Amtsgericht München Endurteil, 05. Juli 2016 - 484 C 28968/15 WEG

bei uns veröffentlicht am05.07.2016

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages

IV. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt

Tatbestand

Der Kläger und die Beklagten sind Mitglieder der WEG .... Die Hausverwaltung hatte die .... Ab 1.1.2016 wurde als neue Verwalterin bestellt die Firma ....

In der ETV vom 4.11.2015 wurde unter TOP 6 der hier angefochtene Beschluss gefasst. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beschlussfassung wird auf das Protokoll der ETV vom 4.11.2015 verwiesen.

Der Kläger macht geltend, dass der Beschluss an einem formellen Fehler leide, denn die Ladung trägt das Datum des 20.10.2015 und es werde bestritten, dass die Ladung beim Kläger innerhalb von 14 Tagen eingegangen sei. Dies sei bei einer Erstellung des Briefes zum 20.10.2015 und Aufgabe bei der Post auch nicht wahrscheinlich.

Zudem macht der Kläger geltend, dass der Beschluss zu unbestimmt und widersprüchlich sei und der Beschlussinhalt sich nicht ohne Zweifel erschließen lasse.

Der Kläger beantragt

TOP 6 der ETV vom 4.11.2015 wird für ungültig erklärt

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung

Sie machen geltend, dass die Ladung zur ETV vom 4.11.2015 am 20.10.2015 in die Briefkästen der Wohnungseigentümer eingeworfen worden seien und demnach die gesetzliche Ladungsfrist eingehalten worden sei. Zudem meinen die Beklagten, dass der Beschluss ausreichend bestimmt sei und dass durch den Beschluss nicht der abgeschlossene Vergleich zwischen der WEG und der ursprünglichen Hausverwaltung Stenders und Partner genehmigt worden sei und dieser Beschluss keinerlei Auswirkungen auf den abgeschlossenen Vergleich habe. Der Beschluss sei nur rein deklaratorischer Art. Es fehle zudem dem Kläger am Rechtschutzbedürfnis für die Beschlussanfechtung.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteien-Vortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der öffentlichen Sitzung verwiesen.

Beide Parteien-Vertreter haben sich mit schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt, so dass das Gericht gemäß Paragraf 128 Abs. 2 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet hat.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Das Wohnungseigentumsgericht ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zuständig. Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Jeder Wohnungseigentümer hat ein Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung und auch ein Recht darauf, dass sämtliche gefassten Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Daher besteht ein Beschlussanfechtungsrecht, unabhängig davon, ob bereits ein rechtskräftiger Vergleich abgeschlossen wurde, denn die Beschlussanfechtungsklage hätte mögliche Auswirkungen für etwaige Folgeprozesse.

Die Klage ist aber unbegründet.

Aus den von der Klagepartei vorgetragenen Gründen konnte der Beschluss nicht für ungültig erklärt werden. Die Beklagtenpartei hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die Ladung vom 20.10.2015 am selben Tage in die Briefkästen der Wohnungseigentümer eingeworfen hat. Damit ginge die Ladung rechtzeitig innerhalb der 14 Tagesfrist des § 24 Abs. 4 S. 2 WEG zu. Der von der Klagepartei erhobene Rüge der nicht rechtzeitigen der Ladung bezog sich lediglich auf den Fall, dass hier eine Ladung per Post erfolgt sei, jedoch nicht auf eine Ladung die durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt wurde. Die Ladungsfrist ist demnach eingehalten.

Der Beschluss ist auch nicht zu unbestimmt. Der Beschluss ist auszulegen. Hinsichtlich der Auslegung von Eintragungen im Grundbuch und der dort in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung ist bereits entschieden, dass maßgebend dabei der Wortlaut der Eintragung und ihr Sinn ist, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH NJW 1993, 1329; BGHZ 1991, 1613; Bärmann-Pick-Merle, §§ 10 Rdnr. 53;). Entsprechendes muss für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen gelten, die auch für Sondernachfolger gelten sollen. Denn sie wirken auch ohne Eintragung in das Grundbuch wie Grundbucherklärungen für und gegen sie gem. §§ 10 Absatz III, Absatz IV WEG. Es besteht daher wie bei der Gemeinschaftsordnung ein Interesse des Rechtsverkehrs, die durch die Beschlussfassung eingetretenen Rechtswirkungen der Beschlussformulierung entnehmen zu können. Die Beschlüsse sind deshalb „aus sich heraus“ – objektiv und normativ – auszulegen (BayObLG, WE 1987, 14; KG, OLGZ 1981, Seite 307: Bärmann-Pick-Merle, §§ 23 Rdnr. 44). Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z.B. weil sie sich aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben (BGH, Beschluss vom 10.9.1998 – V ZB 11 – 98 in NJW 1998, 3713).

