Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 24. Nov. 2016 - W 3 K 15.132

24.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung landwirtschaftlicher Subventionen wegen Verstößen gegen die Cross-Compliance (CC)-Vorschriften.

Der Kläger ist Landwirt und hält Milchvieh in zwei Betrieben in H... und in O...

Mit Mehrfachantrag (MFA) vom 15. Mai 2012 beantragte der Kläger für das Auszahlungsjahr 2012 u.a. die Beihilfe zu den Direktzahlungen (DZP) sowie die Agrarumweltmaßnahmen (KULAP).

Der Betrieb des Klägers in O... war im Jahr 2012 sechs Mal, erstmals im Juni 2012, aufgrund erhöhter Zellzahlen in der Milch von der Milchlieferung ausgeschlossen worden. Milch-Proben am 1. März, 1. April und 1. Juni 2012 wiesen eine Überschreitung des zulässigen Höchstgehalts an somatischen Zellen (400.000/ml) auf. In diesem Zusammenhang fand am 27. Juni 2012 eine anlassbezogene CC-Kontrolle durch das Veterinäramt beim Landratsamt Würzburg statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger Maßnahmen ergriffen, um eine erneute Überschreitung der zulässigen Zellzahl in der Milch künftig zu verhindern. Das Veterinäramt Würzburg legte daher einen Sanktionssatz von 0% fest.

In den darauf folgenden Monaten wurde der Betrieb mehrmals von der Milchlieferung ausgeschlossen, weil erneut die zulässigen Zellzahlen überschritten wurden. Nach einer erneuten Kontrolle am 17. August 2012 wies das Landratsamt Würzburg – Veterinäramt und Lebensmittelüberwachung – mit Schreiben vom 21. August 2012 den Kläger darauf hin, dass er geeignete Maßnahmen ergreifen müsse, um zu verhindern, dass erneut Milch mit erhöhtem Zellgehalt als Lebensmittel in Verkehr gebracht werde. Erneute prämienrechtliche (CC-relevante) Verstöße könnten als Vorsatz gewertet und mit entsprechenden Abzügen (20 – 100%) geahndet werden. Bei einer erneuten CC-Kontrolle am 8. November 2012 bewertete das Veterinäramt deshalb die erneuten Verstöße als vorsätzliches Handeln des Klägers und setzte für diese Verstöße einen Sanktionssatz von 20% fest. Außerdem wurden weitere Verstöße gegen CC-Bestimmungen festgestellt. Durch das Veterinäramt wurden alle Verstöße mit einem Sanktionssatz von insgesamt 26% bewertet.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2012 wurde dem Kläger eine Betriebs-prämie für das Jahr 2012 nach Abzug von 26% (19.598,33 EUR) in Höhe von 55.779,85 EUR gewährt.

Mit Bescheid vom 19. März 2013 wurde für das Betriebsjahr 2012 KULAP-Förderung nach Abzug von 26% (2.821,42 EUR) in Höhe von 8.030,18 EUR festgesetzt.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAK) mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015 zurück. In Abänderung der Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg vom 12. Dezember 2012 und 19. März 2013 wurde die Betriebsprämie auf 57.287,42 EUR und die Förderung im Rahmen des KULAP auf 7.732,02 EUR (unter Berücksichtigung eines bereits ausgezahlten Betrages von 515,20 EUR) festgesetzt und dem AELF aufgegeben, einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.724,61 EUR im Rahmen der nächsten Auszahlungsphase an den Kläger nachzuzahlen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide des AELF Würzburg vom 12. Dezember 2012 und vom 19. März 2013 seien insoweit rechtswidrig, als eine Kürzung der Prämien von mehr als 24% wegen der Nichteinhaltung anderweitiger Verpflichtungen vorgenommen worden sei. Im Übrigen sei eine diesbezügliche Kürzung der Prämien um 24% rechtmäßig.

