Der Kläger begehrt die Beschränkung der Benutzungspflicht der Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten.
Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit Milchviehhaltung in … auf den Fl.-Nr. … und …. Im Jahr 2011 errichtete er einen neuen Milchviehstall. Der ursprüngliche Stall wurde als Jungviehstall weiterbenutzt. Aufgrund der Aufstockung des Viehbestandes ergab sich eine Erhöhung des jährlichen Wasserbedarfs für die Viehtränke von bislang ca. 2.000 m³ auf ca. 4.000 – 5.000 m³ ab 2012. Der Kläger plant für seinen betrieblichen Wasserbedarf die Errichtung eines Eigenbrunnens.
Am 14.03.2014 beantragte der Kläger die Beschränkung der Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung insoweit, als der Wasserbezug der Tränke der Tiere, dem Waschen der Viehställe, der Maschinenwäsche und dem Pflanzenschutz dient.
Die Besonderheit der Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten besteht darin, dass das Versorgungsgebiet im Ortsteil … als Insellösung mit einer eigenen Wassergewinnungsanlage vom Hauptversorgungsnetz des Beklagten abgetrennt ist. Es handelt sich um historische Quellen, die vormals einer in … ansässigen Traditionsbrauerei gehörten und nunmehr vom Beklagten betreut werden. In den Jahren 2005 und 2013 gab es Aufkeimungsprobleme im gewonnenen Trinkwasser. Der Gesamtwasserverbrauch in der Versorgungsanlage bewegte sich zwischen 2011 und 2013 zwischen 9.800 m³ und 11.400 m³. Davon entfielen auf den Kläger ca. 2.400 m³ im Jahr 2011 und zuletzt ca. 4.000 m³ im Jahr 2013. Dies entspricht einem Anteil von knapp 35% des Gesamtwasserverbrauchs. Unter dem 23.05.2014 beauftragte der Beklagte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage: „Abschätzung der versorgungstechnischen Folgen bei Befreiungen oder Teilbefreiungen vom Benutzungszwang in der Größe von 30 – 40% des derzeitigen Gesamtverbrauchs“. Auf das hierzu erstellte Gutachten vom 06.08.2014 wird verwiesen.
Nach entsprechender Befassung in der Verbandsversammlung vom 12.02.2015 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 01.04.2015 den Antrag des Klägers auf Beschränkung der Benutzungspflicht ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Gründe der Volksgesundheit dem Beschränkungsantrag entgegenstünden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers per Telefax am 23.04.2015 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth mit dem Antrag:
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 01.04.2015 verpflichtet, den Kläger von der Verpflichtung zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung des Zweckverbands … insoweit auszunehmen, als der Wasserbezug dem Tränken der Tiere, dem Waschen der Viehställe, der Maschinenwäsche sowie dem Pflanzenschutz dient.
Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 15.07.2015 ausgeführt, die Quellen zur Versorgung des Ortsgebietes … befänden sich ca. 200 m östlich der Hofstelle des Klägers. Sein Betrieb sei über eine kurze Stichleitung angeschlossen, die von der von den Quellen kommende Hauptleitung abzweige. Er sei der erste Abnehmer im Leitungsnetz. Das geförderte Quellwasser werde in einem zweikammerigen Durchlaufhochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 2 x 50 m³ zwischengespeichert. Anschließend werde es von da aus in das Rohrleitungsnetz der Wasserversorgungsanlage eingespeist. Anlässlich eines Gespräches am 28.11.2014 habe der Kläger den Lösungsvorschlag unterbreitet, weiterhin das Wasser für seinen Jungviehstall aus der öffentlichen Wasserversorgung zu beziehen. Dieser Vorschlag des Klägers sei von der Verbandsversorgung nicht aufgegriffen worden. Stattdessen sei sein Antrag mit Bescheid vom 01.04.2015 abgelehnt worden.
