Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 12. Sept. 2017 - Au 8 K 17.1000

published on 12/09/2017 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 12. Sept. 2017 - Au 8 K 17.1000
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Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Wohngeld in Form eines Mietzuschusses für zwei von ihr vom 8. März 2015 bis 30. April 2015 angemietete, möblierte Zimmer in der ...straße ... im Stadtgebiet der Beklagten.

Die Klägerin beantragte am 17. März 2015 für den vorgenannten Wohnraum Wohngeld. Laut Formblattantrag verfüge sie noch über einen anderen Wohnraum in, der aber gekündigt worden sei. Sie erziele keinerlei Einkommen. Es werde gebeten zu prüfen, ob ggf. Anspruch auf „Sozialhilfe“ bestehe. Nach dem von ihr vorgelegten Untermietvertrag hat sie für die Dauer einer „medizinischen Behandlung“ vom 8. März 2015 bis längstens 30. April 2015 zwei möblierte Zimmer zur alleinigen und weiteren Wohnraum (Küche, Bad, WC, Flur) zur Mitbenutzung angemietet. Der vereinbarte Mietzins beträgt inklusive Nebenkosten 565 EUR/Monat.

Die Klägerin erteilte ihrem Untervermieter am 3. Mai 2015 eine Vollmacht und berechtigte ihn, bei der Beklagten hinsichtlich der für März/April 2015 beantragten Sozialleistungen Informationen einzuholen und tätig zu werden. Sie selbst befinde sich seit 1. Mai 2015 wieder in .... Mit Schreiben vom 7. Juni 2015 teilte der Untervermieter und Bevollmächtigte der Beklagten mit, dass er keine Mietzahlungen für die Zeit vom 8. März 2015 bis 30. April 2015, während der sich die Klägerin „in ... aufhielt“, erhalten habe und regte an, zu prüfen, ob für die Klägerin ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II oder auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII bestehe.

Zum 3. Juli 2015 meldete sich die Klägerin behördlich auf die Anschrift ...straße ... in ... um.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2015 lehnte die Beklagte, Amt für Soziale Leistungen, Senioren und Menschen mit Behinderung, den Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII ab. Bei der Klägerin liege keine durch den Rententräger festgestellte volle Erwerbsminderung vor, so dass zuständiger Leistungsträger das Jobcenter der Beklagten sei.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2015 lehnte das Jobcenter den Antrag auf Sozialleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 8. März 2015 bis 30. April 2015 ab. Die Klägerin habe sich nur vorübergehend in ... befunden und damit keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.

Mit Schreiben vom 14. August 2015 erklärte die Klägerin unter Bezugnahme auf von ihr vorgelegte Kontoauszüge, keine Mietzahlungen entrichtet zu haben. Sie bestätigte dies mit weiteren Schreiben vom 20. Januar 2016 und 26. Juni 2016.

Mit Bescheid vom 11. März 2016 wurden der Klägerin für die Zeit ab Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch die Beklagte in Höhe von insgesamt 821,22 EUR/Monat bewilligt.

Das Finanzamt ... teilte unter dem 2. Januar 2017 mit, dass die Klägerin für das Jahr 2015 nicht zur Einkommenssteuer veranlagt worden sei.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Mai 2017 den Antrag auf Gewährung von Mietzuschuss für den Zeitraum von März bis April 2015 ab, da ein Anspruch auf Wohngeld nicht bestehe, wenn Aufwendungen für Wohnraum nicht gezahlt würden. Sowohl der Vermieter als auch die Klägerin hätten schriftlich bestätigt, dass keine Mietzahlungen geleistet worden seien.

Hiergegen erhob die Klägerin am 28. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage, ohne ausdrücklich einen Antrag zu stellen.

Am 11. Juli 2017 zeigte der Prozessbevollmächtigte die Vertretung der Klägerin an und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ablehnung von Mietzuschuss unbillig sei und gegen höherrangiges Recht verstoße. Die Beklagte sei ihrer Fürsorge- und Betreuungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Denn bereits bei Antragstellung sei ersichtlich gewesen, dass die Klägerin keine Mietzahlungen leisten könne und einen Antrag beim Jobcenter stellen müsse. Die Versagung von Wohlgeldzuschuss verstoße demnach gegen das Grundgesetz.