Es lägen mehrere Verstöße im Bereich Cross-Compliance (CC) vor. Im Bereich „Lebensmittel pflanzlicher/tierischer Herkunft“ liege ein Verstoß gegen Art. 17 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 852/2004 i.V.m. VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang I, Teil A II Nr. 6 vor, da der Kläger trotz mehrmaliger Unterrichtung über erhöhte Zellzahlen in der durch ihn abgelieferten Milch keine geeigneten Abhilfemaßnahmen getroffen habe, um akzeptable Zellzahlen unterhalb des Schwellenwertes zu erreichen. Im streitgegenständlichen Fall habe der Wert der somatischen Zellen nach Feststellung durch den Milchprüfring Bayern e.V. nachweislich über dem in der VO (EG) Nr. 853/2004, Anhang III, Abschnitt IX, Kapitel 1 III Nr. 3a (i) geregelten Mittelwert gelegen. Deshalb habe der Betrieb sechs Mal von der Milchlieferung ausgeschlossen werden müssen. Geeignete Abhilfemaßnahmen habe der Kläger nur im Rahmen der CC-Kontrolle nach dem erstmaligen Auftreten erhöhter Zellzahlen im Juni 2012 getroffen. Der weitere fünfmalige Ausschluss von der Milchlieferung wegen Zellzahlen über dem zulässigen Höchstwert führe jedoch zur begründeten Annahme, dass der Kläger keine geeigneten Abhilfemaßnahmen unternommen habe, um die erforderliche Zellzahl im geometrischen Mittel einzuhalten. Untermauert werde diese Annahme durch die Tatsache, dass der Kläger im Rahmen einer weiteren CC-Kontrolle am 17. August 2012 gegenüber den Kontrolleuren angegeben habe, er vermute, dass sein Angestellter, Herr A., für die erhöhten Zellzahlen verantwortlich sei, da dieser absichtlich die betroffenen Kühe in den Sammeltank melken würde. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger bereits seit Monaten gewusst, dass in seinem Bestand Kühe mit stark erhöhten Zellzahlen stehen. Auch sei er mehrmals darauf hingewiesen worden, dass mit Hilfe eines „Schalmtests“ einfach verhindert werden könne, dass Milch mit erhöhten Zellzahlen in den Sammeltank gelange. Da der Betrieb in den Folgemonaten wiederum von der Milchlieferung ausgeschlossen worden sei (September bis November 2012) sei das Veterinäramt im Rahmen der am 8. November 2012 durchgeführten CC-Kontrolle von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Milchhygienevorschriften ausgegangen. Dies sei nachvollziehbar.

Außerdem habe der Kläger im Bereich „Kennzeichnung und Registrierung von Rindern“ gegen Art. 7 VO (EG) Nr. 1760/2000 i.V.m. § 29 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (ViehverkehrsverordnungViehVerkV) verstoßen. Der Kläger habe im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 25. Juni 2012 in seinem Betrieb in O... 59,5% und in seinem Betrieb in H... 47,4% aller Meldungen erst nach Verstreichen der 7-Tages-Frist abgegeben. Zudem seien im Rahmen der jeweiligen Vor-Ort-Kontrolle (VOK) am 27. Juni 2012 im Betrieb O... insgesamt 8 Tiere und im Betrieb H... insgesamt 14 Tiere vorgefunden worden, welche noch nicht in der Rinderdatenbank (HI-Tier) angemeldet bzw. abgemeldet worden waren, obwohl die 7-Tages-Frist bereits abgelaufen gewesen sei. Weiter liege ein Verstoß im Bereich „Tierische Gesundheit und Tierschutz“ vor. Damit habe der Kläger gegen Art. 4 i.V.m. Anhang Nr. 5 der Richtlinie 98/58/EG des Rates verstoßen, da die von ihm zu führende Arzneimitteldokumentation nicht vollständig gewesen sei (Fehlen von ca. 10% bei den erforderlichen Dokumentationen). Nach dieser Vorschrift müsse der Eigentümer oder der Halter der Tiere Aufzeichnungen über alle medizinischen Behandlungen und die Zahl der bei jeder Kontrolle vorgefundenen toten Tiere führen. Ein Verstoß gegen diese Aufzeichnungspflicht sei eindeutig gegeben.