Der Kläger habe gemäß § 7 Abs. 1 WAS der Beklagten vom 08.12.2011 einen Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht. Aufgrund der Größe des Zweckverbandes sei ausgeschlossen, dass es durch die Beschränkung im begehrten Umfang zu einer nennenswerten Anhebung der Wassergebühren komme. Die Auffassung des Beklagten, dass einer Beschränkung der Benutzungspflicht Gründe der Volksgesundheit entgegenstünden, sei nicht nachvollziehbar. Die mögliche Gefahr einer Aufkeimung in Folge geringeren Wasserdurchflusses betreffe nicht die Volksgesundheit, sondern stelle einen Unterfall der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einer möglichen Abhilfemaßnahme dar. Ein Beschränkungsanspruch für bestimmte Verbrauchszwecke ergebe sich aufgrund der bundesrechtlichen Verpflichtung nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 35 AVBWasserV. Im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren habe das Wasserversorgungsunternehmen die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Diese Möglichkeit sei nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV nur bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit einer Beschränkung der Abnahmepflicht eines einzelnen Anschlussnehmers eröffnet. Der Wasserversorger habe die Pflicht, Trinkwasserqualität zur Verfügung zu stellen, auch wenn ein geändertes Nachfrageverhalten oder ein Beschränkungsbegehren zu einer Reduzierung des Wasserdurchsatzes führe. Der Wasserversorger habe dann die Pflicht zur technischen Anpassung, die allenfalls durch die wirtschaftliche Zumutbarkeit eine Grenze finde. Zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit von Maßnahmen, die der Gefahr einer Aufkeimung begegneten, führe der Beklagte nichts an. Die Frage nach der Volksgesundheit betreffe den Aspekt der gesundheitlichen Vorsorge. § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS konkretisiere dies dahingehend, dass Gründe der Volksgesundheit einer Beschränkung der Benutzungspflicht im Sinne der Hygiene dann entgegenstünden, wenn für den jeweiligen Verbrauchszweck Trinkwasser erforderlich und nur durch die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung gewährleistet werde. Die Versagung wegen einer möglichen Aufkeimung betreffe jedoch eine sicherheitsrechtliche Gefahrenabwehr und damit eine völlig andere Regelungsmaterie. Selbst wenn man die Rechtsauffassung des Beklagten verträte, dass auch die Gefahr einer Verkeimung Gründe der Volksgesundheit betreffen, lägen solche Gründe hier nicht vor. In dem Sachverständigengutachten werde ausgeführt, dass sich durch eine Reduzierung des Trinkwasserbezuges am klägerischen Betrieb in Höhe von 4.000 m³ jährlich die Verweildauer des Wassers in Hochbehälter und im Leitungsnetz von 3,7 Tage auf 5,7 Tage erhöhen würde. Dies sei so nicht richtig. Der Wasserverbrauch am Betrieb des Klägers könne nur Einfluss auf die Austauschraten bzw. Fließgeschwindigkeiten im Versorgungssystem oberhalb seiner Anschlussstelle haben. Dies sei der Teil der Hauptversorgungsleitung ab Quellfassung bis zur Abzweigung zum klägerischen Betrieb, sowie der Hochbehälter selbst. Trotz Verkennung dieser Zusammenhänge komme selbst das Gutachten zu dem Ergebnis, dass auch ohne die Wasserabnahme durch den Kläger der Rohrnetzinhalt 1,2 Mal täglich und damit ausreichend oft ausgetauscht werde. Die begehrte Beschränkung könne tatsächlich zu einer Verminderung der Austauschrate im Hochbehälter führen. Folge man dem Gutachten, werde das Speichervolumen ohne Abnahme durch den Kläger alle 4,88 Tage, bei einer zusätzlichen Abnahme von 4.000 m³ alle 3,17 Tage ausgetauscht. In beiden Fällen werde jedoch der als typisch anzusetzende 24-stündige Wasseraustausch in dem Hochbehälter bei Weitem nicht eingehalten. Die Verlängerung der Verweildauer um zwei Tage werde als sehr kritisch angesehen, da sich die Wahrscheinlichkeit einer Aufkeimung erhöhe. Eine Reduktion des Speichervolumens werde aus versorgungstechnischen Gründen nicht als möglich angesehen.
