Verwaltungsgericht Weimar Urteil, 29. Jan. 2021 - 8 K 795/20 We

published on 07/07/2024 14:06
Verwaltungsgericht Weimar Urteil, 29. Jan. 2021 - 8 K 795/20 We
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Gericht

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Principles

Amtliche Leitsätze

1. Zur Frage der Förderfähigkeit bei Einkünften durch Vermietung von Ferienwohnungen und Wohnraum

2. Zur Nachweispflicht eines Hauptgewerbes und einer diesbezüglich angeforderten Gewerbeanmeldung

3. Zur Indizwirkung geringer Einnahmen für die Ausübung eines Nebengewerbes

Verwaltungsgericht Weimar

Urteil vom 29. Jan. 2021

Az.: 8 K 795/20 We

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Billigkeitsleistungen im Rahmen des Soforthilfeprogramms Corona 2020.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A..., ... E.... Die in diesem Objekt befindlichen Wohnungen vermietet er zur Einkommenserzielung. Die Versteuerung jener Einkünfte erfolgt beim Finanzamt E....

Mit Antrag vom 23. Mürz 2020, eingegangen bei der Thüringer Aufbaubank am 26. März 2020, beantragte der Kläger die Gewährung einer Soforthilfe auf der Grundlage der vom Beklagten erlassenen "Richtlinie des Freistaates Thüringen über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Minderung von finanziellen Notlagen infolge der Corona-Pandemie 2020" vom 25. März 2020. Unter Ziffer 1 "Branche" der Antragsmaske gab er zunächst die Nummer 74.90 (WZ 2008) an.

Mit Schreiben vom 20. März 2020 erklärte der Kläger, er sei Kleinunternehmer. Er sei mit Buchungsstornos wegen der Corona-Virus-Pandemie mit einem Nettoverlust von 1.684,11 € betroffen. Im Jahresverlauf 2020 würde ihm und seiner Frau ein Einnahmeverlust i.H.v. insgesamt 11.300,00 € drohen. Der diesem Schreiben beigefügte Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018 vom 9. Juli 2019 wies ein erzieltes Einkommen des Klägers über Kapitalvermögen von insgesamt 12.476,00 € und ein erzieltes Einkommen über die Vermietung bebauter Grundstücke von 6.240,00 € aus.

Mit Schreiben vom 17. April 2020 erklärte der Kläger dann, die WZ-Nummer im Förderantrag auf 68.20.1 abgeändert zu haben, da er Einnahmen im Rahmen eines Kleingewerbes durch die Bewirtschaftung einer eigenen Immobilie erziele.

Mit Bescheid vom 23. April 2020 lehnte die Thüringer Aufbaubank den Antrag des Klägers auf Corona-Soforthilfe ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger betreibe sein Gewerbe "nicht als Hauptgewerbe (fehlende Gewerbeanmeldung)".

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2020, eingegangen bei Gericht am 4. Mai 2020, erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 23. April 2020. Das Verwaltungsgericht Weimar wies die Klage gegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23. April 2020 mit Urteil vom 17. September 2020, Az.: 8 K 609/20 We, ab.

Unter dem 3. Mai 2020 beantragte er bei der Thüringer Aufbaubank ebenfalls erneut die Gewährung einer Soforthilfe auf der Grundlage der vom Beklagten erlassenen "Richtlinie des Freistaates Thüringen über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Minderung von finanziellen Notlagen infolge der Corona-Pandemie 2020" vom 3. April 2020, rückwirkend in Kraft getreten zum 2. April 2020. Als WZ-Nummer trug er die 68.20 ein.

Mit E-Mail vom 12. Mai 2020 fragte die Thüringer Aufbaubank beim Kläger an, ob er sein Gewerbe im Nebenerwerb betreibe, weil sein Jahresumsatz 2019 sehr gering gewesen sei. Daraufhin gab der Kläger in einer Antwort-E-Mail vom gleichen Tag an, es handle sich bei jener Tätigkeit nicht um einen Nebenerwerb, da er seinen Lebensunterhalt von den Einnahmen überwiegend bestreite.

