Amtsgericht Bautzen Urteil, 4. Sept. 2018 - 40 Ls 450 Js 10627/17
AMTSGERICHT BAUTZEN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Strafverfahren gegen
A,
Verteidiger
Rechtsanwalt Philipp Martens, Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin
wegen Verbrechens nach § 29a BtMG u.a.
hat das Amtsgericht Bautzen - Schöffengericht -
aufgrund der öffentlichen Hauptverhandlung vom 04.09.2018, an der teilgenommen haben
Richter am Amtsgericht Dr. Hertle als Vorsitzender
Gerd Werner, Schirgiswalde-Kirschau als Schöffe
Siegfried Kühn, Doberschau-Gaußig als Schöffe
Staatsanwalt llligen als Vertreter der Staatsanwaltschaft
... als Urkundsbeamter der Ge schäftsstelle
1. Der Angeklagte ist schuldig der unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringerMenge sowie des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln.
2. Der Angeklagte wird unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bautzen vom 20.07.2017 AZ..: 44 Os 720 Js 28976/16 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
1 Jahr und 6 Monaten
verurteilt.
3. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
4. Im Übrigen wird der Angeklagte freigesprochen
5. Dem Angeklagten wird Entschädigung aus der Staatskasse gewährt für die Sicherstel lung bzw. Beschlagnahme seiner polnischen Fahrerlaubnis, Ausstellungsdatum 03.12.2017 vom 13.06.2017 bis 04.09.2018.
6. Die sichergestellten Betäubungsmittel sowie die Feinwaage werden eingezogen.
7. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens soweit er verurteilt ist. Im Übrigen wer den die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.
Angewandte Vorschriften:
§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 Nr. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 53, 56,
Gründe:
I.
Der 38-jährige Angeklagte ist von Beruf Mechatroniker und arbeitet derzeit bei einer Autofirma A in Bautzen, wo er einen Verdienst von 1.400,00 EUR bis 1.500,00 EUR netto erzielt. Der Angeklagte ist ledig und hat zwei Kinder, sein mittlerweile 9-jähriger Sohn lebt bei ihm. Zuvor war er bei einer Firma für Autos B in Kamenz in der Fertigung beschäftigt. Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben hohe Schulden, weswegen er die Schuldnerberatung für sich in Anspruch nimmt. Die Schulden resultieren aus einem Bankkredit und der Kosten für eine neue Wohnungseinrichtung. Nebenbei versucht der Angeklagte durch einen zweiten Job noch etwas hinzuzuverdienen . Sein 2-jähriger Sohn ist wechselseitig bei ihm und bei seiner Mutter. Der Angeklagte hat am 03.12.2015, ausgestellt durch die Behörde Starosta Policki, einen Führerschein der Republik Polen erworben. Die von dem Angeklagten der Republik Po len am 03.12.2015 erworbene Fahrerlaubnis mit der Nummer … war vom 13.06.2017 bis zum Termin der Hauptverhandlung am 04.09.2018 aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bautzen vom 12.07.2017 in dem hinzuverbundenen Verfahren , ursprüngliches Aktenzeichen 44 Ds 630 Js 14831/17, über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO in amtlicher Verwahrung. Mt Beschluss des Amtsgerichts Bautzen in dem selben Verfahren vom 27.07.2017 war der Pkw BMW des Angeklagten mit dem amtlichen Kennzeichen .... zur Sicherung vorläufig eingezogen worden. Über den Verbleib des BMW ist hier nichts bekannt. Angeblich sei er an einen Händler aus Polen verkauft worden, der ihn abgeholt habe. Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben neun Monate in der Nähe von Stettin/ Polen gelebt und hatte dort ein Apartment gemietet. Er habe, so der Angeklagte ,„Luft für sich gebraucht" und sich entspannt, eine Auszeit genommen; das fiel in die Zeit als er dann von den Drogen endgültig wegkommen wollte, bevor er dann wieder rückfällig geworden sei. Sein Sohn habe in dieser Zeit bei den Großeltern gelebt.
Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, der über ihn geführte Auszug aus dem Bundeszen tralregister enthält insgesamt 11 Einträge. Es sind dies :
(...)
II.
