Grundstückserwerb durch Ausländer in Polen

bei uns veröffentlicht am09.04.2010

Autoren

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch
Zusammenfassung des Autors
Anwalt für deutsch-polnischen Rechtsverkehr - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Sie sind an dem Erwerb einer bebauten oder unbebauten Immobilie in Polen interessiert? 
Sie wissen nicht, ob Sie das als Ausländer ohne weiteres dürfen und vor allem, welche Kosten auf Sie zukommen? Wir beraten Sie gerne in diesen Angelegenheiten! 
 
Gesetzesgrundlage
Den Erwerb einer Immobilie durch ausländische Personen regelt das polnische „Gesetz über den Erwerb der Immobilien durch Ausländer“ aus dem Jahr 1920. Dieses Gesetz wurde im Rahmen des EU-Beitritts Polens den Bedürfnissen der EU-Bürger angepasst. 
 
Grundsatz: Zustimmung des zuständigen Ministers
Als Grundsatz gilt zunächst: Ein Erwerb einer Immobilie in Polen durch einen Ausländer bedarf der Zustimmung des zuständigen Ministers. Als Ausländer im Sinne des Gesetzes wird jeder angesehen, der nicht die polnische Staatsangehörigkeit besitzt. Bei juristischen Personen wird auf den Auslandssitz abgestellt. Polnische Mehrstaater gelten nicht als Ausländer. Ehemalige Polen, die nicht mehr im Besitz der polnischen Staatsangehörigkeit sind, gelten ebenfalls als Ausländer (wie z.B. Vertriebene oder Spät-/Aussiedler). 
Der Erwerb der Immobilie kann entweder durch Rechtsgeschäft (wie etwa Kauf oder Schenkung) oder in Folge erbrechtlicher Verfügungen erfolgen. 
 
Erwerb ohne Zustimmung
Zustimmungsfrei ist der Erwerb von Wohnungen und Garagen. 
Ausländer, die seit fünf Jahren in Polen einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus besitzen, können ebenso zustimmungsfrei Immobilien erwerben. Ausländische Ehegatten, die bereits seit zwei Jahren eine rechtmäßige Aufenthaltsgenehmigung besitzen sind genauso von der Zustimmung befreit, sofern das zu erwerbende Grundstück als Teil des gemeinschaftlichen ehelichen Vermögens anzusehen ist. 
Auch der Erwerb im Wege der gesetzlichen Erbfolge bedarf keiner Zustimmung. Insofern sind die Erwerbsvorgänge (z.B. Schenkung) zwischen den gesetzlichen Erben und dem Erblasser ohne die erforderliche Ministerzustimmung wirksam. Diese Konstellation spielt vor allem für die ausländischen Enkel eine wichtige Rolle, denen ein Grundstück von ihren Großeltern noch zu Lebenszeiten zustimmungsfrei übertragen wird. Ein ausländischer Testamenterbnachfolger, der kein gesetzlicher Erbe ist, erwirbt ein ihm per Testament erlassenes Grundstück nicht zustimmungsfrei. In dem Fall muss er innerhalb von zwei Jahren seit der Nachlasseröffnung einen entsprechenden Antrag an den Minister stellen. Wird die Genehmigung nicht erteilt, treten die gesetzlichen Erben automatisch an die Stelle des Testamenterbnachfolgers. 
Wenn ein Verein, eine Stiftung oder eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Polen ein Grundstück erwerben möchte, kann sie den Kauf nur dann zustimmungsfrei abwickeln, wenn dieser mit den betrieblichen Aktivitäten zusammenhängt, d.h. wenn der Erwerb der Erfüllung der Satzungsbestimmungen dient, wie etwa der Erwerb eines Grundstücks einer neuen Produktionshalle. Diese Befreiung gilt aber nur für unbebaute Grundstücke, deren Gesamtfläche in städtischen Gebieten nicht die Größe von 0,4 h übersteigen darf. 
 
Immobilien, die im Grenzgebiet liegen und eine Gesamtfläche von über 1 h aufweisen, sind immer zustimmungspflichtig. Das gleiche gilt für Agrargrundstücke.
 
