Bußgeldrecht: Umfang des erlaubten Lieferverkehrs in einer Fußgängerzone

published on 30/08/2012 09:11
Bußgeldrecht: Umfang des erlaubten Lieferverkehrs in einer Fußgängerzone
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das Reinigen und Bestücken von Werbeschaukästen ist hiervon umfasst-OLG Jena vom 17.07.12-Az:1 Ss Rs 67/12 146
Das Parken in einer Fußgängerzone, um dort Werbeschaukästen zu reinigen und neu zu bestücken, stellt einen erlaubten Lieferverkehr dar.

Diese Entscheidung traf das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) im Fall eines Mannes, der in der Innenstadt von Jena mehrere Schaukästen betreibt. Er war wegen verbotswidrigen Parkens in einem gesperrten Fußgängerbereich zu einer Geldbuße von 30 EUR verurteilt worden. Zwar hat die Stadt Jena an Werktagen von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr und von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr den Lieferverkehr erlaubt. Auch hatte der Mann sein Fahrzeug innerhalb dieser erlaubten Zeiten, nämlich morgens zwischen 8.30 Uhr und 8.50 Uhr in der Fußgängerzone geparkt. Das Amtsgericht war jedoch der Meinung, er könne sich nicht auf die Zusatzbeschilderung (den mit Zeichen Nr. 1026-35 erlaubten Lieferverkehr) berufen. Der Lieferverkehr umfasse lediglich solche Waren, deren Umfang und/oder Gewicht ein Tragen über längere Strecken unzumutbar erscheinen lasse. Bei Plakaten für Schaukästen sei es nicht unzumutbar, diese über längere Strecken zu tragen.

Dieser Auffassung ist das OLG nicht gefolgt und hat der Rechtsbeschwerde des Mannes stattgegeben, ihn also freigesprochen. Das Amtsgericht habe den in der Straßenverkehrsordnung (StVO) gesetzlich nicht definierten Begriff „Lieferverkehr“ zu eng interpretiert. Wortsinn und gängiger Sprachgebrauch verlangten vielmehr eine großzügigere Auslegung. Hiernach sei Lieferverkehr „als stichwortartige Umschreibung des zur Führung und Aufrechterhaltung eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebs erforderlichen geschäftsmäßig - d.h. von Gewerbetreibenden und nicht von Privaten - durchgeführten Transports von Gegenständen von oder zu (anderen) Gewerbetreibenden oder Kunden“ zu verstehen. Das Zusatzschild „Lieferverkehr frei“ solle das Fortbestehen wirtschaftlich sinnvoller geschäftlicher Betätigung in der Fußgängerzone ermöglichen; nicht zuletzt deshalb, weil diese dadurch in allgemein erwünschter Weise belebt werde. Dem widerspräche es, den Begriff des Lieferverkehrs unter Außerachtlassung von Wirtschaftlichkeits- und Gleichbehandlungserwägungen so auszulegen, dass Gewerbetreibenden das Befahren der Fußgängerzone nur dann erlaubt sei, wenn ihnen der durchgeführte Transport wegen der Größe und/oder Schwere der beförderten Gegenstände zu Fuß unzumutbar sei. Auch die geschäftliche Beförderung leichter (tragbarer) Gegenstände in die oder aus der Fußgängerzone sei als „Lieferverkehr“ anzusehen. Allein entscheidend sei also nur, ob der Ort, von oder zu dem geliefert werde, in der Fußgängerzone läge. Ein bloßes abkürzendes Durchfahren der Fußgängerzone zu einem außerhalb gelegenen Lieferort sei nicht gestattet (OLG Thüringen, 1 Ss Rs 67/12 (146)).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Jena Beschluss vom 17.07.2012 (Az: 1 Ss Rs 67/12 (146))

Das Befahren eines durch Zeichen 242.1 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO mit Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ gekennzeichneten Fußgängerbereichs zu dem Zweck, dort vorhandene Schaukästen mit Werbeplakaten zu bestücken, ist „Lieferverkehr“ im Sinne des Zusatzzeichens.

Das Urteil des Amtsgerichts Jena vom 15.02.2012 wird aufgehoben.

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.


Gründe:

Durch Urteil des Amtsgerichts Jena vom 15.02.2012 ist gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Parkens in einem durch Verkehrszeichen 242.1, 242.2 gesperrten Fußgängerbereich eine Geldbuße von 30,- € verhängt worden. Dem liegen folgende tatrichterliche Feststellungen zugrunde:

„Der Betroffene parkte mit dem Pkw der Marke X1., amtliches Kennzeichen ... am 20.09.2011 im Zeitraum von 08:30 Uhr bis 08:50 Uhr in J in der O.-E. U.-Markt. Hierbei handelt es sich um einen Fußgängerbereich, der durch entsprechende Beschilderung mit Zeichen 242.1 und 242.2 nach der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO gekennzeichnet ist. Eine Ausnahmegenehmigung besitzt der Betroffene nicht ...

... Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, als verantwortlicher Fahrzeugführer den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... - in der O.-Gasse in J abgestellt zu haben. Er habe in der Fußgängerzone mehrere Schaukästen für Werbung zu reinigen und neu zu bestücken gehabt. Es sei ihm bekannt gewesen, dass er sein Fahrzeug in einer Fußgängerzone parkte, jedoch sei hier an Werktagen der Lieferverkehr von 06:00 Uhr bis 10:00 Uhr und von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr erlaubt. Er habe hier lediglich die von ihm im gesamten Innenstadtbereich betriebenen Schaukästen mit neuen Werbeplakaten beliefert.

Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Betroffene objektiv den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gemäß den §§ 41 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 Zeichen 242.1, 49 StVO, 24 StVG verwirklicht hat. Der Betroffene hat selbst vorgetragen, dass ihm bekannt ist, dass es sich bei der O.-Gasse um eine Fußgängerzone handelt. In der Fußgängerzone dürfen andere Verkehrsteilnehmer den Fußgängerbereich nicht nutzen, es sei denn, es ist durch entsprechende Zusatzbeschilderung erlaubt. Tatsächlich ist es so, dass der Lieferverkehr in den genannten Zeiträumen den Fußgängerbereich zum Zwecke der Warenlieferung nutzen darf. Lieferverkehr umfasst jedoch lediglich solche Waren, deren Umfang und/oder Gewicht ein Tragen über längere Strecken unzumutbar erscheinen lässt. Schon nach dem eigenen Vortrag des Betroffenen lag dies jedoch nicht vor, da er von seinem damaligen Standort aus alle Schaukästen im gesamten Innenstadtbereich versorgt hat. Auch erscheint es kaum möglich, dass Plakate vom Umfang oder Gewicht so gestaltet sind, dass ein Tragen über längere Strecken unzumutbar erscheint. Dem Betroffenen geht es offenbar lediglich darum, sich die Parkgebühren für die ebenfalls im Innenstadtbereich vorhandenen gebührenpflichtigen Parkplätze zu sparen.

In subjektiver Hinsicht ist dem Betroffenen zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.“

Am 22.02.2012 hat der Verteidiger des Betroffenen die Zulassung der zugleich eingelegten und mit der Verletzung materiellen Rechts begründeten Rechtsbeschwerde beantragt. Das mit Gründen versehene Urteil ist dem Betroffenen am 13.03.2012 zugestellt worden.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 24.05.2012 beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

Mit Beschluss vom 12.07.2012 hat die zuständige Einzelrichterin des Senats für Bußgeldsachen die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts in Bezug auf den Begriff des „Lieferverkehrs“ zugelassen und die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Die danach zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Die vom Amtsgericht Jena getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässigen Benutzens eines durch Verkehrszeichen 242.1 und 242.2 gekennzeichneten und für andere Verkehrsteilnehmer gesperrten Fußgängerbereichs, welcher durch Zusatzzeichen lediglich zu bestimmten Zeiten für Lieferverkehr freigegeben ist. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Nach der im Urteil wiedergegebenen Einlassung des Betroffenen, der der Tatrichter offenbar gefolgt ist, hat der Betroffene seinen Pkw in die Fußgängerzone gefahren und dort geparkt, um mehrere in der Fußgängerzone betriebene Schaukästen zur Ausstellung von Werbeplakaten zu reinigen und - unter Entnahme der alten - mit neuen Werbeplakaten zu bestücken. Dies hat das Amtsgericht ausweislich der Urteilsgründe deshalb nicht als zum Tatzeitpunkt erlaubten „Lieferverkehr“ angesehen, weil es nach seiner Auffassung dem Betroffenen in Anbetracht des Gewichts und/oder des Umfangs der transportierten Plakate nicht unzumutbar gewesen wäre, seinen Pkw außerhalb der Fußgängerzone zu parken und die Plakate sodann zu Fuß über längere Strecken zwischen Pkw und Schaukästen zu transportieren.

Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft und geht von einem zu engen Verständnis des Begriffs „Lieferverkehr“ aus, der nach den ausweislich der Urteilsfeststellungen am Tatort aufgestellten Zusatzzeichen nach § 39 Abs. 3 StVO - hier Nr. 1026-35 („Lieferverkehr frei“) und Nr. 1042-32 („werktags 6-10h 18-21h“) des Anhangs zu § 39 StVO - in der vom Betroffenen benutzten Fußgängerzone zur Tatzeit, einem Werktag (Dienstag) zwischen 8.30 Uhr und 8.50 Uhr, erlaubt gewesen ist. Denn sie unterscheidet nicht zwischen „Lieferverkehr“ und „Halten zum Be- und Entladen“, das im Geltungsbereich des Verkehrszeichens 286, welches das eingeschränkte Halteverbot anordnet, erlaubt ist. Auch lässt sie den Umstand unbeachtet, dass nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung als „Lieferverkehr“ jeder geschäftsmäßige Transport von Sachen - ohne ausdrückliche Umfangs- oder Gewichtsbeschränkungen - von oder zu Gewerbetreibenden sowie von oder zu sonstigen Kunden durch Gewerbetreibende anzusehen ist. Schließlich berücksichtigt sie nicht, dass bereits in der älteren obergerichtlichen Rechtsprechung in Bußgeldsachen zum Begriff des „Haltens zum Be- und Entladen“ ausgesprochen worden ist, dass es im geschäftlichen Lieferverkehr nicht auf Umfang und/oder Gewicht der bei einem einzelnen Haltevorgang be- oder entladenen Gegenstände ankommt, mit der Folge, dass teilweise auch das Be- und Entladen leichter Gegenstände wie Lesemappen, kleinerer Pakete oder besonders wertvoller oder empfindlicher Güter und sogar das Halten eines auf Lieferfahrt befindlichen Verkaufsfahrers bei einem Kunden zum Zwecke der Nachfrage, ob dieser überhaupt Waren erwerben wolle, für zulässig gehalten worden ist.

Der Begriff „Lieferverkehr“ im Sinne des Zusatzzeichens Nr. 1026-35 nach § 39 Abs. 3 StVO ist gesetzlich nicht definiert. Sein Inhalt ergibt sich aber aus dem Wortsinn und dem gängigen Sprachgebrauch. Danach kann „Lieferverkehr“ als stichwortartige Umschreibung des zur Führung und Aufrechterhaltung eines Geschäfts- oder Gewerbebetriebes erforderlichen geschäftsmäßig - d. h. von Gewerbetreibenden und nicht von Privaten - durchgeführten Transports von Gegenständen, insbesondere Waren, von oder zu Gewerbetreibenden oder Kunden verstanden werden.

Während erlaubter „Lieferverkehr“ in einer Fußgängerzone also nur von Gewerbetreibenden durchgeführt werden kann, ist demgegenüber das „Halten zum Be-und Entladen“ im Bereich eines eingeschränkten Halteverbots nach Verkehrszeichen 286 jedermann, also auch Privatpersonen außerhalb des geschäftlichen Lieferverkehrs, gestattet. Im Hinblick auf diesen ungleich größeren Kreis potentieller Berechtigter ist es gerechtfertigt, von einem „Halten zum Be- und Entladen“ nur dann auszugehen, wenn schwere oder große Gegenstände, deren Tragen über längere Strecken unzumutbar ist, mit einem Kraftfahrzeug transportiert und von diesem be- oder entladen werden.

Dagegen ist diese Einschränkung für den ohnehin nur Gewerbetreibenden erlaubten „Lieferverkehr“ weder erforderlich noch mit dem Zweck der Zusatzbeschilderung Nr. 1026-35 vereinbar. Denn die das Benutzen der Fußgängerzone durch andere Verkehrsteilnehmer ausnahmsweise erlaubende Zusatzbeschilderung „Lieferverkehr frei“ soll das Fortbestehen - wirtschaftlich sinnvoller - geschäftlicher Betätigung in der Fußgängerzone ermöglichen, die im Übrigen gerade dadurch in allgemein erwünschter Weise belebt wird. Dem widerspräche es, den Begriff des „Lieferverkehrs“ in einer Weise auszulegen, die es unter Außerachtlassung von Wirtschaftlichkeits- und Gleichbehandlungserwägungen Gewerbetreibenden nur ermöglicht, die Fußgängerzone mit Lieferfahrzeugen zu befahren, wenn ihnen der durchgeführte Transport wegen der Größe und/oder Schwere der beförderten Gegenstände zu Fuß unzumutbar wäre. Vielmehr ist grundsätzlich auch die geschäftliche Beförderung leichter und damit an sich tragbarer Gegenstände mit Lieferfahrzeugen in die oder aus der Fußgängerzone als „Lieferverkehr“ anzusehen, so dass im vorliegenden Fall der Transport von Plakaten und ggf. Reinigungsmaterialien die Annahme von „Lieferverkehr“ nicht von vorneherein ausschließt. Dabei ist nach Auffassung des Senats nur entscheidend, ob sich der Ort, von oder zu dem geliefert wird und an dem sich die geschäftliche Betätigung demzufolge konkret vollzieht, in der Fußgängerzone befindet. Denn ein bloßes abkürzendes Durchfahren der Fußgängerzone zum Zwecke der Lieferung an einen außerhalb liegenden Ort gestattet das Zusatzzeichen Nr. 1026-35 seinem Normzweck nach nicht. Ob es sich bei dem Lieferort um ein in der Fußgängerzone befindliches Ladenlokal oder - wie hier - um Werbeanlagen handelt, ist ebenfalls ohne Belang. Auch spielt es keine Rolle, ob dem Gewerbetreibenden - was insbesondere bei leichterem Transportgut und kleineren Fußgängerzonen der Fall sein kann - ein Parken des Lieferfahrzeugs außerhalb der Fußgängerzone und ein Tragen des Transportsguts zu dem in der Zone befindlichen Lieferort möglich wäre oder nicht.

