VGKARLS PL 12 K 2295/14

bei uns veröffentlicht am12.12.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Karlsruhe

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller begehren gem. § 25 LPVG die Ungültigerklärung der Wahl des Personalrats der Großen Kreisstadt ... vom 22.07.2014.
Das Wahlausschreiben für die Wahl des Personalrats wurde am 22.05.2014 durch den Wahlvorstand erlassen und im städtischen Intranet bekanntgegeben sowie an verschiedenen Dienststellen zum Aushang gebracht. Im Wahlausschreiben wurde festgestellt, dass die Zahl der in der Regel bei der Großen Kreisstadt ... Beschäftigten 328 betrage, davon 29 Beamte und 299 Angestellte, so dass 9 Personalratsmitglieder zu wählen seien, wovon auf die Gruppe der Beamten 1 Mitglied und auf die der Arbeitnehmer 8 Mitglieder - davon 4 Männer und 4 Frauen - entfalle. Die Personalratswahl wurde auf den 22.07.2014 festgesetzt. Ferner wurde mitgeteilt, dass Wahlvorschläge innerhalb von 12 Arbeitstagen nach Erlass des Wahlausschreibens während der Dienststunden beim Wahlvorstand eingereicht werden könnten. Die Einreichungsfrist endete am 11.06.2014, 16:00 Uhr.
Für die Gruppe der Beamten wurde ein Wahlvorschlag mit einem männlichen Bewerber und dem Kennwort: „...“ eingereicht. Ferner gingen zwei Wahlvorschläge für die Gruppe der Arbeitnehmer ein:
- Wahlvorschlag I mit dem Kennwort „...“
- Wahlvorschlag II mit dem Kennwort „...“.
Auf dem mit dem Kennwort „...“ versehenen Wahlvorschlag befanden sich insgesamt 14 Bewerber, davon 8 Männer und 6 Frauen. Der Wahlvorschlag mit dem Kennwort „...“ enthielt 11 Bewerber, davon 8 Männer und 3 Frauen.
Alle eingereichten Wahlvorschläge wurden durch den Wahlvorstand geprüft, zugelassen und am 24.06.2014 bekannt gemacht. Die Bekanntmachung erfolgte im städtischen Intranet sowie durch Aushang an städtischen Dienststellen.
Das Endergebnis der am 22.07.2014 durchgeführten Personalratswahl wurde am 23.07.2014 im städtischen Intranet sowie durch Aushang an Dienststellen durch den Wahlvorstand bekannt gemacht.
Gewählt wurden als Vertreter der Gruppe der Beamten der einzige Bewerber sowie als Vertreter der Gruppe der Arbeitnehmer 2 Bewerberinnen und 3 Bewerber des Wahlvorschlags I („...“) und 3 Bewerber des Wahlvorschlags II („...“).
Mit am 08.08.2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten haben die Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen, als wahlberechtigte Beschäftigte der Großen Kreisstadt ... seien sie zur Anfechtung der Wahl befugt. Nachdem das Wahlergebnis am 23.07.2014 durch den Wahlvorstand bekanntgegeben worden sei, sei die Anfechtungsfrist gewahrt. Überprüfungen hätten ergeben, dass gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit bzw. das Wahlverfahren verstoßen worden sei.
