Endgültig drei Jahre: Restschuldbefreiung nachjustiert (Normstand & Evaluation)

published on 22.09.2025 11:19
Endgültig drei Jahre: Restschuldbefreiung nachjustiert (Normstand & Evaluation)
Gesetze

Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Aufhänger. Seit dem BGBl‑Gesetz vom 22. 12. 2020 gilt die Abtretungsfrist von drei Jahren (§ 287 Abs. 2 InsO n. F.) dauerhaft – die in Entwürfen diskutierte Befristung wurde im Gesetzgebungsverfahren fallen gelassen. Parallel wurde eine Evaluation an den Bundestag bis 30. 06. 2024 angeordnet (Art. 107a EGInsO); der BMJ‑Bericht 06/2024 liegt vor. Für 2025 ist die Rechtslage daher stabil, zugleich zeigen sich Praxis‑„Feinjustagen“ (Sperr‑ und Wiederholungsfristen, Umgang mit Auskunfteien).

Was genau gilt seit 2021/2024?

  • § 287 Abs. 2 InsO n. F.: Abtretung „für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens“; bei erneuter Restschuldbefreiung nach dem 1. 10. 2020: 5‑Jahres‑Frist. § 287a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO: Sperrfrist 11 Jahre

  • Art. 103k/103l EGInsO: Übergangsrecht (gestufte Verkürzung für Anträge 17. 12. 2019–30. 09. 2020; Anwendung bisherigen Rechts für Anträge vor dem 31. 12. 2020). Keine Sunset‑Klausel für die 3‑Jahres‑Frist. 

  • Art. 107a EGInsO (Evaluationsvorschrift): Regierungsbericht bis 30. 06. 2024 zu Auswirkungen auf Antrags‑/Zahlungsverhalten und etwaige Hindernisse durch Speicherung insolvenzbezogener Daten bei Auskunfteien. 

Ergebnisse der Evaluation (2024) – was lässt sich belastbar sagen?

Der BMJ‑Bericht 06/2024 betont, dass erste Restschuldbfreiungen‑Erteilungen im verkürzten Verfahren erst ab Oktober 2023 möglich waren; die Datenbasis ist daher „knapp bemessen“. Gleichwohl zeigt der Bericht Ansatzpunkte u. a. beim Auskunfteien‑Thema (Lösch‑/Speicherpraxis) und bei Beratungsbedarfen in der Wohlverhaltensphase. 

Einordnung

Die Dreijahres‑Restschuldbefreiung  ist – anders als teils noch kolportiert – nicht befristet; sie bildet seit 2021 den Regelfall. Das stärkt den „Second Chance“-Gedanken der RL (EU) 2019/1023 und verschiebt die Praxisakzente: Compliance‑Last in der Wohlverhaltensphase, frühe Schuldnerberatung, gläubigerseitige Prozessökonomie.

Praxis‑To‑dos (2025)

  • Für Schuldnerberatung/Verwalter:

    • Checklisten zur Wohlverhaltensphase aktualisieren (Abführungstatbestände, § 295 InsO i. d. F. 2020; u. a. Vermögenserwerbe, Lotteriegewinne).

    • Sperr‑/Wiederholungsfälle früh screenen (11‑Jahres‑Sperrfrist; 5‑Jahres‑Abtretung bei Wiederholung). 

  • Für Gläubiger:

    • Frühe Anmeldung und Prüfverhalten an 3‑Jahres‑Takt anpassen; Masseverwertung und Vergleichsangebote zeitlich eng führen.

  • Daten/Bonität:

    • Auskunfteien im Blick: Der Evaluationsbericht adressiert mögliche Hürden beim wirtschaftlichen Neustart durch Speicherung insolvenzbezogener Informationen – Berater sollten Betroffene zu Auskunft/Löschung/Berichtigung anleiten.

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Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist1.eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbar

(1) Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgewirkt hat. Der

Annotations

(1) Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag bis zum 30. Juni 2024, wie sich die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgewirkt hat. Der Bericht geht auch auf etwaige Hindernisse ein, die von den bestehenden Möglichkeiten der Speicherung insolvenzbezogener Informationen durch Auskunfteien für einen wirtschaftlichen Neustart nach Erteilung der Restschuldbefreiung ausgehen.

(2) Sofern sich aus dem Bericht die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen ergibt, soll die Bundesregierung diese vorschlagen.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.