Eine Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Jena zu erneuter Prüfung und Entscheidung kam nicht in Betracht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das angefochtene Urteil - obwohl es sich hierzu nicht ausdrücklich verhält - doch erkennen lässt, dass der Tatrichter die Einlassung des Betroffenen, er habe mehrere in der Fußgängerzone liegende Schaukästen gereinigt und mit neuen Werbeplakaten versehen, für glaubhaft gehalten hat und ihr gefolgt ist. Dabei ist anzumerken, dass die Richtigkeit dieses Vortrags des Betroffenen auch dem - dem Senat an sich nicht offen stehenden - Akteninhalt zu entnehmen ist, der vom Betroffenen vorgelegte Unterlagen und Lichtbilder enthält. Auf dieser Einlassung beruhen damit die gleichlautenden, wenn auch knappen tatrichterlichen Feststellungen, die nach der vom Senat vorgenommenen Auslegung des Begriffs des „Lieferverkehrs“ eine andere Entscheidung als den Freispruch des Betroffenen nicht zulassen, zumal nicht erkennbar ist, welche einem Freispruch entgegenstehenden ergänzenden Feststellungen von einer erneuten Hauptverhandlung zu erwarten wären.


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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen. (2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeich
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21/06/2012 11:17

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21/01/2009 14:09

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(1) Wer am Verkehr teilnimmt, hat die durch Vorschriftzeichen nach Anlage 2 angeordneten Ge- oder Verbote zu befolgen.

(2) Vorschriftzeichen stehen vorbehaltlich des Satzes 2 dort, wo oder von wo an die Anordnung zu befolgen ist. Soweit die Zeichen aus Gründen der Leichtigkeit oder der Sicherheit des Verkehrs in einer bestimmten Entfernung zum Beginn der Befolgungspflicht stehen, ist die Entfernung zu dem maßgeblichen Ort auf einem Zusatzzeichen angegeben. Andere Zusatzzeichen enthalten nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen. Die besonderen Zusatzzeichen zu den Zeichen 283, 286, 277, 290.1 und 290.2 können etwas anderes bestimmen, zum Beispiel den Geltungsbereich erweitern.

(1) Angesichts der allen Verkehrsteilnehmern obliegenden Verpflichtung, die allgemeinen und besonderen Verhaltensvorschriften dieser Verordnung eigenverantwortlich zu beachten, werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist.

(1a) Innerhalb geschlossener Ortschaften ist abseits der Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) mit der Anordnung von Tempo 30-Zonen (Zeichen 274.1) zu rechnen.

(1b) Innerhalb geschlossener Ortschaften ist abseits der Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) mit der Anordnung von Fahrradzonen (Zeichen 244.3) zu rechnen.

(2) Regelungen durch Verkehrszeichen gehen den allgemeinen Verkehrsregeln vor. Verkehrszeichen sind Gefahrzeichen, Vorschriftzeichen und Richtzeichen. Als Schilder stehen sie regelmäßig rechts. Gelten sie nur für einzelne markierte Fahrstreifen, sind sie in der Regel über diesen angebracht.

(3) Auch Zusatzzeichen sind Verkehrszeichen. Zusatzzeichen zeigen auf weißem Grund mit schwarzem Rand schwarze Sinnbilder, Zeichnungen oder Aufschriften, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie sind unmittelbar, in der Regel unter dem Verkehrszeichen, auf das sie sich beziehen, angebracht.

