Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 26. März 2015 - AN 3 K 14.01420

bei uns veröffentlicht am26.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Nach dem Bauantrag vom 20. März 2014 beabsichtigt die Klägerin an der Giebelfläche eines auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... (... Str. ...), bestehenden zweigeschossigen Gebäudes eine beleuchtete Werbetafel mit einer Sockelhöhe von 2,50 m in den Ausmaßen von 2,87 m Höhe und 3,89 m Breite zu errichten.

Das Grundstück ist unmittelbar an der Staatsstraße ... gelegen und ist von dieser von Westen her einsehbar. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes, in dem die entlang der Staatsstraße liegenden Grundstücke von der Art der baulichen Nutzung her als Mischgebiet festgesetzt sind.

Zum Vorhaben der Klägerin verweigerte die Beigeladene mit Gemeinderatsbeschluss vom 5. Juni 2014 das gemeindliche Einvernehmen.

Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs werde negativ beeinflusst. Eine Werbeanlage solle Aufmerksamkeit erregen. Aufgrund der unmittelbaren Nähe der Werbetafel zur Fußgängersignalanlage könnten die Verkehrsteilnehmer abgelenkt werden und somit eine potenzielle Gefahrenquelle geschaffen werden.

Mit Bescheid vom 8. August 2014 lehnte das Landratsamt ...die beantragte Baugenehmigung ab.

Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG dürfe die Baugenehmigung nur im Einvernehmen mit dem Staatlichen Bauamt erteilt werden, da die Anlage weniger als 40 m vom Rand der Fahrbahndecke der Staatsstraße entfernt sei. Dieses Einvernehmen sei vom Staatlichen Bauamt ... aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie aufgrund der zu befürchtenden Verkehrsgefährdung verweigert worden.

Die Werbeanlage habe negative Auswirkungen auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, denn durch die Werbeanlage würden Verkehrsteilnehmer abgelenkt. Die Werbeanlage befinde sich im Zulauf zu einer Fußgängersignalanlage am Schulweg, in deren Bereich sich die von der Werbeanlage hervorgerufene Ablenkung besonders negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken würde. Denn gerade dieser Bereich sei aufgrund des Schulweges und des unberechenbaren Verhaltens von Kindern besonders sensibel. Des Weiteren solle gerade im Bereich einer Fußgängersignalanlage eine erhöhte Aufmerksamkeit den Fußgängern, insbesondere den Schulkindern, gelten und nicht auf Werbeanlagen, die im vorliegenden Fall eben nicht der unterschwelligen Wahrnehmungen dienen, gelenkt werden. Dies zeige sich auch daran, dass erst 2012 auf Verlangen der Öffentlichkeit die Ampelanlage zur Erhöhung der Erkennbarkeit mit LED-Technik und Kontrastblenden ausgestattet worden sei. Auf die überdurchschnittlich hohe Verkehrsdichte auf der ...Straße mit 15.960 Kfz/24 h (Durchschnitt für Staatsstraßen in Bayern: 3851 Kfz/24 h) werde verwiesen. Das damit verbundene Erfordernis einer erhöhten Aufmerksamkeit werde durch die Werbetafel beeinträchtigt. Dem entsprechend sei auch vom Staatlichen Bauamt das erforderliche Einvernehmen verweigert worden.

Dieser Bescheid wurde der Klägerin mit PZU am 18. August 2014 zugestellt.

Mit dem bei Gericht am 1. September 2014 eingegangenen Schreiben erhob die Klägerin Klage und beantragte,

den Beklagten unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 8. August 2014 zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Das Vorhaben widerspreche nicht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

