Amtsgericht München Endurteil, 15. Sept. 2017 - 132 C 5588/17

bei uns veröffentlicht am15.09.2017

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer betrügerischen KFZ-Annonce.

Die Beklagte betreibt unter der Webseite www.a...24.de eine Internetplattform, auf der gewerbliche wie private Händler Kraftfahrzeuge zum Verkauf anbieten und Kaufinteressenten Kontakt mit den Anbietern aufnehmen können. Die Registrierung von Anbietern wie auch Interessenten erfolgt dabei durch Angabe einer E-Mail-Adresse und Festlegung eines eigenen Passworts; weitere Angaben wie Namen oder Adressdaten sind nicht erforderlich. Für Kaufinteressenten besteht die Möglichkeit, auf der Homepage der Beklagten einen Suchauftrag für Fahrzeuge mit bestimmten Kriterien, wie Modell, Baujahr, Laufleistung usw., anzulegen. Der Nutzer wird dann von der Beklagten über die bei der Registrierung angegebene E-Mail-Adresse benachrichtigt, wenn ein den Suchkriterien entsprechendes Inserat eingestellt wurde.

Der Kläger registrierte sich auf der Internetplattform der Beklagten und legte einen Suchauftrag für ein Motorrad Marke BMW, Modell R 80, R 80 RT, R 100 und R 100 RT an. Auf der Plattform der Beklagten wurde im April 2017 eine Anzeige für eine BMW R 80 RT geschaltet, bei der als Artikelstandort ... S. angegeben war; für die Einzelheiten wird auf Anlage K 4 Bezug genommen. Der Kläger erhielt aufgrund seines Suchauftrags eine E-Mail von der Beklagten mit einem Link zum entsprechenden Angebot auf ihrer Internetplattform. Der Kläger nahm über die von der Beklagten neben dem Angebot standardisiert zur Verfügung gestellte Nachrichten-Maske Kontakt zu dem Inserenten auf. Dieser antwortete dem Kläger sodann unter Nutzung einer E-Mail-Adresse „[email protected]“ am 24.04.2016. Der vermeintliche Verkäufer bot an, das Motorrad von einer Spedition namens „Schmitz Bulls“ überführen zu lassen. Die Kaufpreiszahlung sollte auf ein „Käuferschutzkonto“ der Spedition erfolgen. Der E-Mail-Verkehr zwischen dem Kläger und dem vermeintlichen Verkäufer fand dabei nicht auf dem Portal der Beklagten, sondern extern statt, wobei der Verkäufer gegenüber dem Kläger die E-Mail-Adresse „[email protected]“ nutzte; für die Einzelheiten wird auf Anlage K1 des Schriftsatzes vom 27.06.2017 Bezug genommen.

Der Beklagten war zum damaligen Zeitpunkt u.a. die Adresse „[email protected]“ wegen verdächtiger Vorfälle bekannt.

Auf der Homepage www.a...24.de der Beklagten bestand die Möglichkeit, von der ersten Seite unter dem Reiter „Informieren“ zu einem Ratgeber. Dieser Ratgeber hielt nach Aufruf des entsprechenden Links Informationen zu den Themenfeldern „Verkauf“, „Kauf“, „Besitz“ und „Sicherheit“ bereit. Der Ratgeber Sicherheit untergliederte sich sodann wiederum in verschiedene Themengebiete und verwies unter anderem auf die „Initiative Sicherer Autokauf“ und Informationen zur sicheren Bezahlung. Unter der Rubrik zur sicheren Bezahlung wies die Beklagte ihre Nutzer darauf hin, dass keine Anzahlungen geleistet und keine Überweisungen getätigt werden sollten, ohne zuvor das Fahrzeug gesehen zu haben. Von Überweisungen wurde überdies grundsätzlich abgeraten. Daneben befand sich dort auch der gesonderte Hinweis, dass die Abwicklung von Geschäften über Speditionen oder Reedereien selten seriös sei und auch hier keinesfalls gezahlt werden sollte, ohne das Fahrzeug zuvor gesehen zu haben. Die Beklagte verlinkte zudem auf die von ihr und dem Mitbewerber www.mobile.de, dem ADAC und der Polizeilichen Kriminalprävention des Bundes und der Länder gegründete „Initiative Sicherer Autokauf im Internet“. Auch auf dieser Homepage fanden sich Hinweise zur sicheren Zahlung. Für die Einzelheiten der Hinweise wird auf die Anlagen K 2-4 Bezug genommen. In der E-Mail der Beklagten, mit der der Kläger auf das Inserat des vermeintlichen Verkäufers aufmerksam gemacht wurde, fanden sich keine Hinweise auf betrügerische Vorfälle und konkrete Betrugsmaschen.

