Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Nov. 2014 - W 4 K 14.684

bei uns veröffentlicht am11.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin der Grundstücke Fl.-Nr. ...53 und ...77 der Gemarkung K. gegen die den Beigeladenen mit Bescheid vom 11. Juni 2014 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhausanbaus für das Anwesen Fl.-Nr. ...55 der Gemarkung K., M... Straße 12 (Baugrundstück).

Mit Bauantrag vom 20. Februar 2014, eingegangen bei der Stadt K. am 27. Februar 2014, beantragten die Beigeladenen die Baugenehmigung für einen Wohnhausanbau in der M... Straße 12, Fl.-Nr. ...55, Gemarkung K..

Mit Bescheid vom 11. Juni 2014 erteilte die Stadt K. den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung zusammen mit einer „wasserrechtlichen Genehmigung /Erlaubnis nach § 78 Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)“.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juli 2014, beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen am 25. Juli 2014, Klage mit dem sinngemäßen Antrag,

den Bescheid der Stadt K. vom 11. Juni 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beigeladenen im August 2013, zeitgleich mit dem Beginn der Dachsanierungsarbeiten an dem eigenen Haus der Klägerin, mit ihrem Bau begonnen hätten. Eine für die Dachsanierung erforderliche Gerüststellung auf dem Grundstück der Beigeladenen sei abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 7. Juni 2013 sei ihr selbst die Genehmigung für den Umbau des Wohnhauses erteilt worden. Dieser Bescheid beinhalte eine leicht grenzüberragende Außendämmung, die, wenn die Beigeladenen dem Bauplan entsprechend ihren Anbau errichteten, nicht ausgeführt werden könne.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Sie sei jedenfalls unbegründet. Eine Verletzung drittschützender Vorschriften auch in Verbindung mit dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme sei nicht ersichtlich. Auf dem Baugrundstück und auch in der näheren Umgebung sei eine geschlossene Bauweise sowohl im vorderen Grundstücksbereich als auch im weiteren Verlauf vorhanden. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, woraus sich eine subjektive Rechtsverletzung ergeben könne.

Mit Beschluss vom 25. Juli 2014 lud das Gericht die Beigeladene zu 1. und den Beigeladenen zu 2. bei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist unter Berücksichtigung des Klägervortrags (§ 88 VwGO) allein die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, nicht hingegen die wasserrechtliche Gestattung, zumal insoweit jeglicher substanziierter Vortrag seitens der Klägerin fehlt.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die von der Klägerin erhobene Klage überhaupt zulässig ist, sie hat in der Sache jedenfalls keinen Erfolg. Die angefochtene Baugenehmigung, die die Stadt K. am Main den Beigeladenen mit Bescheid vom 11. Juni 2014 erteilt hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn sie rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit - zumindest auch - auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - [juris]).

Für den Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren auch keine umfassende Rechtskontrolle statt, vielmehr hat sich die gerichtliche Prüfung darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Normen - die dem Nachbarn einen Abwehranspruch vermitteln - verletzt werden.

Entsprechendes gilt, wenn das Vorhaben zwar gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt, diese Vorschriften aber im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - [juris]).

Unter Beachtung dieser allgemeinen Ausführungen gilt im hier zu entscheidenden Fall folgendes:

Soweit die Klägerin die Nichteinhaltung der Brandschutzvorschriften der Bayer. Bauordnung rügt, ist darauf hinzuweisen, dass das Recht des (vorbeugenden) Brandschutzes im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren - um ein solches handelt es sich vorliegend - nicht mehr zu prüfen ist (vgl. Art. 59 BayBO). Ein Abwehranspruch des Nachbarn kann deshalb hieraus nicht abgeleitet werden.

