Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 20. Juli 2016 - B 4 K 15.213

Gericht
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten.
Die Kläger sind Eigentümer zur gesamten Hand der räumlich zusammenhängenden Grundstücke Fl.-Nrn. ... und ... der Gemarkung ...
Mit bestandskräftigem Bescheid vom
Nach Fertigstellung einer Abbund- und Lagerhalle auf dem Grundstück Fl.-Nr. ... unter geringfügiger Überbauung des Grundstücks Fl.-Nr. ... im April 2014, die unmittelbar an die auf der nördlichen Teilfläche des Grundstücks Fl.-Nr. ... vorhandene Bebauung angebaut ist, setzte der Beklagte gegenüber den Klägern als Gesamtschuldnern mit Bescheid vom 15.05.2014 unter Zugrundelegung einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 1.143 qm und einer Geschossfläche von 307,52 qm einen Herstellungsbeitrag für die Wasserversorgungseinrichtung in Höhe von 3.323,06 EUR fest. Laut dem Bescheid in Verbindung mit dem beigefügten Aufmaßblatt und Lageplan wurde die veranlagte Grundstücksfläche (1.143 qm) ausgehend von einer wirtschaftlichen Grundstückseinheit mit einer beitragspflichtigen Gesamtfläche von 2.443 qm ermittelt, die sich aus dem Grundstück Fl.-Nr. ..., der westlichen bebauten Teilfläche des Grundstücks Fl.-Nr. ... und der überwiegenden Teilfläche des Grundstücks Fl.-Nr. ... zusammensetzt. Hiervon wurde die bereits veranlagte Teilfläche von 1.300 qm abgezogen. Die veranlagte Geschossfläche (307,52 qm) setzt sich zusammen aus der Abbund- und Lagerhalle und einer Garage mit Geschossflächen von 280 qm und 27,52 qm.
Den dagegen mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 13.04.2015, beim Verwaltungsgericht Bayreuth an diesem Tag auch eingegangen, haben die Kläger Klage erhoben und beantragt,
den Herstellungsbeitragsbescheid des Beklagten vom
Zur Begründung wird ausgeführt, die Erhebung des Herstellungsbeitrages sei rechtswidrig, weil mit dem Neubau der Abbund- und Lagerhalle keine zusätzlichen beitragspflichtigen Geschoßflächen geschaffen worden seien. Die Halle sei ein selbstständiges Gebäude, verfüge über keinen Wasseranschluss und habe auch keinen Anschlussbedarf. Sanitärräume stünden im Wohnhaus der Kläger zur Verfügung. Die Halle werde höchstens zu 10% für Abbundarbeiten genutzt und diene weit überwiegend als Lagerhalle. Zudem sei sie nicht zum ständigen Aufenthalt von Mitarbeitern bestimmt, weil die Abbundarbeiten im Wesentlichen vom Kläger zu 1 als Betriebsinhaber erledigt würden. Seine zwei Mitarbeiter kämen ausschließlich auf Baustellen zum Einsatz.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Klagevorbringen hält er entgegen, nach typisierender und objektiver Betrachtung löse die bestimmungsgemäße Nutzung der Halle (auch) als Abbundhalle Anschlussbedarf aus. Dabei komme es nicht darauf an, ob Sanitär- oder Toilettenräume in der Halle oder in einem anderen Gebäudeteil untergebracht seien. Darüber hinaus bestehe ein Durchgang zur Scheune und damit ein baulicher Zusammenhang mit den Bestandsgebäuden.
Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom
Gründe
1. Die Klagen sind zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Bescheid des Beklagten vom
Gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 KommZG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG kann der Beklagte aufgrund einer besonderen Abgabesatzung, welche die Schuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab, den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabeschuld bestimmen muss, zur Deckung des Aufwands für die Herstellung seiner öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtung besondere Vorteile bietet. Ein zusätzlicher Beitrag entsteht gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG in Verbindung mit § 5 Abs. 9 Satz 1 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung des Beklagten vom 06.10.2010 (BGS-WAS), wenn sich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände nachträglich ändern und sich dadurch der Vorteil erhöht. Maßgeblich für die Beitragsbemessung sind gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 KAG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS die Grundstücksfläche und die zulässige Geschossfläche, wobei gemäß § 5 Abs. 2 Satz 5 BGS-WAS die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld vorhandene Geschossfläche zugrunde zu legen ist, wenn sie größer ist als die zulässige Geschossfläche. Dementsprechend entsteht gemäß § 5 Abs. 9 Satz 2 Spiegelstriche 1 und 2 BGS-WAS ein zusätzlicher Beitrag insbesondere im Fall der Vergrößerung eines Grundstücks für die zusätzlichen Flächen, soweit für diese bisher noch keine Beiträge geleistet wurden (1.1), sowie für die zusätzlichen Geschossflächen, wenn sich die zulässige Geschossfläche durch die konkrete Bebauung auf dem Grundstück später vergrößert (1.2).
