Räumungsklage, Zwangsräumung und Räumungsfrist im Mietrecht

originally published: 21/11/2021 23:05, updated: 19/10/2022 17:16
Räumungsklage, Zwangsräumung und Räumungsfrist im Mietrecht
Gesetze

Authors

Rechtsanwalt

Henry Bach
Fachanwalt für
Arbeitsrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Author’s summary by Henry Bach

Nach einer wirksamen Kündigung des Mietvertrages und nach Ablauf der Kündigungsfrist ist der Mieter verpflichtet, die Mietwohnung zu räumen und an den Vermieter herauszugeben. Der Vermieter darf im Mietrecht die Räumung nicht eigenmächtig durchführen, sondern muss hierzu den Gerichtsvollzieher einschalten.

Nach einer wirksamen Kündigung des Mietvertrages und nach Ablauf der Kündigungsfrist ist der Mieter verpflichtet, die Mietwohnung zu räumen und an den Vermieter herauszugeben. Der Vermieter darf im Mietrecht die Räumung nicht eigenmächtig durchführen, sondern muss hierzu den Gerichtsvollzieher einschalten.

Voraussetzung für eine Zwangsräumung ist, dass der Vermieter nach einer Räumungsklage ein vorläufig vollstreckbares Räumungsurteil erwirkt oder zwischen Vermieter und Mieter ein Räumungsvergleich vor dem Prozessgericht abgeschlossen worden ist.

Bei einer Räumungsklage kann sich ein Mieter darauf berufen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Gericht wird i.d.R. ein Sachverständigengutachten einholen, wenn der Mieter gesundheitliche Beeinträchtigungen unter Vorlage aussagekräftiger fachärztlicher Atteste vorträgt. Ein Härtefall darf mit Blick auf das geschützte Recht auf Leben und Gesundheit ohne Einholung eines Gutachtens nicht ohne weiteres verneint werden.

1. Räumungsvollstreckung

Die Räumungsvollstreckung darf nur gegen eine Person betrieben werden, die im Räumungsurteil oder Räumungsvergleich als Schuldner bezeichnet ist. Erfährt der Vermieter aber erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung von weiteren in der Wohnung lebenden Personen, kann die Räumungsvollstreckung auch dann betrieben werden, wenn diese nicht im Urteil benannt sind (§ 940a Abs. 2 ZPO). Wusste der Vermieter von weiteren in der Wohnung lebenden Personen, bleibt es dabei, dass diese im Räumungstitel genannt sein müssen.

Hat der Vermieter gegen den Mieter einen Vollstreckungstitel erwirkt und zieht der Mieter trotzdem nicht aus, muss der Vermieter den Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Durchsetzung des Räumungstitels beauftragen. Nach dem Berliner Modell der Räumung kann der Vermieter an allen Gegenständen des Schuldners in der zu räumenden Wohnung sein Vermieterpfandrecht geltend machen und der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz der Wohnung setzen.

Wenn der Mieter nicht selbst räumt, muss das der Vermieter im Wege der Pfandverwertung bzw. der Entrümpelung die Wohnung tun (§ 885a ZPO). Eine Räumung von Wohnraum kann ausnahmsweise im Wege einer einstweiligen Verfügung angeordnet werden, wenn ein Dritter, also eine andere Person als der Mieter, im Besitz der Mieträume ist (§ 940a Abs. 2 ZPO). Das ist möglich, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitz des Dritten erst nach Abschluss der Räumungsklage gegen den Mieter erfahren hat.

2. Räumungsfrist

Gewinnt der Vermieter die Räumungsklage, hat der Mieter die Möglichkeit, beim Amtsgericht zu beantragen, dass ihm eine angemessene Räumungsfrist gewährt wird (§ 721 ZPO). Hierzu muss der Mieter Gründe vortragen, weshalb er trotz intensiver Suche keine Ersatzwohnung gefunden hat. Ob das zuständige Gericht eine Räumungsfrist zuspricht, hängt in der Regel von einer Interessenabwägung ab. Sind die Interessen des Mieters gewichtiger als die des Vermieters zu bewerten, wird dem Mieter ein Räumungsaufschub eingeräumt.