Auch der Umstand, dass das Vorhaben im amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiets des Mains liegt und die Stadt K. deshalb eine Dispensierung vom Bauverbot nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 WHG erteilt hat, führt nicht zum Erfolg des klägerischen Begehrens. Denn jedenfalls kommt den wasserrechtlichen Vorschriften über die Freihaltung von Überschwemmungsgebieten mangels hinreichender Bestimmtheit des zu schützenden Personenkreises keine drittschützende Wirkung zu (BVerwG v. 17.8.1972 - IV B 162.71; BayVGH, B.v. 3.8.2006 - 15 CS 06.1696 - [juris]; Knopp in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Bd. 3, Stand: EL Sept. 2006, Rn. 1 zu § 31b WHG m. w. N.). Sinn und Zweck des § 78 WHG ist es vor allem, Überschwemmungsgebiete in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten, so dass die Bestimmungen zum Hochwasserschutz allein dem öffentlichen Interesse dienen und nicht das Ziel verfolgen, darüber hinausgehende Individualinteressen als solche normativ zu schützen. Zudem knüpfen die Bestimmungen über den Hochwasserschutz nicht an eine konkrete Gefahrenlage an, sondern dienen in erster Linie der vorsorgenden Risikovermeidung, weshalb es bereits aus diesem Grund schon an einem bestimmbaren Personenkreis mangelt, dessen Interessen durch die Bestimmungen geschützt sein sollen (vgl. Hünnekens in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Bd. 1 Stand: 1.4.2014, vor § 72 WHG Rn. 34 ff. m. w. N.).

Auch einen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme kann das Gericht in der angefochtenen Baugenehmigung der Stadt K. vom 11. Juli 2014 nicht erkennen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend insbesondere BVerwG v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122; v. 25.6.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 370; v. 18.10.1985 - 4 C 19.82 - DVBl 1986, 187; v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - NVwZ 1999, 523) gehört die Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme zum Bestandteil der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Einfügens i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch ein Vorhaben, das sich - in jeder Hinsicht - innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich gleichwohl in seine Umgebung dann nicht ein, wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d. h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (BVerwG v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 370). Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt eine Korrekturfunktion im Zulässigkeitsrecht des § 34 BauGB zu. Das Gebot der Rücksichtnahme gebietet in seinem Kerngehalt eine Abwägung der beiderseitigen Belange. Sind die Belange der Umgebung schutzwürdiger, muss der Bauherr dem bei der Bebauung seines Grundstücks Rechnung tragen (BVerwG v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - NVwZ-RR 1997, 516). Dabei ist für die Abwägung hinsichtlich der Gewichtung der Belange der Nachbarschaft das Kriterium der Unzumutbarkeit maßgeblich. Unzumutbar sind solche Einwirkungen, die nach der gegebenen Situation dem Betroffenen billigerweise nicht mehr zugemutet werden können (BVerwG v. 13.1.1981 - 4 C 1.78 -, DVBl 1981, 928). Unter Einwirkungen sind dabei nicht nur Emissionen, sondern auch sonstige Störungen zu verstehen, wobei rein wirtschaftliche Interessen unberücksichtigt bleiben. Das Rücksichtnahmegebot geht freilich nicht so weit, dass eigene berechtigte Interessen zurückgestellt werden müssen, um ebenfalls berechtigte Interessen der Nachbarschaft zu schonen (BVerwG v. 25.2.1975 - IV C 22.75 - BVerwGE 52, 122).

Für Vorhaben im nicht geplanten Innenbereich - wie vorliegend - kann das Rücksichtnahmegebot nur verletzt sein, wenn sich das Vorhaben nach seiner Art oder seinem Maß der baulichen Nutzung, nach seiner Bauweise oder nach der von ihm überbauten Grundstücksfläche unzumutbar auf das Nachbargrundstück auswirkt (BVerwG v. 23.5.1986 - 4 C 34, 85 - NVwZ 1987, 34). Ein Vorhaben, das sich einfügt, kann nur ausnahmsweise das Gebot der Rücksichtnahme verletzen und deswegen unzulässig sein (BVerwG v. 26.5.1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 370).

Das, was innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils an Gebäuden in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, gibt für das zu bebauende Grundstück den „Rahmen“ ab, in den sich das neue Vorhaben einfügen muss. Auf diese Weise wird der erforderliche Maßstab gebildet, um Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, Stellung des Gebäudes auf dem Grundstück usw. bestimmen zu können (BVerwG v. 10.12.1982 - 4 C 28/81 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 89). Das Gebot der Rücksichtnahme vermag somit allenfalls die Art und Weise der Bebauung zu beeinflussen.

Unter Beachtung dieser allgemeinen Ausführungen hat das Gericht keine Bedenken, dass sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich oder gar von der Klägerin vorgetragen, dass sich das Vorhaben der Beigeladenen in unzumutbarer Weise auf das Grundstück der Klägerin auswirkt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gebäude der Klägerin auf dem Grundstück Fl.-Nr. ...53 der Gemarkung K. ohne seitlichen Grenzabstand errichtet wurden. Der streitgegenständliche Anbau erfolgte ebenso grenzständig, direkt an die seitliche Wand des klägerischen Gebäudes Nr. 16.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der der Klägerin seitens der Stadt K. erteilten Baugenehmigung vom 7. Juni 2013, in der ihr eine leicht grenzüberragende Außendämmung genehmigt wurde, denn auch sie steht der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht entgegen.

