OLG Jena: Keine Zuständigkeit des Familienrichters aus Weimar zur Aufhebung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen

originally published: 24/06/2021 12:08, updated: 19/10/2022 17:16
OLG Jena: Keine Zuständigkeit des Familienrichters aus Weimar zur Aufhebung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen
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Das Oberlandesgericht Jena hat den Beschluss eines Familienrichters aus Weimar, der die Befolgung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen verbot, aufgehoben.

Nach der vielfach kritisierten und umstrittenen Entscheidung eines Familienrichters aus Weimar, der im Wege einer einstweiligen Anordnung Maßnahmen zum Schutz vor Ausbreitung des Coronavirus für Schüler:innen aufhob, entschied das Oberlandesgericht Jena mit Beschluss vom 14.05.2021 (1 UF 136/21), dass der Familienrichter außerhalb seiner Kompetenzen gehandelt hat. Der streitgegenständliche Beschluss des Amtsgerichts Weimar wurde aufgehoben, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt.

Dirk Steifler - Streifler&Kollegen - Rechtsanwälte Berlin

 

Was ist passiert?

Eine Mutter von zwei Söhnen hat gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Antrag an das Familiengericht verfasst und dieses dazu veranlasst zum Schutz ihrer Söhne und aller beteiligten Kinder, ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung einzuleiten. Die Corona-Schutzmaßnahmen, die das Tragen eines Nasen-Mund-Schutze, die Durchführung von Schnelltests sowie die Wahrung der Abstandsregelungen in Schulen vorsehen, gefährden das körperliche, seelische und geistige Wohl der Schüler, so das Ehepaar.

Die Eltern beantragen die Überprüfung der Dritten Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmerung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2, gültig ab 15.12.2020.

Ein Familienrichter des Amtsgerichts (AG) Weimar (Beschl. v. 20.04.21, Az. 8 E 416/20) stimmte dem zu und hob im Eilverfahren die Pflicht zu Befolgung dieser Maßnahmen im Wege einer einstweiligen Anordnung für alle Schüler, die die Schule der Kinder des Ehepaares besuchen, auf und verbot die Anordnung dieser Maßnahmen durch Lehrer, Schulleiter und deren Vorgesetzte.

Familienrichter: Angelegenheit betrifft Kindeswohlgefährdung

Der Familienrichter aus Weimar stützte seine Entscheidung auf § 1666 Abs. 4 BGB. Da § 1666 Abs. 4 BGB ihn, als Familienrichter, in Angelegenheiten der Personensorge berechtige, Maßnahmen mit Wirkung auch gegen Dritte zu treffen, sei die einstweilige Anordnung rechtmäßig. Vielmehr betreffe die Angelegenheit die Kindeswohlgefährdung, wofür ausschließlich das Familiengericht zuständig sei, so der Familienrichter. In seinem Beschluss erwähnte der Richter des AG Weimar drei Gutachten, welche die Ineffizienz von Corona-Schutzmaßnahmen belegen sollten.

VG Weimar: Maßnahmen sind verhältnismäßig

Nachdem diese Entscheidung in der Öffentlichkeit vielfach kritisiert wurde, bestätigte das Verwaltungsgericht (VG) Weimar  (8 E 416/21d) die Rechtmäßigkeit, der beanstandenden Maßnahmen. Nach Ansicht des VG Weimar seinen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Infektionsgesetztes zu erkennen. Die Entscheidung des AG sei mangels Befugnis zur Anordnungen gegenüber Behörden und Vertretern von Behörden, ein „ausbrechender Rechtsakt“ – eine Rechtsgrundlage für das Handels des Amtsgerichts sei demnach nicht ersichtlich.

Dennoch konnte das VG Weimar mangels Zuständigkeit den Beschluss nicht aufheben, so dass eine Entscheidung des hierfür zuständigen Oberlandesgericht Jena mit Spannung erwartet wurde.

„Der angefochtene Beschluss sei offenkundig gesetzeswidrig und mit dem Bayrischen Verfassungsgerichtshof (Beschluss vom 16.4.2021, 10 CS 21.1113) sowie dem Verwaltungsgericht Weimar (Beschluss vom 20.4.2021, 8 E 416/21) als ausbrechender Rechtsakt einzustufen.“

OLG Jena: Beschluss des AG Weimar „offenkundig gesetzeswidrig“

Schließlich nur wenige Wochen später – auf die Beschwerde des Freistaates Thüringen vom 12.04.2021 hin - hob das Oberlandesgericht Jena den Beschluss des Familienrichters auf, erklärte den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und stellte das Verfahren ein. Wie das VG Weimar zuvor, identifizierte auch das OLG Jena die Aufhebung der Maßnahmen durch das AG Weimar als einen ausbrechenden Rechtsakt und verwies in seiner Entscheidung auf die Ausführungen der Richter des VG Weimar. So seien für die Überprüfung und Suspendierung von Maßnahmen des Staates, ausschließlich die Verwaltungsgerichte zuständig (vgl. § 40 VwGO). Zur Zuständigkeit des AG Weimar führte das OLG Jena weiterhin aus, dass die von den Familienrichter angewandte Norm des § 1666 Abs. 4 BGB zudem nicht einschlägig sei, da diese einen Anspruch des Kindes auf Schutzdurch den Staat und nicht vor den Staat statuiere. Insofern können, nach Ansicht des OLG Jena, weder Behörden noch Behördenvertreter „Dritte“ im Sinne dieser Vorschrift sein. Mit dem Beschluss zur Aufhebung der Maßnahamen zur Bekämpfung des Coronavirus habe das AG Weimar unrechtmäßig in das Elternrecht aller am Verfahren nicht beteiligten Schüler:innen eingegriffen und die Gesundheit der betroffenen Schüler:innen gefährdet.

