Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 17. Feb. 2021 - VG 6 K 836.17 A

bei uns veröffentlicht am11.05.2023

Eingereicht durch

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch

Gericht

Verwaltungsgericht Berlin

Richter

 

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

In der Verwaltungsstreitsache

 

des Herrn A,

Klägers,

 

Verfahrensbevollmächtigte: BSP Rechtsanwälte,

Oranienburger Straße 69, 10117 Berlin, 

 

gegen

 

die Bundesrepublik Deutschland,

vertreten durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, dieses vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

- Außenstelle Berlin -, Badensche Straße 23, 10715 Berlin,

Beklagte,

 

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 6. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2021 durch den Richter Dr. Putzer als  Einzelrichter

 

für Recht erkannt:

 

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Be­trages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstre­ ckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise von sub­ sidiärem Schutz, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten.

Der 29-jährige Kläger ist pakistanischer Staatsangehörigkeit, wahabistisch­ sunnitischer Religlonszugehörigkeit und stammt aus Sialkot in der Provinz Punjab. Er reiste nach eigenen Angaben im Sommer 2013 mit einem Visum auf dem Luftwege nach Libyen ein, wo er sich bis Juli 2016 aufhielt. Sodann übersiedelte er auf dem Seewege nach Italien und zog von dort aus weiter in die Bundesrepublik, Dort stellte er am 18. August 2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - einen Asylantrag.

Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt im Juli 2017 erklärte der Kläger, zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, er sei bis zur zehnten Klasse zur Schule gegangen. Danach habe er in einer Glaserei und im Controlling bei Adidas gearbeitet. In Pakistan lebten noch seine Eltern sowie ein Bruder; ein weiterer Bruder lebe in Malaysia und einer in Deutschland. In Libyen habe er als Verkäufer in einer Apotheke gearbeitet, später als Maler sowie als Reparateur. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen in Pakistan befragt führte der Kläger aus, die Familie habe über ein Stück Land sowie über ein eigenes Haus verfügt; in Luxus hätten sie nicht gelebt.

Zu seiner Verfolgungsgeschichte befragt erklärte der Kläger, das Land wegen eines Streits mit einer anderen Familie aus dem gleichen Stadtteil um ein Stück Land, das seiner Familie gehört habe, verlassen zu haben. Ein Mitglied der anderen Familie sei ermordet worden, woraufhin der Verdacht auf seine Familie gefallen sei. Der Ermordete, ein Mann namens B, sei sehr gefährlich gewesen. Er habe sich einfach das Land seiner Familie genommen, weswegen die Familie des Klägers vor Gericht gezogen sei. Das Gerichtsverfahren laufe noch. Im Zuge des Streits seien er und zwei seiner Brüder von Mitgliedern der Familie des B angegriffen worden. Bei einer Gelegenheit habe eine Gruppe von 4-6 Leuten ihn und seine Brüder auf dem. Weg zur Moschee mit Fäusten geschlagen. Ein anderes Mal, Ende 2012, sei er diesmal auf sich allein gestellt, mit einem Messer angegriffen und am Kopf verletzt worden, woraufhin er ohnmächtig geworden und ins Krankenhaus gebracht worden sei. Nach der Messerattacke sei er in eine andere Stadt, nach Faisalabad gegangen. Seine Eltern hätten dann entschieden, den jüngsten Bruder und ihn nach Deutschland zu schicken, ein weiterer Bruder sollte nach Malaysia gehen. Derzeit lebe, neben seinen Eltern, noch ein Bruder mit dessen Familie in seiner Heimatstadt, auch er habe sich zeitweise in Malaysia aufgehalten. Seine Familie habe sich auch an die Polizei sowie an den Dorfobersten gewandt. Letzterer habe seiner Familie Recht gegeben, die andere Seite habe gleichwohl ihre Angriffe fortgesetzt. Auch die Polizei habe nicht helfen können. Für den Fall einer Rückkehr nach Pakistan fürchte er, ermordet zu werden. Ein Leben in einer anderen Stadt sei auch nicht möglich, da die gegnerische Familie überall im Land verteilt sei.

