Amtsgericht Straubing Beschluss, 13. Mai 2015 - 4 Ds 133 Js 93977/14

13.05.2015

Gericht

Amtsgericht Straubing

Tenor

1. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg - Zweigstelle Straubing vom 26.08.2014 wird dem Angeschuldigten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Der Angeschuldigte wurde durch Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 25.03.1993 Az: …, zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt. Sicherungsverwahrung gem. § 66 StGB wurde angeordnet.

Durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg trat nach Erledigung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung am 19.12.2011 Führungsaufsicht ein, deren Dauer vorliegend bis 20.07.2018 festgesetzt ist.

Der Angeschuldigte wurde unter Ziffer 4 des Führungsaufsichtsbeschlusses vom 06.03.2014 angewiesen, keine alkoholischen oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen und sich nach näherer Weisung des Bewährungshelfers bis zu zehnmal jährlich Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen.

Über die Strafbewährtheit (sic!) etwaiger Verstöße gegen die Weisung aus dem Führungsaufsichtsbeschluss wurde der Angeschuldigte belehrt.

Obwohl der Angeschuldigte das gegen ihn bestehende absolute Alkoholverbot kannte, trank er am 08.06.2014 gegen 20:15 Uhr im Bereich Straubing jedenfalls ein Bier und begab sich sodann an die Donau zum Sonnenbaden. Dort fotografierte er zwei junge Mädchen im Bikini, welche mit dem Rücken zu ihm standen.

Durch den Konsum alkoholischer Getränke wurde der Zweck der Maßregel gefährdet.

Strafantrag wurde durch die zuständige Führungsaufsichtsstelle form- und fristgerecht gestellt.“

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeschuldigten deshalb einen Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß § 145 a StGB zur Last.

Nach Zustellung der Anklageschrift wurde dem Angeschuldigten antragsgemäß und ohne Einwände der Staatsanwaltschaft ein Pflichtverteidiger beigeordnet. Diesem wurde sodann Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schriftsatz vom 26.09.2014 (Blatt 52/53) äußerte sich der Bewährungshelfer des Angeschuldigten. Er legte dar, dass seines Erachtens kein grober, beharrlicher oder gravierender Weisungsverstoß vorliege, der den Zweck der Maßregel gefährde und die Stellung eines Strafantrags unumgänglich mache. Er sei entgegen § 68 a VI StGB vor Stellung des Strafantrags von der Führungsaufsichtsstelle nicht gehört worden. Sein Vorschlag im Falle einer Anhörung wäre allenfalls ein Anhörungstermin gewesen. Der Angeschuldigte habe nach 27 Jahren Freiheitsentzug und ohne jegliche Entlassungsvorbereitung erstaunlich schnell in der Freiheit Fuß gefasst. Er halte sich an seine Vorstellungsweisungen und nehme auch immer wieder von sich aus Kontakt zu ihm auf. Aus Sicht der Bewährungshilfe unterstütze der Strafantrag die bisherigen Resozialisierungsbemühungen nicht, sondern lasse eher befürchten, dass sich die bisher komplikationslose Zusammenarbeit schwieriger gestalte.

Mit Verfügung vom 29.09.2014 (Blatt 54) wurden die Akten der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme zu dem Schriftsatz des Bewährungshelfers vom 26.09.2014 zugeleitet unter Hinweis darauf, dass durch einen etwaigen Weisungsverstoß der Zweck der Maßregel konkret gefährdet sein müsse. Die Staatsanwaltschaft nahm hierzu mit Verfügung vom 07.10.2014 (Blatt 57) Stellung. Hierzu wurde sodann dem Verteidiger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schriftsatz vom 11.11.2014 (Blatt 60/62) beantragte der Verteidiger, das Hauptverfahren jedenfalls aus rechtlichen Gründen nicht zu eröffnen. Der Verteidiger vertritt in diesem Schriftsatz die Ansicht, dass der Strafantrag mangels vorheriger Anhörung des Bewährungshelfers unwirksam sei.

Mit Verfügung vom 13.11.2014 erteilte das Gericht insbesondere der Staatsanwaltschaft rechtliche Hinweise und regte eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 II StPO an (Blatt 63/5). Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf diese Verfügung Bezug genommen.