Der Angeklagte verabredete sich mit dem damals noch 14 Jahre alten B vor der Sparkasse, auf der C-Straße in Bautzen, um dessen Handy, das dieser ins Internet zum Verkauf eingestellt hatte, käuflich zu erwerben. Als der Angeklagte am 27.08.2016 gegen 21.15 Uhr beim vereinbarten Treffpunkt eintraf, händigte ihm C das Handy der Marke Samsung Galaxy 6 zur Ansicht aus. Spätestens jetzt entschloss sich der Angeklagte das Handy zu entwenden und steckte es in sei nen Rucksack, um es ohne Bezahlung für sich zu behalten. Bevor der verblüffte C reagieren konnte, war der Angeklagte mit seinem Fahrrad weggefahren. Das Handy war gebraucht und hatte einen Wert von jedenfalls 150,00 EUR. Dies war auch als Kaufpreis vereinbart worden. Über den Verbleib des Handys ist nichts be kannt.
III.
Die zur Person getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Angeklagten sowie der verlesenen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 20.12.2016 deren Inhalt der Angeklagte bestätigt hat.
Der Angeklagte lässt sich dahin ein, sich mit dem Zeugen B nicht getrof fen und dessen Handy nicht mitgenommen zu haben. Einen Kontakt über Telefon oder E-Mail hat er wegen der Vielzahl der damals zum Zweck des Ankaufs von Handys von ihm aufgenommenen Kontakte zu Anbietern nicht ausgeschlossen, eine konkrete Erinnerung daran habe er jedoch nicht.
Bei einer Gesamtschau der Beweismittel steht die Täterschaft des Angeklagten zur Überzeugung des Gerichts fest.
Der Zeuge B hat im einzelnen glaubhaft bekundet, dass er über ebay Kontakt zum Angeklagten bekam, der sich für den Erwerb seines zum Verkauf ausge schriebenen Handys interessierte. Über Mailkontakt sei als Treffpunkt für die Abwicklung des Geschäfts die Sparkasse auf der C-Straße, in Bautzen vereinbart worden. Als er dem Angeklagten vor Ort das Handy zur Ansicht übergeben habe, ha - be dieser zu seiner Überraschung das Handy in seinen Rucksack gesteckt und sei mit dem Fahrrad davon gefahren. Die Telefonnummer des Angeklagten , die er bei der Polizei angegeben habe, sei ihm aus dem Mailkontakt mit dem Angeklagten bekannt geworden. Während seinen Schilderungen hat der Zeuge B spontan von sich aus auf den Angeklagten gezeigt und ihn als denjenigen wiedererkannt, der zum Treffpunkt gekommen und in der Folge sein Handy mitgenommen habe, noch bevor der Zeuge danach befragt werden konnte.
Der Zeuge B hat den Ange klagten an dem besagten Tag aus nächster Nähe gesehen. Seine Angaben sind daher für das Gericht glaubhaft. Das Geschehen hat er zudem plastisch ohne jeglichen Belastungseifer geschildert.
Das vom Zeugen B geschilderte Randgeschehen wurde durch den Zeugen D, der Vater des Zeugen B, glaubhaft bestätigt. Dieser hat nach seiner Aussage seinen Sohn zum vereinbarten Treffpunkt mit dem Kaufinteressenten an der Sparkasse begleitet, von weitem auch eine Person auf einem Fahrrad näher kommen sehen, danach aber keinen Einblick mehr auf das Geschehen gehabt, weil er sich dann auf Wunsch seines Sohnes, der das Geschäft allein abwickeln wollte, außer Sichtweite aufhielt und erst auf die Rufe seines Sohnes, dass ihm das Handy ''geklaut" worden sei, dazu geeilt sei, zu einem Zeitpunkt als die Person mit dem Fahrrad bereits weg gewesen sei.
Zum anderen ist auch nicht plausibel erklärbar wie der Zeuge B an die Handynummer des ihm bis dahin unbekannten Angeklagten gekommen sein so//, als auf die von ihm beschriebene Weise. Schließich hat der Zeuge B kein auf der Hand liegendes Motiv den Angeklagten zu Unrecht zu belasten.
Hinzu kommt, dass der Zeuge E, bei dem die Zeugen B und D am selben Abend auf dem Polizeirevier Bautzen den Vorfall zur Anzeige brachten, in seiner Aussage schilderte, dass er die vom Zeugen B mitgeteilte Handynummer des vermeintlichen Kaufinteressenten überprüft habe, indem er die Nummer angewählt habe. Dabei habe sich ein F gemeldet, der angab gewerblicher Händler zu sein.
