Polnisches Arbeitsrecht

30.03.2010

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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S&K Rechtsanwälte in Berlin-Mitte

a) Der Arbeitsvertrag soll nach dem polnischem Arbeitsgesetzbuch Folgendes enthalten:

-         Personalien der Parteien

-         Art des Vertrages

-         Datum des Abschlusses

-         Arbeits- und Lohnbedingungen

-         Art der Tätigkeit

-         eine angemessene Entlohnung und deren Zusammensetzung

-         Art des Arbeitsplatzes

-         Arbeitszeitdauer

-         Beginn des Arbeitsverhältnisses

 

Beim Arbeitsvertragsabschluss muss die schriftliche Form eingehalten werden (Art. 29 § 2 ArbGB). Wird der Vertrag nicht in schriftlicher Form geschlossen, soll der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle Vertragsbedingungen schriftlich bestätigen. Dies soll spätestens im Zeitpunkt erfolgen, in dem der Arbeitnehmer die sich aus dem Vertrag ergebenden Handlungen vornimmt.

Gem. Art. 29 § 3 ArbGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer innerhalb von 7 Tagen über folgende Dinge in Kenntnis zu setzen:
  • über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit
  • über die Häufigkeit der Arbeitsentgeltzahlung
  • was für eine Urlaubszeit ihm zusteht
  • über die im Vertrag geltenden Kündigungsfristen
  • welchem Arbeitskollektivvertrag der Arbeitnehmer unterliegt.
Alle Änderungen im Arbeitsvertrag, die Arbeitsbedingungen regeln, müssen in schriftlicher Form angefertigt werden (Art. 29 § 3 4 ArbGB).


b) Das Arbeitsentgelt

Es existiert in Polen ein festgesetzter Mindestlohn nach dem Gesetz über Mindestlohn vom 10.10.2002, der für alle Unternehmen in Polen bindend ist. Seit dem 01.01.2010 beträgt der Mindestlohn für einen Vollzeitbeschäftigten 1.317,00 PLN (ca. 337,00 EUR), also 41% des durchschnittlichen Lohns. Im ersten Jahr seiner Arbeit kann ein Arbeitnehmer nicht weniger als 80% der Höhe des Mindestlohns verdienen ((80% x 1.317,00 = 1053,60 PLN).

Die Vergütung ist grundsätzlich nach der Leistung der Dienste zu entrichten (Art. 80 ArbGB). Wenn  die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, dann ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

Die Vergütung ist besonders geschützt. Der Arbeitnehmer darf weder auf sein Entgelt verzichten, noch sie auf eine andere Person übertragen (Art. 84 ArbGB). Für einen Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer etwa wegen Krankheit oder wegen eines Unfalls am Arbeitsplatz vorübergehend arbeitsunfähig ist, steht ihm Zahlung des Krankengeldes zu (Art. 92 § 1 ArbGB).


c) Das Wettbewerbsverbot

Das Arbeitsgesetzbuch eröffnet den Vertragsparteien die Möglichkeit, für das jeweilige Arbeitsverhältnis durch schriftlichen Vertrag ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren (Art. 101(1) –101(4) ArbGB). Der einzelne Arbeitnehmer verzichtet in diesem Rahmen auf eine konkurrierende Tätigkeit, sowohl im Zusammenhang mit einem anderen Arbeitsverhältnis, als auch im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit. Das Wettbewerbsverbot entfaltet seine Gültigkeit für die Zeit während des Arbeitsverhältnisses, kann jedoch mit einem Arbeitnehmer, der Zugang zu betriebswirtschaftlichen Informationen hat, auch über diese Zeitspanne hinweg ausgedehnt werden.

Der Vertrag über das Wettbewerbsverbot muss (mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit der Vereinbarung) in schriftlicher Form angefertigt werden (Art. 101 3 ArbGB).
 

d) Die Arbeitszeit

Die Arbeitszeit (Art. 128-151 ArbGB) ist die Zeit, in der der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber im Betrieb oder an einem anderen zu bestimmenden Ort zur Ausübung seiner Arbeit zur Verfügung steht (Art. 128 ArbGB). Die Arbeitszeit darf grundsätzlich täglich 8 und wöchentlich 40 Stunden nicht überschreiten (Art. 129 ArbGB). Die Zahl der Überstunden darf 150 Stunden im Kalenderjahr nicht überschreiten. Jedoch ist diese Regelung tarifdispositiv und kann sogar in einem Individualarbeitsvertrag abgeändert werden (Art. 151 ArbGB).