In seiner E-Mail vom 13. Mai 2020 erklärte der Kläger abermals gegenüber der Thüringer Aufbaubank, er bewirtschafte sein Mehrfamilienhaus freiberuflich. Hierbei fielen verschiedene Tätigkeiten an, denen er lediglich vereinfachend versucht habe, eine statistische Kennziffer zu geben. Die Systematik des WZ-Codes habe jedoch den Nachteil, dass der Eindruck entstehe, es gebe vermehrt Tätigkeiten des erlaubnispflichtigen Gewerbes. Eine gewerbliche Anmeldung sei indes nur dann relevant, wenn Umsätze erzielt würden, die das Entrichten der Gewerbesteuer nach sich zögen. Als Kleinunternehmer sei dies bei ihm nicht der Fall. Die WZ 2008-Systematik beinhalte darüber hinaus lediglich Vorschläge, d. h. es würden nicht alle Tätigkeiten klassifiziert. Als Freiberufler zählten nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auch "ähnliche Berufe", worunter er falle. Deshalb sei die WZ-Nr. 74.90 für ihn "alternativ" anwendbar.

Die Thüringer Aufbaubank lehnte auch den zweiten Antrag des Klägers mit Bescheid vom 14. Mai 2020 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Förderung nur für die gewerbliche Wirtschaft, also Unternehmen mit Gewerbeanmeldung, sowie Angehörige freier Berufe bestimmt sei. Unter die hiernach Förderfähigen falle der Kläger jedoch nicht.

Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2020, eingegangen bei Gericht am 8. Juni 2020, hat der Kläger eine weitere Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 14. Mai 2020 erhoben.

Zur Begründung vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Insoweit hält er auch an seinem Vorbringen im ersten Klageverfahren fest. Ihm sei die Tätigkeit zur Sicherung seines Lebensunterhalts weitgehend weggebrochen. In Anlehnung an die in § 18 EStG genannten "ähnlichen Berufe" seien etwa auch Restauratoren oder Softwareentwickler als freie Berufe anerkannt. Es fehlten Einkünfte wegen der staatlichen Eingriffe, zum einen aufgrund von Stornierungen, zum anderen aufgrund von ausbleibenden Folgeeinnahmen. Von den 1.684,11 € Nettoverlust seien ihm lediglich 273,50 € durch ein Buchungsportal ersetzt worden. Er sei Wohnungseigentumsverwalter und übe einen freien Beruf als Vermögensverwalter aus. Zudem gehe aus Anlage V des Einkommenssteuerbescheids 2019 des Jahres 2019 hervor, dass der Kläger die Einnahmen i. H. v. 17.970,00 € einerseits aus seinem Haupterwerb erziele und andererseits für diese keine Gewerbeanmeldung erforderlich sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Ablehnungsbescheid vom 14. Mai 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm den Zuschuss nach dem Soforthilfeprogramm Corona 2020 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Er legt dar, der Kläger sei im Ergebnis nicht förderfähig. Die vom Kläger dargelegten Beschränkungen würden nur die in der Anlage V zur Steuererklärung 2019 aufgeführte Vermietung von Ferienwohnungen betreffen. Der vom Kläger angegebene Schaden bzw. Liquiditätsengpass beziehe sich daher nicht auf die Vermietung von Wohnraum, sondern von Ferienwohnungen. Eine Vermietung von Wohnraum bzw. Ferienwohnungen sei niemals als freiberufliche Tätigkeit einzuordnen. Der Kläger sei jedoch auch nicht als tätiger Unternehmer der gewerblichen Wirtschaft förderfähig. Hierfür bedürfe es einer nachweislich gewerblichen Tätigkeit des Klägers, was durch eine entsprechende Gewerbeanmeldung zu belegen sei. Der Kläger habe eine solche trotz mehrfacher Aufforderung aber nicht eingereicht. In solchen bzw. vergleichbaren Fällen entspreche es der ständigen Praxis der Thüringer Aufbaubank, den Antrag abzulehnen. Auch ein sog. "Kleingewerbe" ziehe eine Pflicht zur Anmeldung des Gewerbes ab Beginn der Tätigkeit nach sich. Darüber hinaus wiesen beide Einkommenssteuerbescheide, 2018 und 2019, keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit aus, was ebenfalls stark auf das Nichtvorliegen einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit hindeute.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Der angegriffene Ablehnungsbescheid im Soforthilfeprogramm Corona vom 14. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung der begehrten Billigkeitsleistungen.