Die Staatsanwaltschaft hörte sodann die Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht Regensburg an und lehnte mit Verfügung vom 19.12.2014 (Blatt 70) eine Einstellung gemäß § 153 II StPO unter Bezugnahme auf die beiden Stellungnahmen des Leiters der Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht Regensburg vom 12.12.2014 (Blatt 68) und vom 13.10.2014 (Blatt 69) ab.

Mit Beschluss vom 07.01.2015 (Blatt 75) ordnete das Gericht gemäß § 202 StPO im Zwischenverfahren die Einvernahme der Zeugen KOK D., KPI …, und F. L., Bewährungshelfer bei dem Landgericht Regensburg, jeweils zu dem Beweisthema „Führungsaufsichtsverhalten und Entwicklung des Angeschuldigten“ an und bestimmte Termin auf den 05.02.2015 unter Terminsmitteilung an den Angeschuldigten, den Verteidiger und die Staatsanwaltschaft. Mit weiterer Verfügung vom 07.01.2015 (Blatt 77) wurden Urteilsabschriften angefordert der Urteile des Amtsgerichts Ansbach vom 13.10.1982, Az. … (BZR-Ziffer 4), des Landgerichts München I vom 09.02.1987, Az. … (BZR-Ziffer 6), und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.03.1993, Az. … (BZR-Ziffer 7). Diese Urteilsabschriften gingen in der Folge ein und sind Bestandteil der Akte (Blatt 79/87, Blatt 92/123 sowie Blatt 125/130).

In nichtöffentlicher Sitzung vom 05.02.2015 wurden sodann gemäß § 202 ZPO die Zeugen KHK D. und L. vernommen (Blatt 131/135). Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 05.02.2015 Bezug genommen. Hierzu wurden sodann der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft angehört (Blatt 136).

Nachdem der Zeuge KHK D. in seiner Zeugeneinvernahme angegeben hatte, dass es ein neues Ermittlungsverfahren gegen den Angeschuldigten wegen des Vorwurfs eines Sexualdelikts gäbe, wurde die Staatsanwaltschaft mit Verfügungen vom 13.02.2015, vom 19.03.2015 und vom 17.04.2015 um Übersendung dieser Akte und/oder einer Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft ersucht. Am 28.04.2015 wurde diese Akte mit dem Aktenzeichen 138 Js 91800/15 vorgelegt. Es handelt sich um ein von der Staatsanwaltschaft gem. § 170 II StPO eingestelltes Ermittlungsverfahren gegen den Angeschuldigten wegen des Verdachts einer sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2015 nahm der Verteidiger erneut Stellung (Blatt 141/142). Aufgrund der Einvernahme der Zeugen sei geklärt, dass der Strafantrag mangels Anhörung unwirksam sei. Darüber hinaus stehe fest, dass eine Gefährdungslage im Sinn des § 145 a StGB nicht eingetreten sei. Das Verfahren dürfe daher nicht eröffnet werden. Hierzu wurde erneut der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die genannten Schriftstücke, den restlichen Akteninhalt, die beigezogene Führungsaufsichtsakte betreffend den Angeschuldigten mit dem Aktenzeichen FA … sowie auf den Auszug aus dem Bundeszentralregister betreffend den Angeschuldigten, der zuletzt am 30.04.2015 erholt wurde, Bezug genommen.

II.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens ist gemäß § 204 I StPO aus tatsächlichen Gründen abzulehnen.

1. Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Hinreichender Tatverdacht besteht bei vorläufiger Tatbewertung in der Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung. Dabei besteht ein gewisser Beurteilungsspielraum. Für den Grundsatz „in dubio pro reo“ ist bei einem Wahrscheinlichkeitsurteil noch kein Raum. Jedoch kann der hinreichende Verdacht mit der Begründung verneint werden, dass nach Aktenlage bei den gegebenen Beweismöglichkeiten am Ende wahrscheinlich das Gericht nach diesem Grundsatz freisprechen wird (Meyer-Goßner/Schmitt, 57. Aufl., § 203 StPO Rn. 2 m. w. N.). Es liegt im vertretbaren Entscheidungskorridor, schon aufgrund der Aktenlage den bzw. die einzigen Belastungszeugen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen (OLG Nürnberg NJW 2010, 3793; Meyer-Goßner/Schmitt, 57. Aufl., § 203 StPO Rn. 2). Letztlich muss für eine Straftat des Angeschuldigten wahrscheinlich genügender Beweis vorliegen. Hinreichender Tatverdacht bedeutet also die Feststellung von Tatsachen, die nach praktischer Erfahrung zu einer Verurteilung in einer Hauptverhandlung führen werden. Dabei müssen zwar gewisse Belastungsmomente erwiesen sein, jedoch darf die Aufklärung von Widersprüchen zwischen Angaben des Beschuldigten und den vorhandenen Beweisergebnissen der Hauptverhandlung überlassen bleiben. Ein Angeschuldigter ist der ihm in der Anklageschrift zur Last gelegten Straftat dann hinreichend verdächtig, wenn nach vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung nach durchgeführter Beweisaufnahme höher ist als die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs. Dabei ist hinreichender Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Tatgericht einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum eröffnet, zumal es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt (OLG Nürnberg NJW 2010, 3793 m. w. N.). Die ermittelten Tatsachen müssen es nach praktischer Erfahrung wahrscheinlich machen, dass der Angeschuldigte in einer Hauptverhandlung mit den Beweismitteln, die zur Verfügung stehen, verurteilt wird. Entscheidend ist letztlich die - vertretbare - Prognose des Gerichts, dass die Hauptverhandlung wahrscheinlich mit einem Schuldspruch enden wird, wenn das Ermittlungsergebnis nach Aktenlage sich in der Beweisaufnahme als richtig erweist (OLG Nürnberg, a. a. O.).

2. Unter Anwendung dieser Grundsätze und Kriterien liegt hinreichender Tatverdacht nicht vor. Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Hauptverhandlung mit einem Schuldspruch enden wird. Selbst unter Zugrundelegung der Nachweisbarkeit eines Verstoßes des Angeschuldigten gegen die Weisung unter Ziffer 4 des Führungsaufsichtsbeschlusses vom 06.03.2014, keine alkoholischen oder andere berauschenden Mittel zu sich zu nehmen, besteht keine Wahrscheinlichkeit eines Schuldspruchs des Verurteilten wegen einer Straftat nach § 145 a StGB, da der Nachweis einer Gefährdung des Zwecks der Maßregel durch einen Weisungsverstoß, wie er in der Anklageschrift dargelegt wird, nicht wahrscheinlich ist. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass mangels Gefährdung des Maßregelzwecks durch den behaupteten Weisungsverstoß in der Hauptverhandlung ein Freispruch erfolgen wird.

a) Der Verstoß gegen eine Weisung muss den Zweck der Maßregel gefährden. Dabei handelt es sich nach herrschender Meinung um ein Tatbestandsmerkmal. Da dieser Zweck darin besteht, gefährliche oder gefährdete Täter von weiteren Straftaten abzuhalten, setzt das Gefährdungsmoment die Wahrscheinlichkeit voraus, dass es nicht gelingt, eine straffreie Lebensführung des Verurteilten zu erreichen, also die Wahrscheinlichkeit des Misslingens der Resozialisierung. Eine solche Wahrscheinlichkeit muss aus dem Verstoß gegen eine Weisung hervorgehen. Zu berücksichtigen ist daneben das sonstige Verhalten des Täters, das Schlüsse auf oder gegen die Gefährdung des Maßregelzwecks zulässt (Schönke-Schröder, § 145 a StGB Rn. 7 m. w. N.). Eine Gefährdung des Maßregelzwecks durch Nichtbefolgung einer Weisung entfällt etwa, wenn der Täter aus anerkennenswerten Gründen handelt. An der erforderlichen Gefährdung durch Missachtung einer Weisung fehlt es ferner in der Regel bei geringen Verstößen, zum Beispiel bei einmaliger Zuwiderhandlung aus menschlicher Schwäche. Handelt es sich dagegen um einen gröblichen oder beharrlichen Verstoß, so verknüpft sich damit zumeist eine Gefährdung des Maßregelzwecks. Maßgebend für das Gefährdungsmoment ist die Tatzeit. Es braucht im Urteilszeitpunkt nicht mehr vorzuliegen, wobei sein Wegfall aber zur Zurücknahme des Strafantrags Anlass geben kann (Schönke-Schröder, § 145 a StGB Rn. 7 m. w. N.). Eine einmalige Zuwiderhandlung genügt zwar für einen Weisungsverstoß gemäß § 145 a StGB, sie muss aber vielfach noch nicht zu einer Gefährdung des Maßregelzwecks führen (Schönke-Schröder, § 145 a StGB Rn. 6). Von einer Gefährdung des Maßregelzwecks kann also nur dann ausgegangen werden, wenn sich durch den Verstoß bzw. die Verstöße gegen die Weisung die Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Straftaten erhöht hat (BGH NJW 2013, 710 m. w. N.). Es reicht insoweit also gerade nicht aus, dass weitere Weisungsverstöße drohen.