Der Kläger behauptet, er habe sich mit dem Anbieter aus der Annonce auf den Kauf der BMW R 80 RT geeinigt, zu einem Preis von 4.000,00 €. Er habe das Geld vereinbarungsgemäß auf ein sog. Käuferschutzkonto einer Spedition Schmitz-Bulls überwiesen, sodann sei aber der Kontakt zum Verkäufer abgebrochen und das Motorrad sei nicht geliefert worden.

Der Kläger behauptet ferner, der Anbieter habe sich bei der Beklagten unter der E-Mail-Adresse „[email protected]“ registriert. Die Beklagte habe diese E-Mail-Adresse trotz Kenntnis von betrügerischen Aktivitäten nicht gesperrt. Weil der vermeintliche Veräußerer zu dem Kläger unter Verwendung der E-Mail-Adresse „[email protected]“ in Kontakt getreten sei, sei davon auszugehen, dass bereits die Weiterleitung der Kontaktanfrage des Klägers an den vermeintlichen Veräußerer an eben diese E-Mail-Adresse erfolgt sei. Der Kläger hat hierfür Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten.

Der Kläger meint, die Beklagte sei ihm zum Ersatz des Schadens in Höhe von 4000 Euro verpflichtet, der ihm durch die betrügerische Handlung des vermeintlichen Verkäufers entstanden sei. Die Beklagte sei ihrer vertraglichen Nebenpflicht zum Schutz ihrer Nutzer vor betrügerischen Aktivitäten nicht nachgekommen. Sie sei zur sofortigen Sperrung der betrügerisch genutzten E-Mail-Adressen verpflichtet gewesen. Auch habe sie die Nutzer vor der konkreten, hier verwendeten Betrugsmasche warnen müssen. Die allgemeinen Informationen zur Abwicklung von Fahrzeugkäufen seien nicht ausreichend. Ferner sei der Beklagten das betrügerische Handeln des vermeintlichen Verkäufers zuzurechnen, weil sie sich durch die Veröffentlichung des Inserats dessen Inhalt zu Eigen gemacht habe.

Der Kläger beantragt,

Die Beklagte wird veurteilt an den Kläger 4.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz 20.10.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Anbieter habe sich nicht über die Adresse „[email protected]“ bei ihr registriert, sondern über eine Adresse „[email protected]“, wie dem Ausdruck der internen Inseratsverwaltung (Anlage B 1) zu entnehmen sei.

Die Beklagte meint, sie sei ihren Pflichten durch die Sperrung der genannten, möglicherweise zu betrügerischen Zwecken genutzten E-Mail-Adressen nachgekommen. Ferner seien die von der Beklagten und der zuvor genannten Initiative bereitgestellten Informationen zur sicheren Vertragsabwicklung an prominenter Stelle auf der Homepage der Beklagten zu finden und als Vorkehrungen zur Verhinderung von Täuschungshandlungen sogar überobligatorisch. Ferner treffe den Kläger jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2017 sowie auf die Schriftsätze der Parteien (sowie ihre Anlagen) vom 14.03.2017, 16.05.2017, 27.06.2017 und 07.08.2017 Bezug genommen. Die Klagepartei hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2017 Schriftsatzfrist auf den Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 07.08.2017, der der Klagepartei von Anwalt zu Anwalt am 08.08.2017 übermittelt worden ist, von 2 Wochen beantragt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

A.

