ZPO: Zur Prüfung der angemessenen Vergütung durch das Vollstreckungsgericht
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Das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob die materiellen Voraussetzungen des § 850h II ZPO vorliegen; es hat - unbeschadet zu beachtender Pfändungsschutzvorschriften - nicht über Bestand und Höhe des fingierten Vergütungsanspruchs zu befinden. Ob und in welcher Höhe dem Gläubiger eine angemessene Vergütung gemäß § 850h II ZPO zusteht, ist gegebenenfalls vom Prozessgericht in dem gegen den Drittschuldner gerichteten Einziehungserkenntnisverfahren zu entscheiden.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückverwiesen.
Gründe:
Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen einer in einem Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Forderung (Hauptbetrag 404 €) sowie wegen Kosten.
Der Gläubiger hat den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, durch den unter anderem die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche der Schuldnerin auf Zahlung von Arbeitseinkommen gegen den Drittschuldner gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen werden sollen.
Die Schuldnerin und der Drittschuldner leben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Der Drittschuldner ist berufstätig, während die Schuldnerin arbeitslos ist und den gemeinsamen Haushalt führt.
Der Gläubiger ist der Ansicht, gemäß § 850h Abs. 2 ZPO gelte im Verhältnis zwischen ihm und dem Drittschuldner eine angemessene Vergütung für die Haushaltsführung seitens der Schuldnerin als geschuldet; diese Vergütung unterliege dem Pfändungszugriff.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen der angeblichen Ansprüche der Schuldnerin gegen den Drittschuldner aus einem fiktiven Arbeitseinkommen für die Haushaltsführung als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen diesen Beschluss ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Gläubigers, mit der er den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen der angeblichen Ansprüche der Schuldnerin gegen den Drittschuldner aus einem fiktiven Arbeitseinkommen für die Haushaltsführung weiterverfolgt.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Beschlüsse des Beschwerdegerichts und des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
Das Beschwerdegericht führt im Wesentlichen Folgendes aus:
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - habe zutreffend ausgeführt, dass die Haushaltsführung durch den nicht berufstätigen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu den Arbeiten und Diensten gehöre, die üblicherweise vergütet würden; ein nach § 850h Abs. 2 ZPO pfändbarer Anspruch werde hierdurch nicht begründet. Persönliche und wirtschaftliche Leistungen würden in einer nichtehelichen Lebenspartnerschaft regelmäßig nicht abgerechnet, sondern von dem Partner erbracht, der dazu in der Lage sei. Die Haushaltsführung durch den nicht berufstätigen Partner sei einer Erwerbstätigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht gleichzustellen. Sie beruhe, soweit nicht ohnedies regelmäßig zumindest zu gleichen Teilen auch eigene Haushaltsangelegenheiten erledigt würden, auf dem übereinstimmenden Entschluss zur Führung einer Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, in der Leistungen ersatzlos von demjenigen Partner erbracht würden, der dazu in der Lage sei. Der erwerbstätige Partner, der die Kosten der gemeinsamen Lebensführung trage, erbringe mit dem laufenden Unterhalt ebenso den Gemeinschaftszweck fördernde Aufwendungen wie der haushaltsführende Partner. Diese seien einem arbeitsrechtlichen Entgelt nicht vergleichbar.
Zwar habe das Vollstreckungsgericht vor Erlass eines entsprechend § 850h Abs. 2 ZPO beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht abschließend zu prüfen, ob und in welcher Höhe die zu pfändende Forderung bestehe. Zurückzuweisen sei der Antrag jedoch, wenn nach dem Tatsachenvortrag des Gläubigers die zu pfändende Forderung dem Schuldner aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht zustehen könne. Dies sei hier aus den genannten Gründen der Fall. Denn Tatsachen, die eine über das in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft übliche und normale Maß weit hinausgehende und der Tätigkeit einer berufsmäßigen Hauswirtschafterin vergleichbare Haushaltsführung durch die Schuldnerin naheliegend erscheinen ließen und die Annahme eines verschleierten Arbeitseinkommens rechtfertigen könnten, seien nicht ansatzweise vorgetragen.
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
§ 850h Abs. 2 ZPO schützt das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Durchsetzung seiner Forderung gegen einen Schuldner, der für einen Dritten arbeitet oder sonst Dienste leistet, ohne eine entsprechende angemessene Vergütung zu erhalten. Das Gesetz behandelt diesen Dritten beim Vollstreckungszugriff des Gläubigers so, als ob er dem Schuldner zu einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei.
Das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob die zu pfändende Forderung besteht. Eine Pfändung muss immer dann erfolgen, wenn dem Schuldner die Forderung nach irgendeiner vertretbaren Rechtsansicht zustehen kann. Der Pfändungsantrag darf vom Vollstreckungsgericht nur ausnahmsweise abgelehnt werden, wenn dem Schuldner die Forderung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann oder ersichtlich unpfändbar ist. Deshalb pfändet das Vollstreckungsgericht auch nur die "angebliche Forderung" des Schuldners gegen den Drittschuldner. Diese Grundsätze gelten auch beim Pfändungszugriff nach § 850h Abs. 2 ZPO. Die Pfändung des Arbeitseinkommens erfasst ohne besonderen Ausspruch auch den fingierten Vergütungsanspruch gemäß § 850h Abs. 2 ZPO; der Gläubiger muss nicht einen angeblichen Vergütungsanspruch im Sinne des § 850h Abs. 2 ZPO eigens pfänden. Das Vollstreckungsgericht prüft grundsätzlich nicht, ob die materiellen Voraussetzungen des § 850h Abs. 2 ZPO vorliegen; es hat - unbeschadet zu beachtender Pfändungsschutzvorschriften - nicht über Bestand und Höhe des fingierten Vergütungsanspruchs zu befinden; dementsprechend muss der Gläubiger dazu auch nichts vortragen. Ob und in welcher Höhe dem Gläubiger eine angemessene Vergütung gemäß § 850h Abs. 2 ZPO zusteht, ist gegebenenfalls vom Prozessgericht in dem gegen den Drittschuldner gerichteten Einziehungserkenntnisverfahren zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätten das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Gläubigers nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen und das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht mit der gegebenen Begründung ablehnen dürfen.