b) Ausgehend von diesen Maßstäben ist es wahrscheinlich, dass in einer Hauptverhandlung die Gefährdung des Zwecks der Maßregel durch den in der Anklageschrift behaupteten Weisungsverstoß verneint wird.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der in der Anklageschrift geltend gemachte Weisungsverstoß - dessen Nachweisbarkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit der Nachweisbarkeit trotz diverser hier nicht näher auszuführender Bedenken hier zugrunde gelegt - angesichts des (möglicherweise) konsumierten Alkohol jedenfalls lediglich im Bagatellbereich anzusiedeln ist. Denn die durchgeführte Atemalkoholkontrolle ergab einen Wert von lediglich 0,06 mg/l. Eine Blutentnahme ergab sogar einen Wert unterhalb der Bestimmungsgrenze. Auch nach der Anklage liegt dem Angeschuldigten lediglich der Konsum eines Bieres zur Last (wobei am Rande angemerkt sei, dass sich aus der Einlassung des Beschuldigten im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 08.06.2014 (Blatt 7), die offenbar Grundlage der Anklage ist, ein Konsum gegen 16:00 Uhr ergeben würde und dass völlig unklar ist, woraus sich der in der Anklageschrift inkriminierte Konsum gegen 20:15 Uhr ergeben soll).

Diese Geringfügigkeit des Weisungsverstoßes zugrunde gelegt und unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und Literatur einhelligen Meinung, dass es in der Regel an der erforderlichen Gefährdung des Maßregelzwecks bei geringen Verstößen fehlt, kann unstreitig bei der Frage einer Gefährdung des Maßregelzwecks wegen eines Weisungsverstoßes auch das sonstige Verhalten des Täters, das Schlüsse auf oder gegen die Gefährdung des Maßregelzwecks zulässt, nicht unberücksichtigt bleiben. Dieses muss vielmehr berücksichtigt werden.