Dem Antrag der Klagepartei auf Gewährung einer Schriftsatzfrist war nicht nachzukommen. Die Gewährung einer nachgelassenen Schriftsatzfrist setzt nach § 283 S. 1 ZPO voraus, dass das Vorbringen der Gegenseite nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt wurde und es daher nicht erwartet werden konnte, im Termin hierzu Stellung zu beziehen (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 283 ZPO, Rn. 2b/c). Hier ist das Vorbringen der Klagepartei noch unter Einhaltung der Wochenfrist des § 132 I ZPO erfolgt; zwar kann auch unter Umständen eine längere Frist als 1 Woche vor dem Termin als geboten erscheinen, wenn Art und Umfang des späten Vorbringens unter gebotenen Berücksichtigung der für den Gegner zumutbaren Erwiderungsmöglichkeit dies erfordern. Dies ist hier indes nicht anzunehmen. Besondere Gründe für eine Fristgewährung wurden seitens des Terminsvertreters der Klagepartei auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht. Auch bis zum Verkündungstermin sind keine besonderen Gründe glaubhaft gemacht worden. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagtenpartei im Schriftsatz vom 07.08.2017 war eine längere Frist als 1 Woche nicht veranlasst; neuer (Sach-)Vortrag erfolgte nur in sehr geringen Umfang, nämlich dahingehend, welche Kontaktdaten der Anbieter der streitgegenständlichen Verkaufsanzeige gehabt hat. Im Übrigen beschränkt sich der Schriftsatz auf Ausführungen zum Mitverschulden und rechtlichen Ausführungen zur Haftungsgrundlage, die bereits zuvor von den Parteien thematisiert worden sind. Es ist nicht ersichtlich, warum diesbezüglich keine Stellungnahme bis zum Termin erfolgen konnte.

B.

Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Gerichts beruht auf §§ 12, 17 O ZPO (örtlich, Sitz der Beklagten), §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1 GVG (sachlich, Streitwert nicht über 5.000,00 €).

C.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte nicht zu.

I.

Ein Anspruch auf Zahlung von 4.000,00 € steht der Klagepartei gegen die Beklagte aus keiner erdenklichen Rechtsgrundlage zu.

1. Ansprüche ergeben sich bereits dem Grunde nach nicht.

a) Ein Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB besteht nicht; eine Nebenpflichtverletzung der Beklagten liegt nicht vor.

aa) Eine Nebenpflichtverletzung mangels Sperren einer E-Mail-Adresse, die im Verdacht steht, für betrügerische Aktivitäten genutzt zu werden, kann das Gericht hier nicht erkennen.

Zwar war die E-Mail-Adresse „[email protected]“ unstreitig auch der Beklagten bereits durch verdächtige Aktivitäten bekannt. Es ist aber nicht anzunehmen, dass sich die Person, die das gegenständliche Inserat eingestellt hat, über diese Adresse bei der Beklagten angemeldet hat.

Darlegungs- und beweisbelastet wäre hierfür nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger. Dieser hat insofern vorgetragen, der Umstand, dass ein Dritter über die Adresse „[email protected]“ Kontakt zu ihm aufgenommen habe, nachdem der Kläger über das Kontaktformular auf der Plattform der Beklagten eine Anfrage gestellt hat, spreche hierfür. Diese Annahme ist indes nicht gerechtfertigt. Denn es ist - wie allgemein bekannt - technisch ohne Probleme möglich, auf eine E-Mail, die an eine bestimmte E-Mail-Adresse geschrieben worden ist, mittels einer anderen E-Mail-Adresse zu antworten. Es ist daher auch ohne weiteres denkbar, dass der Inserent nach Nutzung des Kontaktformulars eine E-Mail an die von ihm hinterlegte Adresse erhalten hat, dann aber für die weitere Kommunikation mit dem Kläger die Adresse „[email protected]“ benutzt hat.

Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Anlage B 1 einen Ausdruck ihrer internen Inseratsverwaltung vorgelegt hat, der das streitgegenständliche Inserat betrifft - auf diesem ist als E-Mail-Adresse aber gerade nicht „[email protected]“, sondern „[email protected]“ ausgewiesen. Dass es sich bei diesem Ausdruck um einen entsprechenden Ausdruck der Inseratsverwaltung der Beklagten handelt, wurde vom Kläger nicht bestritten. Es ist daher davon auszugehen, dass das Inserat mittels der Adresse „p..…[email protected]“ eingestellt worden ist. Dem Antrag des Klägers auf Erholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es diesbezüglich nicht mehr, da nicht ersichtlich ist, inwiefern dies ein taugliches Beweismittel darstellt. Auch ein Sachverständiger könnte allenfalls anhand der internen Daten der Beklagten überprüfen, welche E-Mail-Adresse für das Inserat benutzt worden ist -die betreffenden internen Daten hat die Beklagte aber mit Anlage B 1 bereits vorgelegt; auch der Einvernahme der Beklagtenzeugin W. bedarf es hierfür nicht, da die Richtigkeit der Anlage B 1 von der Klagepartei nicht in Frage gestellt worden ist.