Mit Bescheid vom 17. November 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Asyl, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie subsidiären Schutzes ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Verfahrens zu verlassen. Für den Fall, dass er die Ausreisefrist nicht einhalte, drohte ihm das Bundesamt die Abschiebung nach Pakistan an. Zudem befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.

Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Kläger habe nicht glaubhaft darlegen können, dass ihm in Pakistan tatsächlich Gefahr gedroht habe., Auch habe er selbst vorgetragen, die Monate bis zu seiner Ausreise ohne Bedrohungen gelebt zu haben. Auch fehle es deshalb an dem erforderlichen kausalen Zusammenhang zwischen erlebter Verfolgung und Ausreise. Selbsteine Verfolgung unterstellt, könne sich der Kläger insbesondere in den pakistanischen Großstädten zumutbar vor einer Verfolgung durch private Dritte schützen. Als gesunder und arbeitsfähiger junger Mann sei er in der Lage, sich allein oder mithilfe seiner Familie in einem anderen Landesteil Pakistans eine neue Existenz aufzubauen und seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 5. Dezember 2017 erhobenen Klage. Ergänzend führt der Kläger aus, interner Schutz etwa durch Polizeibehörden sei bereits deshalb nicht zu erlangen, da die Familie des B über einflussreiche Kontakte verfüge. Deshalb sei es auch nicht möglich, in einen anderen Landes­ teil auszuweichen. ·

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Kläger erneut zu seinem Verfolgungsschicksal befragt worden. Insoweit wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2021 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. November 2017 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte dazu zu verpflichten, ihm den sub­ sidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz vor­ liegen,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2020 hat die erkennende Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der Ausländerakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte trotz des Ausbleibes der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung zur Sache verhandeln und entscheiden, weil sie mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 17. November 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. einer subsidiären Schutzberechtigung. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO)..

I. 

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigen­ schaft gemäß § 3 Abs. 4 und 1 AsylG liegen nicht vor.

1.

Nach dieser Vorschrift wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - vor. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention vom 28. Juli 1951 [BGBI. 1953 II, S. 559, 560]}, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann o­ der. wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG) und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG).

Die Frage, ob einem Schutzsuchenden eine in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannte Verfolgung droht, ist anhand einer Prognose zu beurteilen, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat. Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die in Rede stehende Verfolgung aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner                                                                                          individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 013 - 10 C 23/12 - juris Rn. 19).

Der der Prognose zugrunde zu legende, Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bleibt auch dann unverändert, wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung erlitten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a. -, Abdulla, zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung, juris Rn. 84 ff.; BVerw, Urteil vom 27. April 2010 - 10 5/09 -, juris Rn. 22; VG Berlin, Urteil vom 15. November 2017 - VG 9 K 655.16 A -, juris).

Allerdings ist nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Abi. Nr. L 337 S. 9 - Qualifikationsrichtlinie -) die Tatsache, dass der schutzsuchende Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. er tatsäch lieh Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 5/09 - a.a.O., Rn. 21; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. November 2017 - OVG 3 B 12.17 -, juris Rn. 18). Die Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eitritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. für alles Vorstehende wiederum BVerwG, ebd.).

Aufgrund der ihnen obliegenden prozessualen Mitwirkungspflichten (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylG) sind Asylbewerber gehalten, von sich aus die in ihre eigene Sphäre fallenden tatsächlichen Umstände substantiiert und in sich stimmig zu schildern sowie eventuelle Widersprüche zu ihrem Vorbringen in ihren früheren Verfahrensstadien nachvollziehbar aufzulösen. Ihr Vortrag muss danach insgesamt geeignet sein, den Asylanspruch lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1983 - 9 C 68/81 -, juris Rn. 3).

2.