Wie der Bewährungshelfer L. und der polizeiliche Sachbearbeiter und HEADS-Sachbearbeiter KHK D. bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens, jedenfalls ausführlich aber in ihrer Zeugenvernehmung, die das Gericht gemäß § 202 StPO im Zwischenverfahren durchgeführt hat, schlüssig, nachvollziehbar und ohne Be- oder Entlastungseifer dargelegt haben, hält sich indes der Angeschuldigte ansonsten an sämtliche ihm erteilten Weisungen und Auflagen. Ausweislich dieser Aussagen des Zeugen KHK D. und des Zeugen L., die beide beruflich mit dem Sachverhalt und mit dem Angeschuldigten befasst sind und von daher kein erkennbares Interesse am Ausgang dieses Verfahrens haben und die ihre Aussagen in ihrer Vernehmung gemäß § 202 StPO bemüht um eine wahrheitsgemäße Aussage und ohne jeden Anlass zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit der Aussagen getätigt haben, sind die bisherigen Resozialisierungsbemühungen insbesondere der Bewährungshilfe seit der Entlassung des Angeschuldigten von einer komplikationslosen Zusammenarbeit mit dem Angeschuldigten getragen. Der Angeschuldigte hält sich danach an die Vorstellungsweisungen. Er nimmt immer wieder Kontakt von sich aus mit dem Bewährungshelfer auf. Auch mit dem polizeilichen Sachbearbeiter und HEADS-Sachbearbeiter D. gibt es keine Probleme in der Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit ist beanstandungsfrei. Der Angeschuldigte kommt seinen Terminen mit dem HEADS-Sachbearbeiter gewissenhaft und regelmäßig nach. Auffälligkeiten gab es bislang nicht. Der Angeschuldigte meldet sich weitaus häufiger als vorgeschrieben. Im Zusammenhang mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (Fußfessel) gab es bislang keine Probleme, die auf ein Fehlverhalten des Angeschuldigten zurückzuführen wären. Sämtliche Alkoholkontrollen waren bislang negativ. Dieser Gesichtspunkt wiegt besonders schwer vor dem Hintergrund, dass - wie die Zeugen D. und L. übereinstimmend berichtet haben - der Angeschuldigte bis vor kurzem mit einer Lebensgefährtin in einem Haushalt zusammen lebte, die ein massives Alkoholproblem hat. In der Wohnung war deshalb Alkohol in großem Umfang vorhanden. Dennoch waren sämtliche Alkoholkontrollen beim Angeschuldigten negativ. Der Angeschuldigte hätte also durchaus eine Vielzahl von Gelegenheiten gehabt, Alkohol zu trinken. Die negativen Alkoholkontrollen belegen indes, dass er dieser Versuchung durchgängig standgehalten hat. Dies ist ein erheblicher Beleg dafür, dass die Resozialisierungsbemühungen von einer guten Zusammenarbeit mit dem Angeschuldigten getragen sind. Auch im Übrigen handelt es sich um Alkoholkontrollen, die innerhalb kurzer Zeit und ohne Vorankündigung durchgeführt wurden. Der Meldeauflage bei der PI Straubing ist der Angeschuldigte bislang regelmäßig und beanstandungsfrei nachgekommen. Der Angeschuldigte sucht darüber hinaus von sich aus den Kontakt zum HEADS-Sachbearbeiter und zum Bewährungshelfer bei etwaigen Problemen. Die Termine beim Bewährungshelfer hielt der Angeschuldigte äußerst zuverlässig ein. Er ist offen gegenüber dem Bewährungshelfer. Die Termine nimmt er regelmäßig wahr. Der Angeschuldigte hat auch eine berufsbildende Maßnahme bei der Quin-Akademie erfolgreich durchlaufen. Der Bewährungshelfer L., der gerichtsbekannt ein äußerst erfahrener, besonnener, kritischer und keinesfalls naiver Beobachter seiner Probanden ist, hat das Verhalten und die Beziehung zum Angeschuldigten sogar als „ideal“ bezeichnet.

Wenn demgegenüber von Seiten der Staatsanwaltschaft und der Führungsaufsichtsstelle der Grad der Alkoholisierung als unerheblich für die Frage einer Gefährdung des Maßregelzwecks bezeichnet wird, so ist dies unzutreffend. Denn bereits nach allgemeinen Grundsätzen besteht zwischen dem Schweregrad eines Weisungsverstoßes und der Frage der Gefährdung des Maßregelzwecks ein Zusammenhang. Von Seiten der Staatsanwaltschaft und der Führungsaufsichtsstelle wird für eine Gefährdung des Maßregelzwecks ins Feld geführt, dass sich der Angeschuldigte in seiner Beschuldigtenvernehmung dahingehend geäußert habe, es sich nicht nehmen zu lassen, an einem warmen Sommerabend ein Radler zu trinken. Hieraus solle sich ergeben, dass der Angeschuldigte nicht ernsthaft gewillt sei, sich an die Abstinenzweisung zu halten. Dies steht zunächst in eklatantem Widerspruch zu den Bekundungen der Zeugen L. und D. Darüber hinaus ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Zeugen KHK D., dass diese Einlassung wohl im Rahmen einer hitzigen Beschuldigtenvernehmung erfolgte, die durch Beamte durchgeführt wurde, die nicht über die notwendige Erfahrung im Umgang mit einem charakterlich schwierigen und erheblich hafterfahrenen Menschen wie dem Angeschuldigten verfügten. Dass die Einlassung des Angeschuldigten, sich insoweit nicht an die Abstinenzweisung zu halten, nicht mit den Ergebnissen der sonstigen Alkoholkontrollen übereinstimmt, ergibt sich jedenfalls aus den glaubhaften Darlegungen der Zeugen D. und L. Dass im Übrigen sämtliche Alkoholkontrollen des Angeschuldigten negativ waren in der Vergangenheit, deutet darauf hin, dass es sich insoweit um eine überspitzte Aussage als Reaktion auf eine konfliktgeladene und hitzige Beschuldigtenvernehmung gehandelt hat. Der Umstand, dass im Übrigen sämtliche Alkoholkontrollen negativ waren, spricht jedenfalls erheblich gegen die Behauptung der Staatsanwaltschaft und der Führungsaufsichtsstelle, dass der Angeschuldigte nicht ernsthaft gewillt sei, sich an die Abstinenzweisung zu halten. Letztlich stehen sich insoweit die flapsige Formulierung des Angeschuldigten im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung und die objektive Feststellung aus einer Vielzahl negativer Alkoholkontrollen gegenüber. Vor diesem Hintergrund begründet diese Aussage jedenfalls keine Wahrscheinlichkeit einer Nachweisbarkeit der Gefährdung des Maßregelzwecks, zumal es insoweit gerade nicht ausreichend ist, dass ggfls. weitere Weisungsverstöße drohen.