Die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wurde aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung des Falles zugelassen.

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der
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published on 24/06/2021 12:49

Kurz nachdem ein Familienrichter aus Weimar Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen aufhob, erklärte das Verwaltungsgericht Weimar (VG Weimar) diese Schutzmaßnahmen für rechtmäßig. Streifler&Kollegen

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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Tenor: 

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe: 

Der Antragsteller zu 1. besucht die 8. Klasse einer Regelschule und der Antragsteller zu 2. besucht die 3. Klasse derselben Regelschule. Die Antragsteller zu 3. und 4. sind die sorgeberechtigten Eltern. Die Antragsteller wenden sich gegen eine aufgrund einer Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 4 VwGO sofort vollziehbare Allgemeinverfügung des Antragsgegners und beantragen, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 9. April 2021 wiederherzustellen.
 
Die von den Antragstellern in ihrem Schriftsatz vom 25. März 2021 als Streitgegenstand benannte Allgemeinverfügung vom 12. März 2021 (dort Ziffer 4.g.) ist bereits am 31. März 2021 außer Kraft getreten und wurde durch Allgemeinverfügung vom 31. März 2021 ersetzt, die aber wiederum durch Allgemeinverfügung vom 9. April 2021 außer Kraft gesetzt wurde. Nunmehr gilt - befristet bis zum 24. April 2021 - die Allgemeinverfügung vom 9. April 2021, in der in Ziffer 7.7. die ursprünglich angegriffenen Einzelregelungen weiter enthalten sind. Das Gericht hat deshalb wie auch von den Antragstellern beantragt entsprechend § 88VwGO die Anträge neu gefasst. In Streit stehen folgende Regelungen:
 
„Nach § 38 Abs. 5 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO werden Schüler ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr und die Lehrkräfte staatlicher Schulen verpflichtet, innerhalb des Schulgebäudes sowie im Unterricht eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO zu tragen. Für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 reicht die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung nach § 6 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO aus. Schüler ab der Klassenstufe 7 haben eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Punkt 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO zu tragen. Die Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler gilt nicht für den Sportunterricht. In regelmäßigen Abständen ist eine Pause vom Tragen der qualifizierten Gesichtsmaske beziehungsweise Mund-NasenBedeckung sicherzustellen, die im Freien oder während der Lüftungspause erfolgen soll. Bei der Essenseinnahme entfällt die Verpflichtung, wobei die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,50 m sicherzustellen ist. Über weitere Ausnahmen von der Verpflichtung im Einzelfall entscheidet die Schulleitung nach pflichtgemäßem Ermessen.“
 
Der Antrag ist hinsichtlich der minderjährigen Antragsteller zu 1. und 2., die gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB durch ihre Eltern vertreten werden, nur teilweise zulässig. Dem Antragsteller zu 1. fehlt die Beschwer hinsichtlich Satz 2 der Allgemeinverfügung, da dieser Regelungsteil nur für jüngere Schüler gilt. Dem Antragsteller zu 2. entfällt die Beschwer bei dem für ältere Schüler geltenden Satz 3. Inwieweit eine eigene Beschwer der Antragstellerin zu 3. und 4. als Eltern vorliegt, kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls ist der Antrag insgesamt nicht begründet.
 
1. Vorausgeschickt sei, dass für die gerichtliche Überprüfung der Allgemeinverfügung ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (§ 40 Abs. 1 VwGO). Der die Antragsteller zu 1. und 2. betreffende Beschluss des Amtsgerichts Weimar vom 8. April 2021 (Az. 9 F 148/21) steht dem nicht entgegen. Der Beschluss ist als ausbrechender Rechtsakt (VGH München, Beschluss vom 16.04.2021, 10 CS 21.1113) offensichtlich rechtswidrig.
 
Insbesondere fehlt dem Familiengericht eine Rechtsgrundlage für seine Entscheidung. In dem Beschluss werden im Weg der einstweiligen Anordnung einzelne Gebote gegenüber „den Leitungen und Lehrern […]sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen“ ausgesprochen. Dem Familiengericht steht aber eine Befugnis, Anordnungen gegenüber Behörden und Vertretern von Behörden zu treffen, nicht zu. Für eine solche Anordnungskompetenz fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage (Lugani in Münchner Kommentar BGB, 8. Auflage 2020, Rdnr. 181 zu § 1666). § 1666 BGB scheidet als Grundlage aus, denn bei den in § 1666 Abs. 4 BGB genannten Dritten handelt es sich um private Personen, nicht um Träger öffentlicher Gewalt. Dies ist für das Verhältnis zwischen Familiengerichten und den Behörden der Kinder- und Jugendhilfe anerkannt (z. B. OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.11.2007, 4 WF 240/07, Juris-Rdnr. 2; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 29.07.2015, 1 BvR 1468/15, Juris-Rdnr. 5; Lugani, a.a.O., Rdnr. 180 ff zu § 1666; Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Auflage 2019, Rdnr. 16 vor §§ 50-52). Gegenüber den Schulbehörden gilt nichts anderes. Im Rahmen des schulrechtlichen Sonderstatusverhältnisses sind die zuständigen Behörden an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns auch hinsichtlich von Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Schulen obliegt allein den Verwaltungsgerichten (so auch die aktuelle familiengerichtliche Rechtsprechung, z. B. zuletzt - unter ausdrücklicher Ablehnung der Auffassung des AG Weimar - AG Waldshut-Tiengen, Beschluss vom 13.04.2021, 306 Ar 6/21, Juris-Rdnr. 8).
 