Dass ebenso Verdachtsmomente im Bezug auf die Adresse „[email protected]“, trägt der Kläger nicht vor. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte hinreichende Anhaltspunkte für eine vorsorgliche Sperre des Inserats hatte.

bb) Eine vertragliche Nebenpflichtverletzung der Beklagten besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Information ihrer Nutzer, insbesondere des Klägers, hinsichtlich betrügerischer Aktivitäten auf ihrer Plattform.

Denn selbst wenn die Beklagte, was letztlich dahinstehen kann, zu derartigen Informationen verpflichtet sein sollte, ist sie dieser Verpflichtung durch umfangreiche und ohne Weiteres abrufbare Hinweise gerecht geworden.

Die Beklagte hat ihre Nutzer mittels eines Ratgebers zur sicheren Vertragsabwicklung und Hinweises auf die „Initiative Sicherer Autokauf im Internet“ auf bestehende Betrugsrisiken und Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung aufmerksam gemacht. So weist sie insbesondere darauf hin, Zahlungen nicht ohne vorherige Besichtigung des Fahrzeugs und grundsätzlich nur in bar zu leisten. Darüber hinaus wird deutlich darauf hingewiesen, dass die Abwicklung von Geschäften über eine Spedition oder Reederei selten seriös und daher besondere Vorsicht geboten sei, insbesondere keine Vorauszahlungen geleistet werden sollten.

Diese Hinweise sind entgegen der Ansicht des Klägers nicht bloß allgemein gehalten, sondern durchaus konkret. Denn wenn ein potentieller Käufer die genannten Hinweise der Beklagten befolgt, mithin erst nach Besichtigung des Kaufgegenstandes Zahlung in Form von Bargeld leistet und die Überführung nicht einer Spedition überlässt, ist ein Betrug derart, dass der Kaufgegenstand trotz Zahlung nicht übergeben wird, praktisch ausgeschlossen. Insofern ist nicht ersichtlich, welchen darüber hinausgehenden Schutz ein noch konkreterer Hinweis der Beklagten auf eine konkrete Betrugsmasche geboten hätte. Dies zeigt gerade auch der vorliegende Fall, denn wenn der Kläger sich den vorgenannten Hinweisen der Beklagten entsprechend verhalten hätte, wäre ihm der von ihm behauptete Schaden nicht entstanden. Denn sowohl vor Überweisungen, als auch vor Vorauszahlungen und vor allem Vertragsabwicklungen über Speditionen wurde seitens der Beklagten deutlich gewarnt. Überdies liegt schon darin, dass die Beklagte ausdrücklich vor Vertragsabwicklungen mittels Reedereien oder Speditionen warnt, ein konkreter Hinweis darauf, dass die vermeintliche Versendung des Kaufgegenstandes durch eine Spedition gegen Vorauszahlung des Käufers eine übliche Betrugsmasche ist. Diese Hinweise sind, wie die Inaugenscheinnahme der vorgelegten Ausdrucke des Internetauftritts der Beklagten (Anlagen K 2-4) ergibt, auch keinesfalls versteckt und erst nach längerer Suche zu finden.

Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es auch keines gesonderten Hinweises der Beklagten auf mögliche Täuschungshandlungen in der E-Mail, mit der sie den Kläger auf das Inserat des Motorrades aufmerksam gemacht hat. Denn diese Benachrichtigung hat der Kläger von der Beklagten nicht etwa unaufgefordert erhalten. Vielmehr war dafür ein entsprechender Suchauftrag des Klägers ursächlich, den dieser auf der Homepage der Beklagten erstellt hat. Insofern hatte der Kläger bereits bei Erstellung des Suchauftrags die soeben dargelegte Informationsmöglichkeit hinsichtlich einer sicheren Vertragsabwicklung. Eines erneuten Hinweises in der Benachrichtigungs-E-Mail bedurfte es daher nicht.