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Im Einzelnen tragen die Antragsteller vor:
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Ein Verstoß gegen die zwingende Regelung in § 17 Abs. 4a LPVG, wonach die Wahlvorschläge mindestens so viele Bewerber enthalten müssten, wie erforderlich seien, um die anteilige Verteilung der Sitze im Personalrat und innerhalb der Gruppen auf Frauen und Männer zu erreichen, ergebe sich daraus, dass für die Gruppe der Beamten lediglich ein Wahlvorschlag mit einem männlichen Bewerber eingereicht worden sei. § 17 Abs. 4a LPVG werde auch vorliegend nicht durch § 17 Abs. 3 LPVG ausgeschlossen, wonach für die Gruppe der Beamten Mehrheitswahl an Stelle der grundsätzlich vorgeschriebenen Verhältniswahl habe durchgeführt werden müssen, weil der Gruppe der Beamten nur ein Vertreter im Personalrat zustehe. Im Wahlvorschlag müsse dem Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts zwingend dadurch Rechnung getragen werden, dass mindestens auch eine weibliche Bewerberin aufgeführt werde. Dem stehe auch begrifflich nicht entgegen, dass bei der Gruppe der Beamten der Gleichberechtigungsgrundsatz wegen der Beschränkung auf einen Vertreter im Personalrat ohnedies nicht gewährleistet werden könne, da sich dieser Vertreter nicht in eine männliche und eine weibliche Hälfte aufteilen ließe. Auswirkungen, die dem erkennbaren Gesetzeszweck widersprächen, ergäben sich aber bereits bei der gebotenen Beachtung hinsichtlich der Anzahl der Gruppenmitglieder dadurch, dass dem Gleichberechtigungsgrundsatz auch bei einer Gruppe mit lediglich einem Vertreter dadurch Rechnung getragen werden könne, dass ein Angehöriger des anderen Geschlechts über die Wahl zum Ersatzmitglied dann zumindest im Vertretungsfalle dem Gesetzeswillen Rechnung trage. Selbst wenn eine paritätische geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Gruppe im vorliegenden Fall wegen der eingreifenden Beschränkung auf einen Vertreter nicht zum Tragen käme, wäre die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 4a LPVG keineswegs ausgeschlossen, da die Vorschrift zwingend nicht nur die Geschlechterparität in den einzelnen Gruppen schütze, sondern auch für den Personalrat insgesamt. Für das Verfahren sei deshalb zwingend § 17 Abs. 4a S. 2 LPVG einschlägig gewesen, wonach der Wahlvorstand derartige Vorschläge nur dann als gültig zulassen dürfe, wenn die Abweichung schriftlich begründet werde. Dies sei offensichtlich nicht geschehen. Wäre eine Begründung abgegeben worden, hätte sie mit dem Wahlvorschlag bekanntgegeben werden müssen. Da der Wahlvorschlag den zwingenden Erfordernissen nicht entsprochen habe und offensichtlich auch nicht nachgebessert worden sei, sei er ungültig. Durch den Verstoß hätte das Wahlergebnis ohne weiteres geändert oder wesentlich beeinflusst werden können.
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Ein weiterer Verstoß gegen § 17 Abs. 4a LPVG ergebe sich auch aus Folgendem: Für die Gruppe der Arbeitnehmer seien zwei Wahlvorschläge abgegeben worden, nämlich „...“ und „...“. Der Wahlvorschlag I („...“) habe der nach dem Gesetz verlangten Quote entsprochen. Auf der Liste von insgesamt 14 Bewerbern hätten sich 6 Frauen befunden. Der Wahlvorschlag II („...“) habe den Voraussetzungen nicht entsprochen. Unter 11 Bewerbern hätten sich lediglich 3 Frauen befunden. Dieser Wahlvorschlag sei mit einer schriftlichen Begründung bei dem Wahlvorstand eingereicht worden. Allerdings sei die Begründung nicht bekanntgemacht worden. Es sei ohne weiteres möglich, dass die unterlassene Bekanntmachung das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst hätte. Die unterlassene Bekanntgabe könne insbesondere bei weiblichen wahlberechtigten Beschäftigten bewirkt haben, dass diese wegen der geringeren Anzahl von weiblichen Bewerbern auf dieser Liste von der Wahl des Wahlvorschlags II abgesehen hätten. Für die Abweichung habe die dem Wahlvorschlag beigefügte Begründung gute Gründe genannt. Bei deren Kenntnis hätte dann ohne weiteres die Entscheidung, insbesondere der weiblichen Wahlberechtigten, anders und günstiger für diesen Wahlvorschlag ausfallen können.