Weiterer Ausführungen zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Amtsgerichts Weimar bedarf es an dieser Stelle nicht. Sie sind dem Thüringer Oberlandesgericht als Rechtsmittelinstanz vorbehalten.
 
2. Grundsätzlich gilt, dass das Gericht eine hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht bestehende aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Allgemeinverfügung des Antragsgegners gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen kann, wenn bei der Abwägung durch das Gericht das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs hinter das individuelle Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zurücktritt, weil die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs bis zur Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller unter Berücksichtigung ihrer Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Einer Abwägung zwischen Vollzugs- und Abwendungsinteresse bedarf es regelmäßig nicht, wenn die angegriffene Entscheidung rechtswidrig ist, und hierdurch die Rechte des Antragstellers verletzt werden. Bei einer Rechtswidrigkeit kann allein wegen des Gebots der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns kein Vollzugsinteresse bestehen. Umgekehrt wird die Anordnung der aufschiebenden Wirkung regelmäßig unterbleiben, wenn der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist.
 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse am Vollzug der streitgegenständlichen infektionsschutzrechtlichen Maßnahme das private Suspensivinteresse der Antragsteller. Denn das Gericht ist der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Regelungen in Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung rechtmäßig sind.
 
3. Formelle Bedenken bestehen nicht. Insbesondere ist der Antragsgegner zuständig für den Erlass der Allgemeinverfügung. Gemäß § 2 Abs. 2 Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb vom 17. März 2021 (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) ist der Antragsgegner befugt, zeitlich befristete landesweite Ge- und Verbote mit Ausnahme von Schließungen anordnen, um die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen und gleichzeitig den Betrieb von Schulen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) aufrecht zu erhalten.
 
Diese Verwaltungsaktsbefugnis ist Teil eines differenzierten Handlungskonzepts, das das Infektionsschutzgesetz (IfSG) zur Pandemiebekämpfung ermöglicht. Grundsätzlich trifft die untere Gesundheitsbehörde gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nach Maßgabe dieses Gesetzes die notwendigen Einzelmaßnahmen durch Verwaltungsakt. Hierzu zählt gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 2 IfSG auch die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Daneben enthält § 32 IfSG eine Verordnungsermächtigung für die Landesregierung, die weitere abstraktgenerelle Regelungen treffen kann. Diese Verordnungsermächtigung wurde nach Maßgabe des § 32Satz 2 IfSG einerseits auf das für das Gesundheitswesen und Soziales zuständige Ministerium (§ 7 Abs. 1 ThürIfSGZustVO) und anderseits auf das für Bildung zuständige Ministerium (§ 7 Abs. 2 ThürIfSGZustVO), den Antragsgegner im vorliegenden Verfahren, übertragen. Regelungen zum Schulbetrieb hat der Antragsgegner durch die ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO getroffen.
 
Sowohl das IfSG als auch die hierauf beruhende ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO sind rechtmäßig. Hierzu hat bereits das Thüringer Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 17. März 2021 (3 EN 93/21, Juris) entschieden, dass es Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des IfSG nicht erkennen kann (a.a.O., Juris-Rdnr. 93 ff). Insbesondere liegt die auch im vorliegenden Verfahren von den Antragstellern behauptete Verletzung des Zitiergebotes (Antragsschriftsatz S. 84 ff) nicht vor (a.a.O., Juris-Rdnr. 100). Ebenso wenig bestehen formelle Bedenken hinsichtlich der ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO (a.a.O., Juris-Rdnr. 101 ff). Die Verordnung ist ordnungsgemäß bekannt gemacht und auch hier ist eine Verletzung des Zitiergebotes nicht festzustellen. Im übrigen wird auf die vom Thüringer Oberverwaltungsgericht hierzu gegebene ausführliche Begründung, die sich das Gericht zu eigen macht, verwiesen.
 
4. Die Rechtsgrundlage der hier streitigen Regelungen in Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung, die den Schulbetrieb betreffen, liegt in § 38 Abs. 5 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSpVO in Verbindung mit § 2 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO. Nach dieser Vorschrift kann der Antragsgegner die Pflicht zum Verwenden einer Mund-Nasen-Bedeckung beziehungsweise einer qualifizierten Gesichtsmaske für alle Schüler und Lehrkräfte auf den Unterricht ausweiten, um die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen und gleichzeitig den Betrieb der Schulen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) weitestmöglich aufrechtzuerhalten.
 