Als Rechtsfolge der Verstöße gegen die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen finde Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 Anwendung. Gemäß Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 werde der Gesamtbetrag der Direktzahlungen gekürzt oder gestrichen, wenn die Grundanforderungen an die Betriebsführung oder das Kriterium des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustandes in einem bestimmten Kalenderjahr nicht erfüllt würden. Der Umfang der Kürzung richte sich nach Art. 24 VO (EG) Nr. 73/2009 i.V.m. Art. 70 ff. VO (EG) Nr. 1122/2009. Zur europarechtskonformen Anwendung dieser Vorgaben seien im Wege einer Bund-Länder-Abstimmung für jedes Kontrolljahr für die einzelnen Rechtsakte und Standards Bewertungsmatrizen beschlossen worden. In diesen sei jeweils definiert, unter welchen Voraussetzungen die dazu bestimmte Regelbewertung Anwendung finden solle. Bei dem Verstoß im Bereich „Lebensmittel pflanzlicher/tierischer Herkunft“ sei wegen Vorsatzes eine Bewertung von 20% vorgenommen worden. Bezüglich der verspäteten Meldung im Bereich „Tierkennzeichnung“ 1% und im Bereich „Arzneimitteldokumentation“ ebenfalls 1%. Da im Falle des Klägers mehrere Verstöße vorgelegen hätten, sei im Bereich „Kennzeichnung und Registrierung von Rindern“ ein Kürzungssatz von 3% anzusetzen gewesen, da innerhalb von drei Kalenderjahren wiederholt gegen dieselbe Vorschrift verstoßen worden sei. Unter Berücksichtigung des festgestellten Sanktionssatzes von 20% im Bereich „Lebensmittel pflanzlicher/tierischer Herkunft“ und des mit 1% bewerteten Verstoßes im Bereich „Tierische Gesundheit und Tierschutz“ ergebe dies einen Gesamtkürzungssatz von 24%.

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten am 19. Januar 2015 zugestellt.

II.

Mit seiner am 18. Februar 2015 erhobenen Klage ließ der Kläger beantragen,

Die Bescheide des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Würzburg, vom 12. Dezember 2012 und vom 19. März 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 werden abgeändert und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger für das Auszahlungsjahr 2012 – jeweils unter Anrechnung der schon ausgezahlten Beträge – eine Betriebsprämie in Höhe von insgesamt 73.116,83 EUR und die Förderung im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen in Höhe von insgesamt 10.526,05 EUR zu bewilligen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei bereit, einen maximalen Sanktionsabzug von 3% hinzunehmen. Mithin sei eine Betriebsprämie in Höhe von insgesamt 73.116,83 EUR zu gewähren bzw. die Förderung im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen unter Berücksichtigung einer Sanktion von maximal 3% bei einem Ausgangsbetrag von 10.851,60 EUR, mithin 10.526,05 EUR, zu bewilligen.

Die Sanktion wegen des Verstoßes gegen die Arzneimitteldokumentation (Kürzung um 1%) werde vom Kläger akzeptiert.

Im Bereich „Kennzeichnung und Registrierung von Rindern“ könne der Kläger nicht ausschließen, dass aufgrund der Größe seines Betriebes bei der sehr knappen 7-Tages-Frist einzelne Tiere nicht rechtzeitig gemeldet worden seien. Insgesamt sei der Kläger seinen Pflichten durchgängig nachgekommen. Ein Verzug sei geringer zu ahnden als ein grundsätzliches Unterlassen. Vor dem Jahr 2012 hätten Verstöße gegen Registrierungsvorgaben generell keiner Sanktion unterlegen. Deshalb könne hier keine Multiplikation für Verstöße in den Vorjahren erfolgen. Mehrere Verstöße innerhalb eines Jahres seien wie ein Verstoß zu sanktionieren, so dass sich allenfalls eine Kürzung von 1% ergeben würde. Der Kläger sei ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz in der Sache bereit, in diesem Bereich einmalig eine Kürzung von 1% für das Jahr 2012 zu akzeptieren.

