Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15

bei uns veröffentlicht am18.05.2015

Gericht

Amtsgericht Hof

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ab 01.01.2015 einen jährlichen Erbbauzinsbetrag in Höhe von 1.299,39 € für das von den Beklagten bewohnte Wohnhaus ... zu bezahlen.

2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Erbbauzinserhöhung.

Der Kläger ist Eigentümer und die Beklagten sind Erbbaurechtsinhaber der Immobilie ... Der Rechtsvorgänger des Klägers hatte mit den Beklagten am 05.03.1970 einen notariellen Vertrag über die Entrichtung eines Erbbauzinses geschlossen. In diesem Vertrag wurde u. a. Folgendes geregelt:

„(...) Alle fünf Jahre, beginnend mit der erstmaligen Zahlung des Erbbauzinses wird der Erbbauzins für die folgenden fünf Jahre neu festgesetzt, wenn sich der Lebenshaltungsindex für alle privaten Haushalte in der Bundesrepublik gegenüber dem Stand vor jeweils fünf Jahren um mehr als zehn Punkte nach oben oder unten geändert hat. Die Neufestsetzung des Erbbauzinses erfolgt im ... gleichen Verhältnis, in dem sich dieser Lebenshaltungskostenindex gegenüber dem ... jeweils maßgeblichen ... Stand ... geändert ... hat. (...)“

Die erste Anpassung des Erbbauzinses erfolgte am 29.11.1994, weitere Anpassungen im Jahr 1990 und die letzte am 13.01.1995. Bis zum 31.12.2014 zahlten die Beklagten einen Erbbauzins von jährlich 963,94 €. Mit Schreiben vom 13.10.2014 verlangte der Kläger gegenüber den Beklagten eine Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses ab 01.01.2015 auf jährlich 1.299,39 €. Dies wurde von den Beklagten mit Schreiben vom 06.11.2014 abgelehnt. Der (umbasierte) Verbraucherpreisindexes betrug im Juli 1994 79,4 Punkte und im Juli 2014 107,0 Punkte.

Der Kläger ist der Auffassung, dass sich aufgrund der Veränderung des Verbraucherpreisindexes von Juli 1994 bis Juli 2014 um 34,8% ergebe, dass die Beklagten als Gesamtschuldner nunmehr ab 01.01.2015 einen jährlichen Erbbauzins von 1.299,39 € schulden würden.

Der Kläger beantragte zuletzt:

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger ab 01.01.2015 einen jährlichen Erbbauzinsbetrag in Höhe von 1.299,39 € für das von den Beklagten bewohnte Wohnhaus ... zu bezahlen.

Die Beklagten beantragten,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass aufgrund der Klausel im Notarvertrag vom 05.03.1970 jeweils lediglich auf die letzten 5 Jahre abgestellt werden könne und insoweit eine Abänderung des Indexes von weniger als 10 Punkten erfolgt sei, so dass der Kläger eine Erhöhung des jährlichen Erbbauzinses nicht verlangen könne.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Zulässigkeit der Erhebung der Leistungsklage ergibt sich aus § 258 ZPO. Dem Kläger steht nach Auffassung des Gerichts gegenüber den Beklagten ein erhöhter Erbbauzins ab 01.01.2015 und zwar in Höhe von jährlich 1.299,39 € zu.

Streitentscheidend ist vorliegend allein die Frage, ob aufgrund der Klausel im Notarvertrag vom 05.03.1970 bei der Frage der Erhöhung des Erbbauzinses immer lediglich auf einen Zeitraum von exakt 5 Jahren abgestellt werden muss oder auch ein längerer Zeitraum Grundlage eines Erhöhungsanspruches sein kann. Das Gericht vertritt insoweit die Auffassung, dass die Klausel nach Sinn und Zweck, nämlich der Tatsache, dass der Erbbauzins an den jeweiligen Lebenshaltungsindex angepasst werden sollte, so ausgelegt werden muss, dass innerhalb eines Zeitraumes von mindestens 5 Jahren eine Erhöhung von mehr als 10 Punkten erfolgt sein muss. Unstreitig ist in Bezug auf die letzte Erhöhung im Januar 1995 im Zeitraum Juli 1994 bis Juli 2014 eine Erhöhung des (umbasierten) Verbraucherpreisindexes von 34,8% eingetreten, so dass die Erhöhungsvoraussetzungen gegeben sind und sich insoweit der jährliche Erbbauzinsbetrag von 963,94 € nunmehr auf 1.299,39 € erhöht. Der Klage ist damit stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 258 Klage auf wiederkehrende Leistungen


Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Amtsgericht Hof Endurteil, 18. Mai 2015 - 17 C 156/15.

Landgericht Hof Endurteil, 17. Sept. 2015 - 24 S 36/15

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts Hof vom 18.05.2015 (Az.: 17 C 156/15) aufgehoben und die Klage abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Das Urtei

Referenzen

Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlass des Urteils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.