4.1. Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung hält sich in diesem durch die Rechtsgrundlage gesetzten Rahmen. Satz 1 regelt die Grundpflicht zum Tragen der qualifizierten Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO für alle Schüler und Lehrkräfte. Für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 schränkt Satz 2 diese Regelung wieder ein und lässt die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung nach § 6 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfSMaßnVO ausreichen (also selbst genähte oder selbst hergestellte Stoffmasken, Schals, Tücher, Hauben usw.). Für Schüler ab der Klassenstufe 7 lässt Satz 3 eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO ausreichen (also medizinische Gesichtsmasken, die sogenannten Operationsmasken). Eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO) besteht für Schüler generell nicht. Im übrigen wiederholen die Sätze 4 und 5 in Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung die bereits nach § 38 Abs. 5 Sätze 2 und 3 ThürSARS-CoV-2- KiJuSSp-VO geltende Ausnahme für den Sportunterricht und die Pausenregelung. Satz 6 regelt eine weitere Ausnahme für die Essenseinnahme. Satz 7 wiederholt § 38 Abs. 5 Satz 4 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO.
 
4.2. Zu der Wirkungsweise von Mund-Nasen-Bedeckungen und Gesichtsmasken greift das Gericht mangels einer eigenen Sachkunde auf die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zurück. Für die Entscheidung, welche Erkenntnisse heranzuziehen sind, gelten folgende Grundsätze.
 
In erster Linie folgt das Gericht - ebenso wie die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung insgesamt und auch das Thüringer Oberverwaltungsgericht (a.a.O., Juris-Rdnr. 112) - den Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI). Dies entspricht der zentralen Stellung dieses Instituts, die ihm der Gesetzgeber nach § 4 IfSG bei der Einschätzung des Infektionsgeschehens hinsichtlich übertragbarer Krankheiten zuerkannt hat. Diese herausgehobene Stellung hat auch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt (Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021, 18/20, Juris-Rdnr. 435; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 9. Februar 2021, Vf. 6 VII 20, Juris-Rdnr. 96). Das Robert KochInstitut erfasst kontinuierlich die aktuelle Lage, bewertet alle Informationen und schätzt das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland ein. Dabei werden in einem transparenten Verfahren die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse umfassend berücksichtigt und entsprechende Daten umfänglich ausgewertet und zu Grunde gelegt (vgl. zu Einzelheiten: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewer tung_Grundlage.html).
18Außerdem nimmt das Gericht die Auffassung von wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Kommissionen in den Blick, die aufgrund ihrer breiten Verankerung in den entsprechenden Fachgebieten ebenfalls in der Lage sind, unterschiedlichste Meinungen zusammenzuführen und zu bewerten. Das Gericht geht davon aus, dass die Auffassungen, die von einer Mehrzahl von Sachkundigen geteilt werden, das notwendige Maß an Plausibilität und sachlicher Richtigkeit für sich haben.
 
Das Gericht übersieht dabei nicht, dass es außerdem eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Einzelmeinungen gibt. Diese Vielfalt ist Ausdruck einer laufenden wissenschaftlichen Diskussion, die angesichts der Ungewissheiten und dynamischen Entwicklungen in der wissenschaftlichen Forschung zum neuartigen Coronavirus notwendig ist und dem Umstand Rechnung trägt, dass die Bewertungen ständig kritisch zu hinterfragen sind und fortdauernder Überprüfung bedürfen. Eine solche Meinungsvielfalt stellt aber die Bedeutung insbesondere der Einschätzungen des Robert Koch-Instituts nicht in Frage.
20Demgegenüber stellen die Antragsteller im vorliegenden Verfahren gerade solche Einzelmeinungen in den Vordergrund ihrer Antragsbegründung, die nicht die wohlbegründete Mehrheitsmeinung der wissenschaftlichen Diskussion widerspiegeln. Diese Meinungen nimmt das Gericht zur Kenntnis, folgt ihnen aber nicht. Angemerkt sei, dass sich auch das Amtsgericht Weimar in dem erwähnten Beschluss vom 8. April 2021 auf solche Einzelmeinungen stützt, die das Amtsgericht durch die Bestellung bestimmter Personen als Gutachter bewusst ausgewählt hat. Dabei handelt es sich um Personen, die in der wissenschaftlichen Diskussion gerade keinen Rückhalt haben (vgl. z. B. zu dem auch von den Antragstellern zitierten Gutachter Kuhbandner: https://www.deutschlandfunk.de/coronapandemiewissenschaftlerdiecoronaleugnen.680.de.html?dram:article_id=493048).
 
Es sei auch betont, dass es die Aufgabe der zuständigen Behörden ist, die in der öffentlichen Diskussion vertretenen Auffassungen im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums zu gewichten und eine Entscheidung zu treffen (Bayerischer VerfGH, a.a.O., Juris-Rdnr. 75). Dies gilt auch für die Verwaltungsgerichte im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung. Dass dabei nicht allen in der Öffentlichkeit vertretenen Einschätzungen entsprochen werden kann, liegt in der Natur der Sache.
 
Dem entspricht die Verfahrensweise des Antragsgegners. In seinen Schriftsatz vom 14. April 2021 führt er aus, dass er im wesentlichen auf Empfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und dort des Koordinierungskreises für Biologische Arbeitsstoffe (KOBAS) zurückgreife. Bei dem KOBAS handelt es sich gerade um ein pluralistisch zusammengesetztes Gremium aus Fachleuten unterschiedlicher Richtungen, das deshalb eine breit fundierte Kompetenz besitzt (https://www.dguv.de/ de/praevention/themenaz/biologisch/kobas/index.jsp). Außerdem zieht der Antragsgegner die Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. heran, die sich satzungsgemäß den wissenschaftlichen und fachlichen Belangen der Kinder- und Jugendmedizin widmet (https://www.dgkj.de/fachinformationenderkinder- undjugendmedizinzumcoronavirus). Auf diese beiden sachkundigen Stellen stützt sich im übrigen auch das Gericht.
 