I.

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter sowie mit Einverständnis der Beteiligten ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

Die Klage ist zulässig.

Statthafte Klageart ist vorliegend, unter Beachtung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO), die Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 HS. 2 Alt. 1 VwGO.

III.

Die Klage ist in der Sache jedoch unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Minderung von finanziellen Notlagen infolge der Corona-Pandemie 2020.

Der Beklagte hat die Förderung ermessensfehlerfrei abgelehnt.

Eine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Förderung nach dem Corona Soforthilfeprogramm 2020 besteht nicht. Vielmehr hat der Beklagte über die Förderung allein aufgrund eines entsprechenden Haushaltstitels im Landeshaushalt (§ 53 ThürLHO) und nach Maßgabe der "Richtlinie des Freistaates Thüringen über die Gewährung von Billigkeitsleistungen zur Minderung von finanziellen Notlagen infolge der Corona-Pandemie 2020" vom 25. März 2020 entschieden, die inzwischen durch die Richtlinie vom 3. April 2020 abgelöst worden ist. Die Bewilligung einer entsprechenden Förderung stand (und steht) im Ermessen des Beklagten. Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung ist der Beklagte im Grundsatz durch die genannten Richtlinien gebunden (vgl. Ziffer 1.1 der Förderrichtlinie vom 25. März 2020).

Bei Richtlinien von öffentlichen Fördermittelgebern handelt es sich allerdings nicht um Rechtsnormen, sondern um interne Verwaltungsvorschriften. Diese entfalten nur insoweit rechtliche Außenwirkung, als der jeweilige Fördermittelgeber daran über den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist. Wenn er unter den in der jeweiligen Förderrichtlinie genannten Voraussetzungen die beantragte Zuwendung gewährt, so ist er an diese Verwaltungspraxis über Art. 3 Abs. 1 GG gebunden und darf ohne sachlichen Grund nicht von ihr abweichen. Anspruchsgrundlage ist aber auch in diesem Fall nicht die Förderrichtlinie selbst, sondern das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gleichbehandlungsgebot.

Weicht der jeweilige Fördermittelgeber hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung. Die Frage, ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis (BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 - 8 C 18/11, Rn. 30-32 -, zit. nach juris; vgl. auch OVG Weimar, Urteil vom 26. Juli 2012 - 3 KO 591/11 - und Beschluss vom 14. August 2018 - 1 ZKO 533/11 -). Als Ausgangspunkt dient die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Bei alledem muss jedoch auch ein Spielraum für die Berücksichtigung atypischer Fälle verbleiben. Denn ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften dürfen nur für den Regelfall gelten und müssen daneben Raum für die Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls lassen (Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 40 Rn. 42 ff.; Kopp/Schenke/Schenke/Ruthig, VwGO 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 41 ff.). Ein atypischer Fall liegt etwa dann vor, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweist, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten (OVG Münster, Beschluss vom 29. Mai 2017 - 4 A 516/15, Rn. 23 f. -, zit. nach juris).

Der Prüfungsmaßstab der Verwaltungsgerichte beschränkt sich letztlich darauf festzustellen, ob die Behörde bei Erlass der angefochtenen Entscheidung die rechtlichen Grenzen des Ermessens i. S. d. § 114 S. 1 VwGO eingehalten hat. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob das Ermessen richtig ausgeübt wurde, ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Diesen Zeitpunkt legt die Kammer in ständiger Rechtsprechung bei Konstellationen gleichzeitiger Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren zugrunde.

Dabei trifft den Zuwendungsempfänger im Zuwendungsverfahren eine substantiierte Darlegungslast. So ist er gehalten, die für das Zuwendungsverhältnis relevanten Angaben vollumfänglich vorzutragen und alle Unterlagen einzureichen, denn er allein besitzt aufgrund der Sachnähe die umfassende Kenntnis der relevanten Informationen. Dies bedeutet zugleich, dass alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen wurde oder erkennbar war, in den Ermessenserwägungen auch nicht berücksichtigt werden muss. Werden Tatsachen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung relevant sind, erst im Klageverfahren vorgetragen, können diese folglich keine Berücksichtigung mehr finden (st. Rspr, z. B. VG Weimar, Urteil vom 30. April 2012 - 8 K 889/10 We - sowie Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 K 245/14 We - und Urteil vom 7. Dezember 2015 - 8 K 798/13 -; vgl. auch OVG Bautzen, Urteil vom 16. Februar 2016 - 1 A 677.13, Rn. 67 - zitiert nach juris; VG München, Urteil vom 25. Juni 2020 - M 31 K 20.2261, Rn. 19 - zitiert nach juris).