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Ein weiterer Verstoß gegen das Wahlverfahren folge daraus, dass das Wahlausschreiben am 22.05.2014 erlassen und an diesem Tag im Intranet der Dienststelle bekanntgegeben worden sei. An das Intranet der Dienststelle seien allerdings bei weitem nicht alle Beschäftigten angeschlossen. Eine ausschließliche elektronische Bekanntmachung durch das Intranet sei deshalb nicht zulässig gewesen (§ 2 Abs. 2 S. 3 LPVG WO). Der Wahlausschuss habe verfügt, dass das Wahlausschreiben außerdem auch zum Aushang gelangen sollte. Es sei aber fraglich, ob der Aushang des Wahlausschreibens bereits am Tag des Erlasses an allen dafür bestimmten Stellen erfolgt sei. Fielen Daten des Erlasses und des Aushangs auseinander, stelle dies einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens dar.
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An den zur Dienststelle gehörenden Schulen seien insgesamt 15 Beschäftigte in Kernzeitbetreuung tätig. In den Schulen sei kein Aushang des Wahlausschreibens und auch keine sonstige Bekanntgabe des Wahlvorstands erfolgt. Eine sonstige Benachrichtigung der Kernzeitbetreuerinnen sei offensichtlich versäumt worden. Dadurch hätten die Beschäftigten in der Kernzeitbetreuung wohl ganz überwiegend nicht an der Wahl teilgenommen, da sie keine ausreichenden Informationen gehabt hätten, um sich rechtzeitig mit den Wahlvorschlägen und den Einzelheiten und der Person der einzelnen Bewerber beschäftigen zu können. Es stehe außer Zweifel, dass dieser Verstoß geeignet sei, zu einem anderen Wahlergebnis zu führen oder dieses abzuändern, wäre er unterblieben.
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Weiterhin liege ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 LPVG bei der Ermittlung der Wahlberechtigten vor. Nach dieser Vorschrift seien von der aktiven Wahlberechtigung Beschäftigte ausgeschlossen, die am Wahltag seit mehr als 12 Monaten ohne Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt beurlaubt seien. Der Wahlvorstand habe auch solche Beschäftigte einer Beurlaubung ohne Bezüge gleichgestellt, die nicht die Voraussetzungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 LPVG erfüllten, sondern sich seit mehr als 12 Monaten in einem Arbeitsverhältnis befänden, das deshalb ruhe, weil sie eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit bezögen. Dies sei nicht zulässig. Soweit ersichtlich seien auch solche Beschäftigte von der aktiven Wahlberechtigung ausgeschlossen worden, die auf Dauer wegen länger anhaltender Erkrankung keine Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt erhielten, soweit das Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums 12 Monate vor dem Wahltag gelegen habe. Auch dies hätte nicht geschehen dürfen.
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Die Antragsteller beantragen,
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die Wahl des Personalrats der Großen Kreisstadt ... vom 22.07.2014 für unwirksam zu erklären,
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hilfsweise: die Wahl in einer an ihr beteiligten Gruppen für ungültig zu erklären,
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weiter hilfsweise: das Wahlergebnis zu berichtigen,
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weiter hilfsweise: festzustellen, dass ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorgelegen habe.
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Der weitere Beteiligte zu 1) beantragt mit Schriftsatz vom 17.09.2014,
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den Antrag abzulehnen.
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Er hält die Wahlanfechtung für unbegründet. Zu den behaupteten Verstößen gegen § 17 Abs. 4a LPVG trägt er Folgendes vor:
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Fraglich erscheine, ob diese Regelung auf den Wahlvorschlag mit dem Kennwort „...“ für die Gruppe der Beamten überhaupt anwendbar sei. Für diese Gruppe sei lediglich ein Vertreter für den Personalrat zu wählen gewesen. Daher habe nach § 17 Abs. 3 LPVG Mehrheitswahl an Stelle der Verhältniswahl stattgefunden. Eine paritätische geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Gruppe der Beamten sei denknotwendiger Weise ausgeschlossen, da es nur einen Vertreter zu wählen gegolten habe. Dem gesetzgeberischen Ziel - Geschlechterparität innerhalb der Gruppe - könne daher nicht Rechnung getragen werden. Selbst wenn man unterstelle, dass § 17 Abs. 4a LPVG Anwendung finde, habe der Wahlvorstand auch Wahlvorschläge zuzulassen, bei denen die Abweichung von der gesetzlich intendierten Geschlechterparität begründet werde. Eine Prüfung des Inhalts der Begründung finde hingegen nicht statt. Der Wahlvorschlag für die Gruppe der Beamten enthalte im hierfür vorgesehenen Feld eine Begründung für die Abweichung. Da der Wahlvorstand nicht den Inhalt der Begründung prüfe, sondern lediglich, ob eine solche vorliege, habe er den Wahlvorschlag zuzulassen. Bei unterstellter Anwendbarkeit des § 17 Abs. 4a LPVG in der vorliegenden Fallkonstellation hätte die Begründung mit veröffentlicht werden müssen. Dies sei nicht erfolgt. Die unterlassene Bekanntmachung der Begründung habe das Wahlergebnis jedoch nicht geändert oder beeinflusst. Bei lediglich einem Wahlvorschlag mit einer Person sei es unmöglich, dass das Veröffentlichen der Begründung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Denn die Beamten hätten keinen Alternativvorschlag gehabt, dem sie ihre Stimme hätten geben können.