Schließ/ich hat der Angeklagte ein nachvollziehbares plausibles Motiv für das Entwen den des Handys. Er hat selbst angegeben, dass er sich zur damaligen Zeit mit einem Handel mit gebrauchten Handy selbständig machen wollte.
Die Feststellungen zu Wert des Handys beruhen auf den Angaben des Zeugen D.
Danach hat sich der Angeklagte des Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
IV.
Ausgehend vom Strafrahmen des § 242 Abs. 1 StGB, der die Ahndung mit Geldstra fe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorsieht, kam vorliegend zur Einwirkung auf den Angeklagten nur die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Betracht. Der Angeklagte ist massiv straf- rechtlich vorbelastet, auch einschlägig wegen Diebstahls und hat sei ne Überlegenheit gegenüber dem viel jüngeren Tatopfer zur Begehung der Straftat aus genutzt. Zu seinen Gunsten war nur zu Bedenken, dass der Wert des Handys nicht übermäßig hoch war. Alles in allem ist aus Sicht des Amtsgerichts eine Freiheitsstra fe von acht Monaten als tat- und schuldangemessen anzusehen.
Diese war gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung auszusetzen. Dem Angeklagten ist eine günstige Prognose zu stellen. Der Angeklagte steht seit wenigen Wochen wieder in einem festen Beschäftigungsverhältnis und hat gezeigt, dass er um eine geordnete Lebensführung bemüht ist. Mit seiner Familie verfügt er über tragende soziale Kontakte und er trägt inzwischen für zwei Kinder die Verantwortung. Zudem hat er glaubhaft an - gegeben, dass er von seinen Plänen, einen Handel mit gebrauchten Mobiltelefonen zu betreiben, abgerückt ist, so dass hieraus eine Wiederholungsgefahr nicht besteht. Die letzte einschlägige Verurteilung liegt mehr als fünf Jahre zurück.
Das Gericht hat daher die Erwartung, dass der Angeklagte unter dem Eindruck der Hauptverhandlung und der ausgesprochenen Bewährungsauflagen sowie dem Einfluss der Bewährungshilfe sich die Verurteilung zu der ausgesprochenen Freiheitsstrafe zur Warnung nimmt und zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird.
Laut Mtteilung des Kraftfahrtbundesamtes war dem Angeklagten mit Datum vom 14.09.2012 und 16.10.2012 die Fahrerlaubnis durch die Führerscheinbehörde Landesamt Berlin entzogen worden, weil er das Gutachten einer amtlich-anerkannten Begutachtungsstelle für Fahrzeuge nicht beigebracht hat. Die Entscheidung war unanfechtbar.
Der Bewährungsverlauf verlief ungenügend. So hat der Angeklagte weder an das Freizeitzentrum Regenbogen, noch an den Geschädigten B, ein damals 14-jähriges Kind, die Geldauflage erfüllt. Auch ist er laut Bewährungsbericht der Sozialarbeiterin der Justiz G vom 31.08.2018 bei mehreren aufeinanderfolgenden Terminen bei der Bewährungshilfe unentschuldigt nicht erschienen.
II.
1. Am 21.11.2016 um 16.50 Uhr führte der Angeklagte auf der G-Straße in Bautzen neben einer Feinwaage eine Haschischplatte mit einer Masse von 79,62 Gramm und einem Mindestgehalt an Tetrahydrocannabiol (THC) von 8,46 Gramm mit sich, obwohl er, wie er wusste, nicht im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis war und zumindest billigend in Kauf nahm, dass das Haschisch von sehr guter Qualität (11,8% Durchschnittsgehalt an THC) aufwies und ins gesamt über 7,5 Gramm des Wirkstoffs Tetrahydrocannabiol in sich birgt.
2. Am 16.11.2016 gegen 03.30 Uhr führte der Angeklagte in der H -Straße in Bautzen 0,723 Gramm Marihuana mit sich, obwohl er, wie er wusste, nicht im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis war.
III.