Jedem Arbeitnehmer steht auch eine Erholungszeit zu. Diese Erholungsphase beträgt täglich ununterbrochen 11 Stunden (Art. 132 § 1 ArbGB), und einmal in der Woche ununterbrochen 35 Stunden (Art.133 § 1 ArbGB).

Falls die Arbeitszeit täglich zumindest 6 Stunden beträgt, gewährleistet das Arbeitsgesetz auch eine zumindest 15 Minuten dauernde Pause während der Arbeit. Die Pause wird in die Arbeitszeit eingerechnet (Art. 134 ArbGB).

Ein Arbeitnehmer kann eine individuelle Bestimmung der Arbeitszeit schriftlich beantragen (Art. 142 ArbGB). Auf schriftlichen Antrag des Arbeitnehmers kann auch festgelegt werden, dass er kürzer als 5 Tagen in der Woche arbeitet; dabei wird automatisch die tägliche Arbeitszeit entsprechend verlängert, die aber nicht mehr als 12 Stunden betragen darf (Art. 143 ArbGB).

 
e) Der Urlaub

Der gesetzlich gewährleistete  Mindesturlaub beträgt 20 Tage im Jahr. Der Mindesturlaub erhöht sich auf 26 Tage, sobald ein Arbeitnehmer länger als 10 Jahre beschäftigt ist. Arbeitszeiten bei früheren Arbeitgebern werden angerechnet (Art. 154 ArbGB). Genauso als Arbeitszeiten für den Zweck der Ausrechnung der zustehenden Urlaubstagen werden die Zeiten der Ausbildung anerkannt. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium beispielsweise ergibt für den Arbeitnehmer eine 8-jährige Beschäftigungszeit.   

Ein Arbeitnehmer kann nicht auf sein Recht auf Urlaub verzichten (Art. 152 § 2 ArbGB).

Ein Arbeitnehmer bekommt auch in der Urlaubszeit seine Vergütung (Art. 152 § 1 ArbGB). Im Art. 174 ArbGB wurde auch unbezahlter Urlaub vorgesehen, der auf Antrag des Arbeitnehmers bestimmt wird.
 

f) Die Kündigung

Die gesetzlich bestimmte Kündigungsfrist orientiert sich an der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers im Betrieb. War dieser kürzer als 6 Monate beschäftigt, beträgt sie zwei Wochen, danach einen Monat und ab dem dritten Beschäftigungsjahr des Arbeitnehmers ist die Entlassung aus dem Betrieb nur mit einer Frist von drei Monaten möglich (Art. 36 ArbGB).

Die fristlose Kündigung eines Arbeitsvertrages ist gesetzlich zulässig bei schuldhafter Verletzung von Arbeitspflichten durch den Arbeitnehmer, bei Vorliegen einer Straftat oder bei verschuldetem Verlust von für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Voraussetzungen, wie etwa eines Führerscheins (Art. 52 ArbGB). Daneben ist es dem Arbeitgeber bei einer länger als drei Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gestattet, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen (Art. 53 ArbGB), wenn das Arbeitsverhältnis kürzer als 6 Monate andauerte. Weiterhin sind auch betriebsbedingte Kündigungen möglich.

Nach dem polnischem Arbeitsgesetz hat der Arbeitnehmer das Recht, sich von dem Arbeitsvertrag ohne Kündigung lösen zu können (Art. 55 § 1 ArbGB). Er ist dazu dann berechtigt, wenn er z.B. ein ärztliches Attest vorlegt, nach dem der ausgeübte Beruf für ihn gesundheitsschädliche Wirkung entfaltet. Das Recht steht dem Arbeitnehmer auch dann zu, wenn der Arbeitgeber seine sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Pflichten schwer verletzt hat (in diesem Fall kann der Arbeitnehmer auch vom Arbeitgeber Schadensersatz verlangen). Der Wille des Arbeitnehmers, den Vertrag ohne Kündigung zu beenden, muss in einer schriftlicher Form erfolgen und entsprechend begründet werden. Solche Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat gleiche Rechtsfolgen wie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung seitens des Arbeitgebers.

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