Durch den Beschluss wird gerade nicht der zwischen den WEG Mitgliedern und der ehemaligen Hausverwaltung abgeschlossene Vergleich genehmigt, sondern der Beschluss besagt lediglich, dass die Vergleichsverhandlungen von Rechtsanwalt ... und Herrn ... berechtigt waren, wobei die Betonung auf dem Wort „Vergleichsverhandlungen“ liegt. Wäre der bereits zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Vergleich genehmigt worden, so hätte dies ausdrücklich in dem Beschluss niedergelegt werden müssen, insofern als der der Vergleichswortlaut sich konkret aus dem Beschluss hätte ergeben müssen oder wenigstens auf eine Anlage, die den Vergleichstext beinhaltet, hätte Bezug genommen werden müssen. Da in dem Beschluss keinerlei Bezugnahme auf den Vergleichswortlaut erfolgt ist, wurde auch kein diesbezüglicher Vergleichsabschluss genehmigt. Lediglich die Verhandlungen wurden durch den Beschluss genehmigt. Dazu waren jedoch die Wohnungseigentümer berechtigt. Die Wohnungseigentümer haben einen weiten Ermessensspielraum, wie sie die Vergleichsverhandlungen führen möchten und können deshalb auch die Durchführung von Vergleichsverhandlungen genehmigen.

Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Mangels anderer Anhaltspunkte kommt hier der mittlere Regelstreitwert von 5.000 € zur Anwendung

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Referenzen - Gesetze

Amtsgericht München Endurteil, 05. Juli 2016 - 484 C 28968/15 WEG zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 43 Zuständigkeit


(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 24 Einberufung, Vorsitz, Niederschrift


(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen. (2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrig

Referenzen

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

(1) Die Versammlung der Wohnungseigentümer wird von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einberufen.

(2) Die Versammlung der Wohnungseigentümer muss von dem Verwalter in den durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer bestimmten Fällen, im Übrigen dann einberufen werden, wenn dies in Textform unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird.

(3) Fehlt ein Verwalter oder weigert er sich pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen, so kann die Versammlung auch durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden.

(4) Die Einberufung erfolgt in Textform. Die Frist der Einberufung soll, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen.

(5) Den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung führt, sofern diese nichts anderes beschließt, der Verwalter.

(6) Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.

(7) Es ist eine Beschluss-Sammlung zu führen. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut

1.
der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung,
2.
der schriftlichen Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und
3.
der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien,
soweit diese Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen nach dem 1. Juli 2007 ergangen sind. Die Beschlüsse und gerichtlichen Entscheidungen sind fortlaufend einzutragen und zu nummerieren. Sind sie angefochten oder aufgehoben worden, so ist dies anzumerken. Im Fall einer Aufhebung kann von einer Anmerkung abgesehen und die Eintragung gelöscht werden. Eine Eintragung kann auch gelöscht werden, wenn sie aus einem anderen Grund für die Wohnungseigentümer keine Bedeutung mehr hat. Die Eintragungen, Vermerke und Löschungen gemäß den Sätzen 3 bis 6 sind unverzüglich zu erledigen und mit Datum zu versehen. Einem Wohnungseigentümer oder einem Dritten, den ein Wohnungseigentümer ermächtigt hat, ist auf sein Verlangen Einsicht in die Beschluss-Sammlung zu geben.

(8) Die Beschluss-Sammlung ist von dem Verwalter zu führen. Fehlt ein Verwalter, so ist der Vorsitzende der Wohnungseigentümerversammlung verpflichtet, die Beschluss-Sammlung zu führen, sofern die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit keinen anderen für diese Aufgabe bestellt haben.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.