Gemessen an diesen Maßstäben ist die ablehnende Entscheidung der Thüringer Aufbaubank vom 14. Mai 2020 nicht zu beanstanden. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Förderung, da nach der oben genannten Richtlinie und der maßgeblichen Verwaltungspraxis ein Anspruch auf die Gewährung der Billigkeitsleistung nicht besteht. Er hat nicht nachgewiesen, dass er zum Kreis der nach Ziffer 3.1 der Förderrichtlinie antragsberechtigten Empfänger zählt.

Im hiesigen zweiten, den Kläger betreffenden Fall gewährt die Thüringer Aufbaubank entsprechend der Richtlinie vom 3. April 2020, rückwirkend in Kraft getreten zum 2. April, Leistungen nur an Berufsgruppen bestimmter Wirtschaftszweige, deren Einordnung sich an der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008) orientiert. Aus diesem Grund muss der Förderantragsteller die jeweilige vierstellige Nummer im Antragsformular angeben.

1. Der Kläger hat in seinem Förderantrag vom 3. Mai 2020, bei der Thüringer Aufbaubank eingegangen am 5. Mai 2020, die Nummer 68.20 angegeben. Mit E-Mail vom 13. Mai 2020 erklärte der Kläger hierzu gegenüber der Thüringer Aufbaubank, er bewirtschafte sein Mehrfamilienhaus freiberuflich. Dabei fielen verschiedene Tätigkeiten an, denen er lediglich vereinfachend versucht habe, eine statistische Kennziffer zu geben.

Die Nummer 68.20.1 entspricht nach der Klassifikation dem Wirtschaftszweig "Vermietung, Verpachtung von eigenen oder geleasten Wohngrundstücken, Wohngebäuden und Wohnungen". Empfänger der Soforthilfe können im Haupterwerb tätige Angehörige freier Berufe jedoch nur sein, soweit sie den Wirtschaftszweigen M71-M74, P85.5 oder R90 der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind. Der von dem Kläger im Förderantrag angegebene Wirtschaftszweig 68.20 fällt also nicht hierunter. In der Folge ist die Förderung des Klägers als Freiberufler somit ausgeschlossen.

Der diesbezügliche Einwand des Klägers, er sei Wohnungseigentumsverwalter und übe einen freien Beruf als Vermögensverwalter aus, verfängt nicht. Der Kläger hat im Antrag selbst den WZ-Code 68.20 angegeben. Hieran muss er sich festhalten lassen. Unabhängig davon, trifft diese Nummer, orientiert an der obigen Definition, auf den Kläger auch zu. Demgegenüber geht der Verweis des Klägers auf die Nummer 74.90 ins Leere. Diese entspricht nach der Klassifikation den "sonstigen freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten", worunter etwa Maklergeschäfte, Umweltberatung, Patentmaklergeschäfte, meteorologische Tätigkeiten, Sicherheitsberatung usw. zählen. Hierunter fällt der Kläger, der ausweislich der Anlage V zur Steuererklärung 2019 Einkünfte aus der Vermietung von Ferienwohnungen und Wohnraum erzielt, ganz offensichtlich nicht.