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Der Wahlvorschlag mit dem Kennwort „...“ habe auf der Rückseite der Seite 2 einen Hinweis enthalten, wonach trotz intensiver Bemühungen weder die gesetzlich gewünschte Bewerberzahl noch die gesetzlich gewünschte Quotenregelung für den Wahlvorschlag habe erreicht werden können. Dieser Hinweis sei ausreichend, um dem Begründungserfordernis des § 17 Abs. 4a S. 2 LPVG Rechnung zu tragen. Allerdings sei es seitens des Wahlvorstandes versäumt worden, diesen Hinweis mit dem Wahlvorschlag gem. § 17 Abs. 4a S. 3 LPVG zu veröffentlichen. Dass die unterlassene Bekanntmachung des schriftlichen Hinweises das Wahlergebnis hätte ändern oder beeinflussen können, sei vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen. Der in diesem Hinweis vorgetragene Grund für die Nichteinhaltung der Geschlechterquote, wonach mehr Kollegen/Kolleginnen nicht zu motivieren gewesen seien, spiegele die Unzufriedenheit eines Großteils der Beschäftigten der Dienststelle mit der Arbeit des bisherigen Personalrats wieder. Von den 11 Bewerbern des Wahlvorschlags „...“ hätten 6 dem bisherigen Personalrat angehört; 3 seien Ersatzmitglieder gewesen. Das schlechte Abschneiden der zum Zeitpunkt der Wahl noch amtierenden Personalratsmitglieder sei Folge eines Vertrauensverlustes in die Arbeit des bisherigen Personalrats, was sich darin zeige, dass bei der diesjährigen Personalratswahl erstmals eine zweite Liste („...“) kandidiert habe, die aus dem Stand eine deutliche Stimmenmehrheit errungen habe (5 Sitze). Alle Bewerber des Wahlvorschlags „...“ hätten gegenüber der vorangegangenen Wahl Stimmenverluste zwischen 46,5 % und 92,7 % erlitten. Dies verdeutliche - abgesehen von den Antragstellern zu 1) und 2) - den Vertrauensverlust der Wähler in den alten Personalrat. Da es sich bei der Personalratswahl um eine Persönlichkeitswahl handele, sei nicht nachvollziehbar, wie sich die fehlende Begründung auf das Wahlverhalten insbesondere bei Frauen und mithin auf das Wahlergebnis hätte auswirken sollen. Selbst unter der Prämisse, dass der Wahlvorschlag II „...“ eine weitere Frau unter den Bewerbern gehabt hätte, würde dies rechnerisch zu keinem anderen Ergebnis führen.
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Auch liege kein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 LPVG WO vor. Nach dieser Vorschrift könnten Bekanntmachungen des Wahlvorstands elektronisch mittels der in der Dienststelle üblicherweise genutzten Informations- und Kommunikationstechnik vorgenommen werden. Nach § 2 Abs. 2 S. 3 LPVG WO sei sogar eine ausschließliche elektronische Bekanntmachung zulässig, wenn alle wahlberechtigten Beschäftigten der Dienststelle über einen eigenen Zugang zur üblicherweise in der Dienststelle genutzten Informations- und Kommunikationstechnik verfügten. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Jeder städtische Mitarbeiter habe bei der Einführung des städtischen Intranets bzw. bei Neueinstellung nach dessen Einführung ein Zugangswort erhalten. Mit Hilfe dieses Passworts könne sich der städtische Bedienstete von jedem x-beliebigem Computer mit Internetzugang in das städtische Intranet einloggen und die dort eingestellten Veröffentlichungen, Hinweise und Bekanntmachungen lesen. Auf die zusätzlich erfolgte Bekanntmachung in Form von Aushängen an den Dienststellen komme es daher nicht an.