Im Bereich „Lebensmittel pflanzlicher/tierischer Herkunft“ stelle der Beklagte darauf ab, dass in dem Teilbetrieb des Klägers in O... in dem streitgegenständlichen Zeitraum erhöhte Zellzahlen in der von ihm abgelieferten Milch festgestellt worden seien und der Kläger diesbezüglich keine geeigneten Abhilfemaßnahmen getroffen habe. Der Teilbetrieb in O... werde seit 2005 eigenverantwortlich von dem hauptberuflichen Melker ... A., der über eine jahrzehntelange Berufserfahrung verfüge, betreut und versorgt. Das Ende des Arbeitsverhältnisses im November 2012 falle mit dem Ende des hier streitgegenständlichen Prüfungszeitraumes zusammen. Die Probleme seien ausschließlich im Frühsommer 2012 bis November 2012 aufgetreten und stünden im Zusammenhang mit dem dann auslaufenden Beschäftigungsverhältnis des vormaligen Mitarbeiters. Bei den Betrieben des Klägers handele es sich um leistungsoptimierte Betriebe, die allmonatlich durch den Leistungskontrollverband Bayern (LKV) geprüft und kontrolliert würden. Eine einmalige Auffälligkeit eines einzelnen Tieres, auch beim Zellgehalt, erfordere jedoch nicht zwingend eine Abhilfemaßnahme. Im Teilbetrieb des Klägers habe eine vollkommen atypische Situation vorgelegen. Obwohl der Bestand der Tiere im Juli im Wesentlichen unverändert geblieben sei, hätten die maßgeblichen Zahlen zum Zellgehalt massiv variiert. Solche extrem weit variierenden Werte seien tiermedizinisch oder physiologisch nicht zu erklären. Da dieses Problem ausschließlich im Teilbetrieb in O... und im letzten Jahr des Beschäftigungsverhältnisses des Mitarbeiters A. aufgetreten sei, lasse dies lediglich die Schlussfolgerung zu, dass es sich definitiv insoweit nicht um ein Bestandsproblem gehandelt habe. Denn nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters habe sich der Zellgehalt der in O... produzierten Milch deutlich halbiert. Infolge der Anomalie in den vorliegenden Werten habe der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten keinerlei Möglichkeit gehabt, effektive Abhilfe zu schaffen. Ein Tier, das zwei Mal mit schlechten Zahlen auffällig werde, würde vom Kläger sofort aus der Milchproduktion herausgenommen und zum Schlachter gebracht. Dies lasse sich jedoch keinesfalls bei einem einmalig auffälligen Wert rechtfertigen. Wie sich aus den vorgelegten Zahlen ergebe, sei ein einmalig beim Zellgehalt auffälliges Tier im nächsten Kontrollmonat absolut unauffällig gewesen. Es habe somit bei einem solchen Tier keine Verpflichtung des Klägers für eine Abhilfemaßnahme bestanden; eine solche Maßnahme wäre auch nicht vorhanden gewesen, da das betreffende Tier am nächsten Termin wieder Normalwerte aufgewiesen habe. Der pauschale Vorhalt, der Kläger habe keine Abhilfemaßnahmen ergriffen, gehe ins Leere. Der Hinweis auf den „Schalmtest“ gehe ebenfalls fehl. Denn ein genereller „Schalmtest“ für den gesamten Tierbestand wäre im klägerischen Betrieb weder durchführbar noch zumutbar gewesen. Wenn man zudem den „Schalmtest“ auf bestimmte Verdachtsfälle beschränkt hätte, hätte dies auch nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, weil ausweislich der Kontrollausdrucke des LKV bewiesen sei, dass die Tiere wieder in der Norm waren. Die Ursache für den erhöhten Zellgehalt im streitigen Zeitraum sei weder erklärbar noch belegbar. Eine Klärung sei erst mit dem Ausscheiden des Mitarbeiters des Klägers im November 2012 eingetreten. Für den Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt nicht vorstellbar gewesen, dass der Mitarbeiter A. für die Probleme verantwortlich sei. Der Mitarbeiter habe seinen Beruf bis dahin 40 Jahre ausgeübt und in den Jahren von 2005 bis 2012 habe es keine Beanstandungen seitens des Klägers gegeben. Außerdem könne man sich nach einem siebenjährigen Beschäftigungsverhältnis bereits aus arbeitsrechtlichen Gründen wegen ungeklärter Vorkommnisse nicht von einem Mitarbeiter trennen. Auch dem Beklagten sei es nicht möglich gewesen, die Ursache für die Auffälligkeiten in dem kurzen Zeitraum definitiv zu benennen. Die vom Beklagten angesetzte Sanktion von 20% entbehre jeglicher Grundlage. Der Kläger habe nicht vorsätzlich gehandelt. Insbesondere könne man dem Kläger auch keinen Eventualvorsatz zur Last legen. Infolge des hier in Frage stehenden kurzen Zeitraums wäre eine kurzfristige Abhilfe überhaupt nicht möglich gewesen. Der Kläger wäre allenfalls bereit, einen Fahrlässigkeitsverstoß und eine Sanktion von 1% zu akzeptieren.