Stellt ein Mieter den Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist nach Beendigung eines Räumungsprozesses, so muss der Mieter nachweisen, dass er z. B. selbst Anzeigen in der örtlichen Presse für die Suche nach einer Wohnung aufgegeben und eventuell auch einen Makler eingeschaltet hat. Hat der Mieter Anspruch auf eine Sozialwohnung, muss sich der Mieter mit dem zuständigen Wohnungsamt seiner Gemeinde in Verbindung setzen.

Der Mieter muss Verschlechterungen der bisherigen Wohnqualität und Preissteigerungen, die ortsübliche Vergleichsmieten nur unwesentlich überschreiten, bei einer Ersatzwohnung hinnehmen. Ein Makler muss nur dann eingeschaltet werden, wenn man finanziell in der Lage ist, die anfallende Vermittlungsgebühr zu bezahlen.

Eine Räumungsfrist wird gewährt, wenn der Mieter nachweisen kann, dass ein neu gebautes Haus oder eine im Bau befindliche Wohnung in Kürze bezugsfertig sein wird. Das Gleiche gilt, wenn die neue Wohnung noch von anderen Mietern besetzt ist. Die Räumungsfrist, die das Amtsgericht bewilligt, darf nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Einjahresfrist wird in der Regel von dem Tag der Rechtskraft des Räumungsurteils an gerechnet bzw. von dem Tag an, an dem der Räumungsvergleich abgeschlossen wurde.

Der Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist kann schon während des laufenden Räumungsprozesses gestellt werden, sollte jedoch spätestens zwei Wochen vor Ablauf der vom Gericht gewährten Räumungsfrist eingereicht werden. Das Gleiche gilt für einen Verlängerungsantrag. Zuständig für den Antrag auf Verlängerung der Räumungsfrist ist das Gericht, bei dem der Vermieter zuvor seine Räumungsklage eingereicht hat und vor dem der Räumungsprozess verhandelt und entschieden wurde.

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(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine H

(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das

(1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 885 Absatz 1 beschränkt werden. (2) Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreck

(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. (2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen

Annotations

(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.

(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

(3) Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 573 Abs. 3 angegebenen Gründe berücksichtigt, außer wenn die Gründe nachträglich entstanden sind.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden.

(2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.

(3) Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben, darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch angeordnet werden, wenn der Beklagte einer Sicherungsanordnung (§ 283a) im Hauptsacheverfahren nicht Folge leistet.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat das Gericht den Gegner vor Erlass einer Räumungsverfügung anzuhören.

(1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 885 Absatz 1 beschränkt werden.

(2) Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen.

(3) Der Gläubiger kann bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, jederzeit wegschaffen und hat sie zu verwahren. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann er jederzeit vernichten. Der Gläubiger hat hinsichtlich der Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.

(4) Fordert der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz ab, kann der Gläubiger die Sachen verwerten. Die §§ 372 bis 380, 382, 383 und 385 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Eine Androhung der Versteigerung findet nicht statt. Sachen, die nicht verwertet werden können, können vernichtet werden.

(5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne Weiteres herauszugeben.

(6) Mit der Mitteilung des Räumungstermins weist der Gerichtsvollzieher den Gläubiger und den Schuldner auf die Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 hin.

(7) Die Kosten nach den Absätzen 3 und 4 gelten als Kosten der Zwangsvollstreckung.

(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden.

(2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.

(3) Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben, darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch angeordnet werden, wenn der Beklagte einer Sicherungsanordnung (§ 283a) im Hauptsacheverfahren nicht Folge leistet.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat das Gericht den Gegner vor Erlass einer Räumungsverfügung anzuhören.

(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.

(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.

(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.

(6) Die sofortige Beschwerde findet statt

1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet;
2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.