Dabei wird nicht verkannt, dass der Angeschuldigte in der Vergangenheit schwere Sexualdelikte begangen hat und dass deshalb die Anforderungen an den Nachweis einer Gefährdung des Maßregelzwecks niedriger anzusetzen sein können. Die von der Staatsanwaltschaft und der Führungsaufsichtsstelle ins Feld geführte „hohe Deliktrelevanz“ des Alkoholkonsums des Angeschuldigten stellt sich indes als nur schwach belegte Behauptung dar. Zwar wird nicht verkannt, dass der Angeschuldigte ausweislich des Urteils des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht Ansbach vom 13.10.1982, Az. …, bei Tatbegehung mit 2,51 Promille massiv alkoholisiert war. Demgegenüber stehen die Taten, die zu den Urteilen des Landgerichts München I vom 09.02.1987, Az. …, und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.03.1993, Az. …, geführt haben, nicht im Zusammenhang mit Alkohol. Eine „hohe Deliktrelevanz“ des Alkoholkonsums erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls fraglich. Dies gilt jedenfalls für den Konsum eines Bieres.

Es wird weiter nicht verkannt, dass nach dem Akteninhalt der Angeschuldigte im zeitlichen Zusammenhang mit dem inkriminierten Alkoholkonsum Kontakt mit ihm unbekannten minderjährigen Mädchen am Donaustrand aufzunehmen versuchte. Es wird nicht verkannt, dass auf den ersten Blick im Hinblick auf die frühere massive Sexualdelinquenz des Angeschuldigten dieses Verhalten bedenklich anmutet. Indes kann aber auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die minderjährigen Mädchen in Begleitung eines 19-jährigen Burschen befanden und dass der Angeschuldigte gerade keine Weisung hat, Kontakt zu minderjährigen Frauen zu unterlassen.

Auch in der Gesamtschau all dieser Umstände ist die Annahme eines Nachweises einer Gefährdung des Maßregelzwecks durch den in der Anklageschrift dargelegten Weisungsverstoß nicht wahrscheinlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der reibungslosen, optimalen und hoffnunggebenden Zusammenarbeit des Angeschuldigten mit dem Bewährungshelfer und dem HEADS-Sachbearbeiter. Der ununterbrochene Kontakt eines Probanden zu den für ihn zuständigen Polizeibeamten im Rahmen des HEADS-Programms sowie zu seinem Bewährungshelfer ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein maßgeblicher Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang (etwa BGH NJW 2013, 710).

3. Hilfsweise (zum Verbot einer Doppelbegründung einer Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens und zur Zulässigkeit einer Hilfsbegründung vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, 57. Aufl., § 204 StPO Rn. 4) ist die Eröffnung des Hauptverfahrens aber auch aus rechtlichen Gründen abzulehnen, da der von der Führungsaufsichtsstelle gestellte Strafantrag nach § 145 a S. 2 gestellt wurde, ohne zuvor den Bewährungshelfer gemäß § 68 a VI StGB angehört zu haben, und daher unwirksam ist.

