Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Feb. 2017 - M 9 K 15.5855

published on 01/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Feb. 2017 - M 9 K 15.5855
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Zweckentfremdung seiner Wohnung in der F. Straße als Büroräume für eine Rechtsanwaltskanzlei.

Ausweislich der Baugenehmigung von 1961 handelt es sich um eine Wohnung mit vier Zimmern, Küche, Bad, deren Eigentümerin die Ehefrau des Klägers ist. Bei einem Ortstermin im Jahre 2010 wurde festgestellt, dass der Kläger ein Schild „Rechtsanwalt“ an der Wohnung angebracht hatte. Bei seiner Anhörung teilte er mit Schreiben vom 27. August 2010 mit, dass er die Wohnung zu weniger als 50% als Rechtsanwaltskanzlei nutze; der Kläger war damals in Gräfelfing mit Wohnsitz gemeldet. Bei einem Ortstermin am 9. April 2010, dokumentiert durch Fotos, wurde seitens der Beklagten festgestellt, dass ein Raum (11,48 m²) untervermietet sei und bewohnt werde. Ein Raum sei Abstellkammer. In einem Raum befänden sich Alt-Akten. Ein Raum werde als Studierzimmer genutzt. Ausweislich der Akten haben sich der Kläger und sein Sohn im September 2010 mit Hauptwohnsitz in der verfahrensgegenständlichen Wohnung angemeldet (Bl. 24). Das Ordnungswidrigkeitenverfahren endete mit einer Verwarnung (Bl. 35).

Bei einem Ortstermin am 5. Mai 2015, dokumentiert durch Fotos, wurde seitens der Beklagten festgestellt, dass die Wohnung unbenutzt wirke. Es befänden sich dort ein Abstellraum, ein Studierzimmer/Büro, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer. Nach Auskunft des Stromanbieters sei der Stromverbrauch so gering gewesen, dass nicht von einer Nutzung auszugehen sei. Bei einem Ortstermin in Gräfelfing am 13. Juli 2015 befand sich der Kläger nach den Feststellungen im Flur des Familienwohnhauses. Seine Ehefrau gab an, dass sie mit ihrem Ehemann und zwei Kindern in diesem Haus lebe (Bl. 83 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 18. November 2015 wurde dem Kläger aufgegeben, die Nutzung des Wohnraumes als Büro- und Abstellraum unverzüglich zu beenden (Ziffer 1.). Ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,-- € wurde angedroht, sofern der Anordnung in Ziffer 1. des Bescheides nicht innerhalb von sechs Monaten ab Bestandskraft Folge geleistet werde (Ziffer 2.).

Die Wohnung unterliege dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum und werde nicht zu Wohnzwecken genutzt. Diese ungenehmigte Zweckentfremdung sei ein Verstoß gegen Art. 2 und 3 ZwEWG i.V.m. §§ 4 und 5 ZeS und damit eine Ordnungswidrigkeit, § 14 Abs. 1 ZeS. Nach pflichtgemäßem Ermessen werde im Hinblick auf die angespannte Wohnungssituation in München gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStVG dem Kläger als Nutzer aufgegeben, die nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung in angemessener Frist zu beenden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Mit weiterem Bescheid vom 18. November 2015 wurde die Ehefrau des Klägers verpflichtet, die Überlassung des Wohnraums zur Nutzung als Büro- und Abstellräume an den Kläger unverzüglich zu beenden (Ziffer 1.). Zudem wurde ihr aufgegeben, den Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung als Büro- und Abstellraum wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziffer 2.). Der Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Der Kläger erhob am 23. Dezember 2015 Klage und beantragte,

Der Bescheid der Landeshauptstadt München vom 18. November 2015, S-III-W/BF122-24-25, in Ziffern 1., 2. und 3. wird aufgehoben.

Die Feststellungen zur Ziffer 1. des Bescheides seien unrichtig und würden ansonsten vollumfänglich bestritten. Rechtlich liege keine Zweckentfremdung vor. Es sei sachfremd, sich auf einen Ruhestand des Klägers von zehn Jahren bei Bemessung der Länge der Frist zu berufen. Auf den Schriftsatz wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Mit weiterem Schreiben vom 12. Januar 2017 ergänzte der Kläger, dass der Vortrag der Beklagten nicht nur bestritten werde, sondern auch unwahr sei. Er biete Beweis an, dass Mandantenbesprechungen ausschließlich im zweiten Zimmer links stattgefunden hätten. Im Übrigen wohne und arbeite er in der F. Straße, benutze Flur, Küche, drittes Zimmer links, WC/Bad und Wohnzimmer mit Balkon ausschließlich zum Wohnen. Frühstück und Abendessen erfolgten oft außer Haus, ansonsten Kaltzubereitung. Mittagessen erfolge immer außer Haus. Im dritten Zimmer links erfolge regelmäßig Übernachtung mit Freundin. Sein Sohn habe bis März 2013 ebenfalls dort gewohnt. Er benötige keinen Strom, da er Kerzenlicht nehme, weder Herd noch Kühlschrank noch Waschmaschine noch Fernseher benutze und jährlich etwa 4 Monate verreist sei. Manchmal schlafe er auch in Gräfelfing, wenn seine Ehefrau verreist sei.