4.3. Die hier streitgegenständlichen Regelungen dienen dazu, entsprechend der Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 einzudämmen.
 
Bei der durch SARS-CoV-2 ausgelösten Coronaviruserkrankung COVID 19 handelt es sich um eine im ganzen Bundesgebiet einschließlich Thüringen verbreitete übertragbare Krankheit. Die vom Deutschen Bundestag zuletzt mit Beschluss vom 4. März 2021 festgestellte epidemische Lage von nationaler Tragweite (§ 6 Abs. 1 Satz 1 IfSG) erlebt nach einer über den Sommer 2020 hinweg eingetretenen Verringerung der Zahl der Infektionsfälle seit Oktober 2020 eine erhebliche Steigerung nicht nur der Zahl der Neuinfektionen, sondern auch der intensivmedizinisch notwendigen Behandlungen und Todesfälle (vgl. zuletzt RKI-Risikobewertung vom 31.03.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfA Z/N/ Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html). Es drohen schwere Krankheitsverläufe, deren Wahrscheinlichkeit mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zunimmt. Ohne wirksame Gegenmaßnahmen besteht die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens mit der Folge, dass aus Kapazitätsgründen nicht mehr sämtliche Patienten eine notwendige intensivmedizinische Behandlung erhalten können.
 
Zum aktuellen Stand teilt das RKI in dem am Entscheidungstag vorliegenden Lagebericht vom 19. April 2021 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ Situationsberichte/Gesamt.html) mit:
 
Die 7-Tages-Inzidenz für ganz Deutschland steigt seit Mitte Februar 2021 stark an und liegt deutlich über 100/100.000 Einwohner. Das Geschehen ist nicht regional begrenzt, die Anzahl der Landkreise mit einer 7-Tages-Inzidenz über 100/100.000 Einwohner nimmt seit Mitte Februar 2021 deutlich zu. Der 7-Tage-R-Wert liegt über 1. Etwa seit Mitte März hat sich der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt. Nach einem vorübergehenden Rückgang der Fallzahlen über die Osterfeiertage setzt sich der starke Anstieg der Fallzahlen fort. Bei der Analyse der Fallzahlen nach Meldewochen ist ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen und der 7-Tage-Inzidenz in KW 15 im Vergleich zu KW 14 festzustellen. [ ] Die COVID-19-Fallzahlen stiegen in den letzten Wochen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch in jüngeren Altersgruppen. [ ] COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen momentan insbesondere private Haushalte, zunehmend auch Kitas, Schulen und das berufliche Umfeld, während die Anzahl der Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen abgenommen hat. Um einen möglichst kontinuierlichen Betrieb von Kitas und Schulen gewährleisten zu können, erfordert die aktuelle Situation den Einsatz aller organisatorischer und individueller Maßnahmen zur Infektionsprävention (s. u. a. Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen - Lebende Leitlinie). Darüber hinaus muss der Eintrag von SARS-CoV-2 in die Einrichtungen möglichst verhindert werden, d. h. Familien und Beschäftigte sollten ihr Infektionsrisiko außerhalb der Kita oder Schule entsprechend der Empfehlungen des RKI (AHA + L) minimieren und bei Zeichen einer Erkrankung 5-7 Tage zuhause bleiben. Falls es zu Erkrankungen in einer oder mehreren Gruppen kommt, sollte eine frühzeitige reaktive Schließung der Einrichtung aufgrund des hohen Ausbreitungspotenzials der neuen SARS-CoV-2 Varianten erwogen werden, um eine weitere Ausbreitung innerhalb der Kita und in die betroffenen Familien zu verhindern.
 
Gerade in Thüringen findet aktuell ein besonders hohes Infektionsgeschehen statt. Nach den Angaben des Robert Koch-Instituts am Entscheidungstag (COVID-19-Dashborad, https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4) betrug die 7-Tages-Inzidenz am Entscheidungstag für Thüringen 246,3 Infektionsfälle in 7 Tagen auf 100.000 Einwohner. Mit diesem Wert führt Thüringen wie schon seit einiger Zeit die Statistik der Infektionsfälle sehr deutlich an. Nach dem genannten Lagebericht steigt auch die Zahl der intensivmedizinisch behandelten COVID-19-Patienten seit Anfang März wieder kontinuierlich an. Die Reproduktionszahl R, die die Anzahl der Personen bezeichnet, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden, beträgt deutschlandweit im 7-Tage-R-Wert 1,06 und zeigt damit ein sich weiter steigerndes Infektionsgeschehen an.
 
Insgesamt schätzt das RKI in dem genannten Lagebericht aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen und des aktuell beschleunigten Wiederanstiegs der Inzidenz die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung mit zahlreichen Ausbrüchen zunehmend auch in Schulen sowie dem beruflichen Umfeld erfordere die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten. Dies sei vor dem Hintergrund der raschen Ausbreitung leichter übertragbarer besorgniserregender Varianten von entscheidender Bedeutung, um die Zahl der neu Infizierten deutlich zu senken, damit auch Risikogruppen zuverlässig geschützt werden können.
 