Der Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS sei unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu sehen. Gründe der Volksgesundheit stünden dem Beschränkungsanspruch nur dann entgegen, wenn die Versagung geeignet und erforderlich wäre, die Volksgesundheit zu wahren. Insoweit bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der Versagung, weil sich aus dem Gutachten ergebe, dass das oberflächennahe Quellwasser des Versorgungssystems mikrobiell bereits erheblich vorbelastet sei. Der Werksleiter habe das Quellwasser als „krank“ bezeichnet. Die Austauschrate im Hochbehälter sei auch bei voller Abnahmemenge durch den Kläger weit unter der Norm. Somit trage die Wasserversorgung bereits ein erhebliches Gefahrenpotenzial in sich, das sich trotz hoher Wasserabnahme durch den Kläger 2013 erneut realisiert habe. Es stelle sich daher die Frage, ob das Versorgungssystem in … aus hygienischen Gründen überhaupt erhaltungswürdig und erhaltungsfähig sei. Auf eine bloße Besorgnis einer Aufkeimung, lasse sich eine Versagung nicht stützen. Die Versagung des Beschränkungsanspruches sei zur Wahrung der Volksgesundheit auch nicht erforderlich, da der Gefahr einer Aufkeimung soweit sie durch zu geringe Wasseraustauschraten erzeugt werde, durch andere Maßnahmen begegnet werden könne. Es bestehe die Möglichkeit der Aufgabe der dezentralen Wasserversorgung in … und eines Anschlusses an das Wasserversorgungsnetz des Zweckverbands. Von der Beklagten sei auch nicht geprüft worden, ob durch eine Reduktion des Speichervolumens des Hochbehälters die Austauschrate erhöht werden könnte und ob durch regelmäßige Kontrollen des Wassers und ggf. einer Spülung in kritischen Situationen die Wasserqualität gehalten werden könnte. Aufgrund des umfassenden Benutzungszwangs und der Abnahmeverpflichtung des Trinkwassers werde der Kläger jährlich mit betrieblichen Mehrkosten in Höhe von ca. 8.000,00 EUR belastet. Dies gehe voll zu Lasten des aus dem bäuerlich geführten Landwirtschaftsbetrieb zu erzielenden Familieneinkommens. Ein solches Sonderopfer könne von dem Kläger nicht verlangt werden.
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat mit Schriftsatz vom 07.09.2015 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Klageerwiderung wird ausgeführt, es treffe nicht zu, dass die Wasserentnahme am Betrieb des Klägers den Wasserdurchsatz im gesamten Verteilungsnetz nicht beeinflusse. Vielmehr erhöhe sich beim Wegfall der Wasserversorgung des klägerischen Anwesens die Verweilzeit des Wassers im Versorgungssystem um 1,8 Tage. Im Sachverständigengutachten werde lediglich darauf hingewiesen, dass oberflächennahe Quellwässer bei starken Niederschlägen zur Aufkeimung neigten, weshalb das Wasser aufbereitet und desinfiziert werden müsse. Die Besorgnis, wonach eine längere Verweilzeit die Gefahr der Wiederverkeimung in sich berge, beruhe auf der Tatsache, dass eine UV-Desinfektion keine Depotwirkung habe. Laut Gutachter seien Leitungsspülungen bzw. Desinfektionen nicht zu empfehlen, weil es hierbei zu einer Schädigung des Biofilms in den Rohrleitungen kommen könne. Komme es nach einer Leitungsspülung/Desinfektion zu einer Stagnation, sei auch hier, wie bei einer Stagnation in vorher nicht durchflossenen Leitungen, mit einem Anstieg der Bakterienkonzentration im Wasser zu rechnen.