Die Widerspruchsbehörde holte eine Stellungnahme des Veterinäramts beim Landratsamt Würzburg ein, der sie sich vollinhaltlich anschloss. Hinsichtlich der „Registrierung von Rindern“ sei darauf hinzuweisen, dass der im Jahr 2008 eingeführte Bund-Länder-Leitfaden zur Umsetzung der Bagatellregelung im Rahmen von Cross-Compliance vorsehe, dass bei einem Bestand von größer als 100 Rindern 3% der Rinder ohne Kennzeichnung vorhanden sein dürften bzw. ohne fristgerechte Meldung an die Rinder-Datenbank, ohne dass dies zu einer Sanktion führe. Vorliegend seien bei der VOK am 27. Juni 2012 in O... bei einer Bestandsgröße von 288 Rindern 14 Tiere mit Meldefristüberschreitungen und in H... bei einer Bestandsgröße von 180 Rindern 8 Rinder mit Meldefristüberschreitungen festgestellt worden. Da die Anzahl der Rinder in beiden Fällen über der 3% Grenze gelegen hätte, sei der Verstoß erfasst worden. Ob ein Wiederholungsverstoß vorliege, erfolge durch eine Überprüfung durch die zentrale Datenbank. Im Falle eines Wiederholungsverstoßes werde die Multiplikation der auf das Prüfkriterium bezogenen Sanktion mit dem Faktor 3 im dritten Schritt der Bewertung vorgenommen.

Hinsichtlich der „Lebensmittelsicherheit pflanzlicher/tierischer Herkunft“ sei auszuführen, dass dem Kläger das Problem der erhöhten Zellzahl in der Milch zumindest ab Juni 2012 bekannt gewesen sei. Nach Einschätzung des Veterinäramts sei eine alleinige Betreuung des Betriebes durch das LKV als nicht ausreichend anzusehen, um ein erneutes In-Verkehr-Bringen von Milch mit erhöhter Zellzahl zu verhindern. Zwar würden durch das LKV im Rahmen der Milchleistungsprüfung u.a. auch die Zellzahlen in der Milch bestimmt, allerdings sei hierbei keine Ursachenforschung betrieben worden. Die Zellzahl der Rohmilch sei ein wichtiges Kriterium für die Eutergesundheit. Es gebe viele verschiedene Ursachen für erhöhte Zellzahlen in der Milch. Aufgrund der Vielschichtigkeit der möglichen Ursachen sei nach Einschätzung des Veterinäramts eine umfangreiche Ursachenforschung erforderlich, um den Auslöser zu identifizieren.

Da der Kläger, abgesehen von der Überprüfung durch das LKV sowie der Schlachtung einzelner Tiere, keine weiteren Maßnahmen ergriffen habe, um ein erneutes In-Verkehr-Bringen von Milch mit erhöhten Zellzahlen zu verhindern, sei von Seiten des Veterinäramts entsprechend der Arbeitsanweisung der Verdacht auf Vorliegen eines vorsätzlichen Handelns geäußert und im Prüfbericht dokumentiert worden. Aus Sicht des Veterinäramts sei der Kläger Lebensmittelunternehmer im Sinne der VO (EG) Nr. 178/2002 und somit verantwortlich dafür, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts im Unternehmen erfüllt würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 24. November 2016 sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand sind die Bescheide des Beklagten vom 12. Dezember 2012 und vom 19. März 2013, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015, soweit eine Kürzung der Betriebsprämie und der KULAP-Förderung in Höhe von mehr als insgesamt 3% vorgenommen wurde. Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung von 19% wegen Verstoßes gegen Vorschriften im Bereich Lebensmittelsicherheit und die Kürzung von 2% im Bereich Kennzeichnungspflichten. Die Kürzung von 1% im Bereich Tierische Gesundheit und Tierschutz greift der Kläger nicht an.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Bescheide des Beklagten vom 12. Dezember 2012 und vom 19. März 2013, beide in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Betriebsprämie bzw. eine höhere Förderung nach dem KULAP-Programm (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Kürzung der entsprechenden Subventionen um jeweils 24% ist zu Recht erfolgt. Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen und der festgestellten Verstöße folgt das Gericht den zutreffenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 2015 und sieht insoweit von einer Darstellung seiner Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Zu Recht hat der Beklagte die mehrmaligen Verstöße gegen die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene und die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs als vorsätzlichen Verstoß gewertet.

Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Gewährung der Betriebsprämie ist gem. Art. 4 Abs. 1 VO (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 – nachfolgend: VO (EG) Nr. 73/2009 - an die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen (Cross-Compliance) geknüpft. Nach Art. 23 Abs. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 wird der Gesamtbetrag der Direktzahlungen gekürzt oder gestrichen, wenn diese grundlegenden Anforderungen in einem bestimmten Kalenderjahr zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt worden sind und dieser Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem Betriebsinhaber anzulasten ist. Mit der Verwendung des Begriffs „anzulasten“ wird in stärkerem Umfang als früher, als von einer dem Betriebsinhaber unmittelbar zuzuschreibenden Handlung oder Unterlassung die Rede war, auf einen gegen den Betriebsinhaber zu erhebenden Schuldvorwurf verwiesen (vgl. VG Augsburg, U.v. 22.3.2011 – Au 3 K 10.1782 – juris). Dem Kläger als Betriebsinhaber ist auch das Verhalten von Hilfspersonen zuzurechnen (§ 278 BGB). Dem Kläger waren die Probleme mit den erhöhten Zellzahlen bekannt. Durch die Schlachtung mehrerer Kühe wurde das Problem nicht beseitigt. Bei den Vor-Ort-Kontrollen äußerte der Kläger gegenüber den Kontrolleuren mehrmals, dass sein Mitarbeiter in letzter Zeit nicht mehr zuverlässig sei (vgl. Aktenvermerk Bl. 84 Rs). Vom Veterinäramt wurde der Kläger wiederholt auf verschiedene Möglichkeiten der Abhilfe hingewiesen, insbesondere auch auf die Möglichkeit, bei jedem Tier vor dem Melken einen Schalmtest vorzunehmen. Mit der Vornahme eines Schalmtestes wäre sicher zu verhindern gewesen, dass Milch mit erhöhter Zellzahl in den Verkehr gelangt. Zwar hätte ein solcher Test eine Mehrarbeit verlangt, der finanzielle Aufwand hätte sich aber – vor allem in Relation zu den zu erwartenden finanziellen Verlusten bei einem Milchlieferungsverbot – in Grenzen gehalten. Wenn der Schalmtest durchgeführt worden wäre, hätte sich auch die vom Kläger behauptete Verwechslung von Kühen durch seinen Mitarbeiter A. bei der LKV- Kontrolle nicht ausgewirkt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, er habe seinen Mitarbeiter zwar angewiesen, dass dieser einen Schalmtest machen solle, der Mitarbeiter habe sich aber geweigert. Diese Weigerung des Mitarbeiters hat der Kläger offensichtlich widerspruchslos, also ohne Konsequenzen zu ziehen, hingenommen. Dies bedeutet, dass der Kläger „sehenden Auges“ in Kauf genommen hat, dass sich an dem Problem nichts ändert. Insbesondere wusste der Kläger, dass es nicht ausreicht, wenn er Kühe mit erhöhten Zellzahlen aus der Produktion nimmt, denn auch nach Schlachtung mehrerer Kühe hatte sich das Problem nicht erledigt (vgl. Aktenvermerk Bl. 84 Rs.). Deshalb wurden die wiederholten Verstöße gegen die einzuhaltenden Vorschriften vom zuständigen Veterinäramt zu Recht als vorsätzlicher Verstoß bewertet.

Vorsatz bedeutet das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Eine Absicht, d.h. der zielgerichtete Wille, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen, ist insoweit nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass der Erfolg durch wissentliches Handeln herbeigeführt wird („direkter Vorsatz“), oder dass der Täter den Taterfolg für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat - sog. „Eventualvorsatz“ – (Fischer, StGB und Nebengesetze, 57. A. 2014, § 15 Rn. 5, 9).