5. Die zulässigen Maßnahmen können auch gegen die Antragsteller als Nichtstörer gerichtet werden. Nach dem allgemeinen Polizeirecht, das auch im Infektionsschutzrecht anwendbar ist, sind Maßnahmen gegen Nichtstörer nur zulässig, wenn sie zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr notwendig sind (§ 13 OBG). Dies ist hier der Fall. Dabei ist der Grundsatz zu berücksichtigen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Es ist ein am Gefährdungsgrad der jeweiligen Krankheit orientierter flexibler Maßstab heranzuziehen, der im Fall von COVID-19 auch die Anordnung von Maßnahmen gegenüber Nichtstörern erlaubt.
 
6. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Antragsgegner beim Erlass der Allgemeinverfügung das in § 38 Abs. 5 Satz 1 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO eröffnete Ermessen gemäß § 40 ThürVwVfG richtig ausgeübt.
 
6.1. Die hier angegriffenen Regelungen sind insbesondere notwendig. Die Regelungen dienen der Kontaktbeschränkung innerhalb der Schulen und damit der Unterbrechung der Übertragungswege des Virus SARS-CoV-2. Dazu führt das RKI aus (https: …www.rki. de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html):
 
Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Je nach Partikelgröße bzw. den physikalischen Eigenschaften unterscheidet man zwischen den größeren Tröpfchen und kleineren Aerosolen, wobei der Übergang zwischen beiden Formen fließend ist. Während insbesondere größere respiratorische Partikel schnell zu Boden sinken, können Aerosole auch über längere Zeit in der Luft schweben und sich in geschlossenen Räumen verteilen. Ob und wie schnell die Tröpfchen und Aerosole absinken oder in der Luft schweben bleiben, ist neben der Größe der Partikel von einer Vielzahl weiterer Faktoren, u. a. der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit, abhängig. Beim Atmen und Sprechen, aber noch stärker beim Schreien und Singen, werden Aerosole ausgeschieden; beim Husten und Niesen entstehen zusätzlich deutlich vermehrt größere Partikel. Neben der steigenden Lautstärke können auch individuelle Unterschiede zu einer verstärkten Freisetzung beitragen. Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber infektiösen Partikeln jeglicher Größe im Umkreis von 1-2 m um eine infizierte Person herum erhöht. Eine Maske (Mund-Nasen-Schutz oder Mund-Nasen-Bedeckung) kann das Risiko einer Übertragung durch Partikel jeglicher Größe im unmittelbaren Umfeld um eine infizierte Person reduzieren.
 
Das Übertragungsrisiko ist also dort am höchsten, wo Personen im engen Umkreis und insbesondere im Gespräch zusammen sind. Dies gilt auch und insbesondere für Schulen (st. Rspr. des Gerichts, zuletzt Beschluss vom 06.04.2021, 8 E 385/21 We; einhellige Auffassung der Thüringer Verwaltungsgerichte, vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 25.11.2020, 3 EN 746/20; VG Gera, Beschluss vom 19.03.2021, 3 E 320/21 Ge, und VG Meiningen, Beschluss vom 24.03.2021, 2 E 425/21 Me). Nach den dem Gericht vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen sind Kinder jeden Alters empfänglich für das Virus SARS-CoV-2 und können es übertragen (Aktualisierte Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie [DGPI] und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene [DGKH] zur Rolle von Schulen und Kindertagesstätten in der COVID-19 Pandemie vom 18.01.2021, https://dgpi.de/aktualisiertestellungnahmederdgpiundderdgkhzurrollevonschulenundkitasindercovid-19-pandemiestand-18 - 01-2021/). Zwar spricht der epidemiologische Kenntnisstand dafür, dass Kinder weniger anfällig für Infektionen sind und sich seltener anstecken (Merckx u.a., Übertragung von SARS-CoV-2 durch Kinder, Dtsch. Ärztebl. 2020, 553, https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s& wo=& typ=16& aid=214816& autor=Meckx % 2C+J). Ob und inwieweit diese Auffassung durch britische Studien in Frage gestellt wird, die eine größere Ansteckungsgefahr bei Kindern durch die neuen Virusmutanten vermuten (vgl. FAZ vom 24.03.2021, https://www.faz.net/aktuell/wissen/coronaneuinfektionensindkinderdieneuerisikogruppe-17260978.html), kann hier nicht geklärt werden. Unstreitig ist jedenfalls, dass Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen am Infektionsgeschehen teilnehmen.
 
6.2. Bei der Auswahl der zu ergreifenden Maßnahme durfte der Antragsgegner das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung für Grundschüler (hier der Antragsteller zu 2.) und der medizinischen Gesichtsmaske für Schüler an der Klassenstufe 7 (hier der Antragsteller zu 1.) anordnen. Der Antragsgegner hält sich mit seiner Entscheidung im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens. Diese vom Antragsgegner gewählte Handlungsalternative ist vor dem Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnis vertretbar und liegt deshalb innerhalb seines Einschätzungsspielraums (vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 25.11. 2020, 3 EN 746/20, Juris-Rdnr. 53).
 