Die Beklagte trat der Klage mit Schriftsatz vom 18. Juli 2017 entgegen. Für sie ist beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor, da die Beklagte dem handschriftlichen Zusatz im Antragsformular entsprechend geprüft habe, ob ein Anspruch auf andere in Betracht kommende Sozialleistungen bestehe. Die Versagung von Wohngeld verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz, denn zur Wahrung des Existenzminimums seien Sozialleistungen nach dem SGB II und XII vorgesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte (§ 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO). Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den geltend gemachten Mietzuschuss (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Wohngeld, weil der Wohnraum, für den Wohngeld beantragt wurde, zum fraglichen Zeitraum nicht der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen war (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 WoGG). Der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen muss sich gerade auf den Wohnraum beziehen, für den Wohngeld beantragt wird, nicht auf einen anderen von denselben Personen etwaig zusätzlich bewohnten Wohnraum (vgl. VG Braunschweig, U.v. 26.11.2012 – 3 A 30/12 – UA S. 3; Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Stand April 2016, § 5 Rn. 21, 22). Zwar hat der Untervermieter und damalige Bevollmächtigte der Klägerin im Schreiben vom 7. Juni 2015 gegenüber der Beklagten die Aussage getroffen, dass sich die Klägerin im fraglichen Zeitraum im Stadtgebiet der Beklagten aufgehalten habe. Allerdings geht aus dem Antragsformblatt auch hervor, dass die Klägerin „noch“ über anderen Wohnraum verfügte. Sie meldete sich erst zum 3. Juli 2015 behördlich auf die Anschrift ...straße ... in ... an und hat sich nach eigenen Angaben seit 1. Mai 2015 wieder in ... aufgehalten (siehe Vollmachterklärung vom 3.5.2015, Bl. 45, 49 der Behördenakten). An die Klägerin unter der Anschrift in der ...straße ... in ... gerichtete Schreiben konnten nicht zugestellt werden (Retoursendung vom 23.5.2015, Bl. 40 der Behördenakte). Nach eigener Aussage habe die Klägerin vorübergehend – zum Zwecke der ärztlichen Behandlung und weil in ihrer Wohnung in ... der Aufzug defekt gewesen sei – die Zimmer im Stadtgebiet der Beklagten angemietet (Aktenvermerk über ein Telefonat vom 23.6.2015, Bl. 59 f. der Behördenakte). Nach den zeitlichen Umständen und bei objektiver Betrachtung des Einzelfalls insbesondere aber mit Blick auf den Zweck des Aufenthalts zur medizinischen Behandlung (siehe hierzu § 5 des Mietvertrags) kann demnach nur von einem vorübergehenden Aufenthalt im Stadtgebiet der Beklagten ausgegangen werden. Der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen wurde dadurch nicht begründet.

Im Übrigen hat die Klägerin auch deswegen keinen Anspruch auf Wohngeld, weil Wohngeld als Mietzuschuss nach § 1 Abs. 2 WoGG nur als Zuschuss zur tatsächlich entrichteten Miete für den selbst genutzten Wohnraum geleistet wird. Zwar ist nach § 9 Abs. 1 WoGG der Wohngeldberechnung als Miete das vereinbarte Entgelt für die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum aufgrund von Mietverträgen oder ähnlichen Nutzungsverhältnissen zu Grunde zu legen, doch hat nach § 7 SGB I ein Recht auf Zuschuss zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen nur derjenige, der für eine angemessene Wohnung (tatsächlich) Aufwendungen erbringen muss, die ihm nicht zugemutet werden können. Wohngeld wird dementsprechend nach § 1 Abs. 2 WoGG (vgl. auch § 26 Abs. 1 SGB I) nur als Zuschuss zur (tatsächlich gezahlten) Miete für den selbst genutzten Wohnraum geleistet. Wohngeld als Mietzuschuss kann daher nur zu den tatsächlichen Aufwendungen für den Wohnraum geleistet werden (vgl. OVG NW, B.v. 24.3.2011 – 12 A 2784/10 – juris Rn. 5; NdsOVG, B.v. 29.5.2012 – 4 LA 114/12 – BeckRS 2012, 51302 m.w.N.; VG München, U.v. 22.8.2013 – M 22 K 11.1912 – juris Rn. 22; Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, Stand April 2016, § 1 Rn. 9, § 9 Rn. 39 m.w.N.).

Vorliegend hat die Klägerin für den streitigen Bewilligungszeitraum keine Aufwendungen für den Wohnraum erbracht. Der Untervermieter teilte der Beklagten bereits am 7. Juni 2015 mit, dass er keine Mietzahlungen erhalten habe. Dies hat die Klägerin mit Schreiben vom 14. August 2015, 20. Januar 2016 und 26. Juni 2016 bestätigt. Auch aus den vorgelegten Kontoauszügen sind keinerlei Mietzahlungen ersichtlich. Ein Anspruch auf das nur zuschussweise zu zahlende Wohngeld besteht demnach nicht.