Nach den vorstehend dargestellten Maßstäben hat der Kläger nicht hinreichend glaubhaft gemacht, Pakistan wegen erlittener oder drohender flüchtlingsschutzrelevanter Verfolgung seitens des Staates oder privater Dritter verlassen zu haben. Ebenso wenig hat er glaubhaft gemacht, dass eine derartige Verfolgung im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan beachtlich wahrscheinlich ist.

a)

Es kann dabei offen bleiben, ob der Kläger mit der im Termin zur mündlichen Ver­ handlung vorgetragenen Verfolgungsgeschichte tatsächlich erlebte Geschehnisse geschildert hat. Das Gericht hat auch nach erneuter Befragung des Klägers im Ter.,. min zur mündlichen Verhandlung allerdings Zweifel, ob sich das von ihm geschilder­te flüchtlinsrechtlich maßgebliche Geschehen - der zweimalige Angriff von Mitglie­ dern einer verfeindeten Familie auf ihn und einige seiner Brüder sowie die bis heute andauernde Bedrohung seines Lebens durch diese Familie - so zugetragen hat. Zwar stellte der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung die Ursachen des Konflikts mit der benachbarten Familie im Wesentlichen übereinstimmend mit seinen Ausführungen im Rahmen der Asylanhörung vor dem Bundesamt dar. Nicht unerhebliche Abweichungen bestehen insoweit allerdings bereits in Bezug auf die beiden körperlichen Übergriffe, die der Kläger und seine Brüder erlitten haben sollen. So schilderte der Kläger vor dem Bundesamt, dass der erste Angriff geschehen sei, als er mit zwei seiner Brüder auf dem Weg in die Moschee gewesen sei. Vier bis sechs Leute hätten mit Fäusten auf sie eingeschlagen. Beim zweiten Mal sei er allein mit dem Motorrad unterwegs gewesen, als ihn drei Angreifer gestellt hätten. Einer von ihnen habe ein Messer, ein anderer ein Maschinengewehr, der Dritte einen Hockeyschläger dabei gehabt. Sie hätten begonnen, ihn zu schlagen. Er sei sowohl mit dem Messer als auch am Kopf verletzt, sodann ohnmächtig geworden und habe ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hingegen hat der Kläger geschildert, drei bis vier Personen hätten ihn und zwei seiner Brüder auf dem Weg zum Beten mit Steinen, Gewehren und Messern' angegriffen. Der. zweite Angriff habe ihm und einem anderen Bruder gegolten. Dabei sei er am Hinterkopf verletzt worden sowie am Arm und am Knie, wodurch er das Bewusstsein verloren habe. Auch auf gerichtlichen Vorhalt vermochte es der Kläger nicht, diesen Widerspruch überzeugend auszuräumen. Als mögliche Erklärung führte er insoweit an, seit dem Schlag auf den Kopf unter eingeschränktem Erinnerungsvermögen zu leiden.

Hiergegen spricht jedoch, dass sich der Kläger an spätere, für ihn besonders einschneidende Erlebnisse sehr gut erinnern konnte. Dies gilt insbesondere für seine sehr lebhafte, detailreiche und in sich konsistente Schilderung der Entführung in Libyen sowie der lebensgefährlichen Überquerung des Mittelmeeres auf einem Schlauchboot.

Unabhängig hiervon kann jedoch in den - als wahr unterstellten - klägerischen Ausführungen zu dem Kerngeschehen keine flüchtlingsschutzrechtlich relevante Verfolgung erkannt werden. So schilderte der Kläger den maßgeblichen Konflikt als Familienfehde, die ihren Ursprung in einem Streit um ein Grundstück sowie der Ermordung eines Mitglieds der anderen Familie hat. Die vorgetragene Fehde oder Blutrache beruht mithin auf einer privaten Auseinandersetzung und nicht auf einem Merkmal des Klägers wie Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder der sozialen Gruppe (vgl. VG' Würzburg, Urteil vom 23. Januar 2018 - W 1 K 16.32602 -, juris Rn. 14; VG München, Urteil vom 20. April 2017 - M 17 K 16.35674 -, juris Rn. 22; VG Greifswald, Urteil vom 31. August 2016 - 3 A 244/16 As HGW -, juris Rn. 39). Die Blutfehde knüpft regelmäßig an die Zugehörigkeit einer Person zu des­sen Familie an. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine bestimmte, abgrenzbare soziale Gruppe im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG. Nach dieser Vorschrift gilt eine Gruppe dann als bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betroffene nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Vorliegend fehlt es jedenfalls an dem Merkmal, dass die gefährdete Person aufgrund einer deutlich abgegrenzten Identität von der sie umgebenden_ Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Allenfalls die verfolgende Familie - unterstellt, der klägerische Vortrag entspricht der Wahrheit -, mit der der behauptete Streit bestand, definiert den Kläger über dessen Familienzugehörigkeit. Die übrige, diese Gruppe umgebende Gesellschaft nimmt den Kläger hingegen nicht „unterscheidend" wahr (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 9. Februar 2017 - W 5 K 16.30340 - juris Rn. 24).

