungsbescheid sei jedoch rechtmäßig. Wegen des mehrfachen Nichterscheinens des Klägers allein aufgrund von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei das Vorgehen des Beklagten (Verlangen nach einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung) erforderlich. Der Kläger habe jedoch nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, so dass kein wichtiger Grund für das Nichterscheinen vorliege. Die Klage auf (allgemeine) Feststellung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche Meldepflichten zu entschuldigen, sei als allgemeine Feststellungsklage (§ 55 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) subsidiär gegenüber der vorliegenden Anfechtungsklage hinsichtlich des Bescheides vom 12.05.2017. Die vom Kläger begehrte Feststellung werde im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 getroffen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger ausdrücklich „Berufung“ zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Vorsitzende des SG habe „von nichts eine Ahnung“, über Prozesskostenhilfeanträge sei erst nachträglich entschieden worden und Ladungsfristen seien nicht eingehalten worden. Mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren hat er sich nicht einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 sowie die Bescheide vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zum Teil nicht zulässig und daher zu verwerfen. Im Übrigen ist sie unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Streitgegenstandes, der sich auf die Feststellung der Minderung durch den Bescheid vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 bezieht, konnte der Senat gemäß § 158 Satz 1 und 2 SGG durch Beschluss entscheiden, denn die Berufung ist nicht statthaft. Hinsichtlich des davon abtrennbaren, nicht gleichartigen Streitgegenstandes auf allgemeine Feststellung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen, konnte der Senat ebenfalls durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Das Einverständnis der Beteiligten hierzu ist nicht erforderlich; das Vorbringen des Klägers führt nicht zur Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung.

Liegen innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände vor, ist hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung danach zu differenzieren, ob die einzelnen Streitgegenstände vom Berufungsausschluss erfasst werden oder nicht (BSG, Beschluss vom 18.04.2016 - B 14 AS 150/15 B H - veröffentlicht in Juris; vgl. auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 144 Rn. 16).

Die Berufung bezüglich der gegen die Bescheide vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 erhobenen Anfechtungsklage ist unzulässig; das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Streitig ist allein die teilweise Aufhebung des Alg II für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 iHv monatlich 40,90 €. Zu Recht hat das SG daher in seiner Rechtsmittelbelehrungauf das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Entgegen der erteilten Rechtsmittelbelehrunghat der Kläger allerdings ausdrücklich „Berufung“ erhoben. Bei der Auslegung eines Antrages geht der Senat davon aus, was der Kläger erreichen möchte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 123 Rn. 3). Nachdem die weiteren Ausführungen des Klägers nicht zum vorliegenden Verfahren in Beziehung stehen - der Kläger war zur mündlichen Verhandlung vor dem SG persönlich erschienen und hat die noch ausstehende Entscheidung über den Antrag auf PKH nicht moniert, die Ladungsfristen sind vom SG eingehalten worden -, bleibt allein der von ihm gewählte Wortlaut, um sein Begehren auszulegen. Hiernach hat er ausdrücklich „Berufung“, nicht aber Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Diese entgegen der erteilten Rechtsmittelbelehrungausdrücklich vom Kläger gewählte Bezeichnung ist einer Auslegung nicht zugänglich, es ist eine Umdeutung erforderlich. Eine Umdeutung einer Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist aber grundsätzlich auch bei nicht rechtskundig vertretenen Klägern nicht möglich (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/11 B -, Beschluss des Senates vom 02.09.2016 - L 10 AL 125/15 NZB - beide veröffentlicht in Juris; vgl. dazu auch Leitherer a.a.O. § 151 Rn. 11a, derselbe a.a.O. Vor § 143 Rn. 15c). Der Kläger ist vom Senat auch auf das zutreffend zu erhebende Rechtsmittel innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist hingewiesen worden (Schreiben vom 17.08.2017).

Hinsichtlich des unbezifferten Feststellungsantrages ist der Wert des Beschwerdegegenstandes zu ermitteln (vgl. Leitherer a.a.O. § 144 Rn. 15b, BSG, Beschluss vom 05.08.2015 - B 4 AS 17/15 B - veröffentlicht in Juris). Bei der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allgemein ausreicht, um Verletzungen der Meldepflicht zu entschuldigen, geht es dem Kläger nicht um eine einzelne Minderung, sondern sein Ziel ist, zukünftige Minderungen im Allgemeinen zu vermeiden. Damit ist nicht auf eine einzelne Minderung abzustellen. Lässt sich aber endgültig nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Beschränkung der Berufung erfüllt sind, muss im Ergebnis die Grundregel des § 143 SGG - Statthaftigkeit ohne Zulassung - greifen (vgl. Leitherer a.a.O. § 144 Rn. 15b). Somit ist hinsichtlich des Feststellungsbegehrens die Berufung als zulässig anzusehen.

Sie ist jedoch hinsichtlich dieses Streitgegenstandes unbegründet, denn das SG hat die Feststellungsklage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die vom Kläger begehrte Feststellung betrifft lediglich ein Tatbestandsmerkmal innerhalb der Rechtsgrundlage für die Feststellung des Eintritts einer Minderung, nämlich die Frage, ob ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zu einem Meldetermin vorliegt. Dieses Tatbestandsmerkmal ist im Rahmen der Amtsermittlung durch den Beklagten zu prüfen. Erst wenn entsprechende Nachforschungen ohne Erfolg bleiben, trifft den Betroffenen die Feststellungslast (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 31 Rn. 66 ff, § 32 Rn. 27).

Die mit dieser Elementenfeststellungsklage vom Kläger aufgeworfene Frage ist zum einen bereits durch die Rechtsprechung bereits geklärt (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - veröffentlicht in Juris), zum anderen aber ist sie unzulässig. Es handelt sich vorliegend nicht um die Feststellung einzelner Rechten und Pflichten, sondern um die Feststellung einzelnen Elemente wie z.B. Rechtsfragen, Vorfragen oder Tatfragen (vgl dazu: Keller a.a.O. § 55 Rn. 9). Erst recht ist ein Feststellungantrag unzulässig, wenn das streitige Rechtsverhältnis in prozessualen Fragen eines ohnehin anhängigen Streites besteht (vgl. zum Ganzen Keller aaO § 55 Rn. 9). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Frage der ausreichenden Entschuldigung durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird im Rahmen der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage hinsichtlich der Feststellung des Eintritts einer Minderung und Aufhebung für den konkreten Fall geklärt. Die vorliegende Elementenfeststellungsklage ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, wenn durch diese der Rechtsstreit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (Keller aaO Rn. 9a), denn bei der vom Kläger aufgeworfenen Frage ist auf den Einzelfall abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 a.a.O.).

Nach alledem war die Berufung hinsichtlich der erhobenen Anfechtungsklage gegen die Minderung zu verwerfen und hinsichtlich der erhobenen allgemeinen Feststellungsklage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.