Erwerb durch EU- Bürger
Für EU-Bürger gilt: Dieser Personenkreis bedarf keiner Zustimmung, sofern die Immobilie nicht im Landwirtschaft- und Waldgrundbereich belegen ist. 
Seit dem 1. Mai 2009 ist die Zustimmungspflicht für den Erwerb des sog. zweiten Wohnhauses weggefallen. 
Für den Fall, dass dennoch ein Erwerb im Landwirtschafts- und Waldgrundstücksbereich begehrt wird, ist auch weiterhin die Zustimmung des Ministers erforderlich, und zwar bis zum 1. Mai 2016. Eine Ausnahme gilt dennoch für bestimmte „Wojwodschaften“. Voraussetzungen dafür sind, dass der Ausländer die betroffene Immobilie seit drei bzw. sieben Jahren gepachtet hat (je nach betroffener „Wojwodschaft“), dort Landwirtschaft betreibt und einen rechtmäßigen Aufenthalt besitzt. 
 
Zustimmung des Ministers und Nachweis der Bindung zur Polnischen Republik
Für alle weiteren Fälle muss der Ausländer seine „hinreichende Bindung“ zu Polen nachweisen. Außerdem darf der Erwerb der Immobilie nicht die Staatssicherheit, die allgemeine Ordnung oder Sicherheit gefährden, sowie sozialen und gesellschaftlichen Interessen entgegenstehen. 
Als hinreichende Bindung im Sinne des Gesetzes kommen verwandtschaftliche (abstammungsmäßige), sowie wirtschaftliche Beziehungen in Betracht. Anerkannt sind u.a. folgende Fallgruppen: Ehe mit einem polnischen Staatsbürger, Aufenthaltsgenehmigung für einen EU-Residenten, Mitgliedschaft in einem Führungsorgan einer Handelsgesellschaft mit Sitz in Polen, Gewerbetreibende auf dem Gebiet der Polnischen Republik. Dieser Katalog ist nicht abschließend. Im Einzelfall können weitere Tatsachen bzw. Umstände vorgetragen werden, um die hinreichende Bindung glaubhaft zu machen.
 
Bringen Sie Geduld mit
Das Zustimmungsverfahren sollte zwar nicht länger als 2 Monate dauern, in der Praxis wartet man durchschnittlich 3 Monate. Für Verzögerungen sorgen zum einen unvollständige Unterlagen und zum anderen einzuholenden Stellungnahmen vom Sicherheits- bzw. Agrarminister. Die erteilte Zustimmung gilt für 2 Jahre. Es besteht die Möglichkeit zur Beantragung der sog. „Promesse“, einer verbindlichen Zusage zur Erteilung einer Zustimmung. Die Beantragung einer Promesse ist wichtig, wenn der Ausländer z.B. ein Grundstück im Vergabeverfahren erwerben möchte. Die Zusage regelt dann die einzelnen Voraussetzungen des späteren Erwerbs und sichert damit den begehrten Erwerb ab.
 
Alle ausländischen Grundstückserwerbe werden seitens des Innenministeriums überwacht und sind von Notaren und den Grundbuchämtern der zuständigen Stelle anzumelden. Ein Verstoß gegen diese Voraussetzungen führt zur gesetzlichen Nichtigkeit des Geschäfts mit schwerwiegenden Folgen für den Käufer.
 
Wenn Sie einen Immobilienerwerb in Polen beabsichtigen und über weitere Erwerbsvoraussetzungen einschließlich der anfallenden Kosten erfahren möchten, rufen Sie uns an! Gerne übernehmen wir für Sie die rechtliche Abwicklung in Polen.
 
Show what you know!
Artikel schreiben

Artikel zu passenden Rechtsgebieten

Artikel zu Deutsch-Polnischer Rechtsverkehr

Das polnische Gesellschaftsrecht, Gesellschaftsformen

17.03.2010

Rehtsberatung zum polnischen Gesellschaftsrecht - Wirtschaftsrecht - S&K Rechtsanwälte in Berlin-Mitte

Investitionsführer Polen - SONDERWIRTSCHAFTSZONE Pommern -

06.07.2007

Rechtsberatung zum polnischen Recht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Investitionsführer Polen

26.04.2007

Sonderwirtschaftszonen in Polen - S&K Rechtsanwälte in Berlin-Mitte