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Grundsätzlich stehe allen Beschäftigten das aktive Wahlrecht zu. Von diesem Grundsatz normiere § 11 Abs. 1 LPVG verschiedene Ausnahmen. Die Fallkonstellation der Beschäftigten, die sich seit mehr als 12 Monaten in einem Arbeitsverhältnis befänden, das aufgrund des Bezugs von Erwerbsminderungsrente ruhe, sei nicht explizit geregelt. Aufgrund dieses Regel-Ausnahmeverhältnisses und der Tatsache, dass es sich bei der Aufzählung in § 11 Abs. 2 LPVG wohl um eine abschließende Aufzählung handle, habe sich der Wahlvorstand dazu entschlossen, die Bezieher von Erwerbsminderungsrente nicht vom Wahlrecht auszuschließen. Dementsprechend seien diese auch im Wahlverzeichnis aufgeführt. Entgegen der Behauptung der Antragsteller seien auch Beschäftigte vom aktiven Wahlrecht nicht ausgeschlossen worden, die wegen länger anhaltender Erkrankung keine Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt erhielten. Bei einer Überprüfung des Sachverhalts sei festgestellt worden, dass diese Fallkonstellation auf eine Beschäftigte zutreffe, wobei dieser Beschäftigten das Wahlrecht nicht aberkannt worden sei.
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Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vom weiteren Beteiligten vorgelegten Wahlakten und die Gerichtsakten verwiesen. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
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Der Antrag ist zulässig (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 LPVG). Die Antragsteller sind zur Anfechtung der am 22.07.2014 durchgeführten Personalratswahl berechtigt, da die Mindestzahl von drei Wahlberechtigten erfüllt ist und sie binnen einer Frist von 12 Arbeitstagen, vom Tag der Bekanntgabe an gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht angefochten haben (§ 25 Abs. 1 1. HS LPVG). Die Bekanntgabe des Endergebnisses der Wahl erfolgte am 23.07.2014. Mit am 08.08.2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten haben die 9 wahlberechtigten Antragsteller rechtzeitig die Wahl angefochten.
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Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Wahl des Personalrats bei der Stadtverwaltung ... vom 22.07.2014 ist nicht ungültig.
31 
Nach § 25 Abs. 1 2. HS LPVG dringt eine Wahlanfechtung durch, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
32 
Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens kann - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht darin erblickt werden, dass der Wahlvorschlag für die Gruppe der Beamten lediglich einen (männlichen) Bewerber enthielt (1.). Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens liegt auch nicht darin, dass es der Wahlvorstand versäumt hat, die dem Wahlvorschlag II („...“) beigegebene schriftliche Begründung zur Abweichung vom Erfordernis der geschlechterparitätischen Zusammensetzung der Gruppe mit dem Wahlvorschlag bekannt zu geben (2.). Einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren vermag die beschließende Kammer ferner auch nicht beim Erlass des Wahlausschreibens und dessen Bekanntgabe durch den Wahlvorstand zu erkennen (3.). Schließlich hat dieser bei der Ermittlung der Wahlberechtigten auch nicht gegen Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen (4.).
