Verwaltungsgericht München Beschluss, 29. Feb. 2016 - M 10 K 16.253

29.02.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

II.

Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Traunstein verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Amtsgericht Traunstein vorbehalten.

Gründe

I.

Nach Aktenlage wurde die Klägerin am 5. November 2012 durch die Polizei ... in das ...-Klinikum, Fachkrankenhaus des Bezirks ... für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Neurologie und Geriatrie, in ... verbracht und dort von der Fachärztin Frau M. begutachtet.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Traunstein - Abteilung für Betreuungssachen - vom 6. November 2012 wurde die vorläufige Unterbringung der Klägerin in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis längstens 17. Dezember 2012 einstweilen und unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet.

Der Beschluss stützte sich im Wesentlichen auf das Zeugnis der Ärztin M., wonach die Klägerin an einer psychischen Krankheit bzw. geistig/seelischen Behinderung, nämlich einer schizoaffektiven Störung leide; es bestehe deshalb die Gefahr einer erheblichen Selbstgefährdung.

Der Beschluss war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (Beschwerde, einzulegen beim Amtsgericht Traunstein) versehen und wurde der Klägerin bekannt gegeben.

Am 4. Februar 2014 wurde die Klägerin nach Aufforderung durch das Amtsgericht Traunstein - Abteilung für Betreuungssachen - durch den Diplom-Psychologen Dr. med. R. S., ..., insbesondere zu der Frage der medizinischen Voraussetzungen der Betreuungsbedürftigkeit erneut begutachtet. Das psychiatrische Gutachten wurde unter dem 7. Februar 2014 erstellt. Darin heißt es unter anderem (zu Frage 1 des Gerichts, S. 4), die Klägerin zeige eine akzentuierte Persönlichkeit mit paranoiden und querulatorischen Zügen ohne Krankheitswert. Es handle sich somit weder um eine psychische Krankheit noch um eine geistige, körperliche oder seelische Behinderung im Sinne des § 1896 BGB.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2016, eingegangen am 15. Januar 2015, hat die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben wegen „polizeilicher Einweisung in das Bezirkskrankenhaus mit Zwangsbehandlung des Giftes Rispidal“.

Zur Begründung trägt sie vor, der Beschluss des Amtsgerichts Traunstein vom 6. November 2012 sei über Nacht erstellt worden, ohne dass jemals ein Wort mit ihr gesprochen worden wäre, auf Anweisung der Stationsärztin Frau M. Die Klägerin sei dann fünf Wochen mit Risperidon zwangsbehandelt worden; an den Folgen leide sie noch heute. Anschließend sei sie zwei Jahre lang unter Betreuung gestellt worden, bis das psychiatrische Gutachten vom 7. Februar 2014 nunmehr ihre angeblichen psychischen Krankheiten wieder aufgehoben habe.

Mit Schreiben vom 22. Januar 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klägerin auf die fehlende Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs für ihr Rechtschutzersuchen hin und stellte ihr Klagerücknahme anheim.

Gleichzeitig gab das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Traunstein binnen drei Wochen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Auf nochmaligen Hinweis des Gerichts auf seine Unzuständigkeit teilte die Klägerin unter dem 15. Februar 2016 sinngemäß mit, sie habe grobes Unrecht erlitten, das in unserem Rechtsstaat keinen Bestand haben könne; eine Klagerücknahme komme daher nicht in Betracht.

Zur beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits haben sich die Beteiligten nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Für das vorliegende Klageverfahren ist nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet.

Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Letzteres ist hier der Fall:

Nach Auslegung ihres Rechtschutzersuchens wendet sich die Klägerin im Kern gegen den Beschluss des Amtsgerichts Traunstein - Abteilung für Betreuungssachen - vom 6. November 2012, mit dem Ihre vorläufige Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhaueses - aus ihrer Sicht zu Unrecht - einstweilig angeordnet wurde.

Die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung ist nicht durch das angerufene Verwaltungsgericht zu klären.

Statthaftes Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts Traunstein vom 6. November 2012 über die einstweilige Anordnung der vorläufigen Unterbringung ist die Beschwerde, die beim Amtsgericht zur Durchführung des Abhilfeverfahrens einzulegen ist (§§ 1846, 1906 BGB, §§ 312 ff i. V. m. 58 ff. FamFG). Beschwerdegericht ist das Landgericht Traunstein (§ 72 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 69 FamFG).

Nach alledem ist gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG nach Anhörung der Beteiligten festzustellen, dass der Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist, und der Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht Traunstein zu verweisen.

Als unselbstständiges Beschlussverfahren ist auch das Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verweisen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 41 Rn. 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 173 VwGO i. V. m. § 17 b Abs. 2 GVG.

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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 69 Beschwerdeentscheidung


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(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen und der in § 72a genannten Kammern, sind die Berufungs- und Beschwerdegerichte in den vor den Amtsgerichten verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. Die Landgerichte sind ferner die Beschwerdegerichte in Freiheitsentziehungssachen und in den von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen.

(2) In Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes ist das für den Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Landgericht gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts, in dem das Amtsgericht seinen Sitz hat. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung anstelle dieses Gerichts ein anderes Landgericht im Bezirk des Oberlandesgerichts zu bestimmen. Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.

(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.