Amtsgericht Augsburg Endurteil, 15. Mai 2018 - 20 C 5562/17

bei uns veröffentlicht am15.05.2018

Gericht

Amtsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.12.2017 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.710,81 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die restliche Regulierung aus einem Verkehrsunfallschaden. Der Verkehrsunfall hat sich am 27.03.2017 gegen 21.45 Uhr auf der Bgm.-Ackermann-Straße in Augsburg ereignet.

Die 100 %-ige Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners des Klägers ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der vom Kläger mit der Begutachtung des Schadens an seinem Motorrad beauftragte Sachverständige ... kalkulierte die schadensbedingten Reparaturkosten für das Motorrad auf 11.695,41 Euro netto.

Der Kläger hat sein Motorrad lediglich teilweise reparieren lassen. Für die teilweise Reparatur sind Kosten in Höhe von 9.900,08 Euro netto, mithin 11.857,61 Euro brutto angefallen.

Die Mehrwertsteuer der Teilreparatur beläuft sich auf 1.881,01 Euro.

Die Beklagte zahlte auf den Schaden nach Vorlage der oben genannten Reparaturrechnung einen Betrag in Höhe von 11.875,61 Euro.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er neben den fiktiven Reparaturkosten netto (11.695,41 €) auch die für die Teilreparatur angefallene Umsatzsteuer in Höhe von 1.881,01 Euro verlangen kann.

Der Kläger beantragt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.700,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 02.12.2017 zu zahlen.

  • 2.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

kostenpflichtige Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass hier eine unzulässige Mischkalkulation zwischen abstrakter und konkreter Schadensberechnung vorliegt, so dass lediglich die konkrete Reparaturrechnung ersetzt verlangt werden kann.

Die Entscheidung ergeht mit Zustimmung der Parteien gem. § 128 Abs. 2 ZPO.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Augsburg ergibt sich aus §§ 23 Nr. 1 GVG, 20 StVG.

I. Hauptsache

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte gem. §§ 7 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 249 BGB.

Zwischen den Parteien steht die Frage in Streit, ob die Klagepartei neben den fiktiven Reparaturkosten auf Gutachterbasis ohne Mehrwertsteuer auch die bereits angefallene Mehrwertsteuer, aus einer Teilreparatur verlangen kann.

Dreh- und Angelpunkt dieser Frage ist § 249 Abs. 2 S. 3 BGB.

Hiernach kann die Umsatzsteuer nur ersetzt verlangt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass auch eine teilweise Geltendmachung von Umsatzsteuer möglich ist (soweit).

Weiter sieht das Gericht aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ebenfalls die Möglichkeit, die Umsatzsteuer einer teilweisen Reparatur geltend zu machen. Insgesamt soll der Geschädigte sich an einem Verkehrsunfall nicht bereichern. Der Schädiger bzw. die Haftpflichtversicherung soll davor geschützt werden, dass Positionen, in denen bei der tatsächlichen Reparatur eine Mehrung aufgetreten sind, bei der Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden, hingegen Positionen, bei denen im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen bei der tatsächlichen Reparatur ein Minderwert entstanden ist, sich diesen nicht zurechnen zu lassen.

Vorliegend ist der Fall gerade ein anderer:

Es ist hier eine Teilreparatur erfolgt. Insoweit ist auch ein Teil der Umsatzsteuer zu erstatten. In Bezug auf den nicht erfolgten Reparaturteil ist der Geschädigte weiterhin geschädigt, daher diese Beschädigung insofern hinnimmt (LG Bremen, Urteil vom 24.05.2012, Az. 7 S 277/11; LG Bückeburg, Urteil vom 29.09.2011, Az. 1 O 86/11; LG Hagen, Urteil vom 02.07.2009, Az. 10 O 24/09; Münchner Kommentar zum BGB, § 249 BGB, Rn. 467; LG Düsseldorf, Urteil vom 28.07.2011, Az. 54 C 2372/11; Palandt, § 249, Rn. 27).

II. Nebenentscheidungen:

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Klage wurde in Höhe von 10,00 Euro, also einem unerheblichen Teil in Bezug auf den Gesamtstreitwert, zurückgenommen, so dass dem Kläger diesbezüglich keine Kosten aufzuerlegen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:1.Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gelde

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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.