Mit weiteren Anklagen der Staatsanwaltschaft Görlitz, Zweigstelle Bautzen die mitverbunden waren, nämlich mit der 18.04.2017 630 Js 8840/17 vom 20.06.2017 , 630 Js 14831/17 und 630 Js 15594/17 vom 28.06.2017 waren dem Angeklagten folgende weitere Sachverhalte zur Last gelegt worden:
Der Angeklagte fuhr am 14.03.2017 gegen 00.05 Uhr mit dem Pkw BMW amtliches Kennzeichen …. auf der Dresdener Straße in Bautzen, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte . Durch die Tat hat sich der Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.
Der Angeklagte fuhr am 13.06.2017 gegen 15.25 Uhr mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen …. der Lauengraben in Bautzen, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte. Dies wusste der Angeklagte. Durch die Tat hat sich der Angeklagte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Die Einziehung des Fahrzeuges, ist verwirkt.
IV.
Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (II. Ziff . 1 und 2) unumwunden eingeräumt und hierzu im Übrigen erklärt, dass er sich zunächst von den Drogen losgesagt hatte, er aber nach seiner Rückkehr von Polen nach Bautzen rückfällig geworden sei, wo er alte Freunde getroffen habe. Grund dafür sei auch seine persönliche instabile Situation gewesen, die er auch so für sich empfunden habe. Mittlerweile sei er völlig von den Drogen weg, habe eine Arbeit und empfinde auch Verantwortung für seine Kinder.
Zu den zehn gegen ihn erhobenen Vorwürfen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis erklärte der Angeklagte, dass er im Jahre 2009 die Fahrerlaubnis verloren habe, weil er zweimal unter Alkoholeinwirkung am Kraftverkehr teilgenommen hat, weswegen die Verwaltungsbehörde daraufhin ihm die Fahrerlaubnis entzogen habe. Er habe auch ein Gespräch bei einem Gutachter gehabt, dieses Gespräch jedoch nicht geschafft. Sodann habe er sich, da er ohnehin in Polen ein „Auszeit" hat nehmen wollen, für den Erwerb einer polnischen Fahrerlaubnis entschieden, dass ihm auch gelungen sei. Aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten der Anklagevorwürfen II. Ziff. 1 und 2 und der Einführung der Verlesung von Urkunden im Urkundsbeweis der Mitteilungen des Kraftfahrtbundesamtes war eine weitere Beweisaufnahme nicht mehr erforderlich.
V.
1. Der Angeklagte hat sich daher des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gem. der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs . 1 Nr. 1, 29 Abs . 1 Nr. 3, 29a Abs . 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Die Nettomenge der Haschischplatte mit einer Masse von 79,62 Gramm betrug laut dem in der Beweisaufnahme verlesenen Sachverständigengutachten 8,46 Gramm und ist damit nicht unerheblich über dem anerkannten Grenzwert von 7,5 THC, der bei Marihuana die Voraussetzungen für eine Verurteilung des Besitzes von Betäubungsmitteln nicht geringer Menge maßgeblich ist.
2. Unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichts punkten hielt das Schöffengericht daher für die Tatziffer 1 eine Einsatzstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten und für die Tatziffer II. 1. und II. 2. eine Einzelgeldstrafe von 60 Tages sätzen für tat- und schuldangemessen. Darüber hinaus war das Urteil des AG Bautzen vom 20.07.2017 Az.:44 Os 720 Js 28976/16 einzubeziehen, nämlich eine Freiheitsstra fe von 8 Monaten, worauf das Gericht unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte eine Gesamtstrafe von 1 Jahr und 6 Mo naten gebildet hat und auf die das Schöffengericht schlussendlich erkannt hat.
VI.
1. Soweit dem Angeklagten mit den weiteren Anklagen der Staatsanwaltschaft Görlitz vom 18.04.2017, 20.06.2017 und 28.06.2017 jeweils der Vorwurf eines Fahren ohne Fahrer laubnis zu den Tatzeitpunkten 14.03.2017, 13.07.2017 und 25.04.2017 zur Last gelegt wird, war der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Dem Angeklagten war zu Unrecht durch Beschluss des Amtsgerichts Bautzen vom 27.07.2017 entzogen worden, wenn auch sie durch nicht näher begründete Entscheidung der Beschwerde kammer des Landgerichts Görlitz, Außenkammern Bautzen vom 29.08.2017 bestätigt wurde.