(4) Verkehrszeichen können auf einer weißen Trägertafel aufgebracht sein. Abweichend von den abgebildeten Verkehrszeichen können in Wechselverkehrszeichen die weißen Flächen schwarz und die schwarzen Sinnbilder und der schwarze Rand weiß sein, wenn diese Zeichen nur durch Leuchten erzeugt werden.

(5) Auch Markierungen und Radverkehrsführungsmarkierungen sind Verkehrszeichen. Sie sind grundsätzlich weiß. Nur als vorübergehend gültige Markierungen sind sie gelb; dann heben sie die weißen Markierungen auf. Gelbe Markierungen können auch in Form von Markierungsknopfreihen, Markierungsleuchtknopfreihen oder als Leitschwellen oder Leitborde ausgeführt sein. Leuchtknopfreihen gelten nur, wenn sie eingeschaltet sind. Alle Linien können durch gleichmäßig dichte Markierungsknopfreihen ersetzt werden. In verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen (§ 45 Absatz 1d) können Fahrbahnbegrenzungen auch mit anderen Mitteln, insbesondere durch Pflasterlinien, ausgeführt sein. Schriftzeichen und die Wiedergabe von Verkehrszeichen auf der Fahrbahn dienen dem Hinweis auf ein angebrachtes Verkehrszeichen.

(6) Verkehrszeichen können an einem Fahrzeug angebracht sein. Sie gelten auch während das Fahrzeug sich bewegt. Sie gehen den Anordnungen der ortsfest angebrachten Verkehrszeichen vor.

(7) Werden Sinnbilder auf anderen Verkehrszeichen als den in den Anlagen 1 bis 3 zu den §§ 40 bis 42 dargestellten gezeigt, so bedeuten die Sinnbilder:

Kraftwagen und
sonstige mehrspurige
Kraftfahrzeuge
Kraftfahrzeuge mit einer
zulässigen Gesamtmasse
über 3,5 t, einschließlich
ihrer Anhänger, und
Zugmaschinen,
ausgenommen
Personenkraftwagen und
Kraftomnibusse
RadverkehrFahrrad zum Transport
von Gütern oder Personen
– Lastenfahrrad
FußgängerReiterViehtrieb
StraßenbahnKraftomnibusPersonenkraftwagenPersonenkraftwagen oder
Krafträder mit Beiwagen, die mit
mindestens drei Personen besetzt sind –
mehrfachbesetzte Personenkraftwagen
Personenkraftwagen
mit Anhänger
Lastkraftwagen mit
Anhänger
WohnmobilKraftfahrzeuge und Züge,
die nicht schneller als
25 km/h fahren können
oder dürfen
Krafträder, auch mit
Beiwagen, Kleinkrafträder
und Mofas
MofasEinsitzige zweirädrige Kleinkrafträder
mit elektrischem Antrieb,
der sich auf eine bauartbedingte Geschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h selbsttätig abregelt
– E-Bikes –
Elektrokleinstfahrzeug im Sinne der
Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)
Gespannfuhrwerke

(8) Bei besonderen Gefahrenlagen können als Gefahrzeichen nach Anlage 1 auch die Sinnbilder „Viehtrieb“ und „Reiter“ und Sinnbilder mit folgender Bedeutung angeordnet sein:

Schnee- oder EisglätteSteinschlagSplitt, Schotter
Bewegliche BrückeUferFußgängerüberweg
AmphibienwanderungUnzureichendes LichtraumprofilFlugbetrieb

(9) Die in den Anlagen 1 bis 4 abgebildeten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen können auch mit den im Verkehrszeichenkatalog dargestellten Varianten angeordnet sein. Der Verkehrszeichenkatalog wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Verkehrsblatt veröffentlicht.

(10) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge kann das Sinnbild

als Inhalt eines Zusatzzeichens angeordnet sein. Zur Unterstützung einer Parkflächenvorhaltung für elektrisch betriebene Fahrzeuge kann das Sinnbild zusätzlich auf der Parkfläche aufgebracht sein. Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind die nach § 11 Absatz 2 und 4, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 5, der Fahrzeug-Zulassungsverordnung gekennzeichneten Fahrzeuge.

(11) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen kann das Sinnbild

Carsharing
als Inhalt eines Zusatzzeichens zu Zeichen 314 oder 315 angeordnet sein. Carsharingfahrzeuge sind Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 und des § 4 Absatz 1 und 2 des Carsharinggesetzes, in denen die Plakette
deutlich sichtbar auf der Innenseite der Windschutzscheibe anzubringen ist.