2. Der Kläger ist indes auch nicht als im Haupterwerb tätiger Unternehmer der gewerblichen Wirtschaft förderfähig. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei der Vermietung von Wohnungen um den Haupterwerb des Klägers handeln würde, was anhand einer entsprechenden Gewerbeanmeldung im Zeitpunkt der Antragstellung zu belegen ist (vgl. "Hinweise zur Antragstellung"). Gemäß Ziffer 6.3 der Förderrichtlinie ist die Thüringer Aufbaubank berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern, zu prüfen sowie den Einsatz der Billigkeitsleistung durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Gegen die Anforderung einer Gewerbeanmeldung seitens des Beklagten bestehen grundsätzlich keine Bedenken. Die Entscheidung, welche Unterlagen sich die Behörde vorlegen lässt, steht in ihrem Ermessen. Dieses hat sich vor allem am Förderzweck zu orientieren und darf nicht willkürlich sein. Dem Förderzweck, nur Unternehmen zu fördern, die im Haupterwerb betrieben werden, wird der Beklagte mit der Anforderung einer Gewerbeanmeldung gerecht (st. Rspr. der Kammer, vgl. hierzu etwa zuletzt VG Weimar, Urteil vom 17. September 2020 - 8 K 609/20 We -; Beschluss vom 4. August 2020 - 8 K 711/20 We -).

Eine solche legte der Kläger trotz nochmaliger Aufforderung des Beklagten jedoch nicht vor. In seinen Schreiben vom 20. März 2020, 17. April 2020 und 18. November 2020 berief er sich stattdessen darauf, Kleinunternehmer zu sein. Selbst bei Wahrunterstellung jenes Umstands entbindet dies den Kläger indes nicht davon, sein Gewerbe anzumelden. Gem. § 14 GewO Abs. 1 S. 1 GewO muss jeder, der den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, einer Zweigniederlassung oder einer unselbständigen Zweigstelle anfängt, dies der zuständigen Behörde gleichzeitig anzeigen. Dabei zählt insbesondere auch ein Hausverwalter im eigentlichen Sinne, der also fremdes Wohnungseigentum verwaltet, als Gewerbetreibender. Ebenso stellt die Vermietung von Privatzimmern an Feriengäste sich nicht mehr nur als bloße Nutzung des Vermögens, sondern als Gewerbe dar, weil sie wegen des schnellen Wechsels der Mieter eine Tätigkeit erfordert, die das übliche Maß bei langfristigen Vermietungen erheblich überschreitet (vgl. Landmann/Rohmer/Marcks, Gewerbeordnung, Werkstand: 84. EL Februar 2020, Rn. 28, 28b m. w. N.).

Orientiert an diesen rechtlichen Kriterien besteht für den Kläger die Pflicht, sein Gewerbe anzumelden. Zum einen trägt der Kläger selbst vor, Wohnungseigentumsverwalter zu sein. Zum anderen erzielte er einen Teil seiner Einkünfte ausweislich der Anlage V zur Steuererklärung 2019 aus Mieteinahmen, welche jedenfalls zum Teil aus der Nutzung des Objekts als Ferienwohnung stammen. Gegen die Anforderung einer Gewerbeanmeldung von Seiten der Thüringer Aufbaubank bestehen somit keine Bedenken.

Auch stellt sich die weitere Annahme des Beklagten, es handle sich bei der Einkommenserzielung aus Vermietung von bebauten Grundstücken nicht um den Haupterwerb des Klägers, nicht als rechtswidrig dar. Der dem Schreiben vom 20. März 2020 beigefügte Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018 vom 9. Juli 2019 wies ein erzieltes Einkommen des Klägers über Kapitalvermögen von insgesamt 12.476,00 € aus, wohingegen lediglich 6.240,00 € als Einkommen aus Vermietung von bebauten Grundstücken aufgeführt waren. Die weiterhin vorgelegte Anlage V zur Steuererklärung 2019 führte ein erzieltes Einkommen des Klägers durch Mieteinnahmen für Wohnungen i. H. v. insgesamt 20.288,00 € auf. Unter Abzug der Werbungskosten von 5.571,00 € verblieb ein Überschuss i. H. v. 14.717,00 €.

Der Rückschluss des Beklagten, es handle sich bei der Einkommenserzielung aus Vermietung von bebauten Grundstücken nicht um den Haupterwerb des Klägers, begegnet angesichts jenes im Einkommenssteuerbescheids ausgewiesenen Ungleichgewichts der vom Kläger erzielten Summen und in Anbetracht der geringen Höhe der Einnahmen für das gesamte Jahr, keinen Bedenken. Anhand des erzielten Umsatzes lassen sich Rückschlüsse auf den in die Erwerbstätigkeit investierten zeitlichen Aufwand und somit darauf ziehen, ob die Tätigkeit im Haupt- oder Nebenerwerb ausgeübt wird. Nur ein Umsatz, der von seiner Höhe her dem Fördermittelempfänger eine wirtschaftlich ausreichende Lebensgrundlage gewährleistet, wird den Schluss zulassen können, dass die Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und dem hierfür zu erbringenden zeitlichen Aufwand den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit und damit den Haupterwerb darstellt. Niedrige Umsätze lassen dagegen eher auf eine Tätigkeit im Nebenerwerb schließen.