Die Kammer ist aufgrund des Verhaltens des Klägers (dokumentiert in der Behördenakte) und aufgrund seiner Einlassungen in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger durch sein Verhalten in Kauf genommen hat, dass weiterhin Milch mit erhöhten Zellzahlen in den Verkehr gelangen kann, sich aber letztendlich damit abgefunden hatte. Dass der Kläger nach eigenen Angaben aus gesundheitlichen und persönlichen Gründen nicht in der Lage war, seinen Mitarbeiter vernünftig anzuleiten bzw. keine Konsequenzen aus dessen Weigerung, den Schalmtest durchzuführen, gezogen hat, entlastet den Kläger nicht. Persönliche/familiäre Probleme stellen keineswegs eine Entschuldigung für Verstöße gegen die einzuhaltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften, die dem Schutz der Verbraucher dienen, dar. Spätestens nach dem Warnschreiben des Landratsamtes Würzburg vom 21. August 2012 hätte der Kläger reagieren müssen. In diesem Schreiben waren dem Kläger die Konsequenzen künftiger Verstöße aufgezeigt worden. Dass er weiterhin das Verhalten seines Mitarbeiters hingenommen hat, ist ursächlich für die eingetretenen Verstöße gegen die lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Aufgrund des bisherigen Geschehensablaufes musste der Kläger mit den erhöhten Zellzahlen in der Milch rechnen und hätte tätig werden müssen.

Auch die Bewertung des Verstoßes gegen die Kennzeichnungspflicht mit 3% ist rechtmäßig, da es sich um einen Wiederholungsverstoß handelte.

Somit ist die Kürzung der Betriebsprämie und der KULAP-Förderung zu Recht in der vorgenommenen Höhe (24%) erfolgt. Deshalb konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV 2007 | § 29 Anzeige von Bestandsveränderungen


(1) Der Tierhalter hat der zuständigen Behörde oder einer von dieser beauftragten Stelle jede Veränderung seines Rinderbestandes innerhalb von sieben Tagen anzuzeigen, und zwar unter Angabe 1. der Registriernummer seines Betriebes sowie,2. bezogen au

Referenzen

(1) Der Tierhalter hat der zuständigen Behörde oder einer von dieser beauftragten Stelle jede Veränderung seines Rinderbestandes innerhalb von sieben Tagen anzuzeigen, und zwar unter Angabe

1.
der Registriernummer seines Betriebes sowie,
2.
bezogen auf das einzelne Tier,
a)
der Ohrmarkennummer,
b)
des Zugangsdatums mit Ausnahme des Geburtsdatums,
c)
des Abgangsdatums.
Zusätzlich zu den Angaben nach Satz 1 hat der Tierhalter im Falle
1.
des Verbringens eines Rindes aus einem anderen Mitgliedstaat unmittelbar in seinen Bestand den betreffenden Mitgliedstaat, das Ursprungsland und das Geburtsdatum, auch im Falle des Verbringens zur unmittelbaren Schlachtung,
2.
der Einfuhr eines Rindes zur unmittelbaren Schlachtung das in der Tiergesundheitsbescheinigung angegebene Geburtsdatum,
3.
des Verbringens eines Rindes nach einem anderen Mitgliedstaat den betreffenden Mitgliedstaat,
4.
der Ausfuhr das betreffende Drittland, in das das Rind ausgeführt worden ist,
5.
des Todes eines Rindes, ob dieses Rind geschlachtet, notgeschlachtet oder auf andere Weise getötet worden oder verendet ist,
anzuzeigen.

(2) Der nach § 3 des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes Beseitigungspflichtige oder ein von diesem Beauftragter hat der zuständigen Behörde oder einer von dieser beauftragten Stelle die Übernahme eines toten Rindes innerhalb von sieben Tagen anzuzeigen, und zwar unter Angabe des Namens und der Anschrift seines Betriebes oder der Registriernummer sowie der Ohrmarkennummer und des Übernahmedatums des toten Rindes.

(3) Absatz 1 gilt nicht für das Verbringen eines Rindes zur tierärztlichen Behandlung. In diesem Fall trägt der Tierhalter das Datum des Verbringens sowie der Wiedereinstellung des Rindes in seinen Betrieb unverzüglich in das von ihm geführte Bestandsregister ein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.