Das gemeindliche Einvernehmen sei offensichtlich rechtswidrig versagt worden. Die von der Gemeinde angeführten Gesichtspunkte, die originär dem Bauordnungsrecht zuzurechnen seien, dürften demnach keinesfalls Grundlage eines verweigerten Einvernehmens der Gemeinde sein. Die Gemeinde habe sich vielmehr ausschließlich auf die in § 36 Abs. 1 BauGB genannten planungsrechtlichen Aspekte zu beschränken. Solche planungsrechtlichen Bedenken seien jedoch seitens der Gemeinde nicht geltend gemacht worden, so dass das Einvernehmen hätte erteilt werden müssen. Durch das Vorhaben trete auch keine Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ein. Das grundsätzlich niemals auszuschließende „Restrisiko“ einer - sei es auch nur abstrakten - Gefährdung reiche eindeutig nicht, die Verkehrsgefährdung zu bejahen. Bauliche Anlagen und insbesondere Werbeanlagen könnten nur dann beanstandet werden, wenn sie eine konkrete Gefahr für die allgemeine Sicherheit und die Verkehrssicherheit herbeiführten. Solche Gefährdung sei bei einer normalen, d. h. unveränderlichen Werbung, wie sie geplant sei, in der Regel zu verneinen, weil die Verkehrsteilnehmer schon aus weiter Entfernung den Informationsgehalt erkennen würden, dann aber im Zweifel sich auch nicht weiter damit beschäftigen würden, sondern ihre Aufmerksamkeit wieder dem Verkehr zuwenden würden. In belebten Geschäftsstraßen oder Ortsdurchfahrten werde der Kraftfahrer die dort vorhandenen Werbeanlagen jeglicher Art in der Regel nur nebenbei und unbewusst wahrnehmen. Anderes sei allenfalls dann anzunehmen, wenn die Werbung darauf angelegt sei, umfänglichere Informationen mitzuteilen als es durch ein einfaches Werbeschild möglich sei mit der Folge, dass eine derartige Werbung geeignet sei, den Verkehrsteilnehmer länger zu fesseln, so dass sie für den vorbeifahrenden Kraftfahrer in einer Blickrichtung angebracht sei, in der sie für die Verkehrssituation wichtige Aspekte verdecken oder überlagern würde, oder die Gefahr einer Verwechslung mit Verkehrszeichen in sich berge.

All dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Es handele sich um eine vom Standort des potenziell gefährdeten Verkehrsteilnehmers aus hinter die vorhandenen Verkehrszeichen und Einrichtungen deutlich in den Hintergrund tretende „normale“ Werbeanlage, die das Gefahrenpotenzial nicht in sich berge, das gegeben sein müsste, um eine Verkehrsgefährdung annehmen zu können. Bei der hier vorliegenden Werbebotschaft einer Fremdwerbeanlage handele es sich regelmäßig um eine reine Suggestiv- bzw. Erinnerungswerbung (Markenname und Imagebild), die über die unbewusste Wahrnehmung der Werbebotschaft hinaus in der Regel kein Ablenkungspotenzial darstelle und den Verkehrsteilnehmer keine vom Verkehrsgeschehen ablenkenden Entscheidungsprozesse abverlange. Das liege in der im Vergleich zur Werbung an der Stätte der Leistung unterschiedlichen Wirkungsweise begründet. Während Werbung an der Stätte der Leistung und insbesondere Hinweisbeschilderung auf Zufahrten oder für Sonderverkäufe darauf abziele, die Verkehrsteilnehmer auf vorhandenen Betriebe oder Verkaufsstätte bzw. dort feilgebotene Waren aufmerksam zu machen, bzw. auf Zufahrten und Parkmöglichkeiten hinzuweisen und eben damit die beschriebenen Entscheidungsprozesse und dadurch auch Ablenkung vom Verkehrsgeschehen bei den Verkehrsteilnehmern anstoße und auch anstoßen solle, solle Fremdwerbung lediglich bei Gelegenheit der Vorbeifahrt - im wahrsten Sinne des Wortes am Rande - wahrgenommen werden. Der Betrachter einer Fremdwerbetafel könne sich nach Passieren einer Verkehrspassage in der Regel an ein im Unterbewusstsein wahrgenommenes Motiv bzw. ein Markenzeichen erinnern, nicht aber daran, eine Werbetafel oder ein Plakat gesehen zu haben, wie die Konsumforschung schon mehrfach (sog. Wahrnehmungstests) erwiesen habe. Die „Entscheidung“, die mit der Aufnahme der Werbebotschaft einhergehe, solle dann fallen, wenn ein Kauf anstehe und dem Betrachter angesichts der Auswahl sozusagen vor dem Verkaufsregal beim Anblick der beworbenen Marke ein „Kenn ich“ durch den Kopf gehe bzw. ein positiv besetztes Imagebild, das durch das Plakat transportiert werde. Aus diesem Grund solle eine gut gestaltete Plakatwerbung mit möglichst wenig Text und stattdessen plakativen grafischen Gestaltungselementen oder emotional anregenden Bildern auskommen, die sich im Unterbewusstsein festsetzen könnten.