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1. Einen Verstoß gegen § 17 Abs. 4 a Satz 1 LPVG, wonach die Wahlvorschläge mindestens so viele Bewerber enthalten müssen, wie erforderlich sind, um die anteilige Verteilung der Sitze im Personalrat und innerhalb der Gruppen auf Frauen und Männer zu erreichen, sehen die Antragsteller darin, dass für die Gruppe der Beamten lediglich ein Wahlvorschlag mit einem männlichen Bewerber eingereicht worden ist. Die Antragsteller sind der Auffassung, auch wenn der Gruppe der Beamten lediglich ein Vertreter im Personalrat zustehe, müsse dem Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts zwingend dadurch Rechnung getragen werden, dass mindestens auch eine weibliche Bewerberin im Wahlvorschlag aufgeführt werde. Dieser Auffassung vermag sich die beschließende Kammer nicht anzuschließen. Ihr steht bereits der Gesetzeswortlaut in § 17 Abs. 4 a Satz 1 LPVG entgegen, wonach dort von einer anteiligen Verteilung der Sitze im Personalrat und innerhalb der Gruppen auf Frauen und Männer die Rede ist. Eine anteilige Verteilung ist aber in Fällen, in denen - wie hier - einer Gruppe von vornherein lediglich ein Sitz im Personalrat zusteht, nicht denkbar. Dieses Ergebnis folgt auch aus der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 LPVG. Danach sollen in Dienststellen, in denen Beamte und Arbeitnehmer beschäftigt sind, Frauen und Männer in jeder Gruppe, der mehr als ein Sitz im Personalrat zusteht, entsprechend ihrem Anteil an den in der Regel beschäftigten Gruppenangehörigen vertreten seien. Der Gruppe der Beamten stand aber - wie bereits ausgeführt - lediglich ein Sitz im Personalrat zu, so dass eine geschlechterparitätische Zusammensetzung im Wahlvorschlag der Gruppe der Beamten von vornherein nicht in Betracht kam.
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2. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die dem Wahlvorschlag II („...“) beigegebene schriftliche Begründung gem. § 17 Abs. 4 a Satz 2 LPVG nicht mit dem Wahlvorschlag bekanntgegeben wurde. Dieser Verstoß rechtfertigt jedoch nicht die Ungültigerklärung der Wahl. Nach Auffassung der beschließenden Kammer handelt es sich bei dem Erfordernis der Bekanntgabe der Abweichungsbegründung nach § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG trotz des zwingend ausgestalteten Gesetzeswortlauts („ist bekannt zu geben“) nicht um eine wesentliche Verfahrensvorschrift im Sinne des § 25 Abs. 1 2. HS LPVG, sondern um eine erklärende Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht zur Ungültigkeit der Wahl führt. Als wesentliche Verfahrensvorschriften können nach Auffassung der Kammer nur solche Vorschriften angesehen werden, die den Kernbereich des Wahlverfahrens betreffen, da anderenfalls angesichts der erheblichen Kompliziertheit des Wahlrechts für die Wahl der Personalvertretungen und der damit verbundenen erhöhten Anfälligkeit für Verfahrensfehler nahezu jede Personalratswahl in Gefahr liefe, dem Verdikt der Ungültigkeit zu unterliegen. Im vorliegenden Sachzusammenhang wäre ein Verstoß gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift etwa dann anzunehmen, wenn der Wahlvorschlag II („...“) ohne eine Abweichungsbegründung eingereicht worden wäre, da dann gem. § 14 Abs. 5 Nr. 7 LPVGWO die Zurückweisung des Wahlvorschlags wegen Ungültigkeit hätte erfolgen müssen (so der dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 28.08.2014 - 18 LP 5/14 -, juris, zugrunde liegende Sachverhalt). Denn die Begründungspflicht in § 17 Abs. 4 a Satz 2 LPVG soll der Selbstkontrolle der Vorschlagenden dienen und diese dazu bringen, sich ihr Verhalten genau zu überlegen und sich über ihre Rechtfertigung nicht nur gegenüber dem Wahlvorstand, sondern gegenüber der gesamten Wählerschaft schlüssig zu werden (so OVG Lüneburg, a.a.O., Tz. 68 zur gleichlautenden Regelung in § 17 Abs. 2 Satz 3 NPersVG). Diesem Zweck entsprach jedoch der Wahlvorschlag II („...“), da er eine Abweichungsbegründung enthielt und kein Grund für eine Zurückweisung wegen Ungültigkeit gem. § 14 Abs. 5 Nr. 7 LPVGWO bestand. Demgegenüber dient die den Wahlvorstand treffende Bekanntgabepflicht des § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG (nur) dazu, den Wahlberechtigten die Begründung für ein Abweichen vom Geschlechterproporz in dem betreffenden Wahlvorschlag transparent zu machen (siehe Gesetzesbegründung zu § 17 Abs. 4 a - LT-Drs. 15/4224 -, wonach die Begründung für ein Abweichen mit dem Wahlvorschlag bekannt zu geben sein „soll“).