Die Beklagte beantragte,

Klageabweisung.

Auf die Ermittlungsberichte in den Akten werde Bezug genommen. Weder die Einrichtung der im Betreff genannten Wohnung noch der niedrige Stromverbrauch ließen den Schluss zu, dass eine Wohnnutzung vorliege.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. Art. 5 ZwEWG liegen vor. Danach können Sicherheitsbehörden für den Einzelfall Anordnungen treffen, um Taten zu unterbinden, die den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen. Die Nutzung der betroffenen Wohnung durch den Kläger als Kanzlei verwirklicht den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 5 ZwEWG. Nach dieser Vorschrift ist die Verwendung zur Überlassung von Wohnraum für andere als Wohnzwecke ohne die erforderliche Genehmigung ordnungswidrig.

Geschützter Wohnraum im Sinne des Art. 2 und 5 ZwEWG liegt vor. Die betroffene Wohnung ist baurechtlich zum Wohnen genehmigt worden und von der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum sachlich erfasst, § 3 Abs. 1 Satz 1 ZeS.

Die Wohnung wurde durch den Kläger zu anderen als Wohnzwecken gewerblich genutzt, ohne dass der Kläger die nach Art. 2 ZwEWG, § 5 Abs. 1 ZeS erforderliche Genehmigung dafür hatte. Die Nutzung als Rechtsanwaltskanzlei erfüllt tatbestandlich die Voraussetzungen für eine Zweckentfremdung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZeS.

Soweit der Kläger vorträgt, er nutze die Wohnung überwiegend zu Wohnzwecken, überzeugt dies nicht. Im Hinblick auf die Ortstermine, die Angaben seiner Ehefrau gegenüber der Beklagten und den eigenen Angaben des Klägers ist nicht ansatzweise überzeugend dargelegt, dass der Kläger dort wohnt und lediglich in einem Raum sein Büro hat, § 4 Abs. 2 Nr. 3 ZeS. Nach den Fotografien über die Besichtigung der Wohnung am 5. Mai 2015 ist die Wohnung zwar möbliert, wirkt jedoch bereits auf Grund der Art der Möblierung unbenutzt. Die Kammer hält es für ausgeschlossen, dass in dieser Umgebung der Sohn des Klägers als Student bis Ende 2012/Angang 2013 gemeinsam mit dem Kläger und seitdem der Kläger dort alleine wohnt. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen; der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, er habe ein Bett im Wohnzimmer und zwei weitere Wohnungen in dieser Zeit gehabt. Die fehlende Wohnnutzung wird durch den fehlenden Stromverbrauch bestätigt. Ein Verbrauch von 73 kWh (Kilowattstunden) im Jahr deutet auf einen völligen Leerstand hin. Die Einlassung des Klägers, er habe keine Elektrogeräte und kein Licht benutzt, ist als Schutzbehauptung zu werten. 73 kWh im Jahr bedeutet, dass der Kläger vermutlich auch seine Rechtsanwaltskanzlei ohne Licht und elektronische Geräte betrieben hat, was nahe legt, dass die Räume nur noch als Aktenlager genutzt werden. Alternativ kann daraus auch geschlossen werden, dass die Wohnung leer steht und deshalb ein Fall der Zweckentfremdung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 ZeS vorliegt.

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Anordnung der Beendigung der zweckentfremdenden Nutzung ist geeignet, diese den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklichende zweckentfremdende Nutzung zu unterbinden. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ZwEWG i.V.m. § 5 Abs. 2 ZeS liegen ebenfalls nicht vor. Öffentliche oder schutzwürdige private Interessen, die das Interesse am Wohnraumerhalt überwiegen, sind nicht gegeben. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ist nicht schlüssig dargelegt worden, da der Kläger selber angegeben hat, dass er seine Rechtsanwaltskanzlei bereits vor zehn Jahren aufgegeben hat. Danach berät er allenfalls noch vereinzelte Mandanten.

Gegen die Zwangsgeldandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um das richtige Zwangsmittel, Art. 31 Abs. 1 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Der angedrohte Betrag hält sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Auch die Fristsetzung steht im Einklang mit Art. 36 Abs. 1 und 2 VwZVG, da dem Kläger nach dieser Sachlage zugemutet werden kann, die beanstandete Nutzung der Wohnung innerhalb der gesetzten Frist aufzugeben.

Im Übrigen wird ergänzend auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen.

Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 03/04/2019 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.