Die Mund-Nasen-Bedeckung ist nach der wissenschaftlichen Erkenntnis das zentrale Schutzinstrument. Im Bereich der Schulen wird in der Wissenschaft differenziert. Für Kinder ab 10 Jahren kann das Tragen uneingeschränkt vorgesehen werden und wird auch empfohlen (Aktualisierte Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie [DGPI] und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene [DGKH] zur Rolle von Schulen und Kindertagesstätten in der COVID-19 Pandemie vom 18.01.2021, S. 6, https://dgpi.de/aktualisiertestellungnahmederdgpiundderdgkhzurrollevonschulenundkitasindercovid-19-pandemiestand-18-01-2 021/; SARS-CoV-2-S. Schule der DGUV vom 25.09.2020 in der Fassung vom 03.02.2021, S. 12, https://dguv.de/coronabildung/schulen/index.jsp; Coronakinderstudien Co-Ki vom 22.02.2021, Monatsschrift Kinderheilkunde 2021, S. 353 [363], https://link.springer.com/ article/10.1007/s00112-021-01133-9). Für Kinder im Grundschulalter von 6 bis 10 Jahren wird der generelle Einsatz die Mund-Nasen-Bedeckung kritisch hinterfragt und es wird empfohlen, eine Bedeckung nur optional einzusetzen (so ausdrücklich die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie [DGPI], des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte [bvkj e.V.], der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin [DGKJ], der Gesellschaft für Pädiatrische Pulmologie [GPP] und der Süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin [SGKJ] vom 12.11.2020, https://dgpi.de/covid19-maskenstand-10-11-2020/). Diese Option soll bei einem hohen Infektionsgeschehen gewählt werden, um ein Aufrechterhalten des Schulbetriebs zu ermöglichen. Die S3-Leitlinie der Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARSCoV-2-Übertragung in Schulen vom Februar 2021 (federführend erstellt von der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie [DGEpi], der Deutschen Gesellschaft für Public Health [DGPH], der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin [DGKJ] und der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie [DGPI], https://www. awmf.org/leitlinien/de tail/ll/027-076.html) empfiehlt deshalb bei einem hohen Infektionsgeschehen ein Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung auch für Grundschüler und hält Ausnahmen für Grundschüler nur bei einem mäßigen Infektionsgeschehen für sachgerecht (dort S. 5). Auch die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zu Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie vom 12. Oktober 2020 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges _Coronavirus/nCoV.html) sehen erst bei höheren Inzidenzwerten (ab einer 7-Tages-Inzidenz von über 50 Infektionen je 100.000 Einwohnern) den uneingeschränkten Gebrauch von Mund-Nasen-Bedeckungen auch für Grundschüler vor (S. 10). Das Gericht übersieht nicht, dass gerade bei Kindern in der Altersgruppe von 7 bis 12 Jahren insbesondere psychische Reaktionen beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung berichtet werden (Kinder seien z. B. „häufiger gereizt als sonst“ oder „weniger fröhlich“, Coronakinderstudien Co-Ki, a.a.O. S. 362). Hier wiederum sind allerdings die Eltern und Lehrkräfte gefordert. Die Verfasser der Coronakinderstudien Co-Ki betonen in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass Eltern grundsätzlich keine negative Meinung zum Maskentragen bei Kindern entwickeln sollten. Viele Kinder und Jugendliche seien „dankbar, dass sie dank der AHA+L-Regeln die Schule weiterbesuchen dürfen und würden sich von den Erwachsenen eine positive Meinung zu den Masken wünschen“ (a.a.O., S. 363).
 
Durchgreifende gesundheitliche Bedenken, die gerade auch bei jüngeren Kindern im Grundschulalter generell gegen eine Tragepflicht sprechen könnten, kann das Gericht nicht erkennen (so auch OVG Münster, Beschluss vom 09.03.2021, 13 B 266/21.NE, Juris-Rdnr. 53 ff). Der bereits erwähnte KOBAS vertritt in seiner Stellungnahme vom 30. November 2020 (https://www. dguv.de/medien/inhalt/praevention/themen_a_z/biologi sch/kobas/stellungnahme_gefaehrdung_durch_co2_beim_tragenvonmasken_16_11_2 020.pdf) die Auffassung, dass durch eine Mund-Nasen-Bedeckung die Aufnahme von Sauerstoff oder die Abatmung von Kohlendioxid nicht in gesundheitsgefährdender Weise beeinträchtigt wird. Auch bei Kindern sei eine Gesundheitsgefahr auszuschließen. Soweit es bei einzelnen Schülerinnen und Schülern zu Beschwerden kommen sollte, ermöglicht die Regelung in Satz 7 von Ziffer 7.7. der Allgemeinverfügung einzelfallbezogene Ausnahmen von der Tragepflicht.
 
Nichts anderes ergibt sich im Licht der von den Antragstellern benannten Äußerungen (Antragsschriftsatz S. 109-125). Die Antragsteller führen etliche Einzelmeinungen an, darunter die auch vom Amtsgericht Weimar herangezogenen Personen. Das Gericht kann nicht erkennen, dass diesen Einzelmeinungen gegenüber den oben genannten Stellungnahmen insbesondere auch der wissenschaftlichen Fachgesellschaften ein durchgreifendes Gewicht zukommt. Beispielhaft sei auf die Nennung der Dissertation von Ulrike Butz (https://mediatum.ub.tum.de/602557) hingewiesen, mit der die Antragsteller „schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen und Schäden“ bei Kindern belegen möchten (Antragsschriftsatz S. 113). Allerdings hat Frau B. selbst am 4. Mai 2020 gegenüber der Deutschen Presseagentur ausdrücklich erklärt, dass man aus ihrer Arbeit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ableiten könne (https://dpafactchecking.c om/germany/ 200817-99-199126/).
 