Für die Teilnehmer am Straßenverkehr bedeute dies, dass Fremdwerbung in aller Regel überhaupt nicht darauf abziele, dass sich der Verkehrsteilnehmer während der Vorbeifahrt inhaltlich mit ihr beschäftige. Die meisten Verkehrsteilnehmer würden gar nicht merken, dass sie eine Werbetafel passieren und damit unbewusst die Werbebotschaft annehmen würden, wozu sicherlich inzwischen der bereits dargelegt Gewöhnungseffekt und die Alltäglichkeit dieser Anlagen beigetragen hätten. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer habe sich mittlerweile an Plakatwerbung der vorliegenden Arten an hierfür geeigneten Plätzen gewöhnt und rechne im innerstädtischen Bereich mit großformatigen Werbeanlagen. Diese würden seine Aufmerksamkeit daher auch an solchen Stellen grundsätzlich nicht in einer verkehrsgefährdenden Weise in Anspruch nehmen. Insofern bestehe kein Anlass von einer verkehrsgefährdenden Wirkung von Fremdwirkung auszugehen.

Das Landratsamt ... beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Werbeanlage befinde sich im Bereich einer durch Schüler sehr stark frequentierten Fußgängeranlage, die eine erhöhte Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer erfordere.

Das Landratsamt ... habe nicht die Befugnis das verweigerte Einvernehmen des Staatlichen Bauamtes zu ersetzen.

Die Kammer führte eine Beweiserhebung durch Einnahme eines Augenscheins am vorgesehenen Aufstellungsort der geplanten Werbeanlage durch.

Hinsichtlich der dort getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift über die Augenscheinseinnahme Bezug genommen.

In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung wiederholte der Vertreter der Klägerin den Antrag aus dem Klageschriftsatz vom 1. September 2014.

Der Vertreter des Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Akten des Landratsamtes ... (BV-Nr. ...) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Das Landratsamt ... hat den Bauantrag für die Anbringung einer beleuchteten Werbetafel am Gebäude ... Straße ... in ... (Fl.Nr. ...) zu Recht abgelehnt.

Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid des Landratsamtes ... vom 8. August 2014 in ihren Rechten nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 und 5 Satz 1 VwGO).

Dem Vorhaben der Klägerin stehen bauordnungsrechtliche Gründe entgegen, die zwar im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht Prüfungsmaßstab nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO sind. Da sich der Beklagte als Ablehnungsgrund, wenn auch nicht im angefochtenen Bescheid, so doch in der durchgeführten mündlichen Verhandlung auf das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO berufen hat, ist auch diese Vorschrift im gerichtlichen Verfahren Prüfungsgegenstand (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO).

Hierauf kann sich der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung noch berufen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage der Klägerin nach § 113 Abs. 5 VwGO derjenige der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht war (BayVGH, U.v. 28.10.2014, Az. 15 B 12.2765).

Zu diesem Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 BayBO hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der oben genannten Entscheidung folgendes ausgeführt:

„Danach müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Verunstaltung ist erfüllt, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2014, Art. 8 RdNr. 1; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 8 RdNr. 2, Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Februar 2014, Art. 8 RdNr. 54, Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1. Juli 2014, Art. 8 RdNr. 22 bis 25). In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren (vgl. BayVGH, B.v. 24.9.2002 - 14 ZB 02.1849 - juris - RdNr. 2) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. OVG Berlin, B.v. 7.1.2002 - 2 SN 30.01 - NVwZ 2002 - 489 = juris, Ls 3 und RdNr. 16, HessVGH, B.v. 5.10.1995 - 3 TG 2900/95 - BRS 57 Nr. 179 = juris RdNr. 8).“

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Kammer nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheins davon überzeugt, dass durch die Anbringung der beantragten Werbeanlage in einer Breite von 3,89 m und einer Höhe von 2,87 m auf einer vorgesehenen Sockelhöhe von 2,50 m die westliche Giebelfläche des Anwesens ... Straße ... in ... verunstaltet wird.