Gemäß § 1 Abs. 2 WAS bestimme der Beklagte Art und Umfang der Versorgungseinrichtung. Es erschließe sich deshalb nicht, woraus der Kläger einen Anspruch auf eine entsprechende technische Anpassung der Versorgungseinrichtung herleite. Gründe der Volksgesundheit, die einem Beschränkungsantrag entgegenstünden, könnten sich auch aus Lebensmittel-, Seuchen- oder Wasserrecht ergeben. Die Gründe der Volksgesundheit bezögen sich auf das Wasser in Trinkwasserqualität, das den Abnehmern einer bestehenden technischen Anlage zur Verfügung gestellt werde. Zur dauerhaften Sicherstellung bedürfe es hierzu bestimmter Durchflussmengen. Diese dürften so festgelegt werden, dass ohne erhöhten Prüfaufwand und zusätzliche Kontrollen ausgeschlossen werden könne, dass andere Abnehmer mit der Trinkwasserqualität Probleme bekämen. In dem Gutachten werde dargelegt, dass sich durch die beantragte Beschränkung der Benutzungspflicht die Wahrscheinlichkeit einer Aufkeimung signifikant erhöhe, weil sich die Verweilzeit im Verteilsystem verlängere und das gelieferte Wasser vorbelastet sei.
Mit Schriftsatz vom 16.10.2015 erwiderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass die Standzeiten des Wassers im Rohrnetz unterhalb des klägerischen Anwesens nicht berührt würden. Das Speichervolumen des Hochbehälters sei mit oder ohne Abnahme durch den Kläger viel zu groß dimensioniert. Vermutlich sei er auf extrem hohe Spitzenverbrauchswerte der ortsansässigen Brauerei zugeschnitten. Dies stelle jedoch keinen Belang des Allgemeinwohls dar. Die Dimensionierung des Hochbehälters sei erfolgt, als die hinzutretende Abnahmemenge des Klägers nicht im Raum gestanden habe. Eine Beschränkung der Abnahmepflicht führe daher denknotwendig nicht zu einer Erhöhung der Standzeiten, sondern verhindere allenfalls eine Verringerung der bis dahin ohnehin vorhandenen Standzeiten. Es bleibe allerdings dabei, dass die Wasserversorgung … mit oder ohne Abnahme durch den Kläger dringend sanierungsbedürftig sei.
Am 27.07.2016 fand ein Erörterungstermin statt, in dem sich der Kläger bereit erklärte, eine jährliche Mindestwassermenge von 2.000 m³ pro Jahr vom Beklagten abzunehmen. Der Beklagte schaltete daraufhin den Gutachter erneut ein zur Frage, wie sich die Situation bei einer Mindestabnahmemenge von 2.000 m³ durch den Kläger darstelle, sowie zur Frage, welche Baukosten bei einer Sanierung des Hochbehälters bzw. einem Neubau zu veranschlagen wären.
In der Folgezeit fanden Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten auf der Basis einer Mindestabnahmepflicht des Klägers von 2.000 m³ statt, die am 13.04.2017 für gescheitert erklärt wurden. Mit Schriftsatz vom 25.04.2017 legte der Beklagte das Ergänzungsgutachten vom 19.10.2016 vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.04.2015 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, weil er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Kläger hat Anspruch auf Beschränkung der Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung in dem von ihm beantragten Umfang. Deshalb war gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Verpflichtung der Beklagten wie in Ziffer 1 des Tenors auszusprechen.