Die von dem Kläger geschilderte Verfolgung durch Mitglieder der Familie des B stellt mithin allein erfahrenes kriminelles Unrecht durch private Dritte, nicht jedoch staatliche oder dem Staat zurechenbare Verfolgung dar. Der Kläger hätte jedenfalls verstärkt um behördliche Hilfe nachsuchen können. Zwar hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, einmal zur Polizei gegangen zu sein. Diese habe auch, gemeinsam mit den Dorfälteren, versucht, mit der Familie zu reden, um den Konflikt zu lösen; die Familie habe aber auf Rache bestanden. Seine Familie habe dann eingesehen, dass die Polizei ihnen nicht helfen würde. Dass der pakistanische Staat in Bezug auf kriminelles Unrecht aber weder schutzbereit noch schutzfähig sei, ist nicht ersichtlich. Dabei wird nicht verkannt, dass die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei in der Öffentlichkeit kein hohes Ansehen genießt und die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering sind (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29. September 2020, S. 8). Daraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass der pakistanische Staat grundsätzlich schutzunwillig und schutzunfähig ist. Die Effizienz der Polizei variiert von Distrikt zu Distrikt und reicht von gut bis unzureichend (vgl. Unitd States Department of State, Country Reports on Human Rights Practices for 2016, S. 11). Angesichts dessen, dass die Polizei zumindest zum Teil durchaus effizient arbeitet, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Staat bei Drohungen privater Dritter schutzwillig und schutzfähig ist. Stichhaltige Anhaltspunkte, weshalb dies hier nicht der Fall sein sollte, liegen nicht vor. Soweit die örtliche Polizeidienststelle - den Vortrag des Klägers . insoweit als wahr unterstellt - tatsächlich nicht weiter gegen Mitglieder der verfeindeten Familie ermittelt haben sollte, wäre ,es dem Kläger zumutbar gewesen, sich an eine andere örtliche oder übergeordnete Polizeidienststelle zu wenden. Dies gilt umso mehr, als nach dem klägerischen Vortrag sowohl die örtliche Polizei als auch der Dorfoberste tatsächlich gewillt waren, der Familie des Klägers zu helfen und den Konflikt zu lösen.

Da dem Kläger vor seiner Ausreise keine Verfolgung drohte, ist es auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass ihm nunmehr bei einer Rückkehr nach Pakistan eine Verfolgung  droht

b)

Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt,- dass er in Anknüpfung an ein flüchtlingserhebliches Merkmal bedroht und verletzt worden ist, ist ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abzulehnen.

Denn auch wenn weitergehend davon ausgegangen würde, dass der pakistanische Staat zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers gemäß §§ 3c Nr. 3, 3d Abs. 2 AsylG nicht zu seinem Schutz vor Verfolgungshandlungen seitens privater Akteure willens oder in der Lage war, sprächen nunmehr stichhaltige Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie dagegen, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht werde. Die im Falle einer Vorverfolgung für den Kläger streitende tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei seiner Rückkehr nach Pakistan wiederholen werden, ist auf der Grundlage einer zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu erstellenden Prognose als widerlegt zu erachten. Stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von einer gleichartigen Verfolgung oder von einer nochmaligen Verfolgung oder Bedrohung durch dieselben Täter, die auch die früheren Angriffe auf den Kläger zu verantworten hatten, betroffen sein wird.