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Gegen eine Qualifizierung der Bekanntgabepflicht nach § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG als „wesentliche Verfahrensvorschrift“ im Sinne des § 25 Abs. 1 2. HS LPVG spricht, dass die Wahlberechtigten bereits im Wählerverzeichnis (§ 6 Abs. 3 Satz 2 LPVGWO) und im Wahlausschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 5, Nr. 5 a und Nr. 9 LPVGWO) auf das Erfordernis des Geschlechterproporzes im Personalrat und innerhalb der Gruppen aufmerksam gemacht worden sind. Außerdem haben die Wahlberechtigten bei der Verhältniswahl - wie im vorliegenden Sachzusammenhang bei der Wahl der Arbeitnehmer - bei der Stimmabgabe, insbesondere durch Kumulieren und Panaschieren (§ 31 LPVGWO) die Möglichkeit, die Geschlechterquote zu beeinflussen. Schließlich ist nach Auffassung der beschließenden Kammer bei der Qualifizierung des § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG als wesentliche oder nicht wesentliche Verfahrensvorschrift (§ 25 Abs.1 2.HS LPVG) die Erwägung zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das Postulat der Geschlechtergerechtigkeit in § 15 Abs. 1 LPVG als „Soll-Vorschrift“ ausgestaltet hat. Damit hat er zwar seinen gesetzgeberischen Wunsch zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen zum Ausdruck gebracht (siehe Schenk in: Rooschüz, Landespersonalvertretungsgesetz für Baden-Württemberg, 14. Aufl., § 15 Anm. 2), gleichzeitig aber auch ausdrücklich davon abgesehen, kraft gesetzlicher Regelung die Wahlentscheidung der Wahlberechtigten durch eine bindende, die Sitzverteilung bestimmende Geschlechterquote zu verändern (Gesetzesbegründung zu § 15 Abs. 1, LT-Drs. 15/4224).
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Auch wenn man dieser Auffassung nicht folgen und die Bekanntgabepflicht gem. § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG als wesentliche Verfahrensvorschrift ansehen wollte, wäre nicht davon auszugehen, dass ein Verstoß hiergegen das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst haben könnte (§ 25 Abs. 1 2. HS LPVG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 26.11.2008 - 6 P 7/08 - juris, Tz. 20) genügt für den Erfolg einer Wahlanfechtung bei Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften schon die Möglichkeit einer Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses, ohne dass es der Feststellung einer tatsächlich erfolgten Änderung oder Beeinflussung bedarf. Ob diese Möglichkeit bestand, d.h. ob der Verstoß geeignet war, eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses herbeizuführen, beantwortet sich in der Regel aus der Art des Verstoßes und der Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts. Dabei wird allerdings eine nur denkbare Möglichkeit dann nicht genügen, die Anfechtung zu begründen, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist . Demnach bleiben abstrakt nicht auszuschließende, nach der Lebenserfahrung aber unwahrscheinliche Kausalverläufe unberücksichtigt, wenn für ihren Eintritt keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestehen.
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Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Verstoß gegen die Bekanntgabepflicht nach § 17 Abs. 4 a Satz 3 LPVG geeignet war, eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses herbeizuführen, vermag die beschließende Kammer auch mit Blick auf die Art des hier begangenen Verfahrensverstoßes nicht zu erkennen.