Grundlage für das Beschränkungsbegehren des Klägers ist § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS der Beklagten vom 08.12.2011. Nach dieser Norm wird die Benutzungspflicht auf Antrag auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und andere Rechtsvorschriften oder Gründe der Volksgesundheit nicht entgegenstehen. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber den nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO angeordneten, prinzipiell umfassenden Benutzungszwang an die bundesrechtliche Vorgabe des § 3 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 AVBWasserV (VO über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser v. 20.6.1980, BGBl I S. 750, ber. S. 1067) angepasst. Nach § 35 Abs. 1 AVBWasserV sind Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, den Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend zu gestalten. Nach der damit entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 3 Abs. 1 AVBWasserV hat das Versorgungsunternehmen dem Kunden im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren die Möglichkeit einzuräumen, den Bezug auf den von ihm gewünschten Verbrauchszweck oder auf einen Teilbedarf zu beschränken. Soweit Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 GO die Gemeinden ermächtigt, aus Gründen der Volksgesundheit einen Anschluss- und Benutzungszwang vorzuschreiben, darf § 3 Abs. 1 AVBWasserV nicht in einer Weise angewandt werden, dass der Benutzungszwang praktisch leerlaufen würde. Es kommt daher maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an, inwieweit eine Beschränkung eine ernstliche Gefährdung der Volksgesundheit zur Folge hätte (BVerwG, B. v. 24.01.1986 - 7 CB 51/85, juris Rn. 3). Demgemäß kann ein aus Gründen der Volksgesundheit für den Trinkwasserbedarf nach Landesrecht gerechtfertigter Benutzungszwang auf den Brauchwasserbereich ganz oder teilweise nur dann erstreckt werden, wenn entweder für eine solche Erstreckung ebenfalls Gründe der Volksgesundheit sprechen oder wenn die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhängt - sei es, weil erst auf diese Weise die erforderlichen Durchsatzmengen gewonnen werden können, sei es, weil eine nur das Trinkwasser betreffende Versorgung den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren verlässt, weil sie die finanziellen Kapazitäten des Versorgungsträgers überfordert oder zu erträglichen Preisen nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 11.04.1986 – 7 C 50/83, juris Rn. 11).
Mit der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS soll das Allgemeininteresse an einer möglichst kostengünstigen, zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden und im Sinne der Volksgesundheit sicheren Wasserversorgung mit den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an einer Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse zum Ausgleich gebracht werden (vgl. BVerfG, B.v. 02.11.1981 – 2 BvR 671/81 – NVwZ 1982, 306/308; BVerwG, U.v. 11.04.1986 – 7 C 50.83 – NVwZ 1986, 754/755). Da die von der Satzung ermöglichte Beschränkung des Benutzungszwangs eine Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellt, mit der im Einzelfall auftretende Härten abgemildert werden können, ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS für die einzelnen Antragsteller bei Vorliegen der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf entsprechende Teilbefreiung und nicht nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BayVGH, U.v. 26.04.2007 – 4 BV 05.1037 – DÖV 2007, 935). Maßgebend für die Prüfung dieses Anspruchs sind, da es um eine Beschränkung des Benutzungszwangs für die Zukunft geht, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Gerichtsverfahren (BayVGH, U.v. 03.04.2014 – 4 B 13.2455, juris Rn. 20).
Der Kläger erstrebt mit seinem Antrag eine Beschränkung des Benutzungszwangs auf einen „bestimmten Verwendungszweck oder Teilbedarf“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS, nämlich wie in der mündlichen Verhandlung beantragt, hinsichtlich des (Trink) Wasserbezugs für das Wohnhaus und die Reinigung der Melkanlage. Diesen Wasserbedarf in der Größenordnung von ca. 500 m³ will er weiter aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung beziehen. Dagegen soll der (Brauch) Wasserbedarf für das Tränken der Tiere, das Reinigen der Ställe und der Maschinen sowie für den Pflanzenschutz (ca. 4.000 m³) aus einer noch zu errichtenden eigenen Wasserversorgungseinrichtung bezogen werden.
Der Beklagte räumt ein, dass wirtschaftliche Gründe dem Beschränkungsbegehren nicht entgegenstehen, da sich eine um 4.000 m³ reduzierte Verbrauchsmenge angesichts der Größe des Verbandsgebiets auf die von den Verbrauchern zu entrichtende Wassergebühr nicht merklich auswirken würde. Er macht ausschließlich Gründe der Volksgesundheit für die „Inselversorgungslage …“ geltend, weil sich bei einer jährlichen Wasserabgabemenge von ca. 11.500 m³ (Durchschnitt aus den Jahren 2012 bis 2016) und einer Reduzierung um 4.000 m³ eine erhöhte Verkeimungsgefahr ergebe.