In Bezug auf die relativ kleine Giebelfläche wirkt die vorgesehene Werbeanlage in einem Ausmaß von über 11 qm unmaßstäblich und wirkt sich erdrückend für die Giebelfläche aus, zumal auch die Gesichtspunkte der Symmetrie durch den vorgesehenen Anbringungsort der Werbeanlage verletzt werden.

Bedingt durch die durchlaufende Baugrenze, die aus planungsrechtlichen Gründen (vgl. § 23 BauNVO) von der Klägerin zu beachten ist, hat diese, um innerhalb der festgesetzten Baugrenze zu bleiben, den Aufstellungsort der geplanten Werbeanlage nach Süden hin so versetzt, dass die Werbeanlage ausschließlich den rechten Rand der Giebelfläche in Anspruch nimmt. Dies führt zwangsläufig dazu, dass die Symmetrie, in denen Bauteile zueinander angeordnet werden sollen, verletzt wird. Auch wenn die Klägerin meint, dass ihre Werbetafel, die einer Fremdwerbung vorbehalten bleiben soll, ausschließlich im Unterbewusstsein wahrgenommen wird, tritt die Werbetafel dennoch physisch so in Erscheinung, dass sie die Giebelfläche an der sie angebracht werden soll, zu einem „Trägerbauwerk“ umfunktioniert, so dass hierdurch das Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 BayBO verletzt wird.

Das Vorhaben verstößt auch gegen das umgebungsbezogene Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 2 BayBO, wonach bauliche Anlagen das Straßen- und Ortsbild nicht verunstalten dürfen. Eine Verunstaltung im Sinne dieser Vorschrift ist anzunehmen, wenn ein für ästhetische Eindrücke offener Durchschnittsbetrachter die betreffende Werbeanlage an ihrer Anbringungsstelle als belastend oder unlusterregend empfinden würde.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 16.7.2002 - 2 B 00.1545; U.v. 18.7.2002 - 2 B 01.1198; U.v. 16.9.2005 - 26 B 04.3258 - juris) ist für die Beurteilung von Werbeanlagen an freien Giebelwänden von folgenden Überlegungen auszugehen:

„Werbeanlagen sind dazu bestimmt aufzufallen und erfüllen ihren Zweck nur dann, wenn sie sich von der Umgebung abheben. Dieser naturgemäße Kontrast muss aber maßvoll sein, um das Gesamtbild nicht zu stören. Dieses wird beeinträchtigt, wenn eine Werbeanlage so aufdringlich wirkt, dass sie als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr steht. Großflächige Werbung an freien, fensterlosen Giebelflächen bewirkt in aller Regel, dass die dort ohnehin vorhandene unbefriedigende gestalterische Situation verstärkt wird. Brandgiebel und Gebäudeabschlussmauern dürfen daher nur nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall mit Werbeschriften oder zeichnerischen Werbedarstellungen versehen werden und dann nur in einer Form, welche die ästhetischen mit den technischen Anforderungen zu einem ausgewogenen Ausgleich bringt. Großflächige Werbeanlagen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, wirken besonders in Gebieten, die auch der Wohnnutzung dienen, regelmäßig aufdringlich, ja geradezu erschlagend und damit verunstaltend. Sie sind in einem Umfeld hinzunehmen, das durch Großräumigkeit, laute Geschäftstätigkeit und baugestalterische Anspruchslosigkeit gekennzeichnet ist.“

Nach diesen Maßstäben ist eine Verunstaltung des vorstädtisch geprägten Orts- und Straßenbildes der Ortsdurchfahrt von ... durch die beantragte Werbeanlage gegeben.

Wie sich die Kammer beim Augenschein überzeugen konnte, wird erstmalig in der näheren Umgebung durch eine großflächige Plakatwerbetafel die Erdgeschossebene verlassen, so dass die Werbung in den Bereich der Obergeschosse vordringen würde. Dadurch würde die in der näheren vom Gericht in Augenschein genommene Umgebung bisher dem Erdgeschossbereich vorbehaltene gewerbliche Tätigkeit in die darüber liegende, von Wohnnutzung geprägten Geschosse hineingetragen. Die damit eingehende gestalterische Unruhe bewirkt eine Disharmonie, die das Gericht als Verunstaltung des engeren Ortsbildes qualifiziert (vgl. BayVGH, U.v. 12.3.2007 - 26 B 05.116 - juris).

