Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 24. Aug. 2015 - L 10 AL 200/15 NZB

published on 24.08.2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 24. Aug. 2015 - L 10 AL 200/15 NZB
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Sozialgericht Nürnberg, S 1 AL 125/15, 25.06.2015

Gericht

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Tenor

I.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 25.06.2015 - S 1 AL 125/15 - wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Streitig ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) gemäß dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 01.01.2015 bis 04.01.2015.

Der Kläger meldete sich am 30.10.2014 zum 01.11.2014 bei der Agentur für Arbeit A-Stadt unter seiner Anschrift in W-Stadt persönlich arbeitslos. Am 01.01.2015 ist er in die A-Straße in A-Stadt umgezogen und hat sich beim Einwohnermeldeamt am 02.01.2015 umgemeldet. Nachdem er den Antrag auf Arbeitslosengeld Ende Januar 2015 abgegeben hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheiden vom 06.02.2015 Alg für die Zeit vom 05.11.2014 bis 31.12.2014 und vom 05.01.2015 bis 07.11.2015 in Höhe von 41,40 € täglich. Gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe sich erst zum 05.01.2015 persönlich bei der Beklagten melden können. Am 02.01.2015 (Freitag) habe er sich beim Einwohnermeldeamt umgemeldet, dies habe so lange gedauert, dass dann die Beklagte bereits geschlossen gehabt hätte. So hätte er - wie geschehen - erst am 05.01.2015 bei der Beklagten den Umzug melden können. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Vermerk über die Aufgabe des Widerspruchsbescheides zur Post durch die Poststelle der Beklagten findet sich nicht.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) am 16.04.2015 erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.06.2015 abgewiesen. Zum einen sei sie unzulässig, denn die Klage sei unter Berücksichtigung des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verfristet erhoben worden. Sie sei aber auch unbegründet. Der Kläger habe aufgrund des ausgehändigten Merkblattes von der Pflicht zur Mitteilung des Umzugs gewusst. Eine persönliche Meldung sei nicht erforderlich gewesen und auch nicht gefordert worden. Nachdem er damit für die Zeit vom 01.01.2015 bis 04.01.2015 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe, bestehe kein Anspruch auf Alg. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Der Widerspruchsbescheid sei erst am 17.03.2015 bei ihm eingegangen. Bei seiner persönlichen Arbeitslosmeldung habe er wegen des Umzuges nachgefragt, Antworten sollte er erst bei Abgabe des Antrages erhalten. Seine frühere Wohnung habe Brandschäden gehabt. Am 05.01.2015 sei die Abgabe der Veränderungsmitteilung von der Beklagten verweigert worden. Ebenfalls am 05.01.2015 sei ihm telefonisch von der Beklagten bestätigt worden, dass er sich persönlich melden müsse.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Vorliegend macht der Kläger keinen der genannten Zulassungsgründe geltend. Solche sind für den Senat auch nicht ersichtlich, nachdem das SG in der Sache entschieden hat und nicht allein auf die Verfristung der Klage abgestellt hat (vgl. dazu Urteil des Senates vom 11.06.2015 - L 10 AL 159/14). Somit stellt sich die Frage, ob die Aufgabe zur Post durch einen Mitarbeiter der Poststelle der Beklagten vermerkt werden muss und ob dies hier erfolgt ist, vorliegend nicht entscheidungserheblich.

Dass das SG in der Sache zutreffend entschieden hat (vgl. hierzu bereits: BSG, Urteil vom 29.11.1989 - 7 RAr 138/88 - veröffentlicht in juris), ist für die Zulassung der Berufung ohne Bedeutung, zumal der Kläger aufgrund des ausgehändigten Merkblattes wusste bzw. hätte wissen müssen, dass er der Beklagten den Umzug rechtzeitig hätte mitteilen müssen, wobei zunächst keine persönliche Meldung erforderlich gewesen wäre. Die Abgabe bzw. Übersendung einer Veränderungsmitteilung wäre ihm rechtzeitig möglich gewesen.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 11.06.2015 00:00

Gründe Leitsatz: in dem Rechtsstreit A., A-Straße, A-Stadt - Kläger und Berufungskläger - Proz.-Bev.: B., B-Straße, Bamberg - - gegen Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch die Geschäftsführung des O
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Annotations

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten einzulegen.

(2) Die Beschwerde soll das angefochtene Urteil bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Landessozialgericht entscheidet durch Beschluss. Die Zulassung der Berufung bedarf keiner Begründung. Der Ablehnung der Beschwerde soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil rechtskräftig.

(5) Läßt das Landessozialgericht die Berufung zu, wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.