1.1 Grundstück ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 der Wasserabgabesatzung des Beklagten vom
Durch die Errichtung der Abbund- und Lagerhalle auf dem Grundstück Fl.-Nr. ... unter geringfügiger Überbauung des Grundstücks Fl.-Nr. ... wurde die mit Bescheid vom
Die zusätzliche gemäß § 5 Abs. 9 Satz 2 Spiegelstrich 1 BGS-WAS beitragspflichtige Grundstücksfläche von 1.143 qm hat der Beklagte zutreffend unter Anwendung der Tiefenbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 6 KAG in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Sätze 2 und 4 BGS-WAS ermittelt.
1.2 Durch die Errichtung der Abbund- und Lagerhalle hat sich auch die zulässige Geschossfläche gemäß § 5 Abs. 9 Satz 2 Spiegelstrich 2 BGS-WAS vergrößert. Zwar wird gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 BGS-WAS die Geschossfläche der auf dem heranzuziehenden Grundstück vorhandenen Gebäude oder selbstständigen Gebäudeteile, die nach Art ihrer Nutzung keinen Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung haben oder nicht angeschlossen werden dürfen, von der für das Grundstück ermittelten zulässigen Geschossfläche abgezogen und der Beitragsberechnung nicht zugrunde gelegt. Die Abbund- und Lagerhalle darf aber an die Wasserversorgung angeschlossen werden und hat auch einen Anschlussbedarf.
Die Frage, ob ein Gebäude oder ein selbstständiger Gebäudeteil nach der Art seiner Nutzung einen Bedarf nach Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung oder Entwässerungsanlage auslöst, ist nach objektiven Gesichtspunkten typisierend zu entscheiden. Es kommt nicht auf eine gegenwärtig tatsächlich möglicherweise gerade einschränkende Nutzung an, vielmehr ist aufgrund objektivierender Betrachtungsweise nach der bestimmungsgemäßen, baurechtlich genehmigten Nutzung eines Gebäudes oder selbstständigen Gebäudeteils zu fragen (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, Beschluss vom 11.11.2002 - 23 ZB 02.1417, juris Rn. 4 und
Scheitert somit die Geschossflächenbeitragsfreiheit der Abbund- und Lagerhalle schon am Anschlussbedarf, kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich überhaupt um ein selbstständiges Gebäude oder einen selbstständigen Gebäudeteil handelt.
Umgekehrt verhält es sich bei der zusätzlich errichteten, dem Beklagten erst im Zusammenhang mit der Abbund- und Lagerhalle bekannt gewordenen Garage. Sie hat nach Art ihrer Nutzung zwar keinen Bedarf nach Anschluss an die Wasserversorgung, ist aber kein selbstständiger Gebäudeteil, weil sie durch Verbindungstüren sowohl mit dem Wohnhaus als auch mit der Werkstatt baulich und funktionell verbunden ist.
Die Nacherhebung unter Ansatz der vorhandenen Geschossflächen von Halle und Garage verletzt die Kläger trotz des Beitragsmaßstabes „zulässige Geschossfläche“ jedenfalls nicht in ihren Rechten, weil gemäß § 5 Abs. 2 Satz 5 BGS-WAS die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld vorhandene Geschossfläche zugrunde zu legen ist, wenn sie größer ist als die zulässige Geschossfläche. Die Heranziehung einer kleineren als der vorhandenen Geschossfläche scheidet demnach aus.
2. Nach alledem sind die Klagen mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 in Verbindung mit § 159 Satz 2 VwGO, wonach die Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner tragen, abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.