Werkvertragsrecht: Zahlung einer geprüften Rechnung ist kein Anerkenntnis

25.05.2007

Autoren

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

EnglischDeutsch
Rechtsberatung zum Baurecht und Vergaberecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Zahlt der Auftraggeber auf eine geprüfte Rechnung hin den Werklohn an den Bauunternehmer aus, ist das (noch) nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten.

 

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei dadurch ein Rückzahlungsanspruch nicht ausgeschlossen. Dieser scheide nur aus, wenn der Bauunternehmer mit dem Auftraggeber eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung geschlossen habe.

 

Hinweis: Als rechtsgeschäftliche Vereinbarung wäre es zum Beispiel zu werten, wenn im Rahmen eines Schlussrechnungsgesprächs strittige Rechnungspositionen erörtert und gemeinsam eine Schlusszahlungssumme ermittelt würde. Bei diesem Gespräch müssten beide Parteien durch einen wirksam Bevollmächtigten vertreten werden. Der Prüfvermerk des Architekten auf der Rechnung ist nach Ansicht des BGH nicht als Schuldanerkenntnis zu werten. Der Vermerk ist nur eine Wissenserklärung des Architekten dem Auftraggeber gegenüber, dass die Rechnung fachlich und rechnerisch richtig ist. Eine Handlung des Architekten entfaltet nur Rechtswirkung, wenn er vom Auftraggeber wirksam bevollmächtigt ist (BGH, VII ZR 165/05).
 

 

Show what you know!
Artikel schreiben

Urteile

Urteil einreichen

1 Urteile zitieren order werden zitiert von diesem Artikel

1 Urteile werden in dem Artikel zitiert

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2007 - VII ZR 165/05

bei uns veröffentlicht am 11.01.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 165/05 Verkündet am: 11. Januar 2007 Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Abrechnung & Vergütung

Vertragsrecht: Auslegung bei fehlendem ausdrücklichen Hinweis auf Kontaminierung des Aushubs

26.01.2012

Unterlassen eines Hinweises kann Auslegung des Vertrages dahin rechtfertigen, eine Bodenkontamination liege nicht vor-BGH vom 22.12.11-Az:VII ZR 67/11

Stundenlohn: Nachweis der Richtigkeit von Rapportzetteln

19.01.2012

Abrechnung nach Stunden-Unternehmer muss darlegen und beweisen, wie viele Stunden tatsächlich geleistet wurden-OLG Hamm vom 08.02.11-Az:21 U 88/10

Baurecht: Zur Vergütung von Ingenieurleistungen

19.12.2013

Betreffend dem Ausnahmefall der Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI, hier verneint.

Bauvertrag: Stundenlohnarbeiten müssen auch ohne Stundenzettel bezahlt werden

23.01.2014

Ein Auftragnehmer kann der werkvertraglichen Verpflichtung zur Vorlage von Rapporten bzw. Stundenzetteln auch noch mit der Erteilung einer Schlussrechnung Genüge tun.

Vertragsrecht: Mindestsatzunterschreitung bei der Berechnung des Ingenieurhonorars

12.04.2012

liegt vor, wenn das vereinbarte Honorar unterhalb des nach den Mindestsätzen der HOAI ermittelten Honorars liegt-BGH vom 09.02.12-Az:VII ZR 31/11

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 165/05 Verkündet am:
11. Januar 2007
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Allein die Zahlung des Werklohns auf eine geprüfte Rechnung rechtfertigt nicht die
Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Dr. Eick

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 12.994,50 € verurteilt worden ist. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, Insolvenzverwalter über das Vermögen der Auftragnehmerin, verlangt restlichen Werklohn für Außenanlagen zu 23 Einfamilienhäusern in S. . Die Restforderung ist nicht mehr streitig. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung.
2
Die Beklagte beanstandet dazu, Bodenaushub und dessen Abtransport seien in der vollständig bezahlten Schlussrechnung vom 8. November 2001 zum Bauteil "W. 2" doppelt in Ansatz gebracht worden. Dadurch habe sie einen Teilbetrag in Höhe von 29.115,33 € zweimal gezahlt.
3
Beide Vorinstanzen haben diese Gegenforderung nicht anerkannt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 42.109,83 € verurteilt. Dagegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, soweit die Verurteilung den Betrag von 12.994,50 € übersteigt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision ist begründet.

I.

5
Das Berufungsgericht lässt offen, ob die Schlussrechnung vom 8. November 2001 eine Doppelberechnung von 2.026,5 m³ Bodenaushub mit Abtransport enthält. Die Beklagte könne sich darauf jedenfalls nicht berufen. Sie habe die Rechnung geprüft und beanstandungslos gezahlt. Darin liege ein deklaratorisches Anerkenntnis, durch welches sie nunmehr mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sei. Auf die Frage eines Aufrechnungsausschlusses nach § 95 InsO komme es daher nicht an.

II.

6
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis angenommen. Seine Auffassung steht im Gegensatz zu der langjährigen , gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, aus welcher das Berufungsgericht zwar zitiert, deren Grundsätze es jedoch gänzlich außer Betracht lässt.
8
1. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, gelegentlich auch "bestätigendes" Schuldanerkenntnis genannt, ist ein vertragliches kausales Anerkenntnis (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93 - BauR 1995, 232, 234 = NJW 1995, 960). Ein solches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen (BGH aaO sowie Urteil vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93 - NJW 1995, 3311 = ZIP 1995, 1420; Urteil vom 29. April 1999 - VII ZR 248/98 - BauR 1999, 1021 = ZfBR 1999, 310; Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 241/00 - BauR 2002, 613 = ZfBR 2002, 345 = NZBau 2002, 338; st. Rspr.). Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen.
9
Die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung erlauben für sich genommen nicht, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen (vgl. bereits BGH, Urteil vom 8. März 1979 - VII ZR 35/78 - BauR 1979, 249, 251).
10
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses durch die Beklagte nicht festgestellt. Dass die Beklagte die Rechnung vom 8. November 2001 geprüft und bezahlt hat, genügt nicht. Dafür, dass die Parteien sich im Sinne der Rechtsprechung zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis geeinigt hätten, fehlen Anhaltspunkte.

III.

11
Bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht zu klären haben, ob unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten die Aufrechnung zulässig war und, sofern dies der Fall ist, ob die von der Beklagten behauptete Doppelberechnung unterlaufen ist oder nicht. Dressler Haß Wiebel Kniffka Eick
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 14.05.2004 - 1 O 178/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 10.06.2005 - I-21 U 116/04 -