Für die Feststellung stichhaltiger, gegen eine Schadenswiederholung sprechender Gründe unter dem Blickwinkel von Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie genügt es nicht, lediglich die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung abzulehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 201O - BVerwG 10 C 11/09 -, juris Rn. 17). Jedoch ist der Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie bei Feststellung einer hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung im Ergebnis regelmäßig Genüge getan (vgl. Bve·rwG, Urteil vom 19. Januar 2009 - BVerwG .10 C 52/07 -, juris Rn. 30). Stichhaltige Gründe liegen demnach jedenfalls dann vor, wenn eine „hinreichende Verfolgungssicherheit" besteht, also mit dem Wiederaufleben der ursprünglichen Verfolgung nicht zu rechnen ist und das erhöhte Risiko einer erstmaligen gleichartigen Verfolgung nicht besteht (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 27. November 2009 - 2 Bf 337/02.A -, juris Rn. 43): Vorliegend ist davon auszugehen, dass der pakistanische Staat zum gegenwärtigen Zeitpunkt willens und in der Lage ist, dem Kläger Schutz vor Verfolgung zu bieten (vgl. § 3d Abs. 2 AsylG). Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist im Übrigen davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls bei einer Rückkehr in pakistanische Großstädte hinreichend vor Verfolgung sicher ist. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 Qualifikationsrichtlinie, dass die Furcht des Klägers vor künftiger Verfolgung begrün­ det ist, kommt wegen des Vorliegens internen Schutzes nicht zum Tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2009, a.a.O., Rn. 29).. Denn nach § 3e AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und wenn er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. In Pakistan ist landesweite Freizügigkeit rechtlich gewährleistet, die Fläche des Landes sowie eine mit der Vielfalt und der Zahl der Bevölkerung von geschätzten 208 Millionen Menschen einhergehende Anonymität eröffnen interne Ausweichmöglichkeiten (vgl. · Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29. Juli 2019, S. 8). Selbst Personen, die wegen eines Tötungsdelikts von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29. September 2020, S. 20). Die vorgetragene Bedrohung ist zwar nach dem Vortrag des Klägers örtlich nicht allein auf seine Heimatstadt beschränkt. So hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, dass seine Familie nach der Ermordung des B den Heimatort habe verlassen und in eine andere Großstadt, nämlich nach Faislabad habe ziehen müssen. Aber auch in dieser Stadt habe die verfeindete Familie, die sehr groß sei, ihre Verbindungen; sie habe es schließlich auch bis dorthin geschafft. Unabhängig davon, dass der Kläger bei seiner asylrechtlichen Anhörung ausweislich der Niederschrift des Bundesamtes noch erklärt haben soll, in den mehr als sechs Monaten zwischen der Messerattacke und seiner Ausreise aus Pakistan habe er (allein) in Faislabad gelebt, es sei aber nichts mehr passiert, ist seine Schilderung der andauernden Bedrohung seiner Familie jedenfalls derart detailarm und oberflächlich, dass das Gericht insoweit nicht die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit - des klägerischen Vortrags erlangen konnte (vgl. zur richterlichen Überzeugungsbil­dung BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1989 - 9 B 239/89 -, juris Rn. 3). So erklärte der Kläger zu der Situation seiner Familie in Faislabad lediglich, sie habe dort gefährlich gelebt. Auf gerichtliche Nachfrage,- was er damit meine, erwiderte der Kläger, die andere Familie habe überall ihre Kontakte. Soweit der Kläger - im Unterschied zu seinen Ausführungen im Rahmen seiner Asylanhörung - im Termin zur mündlichen Verhandlung nunmehr erklärte, seine Familie sei seit den Geschehnissen immer unterwegs gewesen, und immer, wenn die andere Familie herausgefunden habe, wo sich seine Familie aufhalte, habe diese in eine andere Stadt ziehen müssen, ist von einem übersteigerten und jedenfalls insoweit nicht glaubhaften Vortrag auszugehen. Welche Form genau auch heute noch die Bedrohung durch die andere Familie annimmt und welche Handlungen es konkret sind, die seine Familie dazu bewegt, regelmäßig die Stadt zu wechseln, bleibt für das Gericht unklar. Selbst als wahr unterstellt, die Leute des B  suchten auch heute noch nach den in Pakistan verbliebenen Mitgliedern seiner Familie, ist jedenfalls nicht von einer hinreichend intensiven Verfolgung - auch nicht des Klägers - auszugehen.

Es ist auch nicht ersichtlich, wie selbst eine Familie mit unterstellt überdurchschnittlichem gesellschaftlichem Einfluss den Kläger nach fast achtjähriger Abwesenheit aus Pakistan bei erneuter Einreise wiederfinden sollte. Dass die Familie des B eine derart exponierte Stellung innerhalb Pakistans innehat, .die es· ihr ermöglichte, den Kläger überall in Pakistan zu verfolgen, lässt sich dem Vortrag des Klägers so nicht entnehmen.

