Reiserücktrittsversicherung: Reisestornierung trotz Vorerkrankung

bei uns veröffentlicht am29.04.2010

Rechtsgebiete

Autoren

Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Anwalt für Versicherungsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Ein Anspruch aus einer Reiserücktrittskostenversicherung kann auch begründet sein, wenn dem Versicherten, der bereits unter Rückenschmerzen leidet, erst nach Reisebuchung bekannt wird, dass er wegen eines akuten Bandscheibenvorfalls stationär operativ behandelt werden muss und er die Reise deshalb absagen muss.

Mit dieser Kernaussage entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zugunsten eines Mannes, der eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen hatte. Nach den Versicherungsbedingungen bestand Versicherungsschutz, wenn die gebuchte Reise wegen einer „unerwarteten schweren Erkrankung” nicht angetreten werden kann. Im Oktober traten bei dem Mann nach Gartenarbeiten anhaltende Rückenschmerzen auf, die von seinem Hausarzt mit Spritzen behandelt wurden. Nach einer Besserung traten im November weitere Schmerzen auf. Anfang Dezember buchte er für sich und seine Ehefrau eine 15-tägige Rundreise durch Argentinien und Chile. Einige Tage später stellte ein Neurologe einen Bandscheibenvorfall fest und hielt eine sofortige Operation für erforderlich. Daraufhin stornierte der Mann die gebuchte Reise. Der Versicherer weigerte sich, die Stornokosten von 3.803 EUR pro Person zu übernehmen.

Die Klage des Mannes hatte Erfolg. Die Richter stellten klar, dass mit der Stornierung der Reise der Versicherungsfall eingetreten sei. Der operativ zu behandelnde Bandscheibenvorfall stelle eine unerwartete schwere Erkrankung dar. Als unerwartet sei eine Erkrankung anzusehen, die aus der subjektiven Sicht des Versicherten nicht voraussehbar ist. Die Diagnose eines operativ zu behebenden Bandscheibenvorfalls und damit die Reiseunfähigkeit des Mannes zum geplanten Reisebeginn seien aus der subjektiven Sicht des Mannes nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen. Allein das Bestehen wochenlanger Rückenschmerzen begründe für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine Wahrscheinlichkeit eines Bandscheibenvorfalls, wenn den Beschwerden - wie hier - ein Verhebetrauma bei Gartenarbeiten vorausgegangen sei und auch der konsultierte Orthopäde als Facharzt nach gründlichen Untersuchungen keine Feststellungen getroffen habe, die auf einen akuten Bandscheibenvorfall hindeuteten. Selbst wenn aufgrund der längeren Beschwerden unklarer Ursache mit einem Bandscheibenvorfall zu rechnen gewesen wäre, habe der Mann nicht damit zu rechnen brauchen, dass die Erkrankung nur operativ zu behandeln wäre und er deshalb nicht reisefähig sein werde (OLG Koblenz, 10 U 613/09).


Show what you know!
Artikel schreiben

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Versicherungsrecht

BGH: Zum Umfang der Versicherungsleistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung

23.07.2010

Anwalt für Versicherungsrecht - Wirtschaftsrecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Intransparenz von Versicherungsbedingungen

18.02.2016

Zur Intransparenz zweier Teilklauseln in Allg. Versicherungsbedingungen zu sog. Riester-Rentenversicherungsverträgen, betreffend die Beteiligung der Versicherungsnehmer an Kostenüberschüssen.
Versicherungsrecht

Lebensversicherung: Bezugsrecht bei Ende der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft

04.12.2012

abweichendes kann von den Partnern zuvor schriftlich vereinbart werden-OLG Köln vom 15.06.12-Az:20 U 160/11
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Zum Umfang der Sachverhaltsermittlung bei Aufklärungsobliegenheit

17.12.2014

Im Rahmen der Aufklärungsobliegenheit entscheidet grundsätzlich der Versicherer, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält.
Versicherungsrecht

Versicherungsrecht: Zum Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters

05.11.2014

Zum wirksamen Zustandekommen des Versicherungsvertrags als Voraussetzung für den Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters, wenn der Kunde die mit ihm geschlossene Vergütungsvereinbarung widerrufen hat.
Versicherungsrecht