Nach Art. 68 Abs. 4 BayBO wird die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt. Der Gesetzgeber sieht es also nicht als Aufgabe der Baugenehmigungsbehörde an, private Rechtsbeziehungen, wie vorliegend etwa die Zulässigkeit des Grenzüberbaus, zu prüfen. Mit anderen Worten: Die zivilrechtliche Realisierbarkeit eines Vorhabens fällt allein in den Risikobereich des Bauherrn. Das bedeutet andererseits aber, dass die Klägerin hieraus auch keine Abwehrrechte gegen die Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung herleiten kann oder gar eine Verpflichtung der Beigeladenen, den Überbau zu dulden.

Die Klage war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Dabei entsprach es der Billigkeit, der Klägerin nicht die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen aufzuerlegen, da sich diese nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt haben (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.Vm. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 78 Bauliche Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete


(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 72 Hochwasser


Hochwasser ist eine zeitlich beschränkte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land, insbesondere durch oberirdische Gewässer oder durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser. Davon ausgenommen sind Überschwemmungen aus Abwa

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich in Bauleitplänen oder in sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch untersagt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Ausweisung ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient, sowie für Bauleitpläne für Häfen und Werften.

(2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 Satz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete ausnahmsweise zulassen, wenn

1.
keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können,
2.
das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt,
3.
eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu erwarten sind,
4.
der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
5.
die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
6.
der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
7.
keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
8.
die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
9.
die Bauvorhaben so errichtet werden, dass bei dem Bemessungshochwasser nach § 76 Absatz 2 Satz 1, das der Festsetzung des Überschwemmungsgebietes zugrunde liegt, keine baulichen Schäden zu erwarten sind.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 bis 8 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen.

(3) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten hat die Gemeinde bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen für die Gebiete, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, in der Abwägung nach § 1 Absatz 7 des Baugesetzbuches insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger,
2.
die Vermeidung einer Beeinträchtigung des bestehenden Hochwasserschutzes und
3.
die hochwasserangepasste Errichtung von Bauvorhaben.
Dies gilt für Satzungen nach § 34 Absatz 4 und § 35 Absatz 6 des Baugesetzbuches entsprechend. Die zuständige Behörde hat der Gemeinde die hierfür erforderlichen Informationen nach § 4 Absatz 2 Satz 6 des Baugesetzbuches zur Verfügung zu stellen.

(4) In festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches untersagt. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen des Gewässerausbaus, des Baus von Deichen und Dämmen, der Gewässer- und Deichunterhaltung und des Hochwasserschutzes sowie des Messwesens.

(5) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 4 Satz 1 die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage im Einzelfall genehmigen, wenn

1.
das Vorhaben
a)
die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
b)
den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert,
c)
den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und
d)
hochwasserangepasst ausgeführt wird oder
2.
die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können.
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Satzes 1 sind auch die Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen. Für die Erteilung der Genehmigung gilt § 11a Absatz 4 und 5 entsprechend, wenn es sich um eine Anlage zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen handelt.

(6) Bei der Festsetzung nach § 76 Absatz 2 kann die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen auch allgemein zugelassen werden, wenn sie

1.
in gemäß Absatz 2 neu ausgewiesenen Gebieten nach § 30 des Baugesetzbuches den Vorgaben des Bebauungsplans entsprechen oder
2.
ihrer Bauart nach so beschaffen sind, dass die Einhaltung der Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 gewährleistet ist.
In den Fällen des Satzes 1 bedarf das Vorhaben einer Anzeige.

(7) Bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur, die nicht unter Absatz 4 fallen, dürfen nur hochwasserangepasst errichtet oder erweitert werden.

(8) Für nach § 76 Absatz 3 ermittelte, in Kartenform dargestellte und vorläufig gesicherte Gebiete gelten die Absätze 1 bis 7 entsprechend.

Hochwasser ist eine zeitlich beschränkte Überschwemmung von normalerweise nicht mit Wasser bedecktem Land, insbesondere durch oberirdische Gewässer oder durch in Küstengebiete eindringendes Meerwasser. Davon ausgenommen sind Überschwemmungen aus Abwasseranlagen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.