Unerheblich ist dabei, ob die Abwicklung von Motorradverkäufen über Speditionen, dem Vortrag des Klägers entsprechend, üblich sind. Denn für eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten ist allein relevant, ob sie Informationen zur Verfügung gestellt hat, die einen Schaden vermieden hätte. Dies war nach dem Gesagten der Fall. Da es auf die Frage der üblichen Vertragsabwicklung in vergleichbaren Fällen nicht ankommt, war darüber auch kein Beweis zu erheben, insbesondere nicht durch die von dem Kläger angebotene Zeugeneinvernahme von Mitarbeitern der Dekra.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus sonstigen Vorschriften, insbesondere deliktischen Vorschriften aa) Ein Anspruch aus § 823 I BGB besteht bereits deshalb nicht, weil keines der dort genannten Rechtsgüter des Klägers verletzt wurde.

bb) Auch eine Haftung aus § 823 II BGB i.V.m. §§ 7 ff. TMG scheidet aus.

(1) Eine Haftung scheitert insoweit bereits daran, dass die Verletzung eines Schutzgesetzes nicht ersichtlich ist.

Insbesondere stellen die §§ 7 ff. TMG keine Schutzgesetze dar, weil sie keinen haftungsbegründenden Charakter aufweisen. Die Normen haben vielmehr privilegierenden Charakter und setzen eine Haftung nach allgemeinen Vorschriften voraus (vgl. BGH GRUR 2007, 724, 725; siehe auch § 7 I TMG).

(2) Desweiteren sind die Normen des TMG, selbst wenn man ihnen die Eigenschaft als Schutzgesetze einräumen wollte, auf die vorliegende Konstellation schon gar nicht anwendbar.

Die §§ 7 bis 10 TMG bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Diensteanbieter im Bereich der Telemedien für veröffentlichte Inhalte verantwortlich sind. Anwendung finden die §§ 7 ff. TMG demnach dann, wenn gerade die Veröffentlichung von Inhalten in Telemedien zu einer Rechtsverletzung ge führt hat.

Eine damit vergleichbare Fallgestaltung lag hier nicht vor. Denn die Veröffentlichung der Anzeige durch die Beklagte führte als solche nicht zu einer Rechtsverletzung. Vielmehr hat die Beklagte durch die Veröffentlichung der zunächst einmal unverdächtigen Anzeige des vermeintlichen Verkäufers und die Herstellung einer Kontaktmöglichkeit für den Kläger ihre Leistung fehlerfrei erbracht.

Erst im Anschluss daran und außerhalb des Einflussbereichs der Beklagten kam es zu der von dem Kläger behaupteten Rechtsverletzung. Ursächlich dafür war zunächst der behauptete Entschluss des vermeintlichen Verkäufers, den Kläger um den Kaufpreis zu betrügen und die sich daran anschließende Täuschungshandlung. Hinzu kam der eigene Entschluss des Klägers, ohne Besichtigung des Fahrzeugs Vorauszahlung zu leisten. Für den behaupteten Schaden des Klägers ursächlichen war mithin eine der Leistung der Beklagten nachgelagerte Täuschung des Klägers durch Dritte und ein damit korrespondierender Irrtum des Klägers. Es ist indes nicht Zweck der Normen des TMG, vor derartigen Täuschungen zu schützen.

Folglich kommt es auch auf die Frage, ob die Beklagte sich die Inhalte im Sinne der BGH-Rechtsprechung zum TMG zu Eigen gemacht hat, nicht an.

(3) Selbst wenn man demgegenüber eine bloße mittelbare Ursächlichkeit der Anzeigenveröffentlichung im Internet für eine Anwendung der Normen des TMG ausreichen lassen wollte, ergäbe sich vorliegend keine Haftung der Beklagten.