Der Gläubiger hat Ansprüche gepfändet, die gegenwärtig oder zukünftig bestehen können. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Schuldnerin Leistungen erbringt oder erbringen wird, die üblicherweise vergütet werden. Ob Leistungen, die ein Schuldner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbringt, nach den Umständen des Einzelfalls einen fingierten Vergütungsanspruch im Sinne des § 850h Abs. 2 ZPO rechtfertigen, ist unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsgericht nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu klären.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
Auch im Anwendungsbereich des § 850h Abs. 2 ZPO sind die Pfändungsschutzvorschriften, insbesondere § 850c ZPO und § 850f Abs. 2 ZPO, vom Vollstreckungsgericht zu beachten, weshalb das Vollstreckungsgericht gegebenenfalls über den Antrag des Gläubigers gemäß § 850f Abs. 2 ZPO zu befinden haben wird.
Das Vollstreckungsgericht bestimmt bei der Pfändung die etwa gemäß § 850h Abs. 2 ZPO geschuldete angemessene Vergütung nicht, weshalb dem Antrag des Gläubigers, das monatliche Nettoeinkommen der Schuldnerin gemäß § 850h Abs. 2 ZPO auf 967,74 € festzusetzen, vom Vollstreckungsgericht nicht stattgegeben werden kann.
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(1) Hat sich der Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste verpflichtet, Leistungen an einen Dritten zu bewirken, die nach Lage der Verhältnisse ganz oder teilweise eine Vergütung für die Leistung des Schuldners darstellen, so kann der Anspruch des Drittberechtigten insoweit auf Grund des Schuldtitels gegen den Schuldner gepfändet werden, wie wenn der Anspruch dem Schuldner zustände. Die Pfändung des Vergütungsanspruchs des Schuldners umfasst ohne weiteres den Anspruch des Drittberechtigten. Der Pfändungsbeschluss ist dem Drittberechtigten ebenso wie dem Schuldner zuzustellen.
(2) Leistet der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, so gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sowie bei der Bemessung der Vergütung ist auf alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten Rücksicht zu nehmen.
(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als
beträgt.(2) Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner, einem Verwandten oder nach den §§ 1615l und 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und zwar um
Für die zweite bis fünfte Person, der Unterhalt gewährt wird, erhöht sich der Betrag nach Absatz 1 um je(3) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag nach Absatz 1, so ist es hinsichtlich des überschießenden Teils in Höhe von drei Zehnteln unpfändbar. Gewährt der Schuldner nach Absatz 2 Unterhalt, so sind für die erste Person weitere zwei Zehntel und für die zweite bis fünfte Person jeweils ein weiteres Zehntel unpfändbar. Der Teil des Arbeitseinkommens, der
übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz macht im Bundesgesetzblatt Folgendes bekannt (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung):
- 1.
die Höhe des unpfändbaren Arbeitseinkommens nach Absatz 1, - 2.
die Höhe der Erhöhungsbeträge nach Absatz 2, - 3.
die Höhe der in Absatz 3 Satz 3 genannten Höchstbeträge.
(5) Um den nach Absatz 3 pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zu berechnen, ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 3 Satz 3 pfändbaren Betrages, auf eine Zahl abzurunden, die bei einer Auszahlung für
- 1.
Monate bei einer Teilung durch 10 eine natürliche Zahl ergibt, - 2.
Wochen bei einer Teilung durch 2,5 eine natürliche Zahl ergibt, - 3.
Tage bei einer Teilung durch 0,5 eine natürliche Zahl ergibt.
(6) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 5 Satz 3 nicht anzuwenden.
(1) Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn
- 1.
der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend § 850c der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, nicht gedeckt ist, - 2.
besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder - 3.
der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern
(2) Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen; dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
(3) (weggefallen)
(1) Hat sich der Empfänger der vom Schuldner geleisteten Arbeiten oder Dienste verpflichtet, Leistungen an einen Dritten zu bewirken, die nach Lage der Verhältnisse ganz oder teilweise eine Vergütung für die Leistung des Schuldners darstellen, so kann der Anspruch des Drittberechtigten insoweit auf Grund des Schuldtitels gegen den Schuldner gepfändet werden, wie wenn der Anspruch dem Schuldner zustände. Die Pfändung des Vergütungsanspruchs des Schuldners umfasst ohne weiteres den Anspruch des Drittberechtigten. Der Pfändungsbeschluss ist dem Drittberechtigten ebenso wie dem Schuldner zuzustellen.
(2) Leistet der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, so gilt im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sowie bei der Bemessung der Vergütung ist auf alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten Rücksicht zu nehmen.