So liegt der Fall hier. Weitergehende Angaben dazu, etwa um jene offensichtlichen Widersprüche aufzudecken, hat der Kläger im Nachgang indes nicht gemacht, weshalb die Behörde auf der Grundlage der ihr einzig vorliegenden, oben beschriebenen Informationen zu entscheiden hatte. Danach konnte der Kläger die Fördervoraussetzungen nicht nachweisen. Es ist insbesondere auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Beklagten in vergleichbaren Fällen, d. h. ohne Vorlage der Gewerbeanmeldung oder entsprechender aussagekräftiger Nachweise zum Haupterwerb, Corona-Soforthilfen in Form der streitgegenständlichen Billigkeitsleistungen gewährt worden wären. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die ständige Verwaltungspraxis - wie von der Thüringer Aufbaubank im Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 dargelegt - an den beschriebenen Vorgaben ausrichtet. Es bestehen vorliegend nämlich keine Anhaltspunkte für eine atypische Fallgestaltung aufgrund etwaiger Besonderheiten des Einzelfalles.

3. Schließlich handelt es sich bei dem Ausschluss des Klägers vom Kreis der Empfänger der Billigkeitsleistungen auch im Übrigen nicht um eine unzulässige Ungleichbehandlung, da hier auf Seiten des Beklagten bei der Entscheidungsfindung keine Willkür gegeben ist, sondern sachgerechte, vertretbare Gründe für die Ablehnung vorliegen.

Aus der nach Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen gleichmäßigen Verwaltungspraxis folgt das Verbot einer Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung, wenn sich eine solche nicht durch sachliche Unterschiede rechtfertigen lässt (vgl. etwa VGH München, Urteil vom 11. Oktober 2019 - 22 B 19.840, Rn. 32 -, zit. nach juris). Wegen des freiwilligen Charakters der streitgegenständlichen Billigkeitsleistungen und des weiten Ermessens des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Richtlinien zur Gewährung von Hilfen prüft das Gericht nur nach, ob möglicherweise eine willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Empfänger der Hilfen vorliegt. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung findet hingegen nicht statt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 - 10 C 1/17, Rn. 15-17 -, zit. nach juris; BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07, Rn. 64 -, zit. nach juris). Entsprechend der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfG, Urteil vom 23. Oktober 1951 - 2 BvG 1/51 -, zit. nach juris) ist von einem willkürlichen Handeln dann auszugehen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.

Gemessen an diesen rechtlichen Kriterien stellt sich der Ausschluss des Klägers von der Gewährung der hier begehrten Billigkeitsleistungen nicht als willkürlich dar. Es liegen keine sachfremden Erwägungen vor. Mit den Billigkeitsleistungen sollen den in der Förderrichtlinie genannten Unternehmen Finanzhilfen zur Bewältigung oder Minderung von finanziellen Notlagen, welche durch Schäden infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie 2020 entstanden sind, gewährt werden. Dabei liegt es im Gestaltungsspielraum des Förderungsgebers, welche Unternehmen er unterstützt möchte. Die Annahme, dass im Haupterwerb tätige Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, im Haupterwerb tätige Angehörige freier Berufe und der Kreativwirtschaft, soweit sie den Wirtschaftszweigen M71-M74, P85.5 oder R90 nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen sind sowie im Haupterwerb tätige Unternehmen des Gesundheitswesens nach 86.9 WZ 2008 wegen ihrer im Vergleich zu anderen, etwa im Nebengewerbe geführten Tätigkeiten, gesteigerten Bedeutung für die Wirtschaftskraft des Freistaats Thüringen vorzugswürdig zu unterstützen sind, ist sachlich begründet und somit letztlich nicht zu beanstanden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.410,61 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

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