(a) Denn selbst wenn man eine Haftung der Beklagten im Grundsatz annehmen und das TMG für anwendbar halten würde, fände zumindest die Privilegierung des § 10 S. 1 Nr. 1 TMG Anwendung, wonach der Diensteanbieter für fremde Informationen, die ein Nutzer speichert, nur haftet, wenn er von den rechtswidrigen Vorgängen Kenntnis hatte oder diese offensichtlich waren. Es wurde oben bereits ausgeführt, dass die Erstellung des Inserats mittels einer unverdächtigen, der Beklagten nicht bekannten E-Mail-Adresse durchgeführt wurde, diese also gerade keine Kenntnis von etwaigen rechtswidrigen Vorgängen hatte und solche auch nicht offensichtlich waren.

(b) Darüber hinaus ist unabhängig von Besonderheiten des TMG eine Zurechnung der Täuschungshandlung gegenüber der Beklagten schon nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen ausgeschlossen.

Denn eine Haftung der Beklagten käme allenfalls dann in Betracht, wenn ihr selbst eine Verletzung von Verkehrspflichten dadurch vorzuwerfen wäre, dass sie keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um den von dem Kläger behaupteten Schaden abzuwenden.

Dies war hier indes nicht der Fall, denn die Beklagte war nach dem oben Gesagten nicht in der Lage, die beabsichtigte betrügerische Verwendung des Inserats zu erkennen und konnte folglich auch keine Vorkehrungen zur Schadensvermeidung treffen. Darüber hinaus hat die Beklagte, wie bereits ausgeführt, vor möglichen betrügerischen Aktivitäten deutlich gewarnt und Hinweise zur Schadensvermeidung zur Verfügung gestellt.

2. Selbst wenn man Ansprüche dem Grunde nach bejahen würde, fehlt es am Beweis eines Schadensersatzanspruchs der Höhe nach. Ungeachtet der Frage eines Mitverschuldens - das nach gerichtlicher Beurteilung aufgrund der unstreitigen Umstände in erheblichem Umfang zu bejahen wäre - hat der Kläger keinerlei Beweise für einen Schaden erbracht.

Der Kläger hat mit seiner Klage diesbezüglich nur vorgetragen, er habe den Kaufpreis von 4.000,00 € auf das von dem Anbieter angebotene Käuferschutzkonto überwiesen. Die Beklagte führte mit ihrer Klageerwiderung vom 16.05.2017 ausgeführt, dass die Umstände des Kaufs mit Nichtwissen bestritten würden, insbesondere, wann der Kläger sich mit dem angeblichen Verkäufer geeinigt haben will und wann eine Zahlung auf ein angebliches „Käuferschutzkonto“ erfolgt sein soll, ferner, dass der Kläger bereits nicht vorgetragen habe, an welche Kontoverbindung der Kläger das Geld überwiesen haben will, zumal die Spedition nicht einmal existiert. Das Bestreiten mit Nichtwissen war dabei zulässig, § 138 IV ZPO, da sich die Umstände des Kaufs und der Zahlung allein in der Sphäre des Klägers abgespielt haben und die Beklagte diesbezüglich keine eigenen Wahrnehmungen haben kann.

Aus diesem Grund wäre es Sache des nach allgemeinen Grundsätzen beweisbelasteten Klägers gewesen, substantiiert zu den Umständen einer Zahlung vorzutragen und ferner hierfür Beweis anzubieten, etwa durch Vorlage entsprechender Überweisungsbelege und Kontoauszüge. In seiner Stellungnahme vom 27.06.2017 hat der Kläger jedoch diesbezüglich keinerlei Substantiierung vorgebracht, auch Beweis wurde nicht angeboten. Auch sonst erfolgte keinerlei Beweisangebot.

II.

Die Zinsforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.

D.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

E.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 ff., 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht München Endurteil, 15. Sept. 2017 - 132 C 5588/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht München Endurteil, 15. Sept. 2017 - 132 C 5588/17

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht München Endurteil, 15. Sept. 2017 - 132 C 5588/17 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 283 Schriftsatzfrist für Erklärungen zum Vorbringen des Gegners


Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung

Telemediengesetz - TMG | § 7 Allgemeine Grundsätze


(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. (2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1 Sachliche Zuständigkeit


Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

Telemediengesetz - TMG | § 10 Speicherung von Informationen


Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern 1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch kein

Referenzen

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

1.
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder
2.
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.