In der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Bautzen auf die Beschwerde des An geklagten vom 04.08.2017 vom 15.08.2017 wird ausgeführt, dass der Angeklagte unbe stritten über keine deutsche Fahrerlaubnis verfüge. Der dem Angeklagten unter dem 03.12.2015 ausgestellte polnische Führerschein berechtige ihn entgegen § 28 Abs. 1 FeV ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland, weil die grundsätzliche Be rechtigung ausländischer Fahrlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV nicht für Inhaber von EU-Erlaubnissen gelte, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort voll ziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, de nen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Nach Auffassung des Amtsgerichts in der vorbezeichneten Nichtab hilfeentscheidung über die Beschwerde des Angeklagten ging das Amtsgericht davon aus, dass der Ausnahmefall einer sofort vollziehbaren und unanfechtbaren Entziehung der Fahrerlaubnis durch eine Verwaltungsbehörde im Inland vorläge, weil dem Ange klagten durch das Landesamt Berlin die deutsche Fahrerlaubnis der Klassen BE und CE am 14.10 .2012 sofort vollziehbar und am 16.10.2012 mit Wirkung vom 16.10.2012 unanfechtbar entzogen worden sei. Auch Tilgungsreife der Eintragung nach § 29 StVG läge nicht vor.
Zwar trifft zu, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Landesamt Berlin zum Zeitpunkt der Erteilung des polnischen Führerscheins noch andauerte, die Berechtigung hingegen, nach dem von einem EU-Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein im Inland Gebrauch zu machen, um durch die Erteilung eines EU-Führerscheins am Tag der Ausstellung Beweis dafür anzutreten, dass die dafür maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt sind, wird auch nicht durch § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV eingeschränkt. Dass dem Angeklagten im Jahre 2012 die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen worden ist, erfüllt im Wortlaut nach den Ausnahmetatbestand des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 FeV.
Die Vorschrift ist aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch unter dem Regime der Dritten Führerscheinrichtlinie auf die der Erteilung der EU-Auslandsfahrerlaubnis vorangegangene Entziehung der Inlandsfahrerlaubnis nicht anzuwenden (EuGH NJW 2012, 1935). Unter Beachtung der Rechtsprechung des Euro päischen Gerichtshofs ist sie unionsrechtswidrig (insoweit KG Berlin 3. Strafsen. 121 Ss 195/14). Das Kammergericht Berlin führt dazu nachvollziehbar aus, dass sich dies zwar aus der deutschen Fassung des Artikel 11 Nr: 4 Abs. 2 der Dritten Führerscheinrichtlinie nicht unmittelbar erschließe; denn dort heißt es, dass ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein inlandsungültig sei, wenn die im Inland ausgestellte Fahrerlaubnis des Inhabers zuvor „eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen" worden sei. Weil in der englischen und französischen Sprachfassung der EU-Richtlinie hingegen zum Ausdruck kommt, dass die vorangegangene inländische Führerscheinmaßnahme zum Zeitpunkt der Erteilung der neuen ausländischen Fahrerlaubnis noch andauern muss, damit ihre Anerkennung im Inland versagt werden kann und muss, EuGH, wie im Übrigen auch das Kammergericht Berlin folgt, unter Priorisierung der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit gegenüber der Verkehrssicherheit, entgegen dem deutschen Wortlaut der Richtlinie, den gegenseitigen Anerkennungsgrundsatz so aus, dass von einer EU-Auslandsfahrerlaubnis auch dann Gebrauch gemacht wer den darf, wenn dem I nhaber i n einem anderen Mitgliedsstaat zuvor wegen charakterlicher Mängel die Fahrerlaubnis entzogen worden ist (EuGH NJW 2012, 1935). Da dem nach mithin § 28 Abs. 4 Ziff. 3 FeV zumindest dann nicht anzuwenden ist, wenn eine gerichtliche Sperrfrist - wie hier - nicht angeordnet ist, sondern lediglich eine behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegt, war dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu Unrecht entzogen worden.
2. Das dem Angeklagten im Hinblick auf die unionsrechtswidrige Entscheidung widerfah rene Unrecht war ihm in Entsprechung von § 6 StrEG durch Entscheidung dem Grunde nach wiedergutzumachen.
VII.
Die Einziehungsentscheidung beruht auf § 74 StGB, 33 BtMG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO soweit der Angeklagte verurteilt wurde und - soweit er freigesprochen wurde auf § 467 Abs. 1 StPO.
Hertle