Aus den vorgelegten Gutachten des Dipl. Ing. (FH) ... vom 06.08.2014 und 19.10.2016 geht hervor, dass die Wasserversorgung der ca. 190 Einwohner von … über zwei oberflächennahe Quellen erfolgt. Das Wasser wird nach einer Filterung in einer UV-Desinfektionsanlage behandelt und in einem Hochbehälter von 2 x 50 m³ Nutzinhalt gespeichert. Der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch des Ortsteils beträgt bei unbeschränkter Benutzungspflicht des Klägers 31,5 m³/Tag, bei eingeschränkter Benutzungspflicht 20,5 m³/Tag. Unter Berücksichtigung eines Rohrnetzinhalts von 16,65 m³ wird die nötige Mindestfließgeschwindigkeit im Rohrnetz und damit einhergehend der empfohlene tägliche Austausch des Rohrnetzinhalts sowohl mit als auch ohne die vom Kläger beantragte Beschränkung des Wasserbezugs eingehalten (Rohrnetzaustausch 1,2 x bzw. 1,9 x täglich). Problematisch ist die zu niedrige Austauschrate im Hochbehälter, die bei voller Abnahmepflicht des Klägers bereits bei 3,17 Tagen liegt und sich bei beschränkter Abnahmepflicht auf 4,88 Tage erhöht, was vom Gutachter als kritisch beurteilt wird. Denkbar wäre nach seiner Einschätzung bei sich verschlechternder Wasserqualität, das Speichervolumen zu verringern, um höhere Durchlaufquoten zu erzielen. Dies würde aber zu Lasten des Feuerlöschschutzes gehen.
Allein die schon trotz voller Wasserabnahme des Klägers 3-fach überschrittene Verweildauer des Wassers in dem für den örtlichen Trinkwasserbedarf zu groß dimensionierten Hochbehälter zeigt, dass die Wasserversorgungsanlage … einer Sanierung bzw. Neukonzipierung bedürfte, wenn der Beklagte seiner Verpflichtung, einwandfreies Trinkwasser zu liefern, nachkommen will. Dies gilt unabhängig vom Beschränkungsantrag des Klägers. Es trifft zwar zu, dass sich die ohnehin prekäre Lage durch einen Wegfall von ca. 35% der Gesamtabnahmemenge die Verweildauer im Hochbehälter um etwa 2 Tage erhöht – somit auch das Verkeimungsrisiko. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass sich nur durch die Investition des Klägers in einen Milchviehstall mit einer um ca. 2.500 m³ höheren Abnahmemenge die Verweildauer im Hochbehälter auf drei Tage verringert hat. Auf der Basis seiner früheren Abnahmemenge von ca. 2.300 m³ (Durchschnitt aus 2010/11) betrug die Verweildauer fast 4 Tage.
Durch die Versagung des Beschränkungsantrags wird die wirtschaftliche Last für den Fortbestand einer sanierungsträchtigen Kleinstwasserversorgungseinrichtung dem Kläger aufgebürdet. Dies entspricht nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Mittlerweile hat der Zweckverband dem Problem des keimanfälligen Wassers aus den oberflächennahen Quellen, dem Erfordernis der Sanierung von Quellhaus und Quellfassung sowie eines Neubaus des aus den 50er Jahren stammenden Hochbehälters von sich aus – ohne das Ergebnis dieses Rechtsstreits abzuwarten – Rechnung getragen, indem er Anfang Dezember 2016 beschlossen hat, eine fünf Kilometer lange Ringleitung von … über … nach … zu bauen, so dass … an die Wasserversorgung der … angeschlossen werden kann (Bericht im … vom … Dezember 2016). Derartige Pläne soll es schon seit 1992 gegeben haben; sie sollen vom Ingenieurbüro 2006 erneut empfohlen worden sein.
Mit dieser Entscheidung sind nun die Weichen gestellt, dass in Zukunft eine unter dem Gesichtspunkt der Volksgesundheit sichere Trinkwasserversorgung gewährleistet ist, ohne dass es aufwändiger Sanierungsmaßnahmen an der ohnehin anfälligen und auf Dauer kaum zu erhaltenden „Insellösung“ mehr bedarf. Unter diesen Umständen kann dem Kläger umso weniger entgegengehalten werden, dass die beantragte Beschränkung der Benutzungspflicht aus Gründen der Volksgesundheit versagt werden muss.
Dem Klagebegehren war daher statt zu geben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens trägt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.