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3. Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren folgt auch nicht aus dem von den Antragstellern behaupteten zeitlichen Auseinanderfallen der Daten bei Erlass und Bekanntgabe des Wahlausschreibens. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Wahlakten wurde das Wahlausschreiben am 22.05.2014 durch die Mitglieder des Wahlvorstands erlassen (Seite 65 der Wahlakten) und am selben Tag an verschiedenen Dienststellen der Stadt ... zum Aushang gegeben (Seite 81 der Wahlakten). Zugleich erfolgte am 22.05.2014 die Bekanntmachung des Wahlausschreibens im Intranet der Stadt ... (Seite 97 der Gerichtsakten). Die im vorliegenden Beschlussverfahren seitens der Antragsteller aufgeworfenen Fragen, ob ein Aushang des Wahlausschreibens im Technischen Rathaus und an Schulen der Stadt ... nicht oder nicht zugleich am Tage des Erlasses erfolgte und ob alle wahlberechtigten Beschäftigten der Dienststelle über einen eigenen Zugang zur üblicherweise in der Dienststelle genutzten Informations- und Kommunikationstechnik verfügen, bedürfen hier keiner weiteren Erörterung und sind für die rechtliche Beurteilung unerheblich, so dass hierüber auch keine Beweiserhebung zu erfolgen hat. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 1 LPVGWO können Bekanntmachungen des Wahlvorstands zusätzlich elektronisch mittels der in der Dienststelle üblicherweise genutzten Informations- und Kommunikationstechnik vorgenommen werden. In diesem Fall genügt es, die Bekanntmachung an einer geeigneten Stelle in der Hauptdienststelle und, falls davon abweichend, am dienstlichen Sitz des Vorsitzenden des Wahlvorstands auszuhängen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 1. HS LPVGWO); in der elektronischen Fassung der Bekanntmachung ist anzugeben, an welchem Ort der schriftliche Aushang erfolgt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 2. HS LPVGWO). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Da die Bekanntmachung des Wahlausschreibens im Intranet der Stadt ... am 22.05.2014 erfolgte und in dieser Mitteilung angegeben ist, an welchem Ort der schriftliche Aushang erfolgt (Bürgermeisteramt ...), genügte es, die Bekanntmachung an einer geeigneten Stelle in der Hauptdienststelle (= Bürgermeisteramt im Rathaus/Verwaltungsgebäude und zugleich dienstlicher Sitz des Vorsitzenden des Wahlvorstandes) auszuhängen. Damit sind die (erleichterten) Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 LPVGWO für wirksame Bekanntmachungen des Wahlvorstandes erfüllt.
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4. Schließlich vermag die beschließende Kammer nicht festzustellen, dass der Wahlvorstand gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen hat. Die Behauptung der Antragsteller, Bezieher von Erwerbsminderungsrenten und langfristig Erkrankte, die keine Dienstbezüge oder Arbeitsentgelte erhielten, seien von ihrem Wahlrecht ausgeschlossen worden, wurde vom weiteren Beteiligten zu 1 bestritten und von den Antragstellern nicht näher substantiiert. Auch fehlt jeglicher Vortrag zur Frage, inwieweit der behauptete Verstoß gegen Vorschriften über das Wahlrecht das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst haben könnte (§ 25 Abs. 1 LPVG). Bei diesem Sachverhalt sieht die beschließende Kammer keinen Anlass für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts. Denn die Aufklärungspflicht des Gerichts zwingt nicht zu einer uferlosen Ermittlungstätigkeit „ins Blaue“ (Matthes/Spinner in: Germelmann u.a., Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 83 Rd.Nr. 84).
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Nach allem vermag die beschließende Kammer einen das Wahlergebnis ändernden oder beeinflussenden Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren nicht festzustellen. Der (Haupt-)Antrag auf Ungültigerklärung der angefochtenen Wahl war daher abzulehnen. Mangels eines wesentlichen Verfahrensverstoßes sieht das Gericht darüber hinaus auch keinen rechtlichen Ansatzpunkt dafür, auf die weiteren (Hilfs-)Anträge der Antragsteller die Wahl einer an der Wahl beteiligten Gruppe für ungültig zu erklären - dieser Antrag erscheint schon mangels Bestimmtheit als unzulässig-, das Wahlergebnis zu berichtigen oder festzustellen, dass ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vorgelegen hat.
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Eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht zu treffen. Das Verfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nicht erhoben und nicht erstattet.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 25. Aug. 2016 - PL 15 S 152/15

bei uns veröffentlicht am 25.08.2016

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2014 - PL 12 K 2295/14 - wird zurückgewiesen. Gründe   I. 1 Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der im Jahr 2014 durchgefü