Die Klägerin kann auch keinen Anspruch auf Wohngeldzuschuss wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben geltend machen. Eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflicht (siehe bspw. § 14 Satz 1, § 16 Abs. 2, 3, § 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I; Art. 25 Abs. 2 BayVwVfG) ist vorliegend nicht erkennbar. Vielmehr ist die Beklagte der Bitte der Klägerin nachgekommen und hat zeitnah eine Leistungsberechtigung sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII geprüft (siehe hierzu Aktenvermerk vom 23.6.2015, Bl. 60 der Behördenakte) und hierüber entschieden. Außerdem gestaltete sich das Verfahren auch deswegen als schwierig und aufwändig, weil die Klägerin nicht bzw. nur schlecht erreichbar war (vgl. bspw. Retoursendung vom 23.5.2015, Bl. 9, 40; Schreiben vom 30.7.2015 und 6.8.2015, Bl. 80 f., 85; Aktenvermerke vom 29.12.2016 und 13.1.2017, Bl. 159, 199 der Behördenakte). Zudem waren Angaben der Klägerin bzw. ihres Untervermieters und damaligen Bevollmächtigten teilweise widersprüchlich oder nicht nachvollziehbar (vgl. bspw. Aktenvermerk vom 29.7.2015, Bl. 74 der Behördenakte), so dass es weiterer Aufklärung bedurfte.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Annotations

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Haushaltsmitglied ist die wohngeldberechtigte Person, wenn der Wohnraum, für den sie Wohngeld beantragt, der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen ist. Haushaltsmitglied ist auch, wer

1.
als Ehegatte eines Haushaltsmitgliedes von diesem nicht dauernd getrennt lebt,
2.
als Lebenspartner oder Lebenspartnerin eines Haushaltsmitgliedes von diesem nicht dauernd getrennt lebt,
3.
mit einem Haushaltsmitglied so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,
4.
mit einem Haushaltsmitglied in gerader Linie oder zweiten oder dritten Grades in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist,
5.
ohne Rücksicht auf das Alter Pflegekind eines Haushaltsmitgliedes ist,
6.
Pflegemutter oder Pflegevater eines Haushaltsmitgliedes ist
und mit der wohngeldberechtigten Person den Wohnraum, für den Wohngeld beantragt wird, gemeinsam bewohnt, wenn dieser Wohnraum der jeweilige Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist.

(2) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn mindestens eine der Voraussetzungen nach den Nummern 1 bis 4 des § 7 Abs. 3a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt ist.

(3) Ausländische Personen sind nur Haushaltsmitglieder nach Absatz 1 Satz 2, wenn sie die Voraussetzungen der Wohngeldberechtigung nach § 3 Abs. 5 erfüllen.

(4) Betreuen nicht nur vorübergehend getrennt lebende Eltern ein Kind oder mehrere Kinder zu annähernd gleichen Teilen, ist jedes dieser Kinder bei beiden Elternteilen Haushaltsmitglied. Gleiches gilt bei einer Aufteilung der Betreuung bis zu einem Verhältnis von mindestens einem Drittel zu zwei Dritteln je Kind. Betreuen die Eltern mindestens zwei dieser Kinder nicht in einem Verhältnis nach Satz 1 oder 2, ist bei dem Elternteil mit dem geringeren Betreuungsanteil nur das jüngste dieser Kinder Haushaltsmitglied. Für Pflegekinder und Pflegeeltern gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens.

(2) Das Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet.

(1) Miete ist das vereinbarte Entgelt für die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum auf Grund von Mietverträgen oder ähnlichen Nutzungsverhältnissen einschließlich Umlagen, Zuschlägen und Vergütungen.

(2) Bei der Ermittlung der Miete nach Absatz 1 bleiben folgende Kosten und Vergütungen außer Betracht:

1.
Heizkosten und Kosten für die Erwärmung von Wasser,
2.
Kosten der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme und Warmwasser, soweit sie den in Nummer 1 bezeichneten Kosten entsprechen,
3.
die Kosten der Haushaltsenergie, soweit sie nicht von den Nummern 1 und 2 erfasst sind,
4.
Vergütungen für die Überlassung einer Garage sowie eines Stellplatzes für Kraftfahrzeuge,
5.
Vergütungen für Leistungen, die über die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum hinausgehen, insbesondere für allgemeine Unterstützungsleistungen wie die Vermittlung von Pflege- oder Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung oder Notrufdienste.
Ergeben sich diese Beträge nicht aus dem Mietvertrag oder entsprechenden Unterlagen, sind Pauschbeträge abzusetzen.

(3) Im Fall des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ist als Miete der Mietwert des Wohnraums zu Grunde zu legen. Im Fall des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ist als Miete die Summe aus dem Höchstbetrag nach § 12 Absatz 1 und der Klimakomponente nach § 12 Absatz 7 zu Grunde zu legen.

Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muß, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuß zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen.

(1) Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens.

(2) Das Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet.

(1) Nach dem Wohngeldrecht kann als Zuschuß zur Miete oder als Zuschuß zu den Aufwendungen für den eigengenutzten Wohnraum Wohngeld in Anspruch genommen werden.

(2) Zuständig sind die durch Landesrecht bestimmten Behörden.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Anträge auf Sozialleistungen sind beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Sie werden auch von allen anderen Leistungsträgern, von allen Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch von den amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland entgegengenommen.

(2) Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, sind unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist.

(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.