Es ist dem Kläger auch zumutbar, in einer pakistanischen Großstadt zu leben. Es ist davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr eine ausreichende Lebensgrundlage hätte, insbesondere sein wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet wäre. Ein verfolgungssicherer Ort bietet erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort durch eigene, notfalls auch wenig attraktive Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach- Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erhalten können (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 1. Februar 2007 - 13VerwG 1 C 24.06 -, juris Rn. 11 m.N.). Als erwerbsfähiger, junger und gesunder Mann ist der Kläger in der Lage, seinen Lebensunterhalt in seinem Heimatland durch eigene Tätigkeit sicherzustellen, so wie er dort bereits vor seiner Ausreise berufstätig gewesen ist. Auch in Libyen und in der Bundespolitik hat der Kläger seinen Lebensunterhalt zumindest auch durch Erwerbsarbeit erwirtschaftet. Ferner ist davon auszugehen, dass er bei seiner Rückkehr von seinen in Pakistan verbliebenen Verwandten finanziell unterstützt wird, jedenfalls in der Anfangszeit. Anhaltspunkte, die dagegensprechen, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung einer subsidiären Schutzbe­ rechtigung nach § 4 Abs. 1_Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhalt!ge Gründe für die An­ nahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todes­ strafe, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestra­ fung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder gar Unversehrt­heit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Die für die Annahme eines drohenden ernsthaften Schadens erforderliche erhebliche individuelle Gefahrendichte setzt voraus, dass dem Schutzsuchenden der ernsthafte Schaden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Pakistan die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht, ist nicht erkennbar. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter Bezug genommen.

Darüber hinaus ist eine möglicherweise auf der humanitären oder medizinischen Lage beruhende Beeinträchtigung des Klägers nicht an § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG zu messen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 10. Juli 2017 - 34 K 197.16 A -, juris Rn. 54).

Der EuGH hat insoweit ausgeführt, die den Nr. 1 und 2 des § 4 AsylG entsprechenden Buchstaben a und b des Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 (wortgleich mit Art. 15 der aktuellen Qualifikationsrichtlinie) erfassten nur Situationen, in denen der Antragsteller spezifisch der Gefahr ausgesetzt sei, einen Schaden ganz bestimmter Art zu erleiden, sodass ein nicht zweckgerichtet verursachtes Leiden vom Anwendungsbereich des Art. 15 Buchstabe b der Qualifikationsrichtlinie ausgenommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - C-465/07 -, Eingangsfall juris Rn. 32 sowie Urteil vom 18. Dezember 2014 - C-542/13 -, Bodj, juris Rn. 41; vgl. VG Berlin, ebd.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger eine notwendige medizinische oder humanitäre Versorgung gezielt vorenthalten würde, bestehen jedoch nicht. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes aufgrund einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts vor.

III.

Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers in Nicht-Vertragsstaaten ist danach unzulässig, wenn ihm dort unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der EMRK verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2000 - 9 C 34/99 -, juris Rn. 11). Eine derartige Bedrohungslage ist für den Kläger in Pakistan nicht erkennbar. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. 

Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor, wo- · nach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden soll, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach Satz 2 der Vorschrift liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Derartige Erkrankungen des Klägers sind nicht erkennbar.

IV.

Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (vgl. § 34 Abs. 1 i.V.m. § 38 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

V.

Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG, das auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Über die Dauer der nach § 11 Abs. 2 AufenthG mit der Abschiebungsandrohung festzusetzenden Befristung entscheidet die Behörde gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen. Dies hat das Bundesamt ausweislich des Inhalts des Bescheids richtig erkannt und gleichzeitig die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten, sondern von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Die Entscheidung, die Befristung auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung festzulegen und damit auf die Hälfte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von 5 Jahren, lässt keinen Ermessensfehler erkennen.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

 

Putzer

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 17. Feb. 2021 - VG 6 K 836.17 A

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 17. Feb. 2021 - VG 6 K 836.17 A