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung bzw. der medizinischen Gesichtsmaske in Schulen bei einem hohen Infektionsgeschehen, wie es aktuell in Thüringen herrscht, eine sowohl geeignete als auch erforderliche Maßnahme darstellt.
 
Allerdings bedarf es beim Erlass von infektionsschutzrechtlichen Verwaltungsakten einer ständigen Überprüfung der Erforderlichkeit der Maßnahme. In diesem Sinn hat der Antragsgegner auch differenziert reagiert. Während die Allgemeinverfügung vom 12. März 2021 die Tragepflicht im Unterricht nur für Schüler an der Klassenstufe 7 vorgesehen hatte, wurde angesichts des erheblich steigenden Infektionsgeschehens erst durch die Allgemeinverfügung vom 31. März 2021 die Tragepflicht im Unterricht auch auf Grundschüler ausgeweitet. Durch die Befristung der aktuellen Allgemeinverfügung bis zum 24. April 2021 stellt der Antragsgegner auch weiterhin die laufende Überprüfung der Erforderlichkeit der Tragepflicht sicher.
 
6.3. Eine andere, weniger eingreifende Maßnahme mit derselben Schutzwirkung sieht das Gericht nicht. Insbesondere können die von den Antragstellern alternativ vorgeschlagenen Maßnahmen Lüften und Abstandhalten (Antragsschriftsatz S. 138 ff) allein das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung bzw. der medizinischen Gesichtsmaske nicht ersetzen. Die AHA+L-Regeln, also das Abstandhalten, die Einhaltung von Hygienemaßnahmen wie Händewaschen, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und das Lüften beim Aufenthalt in Innenräumen bilden ein zusammenhängendes Maßnahmenkonzept, das nur in der Kombination die volle Wirkung entfaltet. Die Bedeutung der konsequenten Umsetzung dieser primären präventiven Strategie auch im Schulbetrieb hat zuletzt die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie erneut ausdrücklich betont (Stellungnahme vom 15. März 2021, https://dgpi.de/kommentardgpidgkhschnelltestsschulen/)
 
Auch die von den Antragstellern vorgeschlagenen mobilen Luftfilter können allein den Schutz nicht gewährleisten. Die Kommission für Innenraumhygiene beim Umweltbundesamt vertritt die Auffassung, dass an Schulen der Einsatz von mobilen Luftreinigern allein kein Ersatz für ausreichendes Lüften ist (Pressemitteilung vom 17.11.2020, https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/coronainschulenluftreini geralleinreichennicht). Nach Auffassung der Kommission entfernen mobile Luftreiniger nicht alle Verunreinigungen aus der Raumluft. Es komme lediglich zu einem Umwälzen der Raumluft ohne die notwendige Zufuhr von Außenluft. Deshalb solle jede Lüftungsmöglichkeit mit Außenluft auch beim Einsatz von Luftreinigern weiter genutzt werden.
 
7. Auch die weiteren Regelungen in den Sätzen 4 bis 7 in Ziffer 7.7. der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung begegnen keinen Bedenken. Aufgrund der beim Sportunterricht erhöhten körperlichen Belastung trifft Satz 4 eine Ausnahme von der Tragepflicht. Es versteht sich von selbst, dass bei der Essenseinnahme eine Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eine medizinischen Gesichtsmaske nicht getragen werden kann (Satz 6). Zutreffender sieht Satz 5 regelmäßige Pausen beim Tragen vor. Diese Pausenregelung ist in jedem Fall erforderlich, da Kinder nicht durch altersabhängig überlange Tragezeiten überfordert werden dürfen (vgl. die bereits erwähnte Stellungnahme der DGPI, des bvkj e.V., der DGKJ, der GPP und der SGKJ vom 12.11.2020, https://dgpi.de/covid19-maskenstand- 10-11-2020/; ausdrücklich zu Pausenregelungen für Schüler: VGH München, Beschluss vom 10.11. 2020, 20 NE 20.2349, Juris-Rdnr. 29 ff). Es entspricht den Gegebenheiten des Schulbetriebs, die konkrete Festsetzung der Pausenzeiten der pädagogischen Verantwortung der Lehrkräfte zu überlassen.
 
8. Die streitgegenständlichen Regelungen der Allgemeinverfügung sind auch verhältnismäßig. Bei der Interessenabwägung wiegt das öffentliche Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit einerseits der Personen im Nähebereich der Antragsteller (z. B. sonstige Familienmitglieder oder Freunde) und andererseits der Mitschülerinnen und Mitschülern und der gesamten Bevölkerung höher als das Interesse der Antragsteller, von den ihnen auferlegten Maßnahmen vorläufig verschont zu bleiben. In diesem öffentlichen Interesse verwirklicht sich der Schutzauftrag des Staates gegenüber der Gesamtbevölkerung, der in dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelt und der den Antragsgegner als Träger öffentlicher Gewalt zum Handeln verpflichtet (BVerfG, Beschluss vom 11.05.2020, 1 BvR 470/20, Juris-Rdnr. 15).
 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Mangels sonstiger Anhaltspunkte zieht das Gericht den Auffangstreitwert heran. Da jeder der vier Antragsteller einen eigenen Anspruch geltend macht, ist der Betrag viermal anzusetzen. Auf die in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich vorzunehmende hälftige Minderung wird verzichtet.

 

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.