Der Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht wird nach § 145 a S. 2 StGB nur auf Antrag der Aufsichtsstelle verfolgt. Nach § 68 a VI StGB hört die Aufsichtsstelle den Bewährungshelfer, bevor sie den nach § 145 a S. 2 StGB erforderlichen Strafantrag stellt. Wie sich aus den glaubhaften Angaben des Bewährungshelfers L. ergibt und wie auch von der Führungsaufsichtsstelle dargelegt wird, hat die Führungsaufsichtsstelle den Strafantrag gestellt, ohne zuvor den Bewährungshelfer des Angeschuldigten L. angehört zu haben.

In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage umstritten, ob ein Verstoß gegen das in § 68 a VI StGB festgelegte Gebot, den Bewährungshelfer vor der Stellung eines Strafantrags zu hören, die Wirksamkeit des Strafantrags mit der Folge entfallen lässt, dass für das Strafverfahren eine Prozessvoraussetzung fehlt.

Nach einer Meinung berührt es die Wirksamkeit des Strafantrags nicht, wenn es die Aufsichtsstelle unter Verstoß gegen § 68 a VI StGB unterlassen hat, den Bewährungshelfer anzuhören (Fischer, § 145 a StGB Rn. 13; Sternberg-Lieben, in: Schönke-Schröder, § 145 a StGB Rn. 11; Groß, in: Münchener Kommentar, § 145 a StGB Rn. 19; Stoll, in: von Heinschel-Heinegg, § 145 a StGB Rn. 13). Hierzu wird vorgebracht, dass die Anhörungsverpflichtung das Innenverhältnis zweier staatlicher Funktionsträger betreffe, denen die Führungsaufsicht gemeinsam obliege. Eine Regelverletzung in diesem Innenverhältnis wirke sich auf das Außenverhältnis und damit auf die Wirksamkeit des Strafantrags nicht aus.

Nach anderer Ansicht ist die Anhörung des Bewährungshelfers Wirksamkeitsvoraussetzung des Strafantrags (Roggenbruck, in: Leipziger Kommentar, § 145 a StGB Rn. 31; Schneider, in: Leipziger Kommentar, § 68 a StGB Rn. 22; Wolters/Horn, in: SK-StGB, § 145 a StGB Rn. 18; Schild, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 145 a StGB Rn. 25; Ostendorf, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 68 a StGB Rn. 23; Jeßberger, in: Satzger/Schmitt/Widmaier, § 145 a StGB Rn. 14). Hierzu wird vorgebracht, dass dem Bewährungshelfer innerhalb der Führungsaufsicht eine zentrale Bedeutung zukomme. Der Gesetzgeber habe mit dem Antragserfordernis den praktischen Anwendungsbereich der unter den Gesichtspunkten der Bestimmtheit und Geeignetheit ohnehin für problematisch erachteten Vorschrift einschränken wollen. Der Anhörung des Bewährungshelfers komme auch deshalb besonderes Gewicht zu, weil der Gesetzgeber der Aufsichtsstelle eine besondere Verantwortung aufbürde.

In der einzigen bisher bekannten obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich das Kammergericht Berlin am 11.03.2013 (StV 2014, 145) dafür ausgesprochen, dass der Strafantrag unwirksam ist, wenn die Anhörung des Bewährungshelfers entgegen § 68 a VI StGB durch die Führungsaufsichtsstelle zuvor unterblieben ist. Die strenge Trennung zwischen behördlichem Innenverhältnis und Außenverhältnis sei hier nicht angezeigt. § 68 a VI StGB gehe über eine nur behördenintern zu beachtende und nicht justiziable Fakultativvorschrift hinaus.

Das Gericht schließt sich dieser Auffassung des Kammergerichts Berlin an.

