I.
Der Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 22. November 2014 in das Bundesgebiet ein. Er beantragte hier am 29. Dezember 2014 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 29. Dezember 2014 gab er an, in Ungarn habe man seine Fingerabdrücke genommen, einen Asylantrag habe er dort nicht gestellt. Aus einer Eurodac-Treffermeldung vom 2. Januar 2015 ergibt sich anhand der dort eingetragenen Kennzahl „2“, dass der Antragsteller in Ungarn als illegal Eingereister erfasst wurde. Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 sagte die zuständige ungarische Stelle zu, den Antragsteller nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) zurück zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 2. März 2015, zugestellt am 19. März 2015, wurde der Asylantrag des Antragstellers für unzulässig erklärt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorlägen.
Am ... März 2015 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamts mit dem Antrag auf Bescheidsaufhebung und Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens (M 1 K 15.50340). Außerdem beantragt er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trägt er vor, seine Behandlung in U. im Rahmen seiner Asylantragstellung sei unmenschlich und erniedrigend gewesen. Dem entspreche, dass das Bundesinnenministerium einen Erlass verfügt habe, nach dem keine Zurückschiebungen nach Ungarn durchzuführen seien. Die Mindeststandards für Asylverfahren würden in Ungarn nicht eingehalten. UNHCR, Europäischer Flüchtlingsrat und Ungarisches Helsinki Komitee wiesen darauf hin, dass Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert würden und die Missstände in den Haftanstalten eklatant seien.
Das Bundesamt legte die Behördenakte vor, stellte aber bisher keinen Antrag.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) erhoben. Er ist dahin auszulegen, dass mit ihm die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der anhängigen Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1, § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids erreicht werden soll.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
a) Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids einerseits und dem Interesse der Antragstellerseite an der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs andererseits. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und mögliche summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerseite regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts sind dabei in den Fällen des § 34 a AsylVfG - anders wegen § 36 Abs. 4 AsylVfG nur in den Fällen des § 36 AsylVfG - nicht erforderlich. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
b) Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die ungarischen Behörden haben mit Schreiben vom 2. Februar 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO erklärt. Somit steht grundsätzlich fest, dass die Abschiebung nach Ungarn durchgeführt werden kann.
c) Offen bleiben kann, ob der Antragsteller tatsächlich - wie im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt - in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat oder ob sich die Zuständigkeit Ungarns aus anderen Vorschriften ergibt. Ein Asylbewerber hat nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - BayVBl 2014, 508 f. - juris Rn. 7 m. w. N.) kein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht auf eine Überprüfung, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der zuständige Mitgliedstaat ist oder ob nicht zwischenzeitlich ein anderer Mitgliedstaat zuständig geworden ist.
d) Hat - wie hier - ein Mitgliedstaat der Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe eines in der Dublin-VO niedergelegten Kriteriums zugestimmt, kann der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums - unionsrechtlich - grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 ff. - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 14.7.2014 - 1 B 9/14 - juris Rn. 4).
Systemische Mängel sind zu bejahen, wenn in dem Zielstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Asylbewerber dort tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta (GR-Charta) und Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff. - juris Rn. 6) oder dass in dem Mitgliedstaat in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Die Grundrechtsverletzungen dürfen nicht nur in Einzelfällen, sondern müssen strukturell bedingt sein und eben systematisch vorkommen.
Nach Überzeugung des Gerichts liegen - jedenfalls soweit es sich wie bei dem Antragsteller nicht um besonders verletzliche Personengruppen, etwa Familien mit kleinen Kindern, handelt - hinsichtlich Ungarn aus derzeitiger Sicht keine systemischen Mängel vor.
Das Vorliegen systemischer Schwachstellen in diesem Sinne hinsichtlich der Verhältnisse für Asylbewerber in Ungarn wird derzeit insbesondere im Hinblick auf die ungarische Haftpraxis in den erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen bundesweit äußerst kontrovers beurteilt (bejaht u. a. v. VG München, B. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; verneint u. a. v. VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; AG Aachen, B. v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A - juris; VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG München, B. v. 13.1.2015 - M 17 S 14.50704; offene Erfolgsaussichten für die Hauptsacheverfahren werden angenommen u. a. v. VG München, B. v. 4.2.2015 - M 23 S 15.50049 - juris; VG Stuttgart, B. v. 10.2.2015 - A 13 K 444/15 - juris). Eine die aktuelle Auskunftslage berücksichtigende, gefestigte Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist nicht erkennbar.
Das Gericht teilt vorliegend die Auffassung, dass nicht von einem Vorliegen systemischer Mängel auszugehen ist, was auch der jüngsten Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspricht (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - abrufbar unter http://www...int). Auch wenn nach aktueller Erkenntnislage die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Ungarn schwierig sind und insbesondere die Inhaftierungspraxis bedenklich ist, sind die Missstände nicht so gravierend bzw. erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass sie systemische Mängel begründen könnten. Dies gilt auch in Anbetracht des im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzes, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist. Eine Inhaftierung ist danach u. a. möglich zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers, nach dessen Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Antragsteller seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Diese Gründe für die Verhängung von sogenannter Asylhaft dürften jedoch überwiegend mit der EU-Aufnahmerichtlinie und wohl auch der Dublin-VO selbst übereinstimmen (vgl. auch EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-534/11 - NVwZ 2013, 1142 ff. - juris). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich (VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; VG München, U. v. 30.3.2015 - M 2 K 15.50224).
Insbesondere ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).
Ferner sind den vorliegenden Auskünften (Auswärtiges Amt v. 21.11.2014 an das VG München; Pro Asyl v. 31.10.2014 an das VG Düsseldorf; UNHCR v. 9.5.2014 ebenfalls an das VG Düsseldorf) auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet (VG Augsburg, B. v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041 - juris Rn. 28; VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris Rn. 125 ff.).
e) Für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens unerheblich ist daher, ob der jeweilige Antragsteller - wie hier vorgetragen - in der Vergangenheit in dem Zielstaat schon einmal einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt war. Derartige individuelle Erfahrungen sind vielmehr nur in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen, was hier jedoch verneint wurde. Nur in diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff. - juris Rn. 6).
4. Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.
Danach ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).