Es wird insoweit nicht verkannt, dass eine systematische Auslegung dafür sprechen könnte, dass das Unterlassen der Anhörung des Bewährungshelfers die Wirksamkeit des Strafantrags nicht beeinträchtigt. Denn das ordnungsgemäße Zustandekommen „exekutiver“ Verfahrensvoraussetzungen wird üblicherweise keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen. Ebenso wenig erfolgt eine Prüfung der Sachangemessenheit eines Strafantrags. Andererseits kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Vorschrift des § 68 a VI StGB, die immerhin Eingang in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs gefunden hat, eine herausgehobene Bedeutung schon aufgrund ihrer systematischen Stellung und ihres Wortlauts hat und damit die Bedeutung, die der Gesetzgeber dem Bewährungshelfer im Rahmen der Führungsaufsicht zugedacht hat, bekräftigt und herausstreicht. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber § 145 a StGB als ultima ratio angesehen hat und mit dem Strafantragserfordernis eine Einschränkung der Strafbarkeit auf Fälle bedeutsamer Zuwiderhandlungen erreichen wollte, liegt es nahe, dass für die Frage der Sanktionsbedürftigkeit auch das sonstige Verhalten des unter Führungsaufsicht Stehenden berücksichtigt werden muss. Hierüber kann ein Bewährungshelfer aber in der Regel sachnähere Auskünfte geben. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob andere Interventionsmöglichkeiten als das Strafrecht, das auch im Übrigen ultima ratio ist, zunächst ausgeschöpft werden sollten. Dieser Gesetzeszweck, der dem Strafantragserfordernis in § 145 a S. 2 StGB zugrunde liegt, führt dazu, das Zustandekommen des Strafantrags ausnahmsweise einer gerichtlichen Überprüfbarkeit zu unterziehen. § 68 a VI StGB ist insoweit eine Ausnahmevorschrift.

Da mithin mangels wirksamen Strafantrags ein Verfahrenshindernis besteht, ist die Eröffnung des Hauptverfahrens daher jedenfalls aus rechtlichen Gründen abzulehnen (Meyer-Goßner/Schmitt, 57. Aufl., § 204 StPO Rn. 2).

4. Keiner Entscheidung bedarf daher letztlich die Frage, ob der Nachweis des in der Anklageschrift behaupteten Weisungsverstoßes wahrscheinlich ist. Abgesehen davon, dass sich aus der Einlassung des Beschuldigten im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 08.06.2014 (Blatt 7), die offenbar Grundlage der Anklage ist, ein Konsum gegen 16:00 Uhr ergeben würde und dass völlig unklar ist, woraus sich der in der Anklageschrift inkriminierte Konsum gegen 20:15 Uhr ergeben soll, sei insoweit nur auf folgende Erwägungen hingewiesen:

Als Beweismittel steht zum einen eine Atemalkoholkontrolle mit einem Wert von lediglich 0,06 mg/l zur Verfügung, wobei - da die Staatsanwaltschaft dies für unerheblich hält - unermittelt blieb, ob es sich überhaupt um eine Messung mit einem geeichten Atemalkoholmessgerät handelte und ob die Messbedingungen eingehalten wurden, was im Übrigen in jedem Ordnungswidrigkeitenverfahren bzgl. § 24a StVG Gegenstand der notwendigen Feststellungen ist. Neben einer Blutentnahme, die einen Wert unterhalb der Bestimmungsgrenze ergab, steht zum anderen eine inkonstante Aussage des Angeschuldigten als Beweismittel zur Verfügung. Dieser gab in der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung an, um 16:00 Uhr „ein Bier“ getrunken zu haben, berichtete aber gleichzeitig im Rahmen der Durchführung der Blutentnahme vom Konsum eines Cola-Weizens und gab, wie der Zeuge L. im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme gemäß § 202 StPO berichtete, am nächsten Tag gegenüber dem Bewährungshelfer den Konsum eines alkoholfreien Bieres an.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 467 I StPO.

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Referenzen - Gesetze

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Strafgesetzbuch - StGB | § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung


(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24a 0,5 Promille-Grenze


(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalk

Strafprozeßordnung - StPO | § 203 Eröffnungsbeschluss


Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Strafprozeßordnung - StPO | § 202 Anordnung ergänzender Beweiserhebungen


Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Referenzen

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

Bevor das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet, kann es zur besseren Aufklärung der Sache einzelne Beweiserhebungen anordnen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.