Wie die in den Akten befindliche Fotomontage zeigt, vermittelt die vorgesehene beleuchtete Werbetafel, angebracht an einer Giebelfläche, den Eindruck eines überdimensionalen Fernsehers, auch wenn es sich nicht um eine umlaufende Wechselwerbetafel handeln soll.

Die geplante Werbetafel, die von Westen her trotz ihrer nach Süden hin geplanten Zurückversetzung deutlich in den Blick fällt und durch ihre Anbringungshöhe auf größere Entfernung sichtbar ist, würde aufgesetzt wirken und einen Fremdkörper darstellen.

Diese negative Wirkung wird durch die vorgesehene Beleuchtung in den Nachtstunden verstärkt, so dass insgesamt gesehen von einer Verunstaltung des Orts- und Straßenbildes auszugehen ist.

Nachdem durch die vorgesehene Werbeanlage bereits ein Verstoß gegen Art. 8 BayBO vorliegt, brauchte die Kammer nicht mehr den Gesichtspunkten weiter nachgehen, die im Verwaltungsverfahren wohl von der beigeladenen Gemeinde als auch vom Staatlichen Bauamt... und dem Landratsamt in den Vordergrund gestellt worden sind, wonach durch die Werbeanlage die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet wäre.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2014 - 15 B 12.2765

bei uns veröffentlicht am 11.11.2014

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 wird geändert. Die Klage gegen den Bescheid der Stadt Augsburg vom 1. Juli 2010 wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in be

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(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 wird geändert. Die Klage gegen den Bescheid der Stadt Augsburg vom 1. Juli 2010 wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 16. Februar 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer beleuchteten Werbetafel („TopLux“) an der straßenseitigen Außenwand einer flach überdachten Tiefgarageneinfahrt auf dem Grundstück FlNr. .../... der Gemarkung O. im Ortsteil K. der Beklagten. Die Wand, an der das Vorhaben rund 0,20 m oberhalb des unmittelbar vorbeiführenden Gehwegs angebracht werden soll, ist circa 7,00 m lang und 2,63 m hoch. Die aus drei Aluminiumblech-Segmenten bestehende Werbetafel selbst ist knapp 2,84 m hoch und etwas über 3,86 m breit; der auf allen vier Seiten zu öffnende, an den Ecken abgerundete Aluminiumrahmen ist circa 0,12 m tief; diese Konstruktion kann nach den Bauvorlagen mit oben und unten angebrachten Wandhaltern, zu deren Bautiefe keine konkreten Angaben gemacht wurden, an einer Mauer oder Wand befestigt werden. Auf der Oberseite soll die Tafel mit einer 3,46 m langen und insgesamt ab deren (wohl auf der Rückseite der Tafel angebrachten) Befestigungslaschen an zwei Auslegern rund 0,55 m auskragenden Beleuchtungsleiste (insgesamt 72 Watt Lampenleistung) versehen werden.

Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 1. Juli 2010 ab. Die Plakatanschlagtafel sei in der als faktisches allgemeines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO) einzustufenden näheren Umgebung bauplanungsrechtlich grundsätzlich unzulässig und könne auch nicht ausnahmsweise als nicht störender Gewerbebetrieb zugelassen werden. Am Aufstellungsort würde sie direkt auf die auf der anderen Seite der N. Straße befindliche Wohnbebauung wirken, in gewerblicher Hinsicht sei das Umfeld durch dem Pietätsbereich zuzuordnende Nutzungen geprägt, die durch ein zurückhaltendes Auftreten im Straßenraum und fehlende Betriebsamkeit gekennzeichnet seien. Daneben stehe die Tafel im Widerspruch zu Art. 18 BayStrWG und zu der gemäß Art. 22a BayStrWG erlassenen Satzung über Straßensondernutzungen in der Stadt Augsburg (SNS) i. d. F. v. 1. Januar 2002. Das Vorhaben werde um die 0,16 m in den Straßenraum hineinragen. Eine Sondernutzungserlaubnis könne nicht erteilt werden, da die Anbringung der Werbetafel zu einer Verunstaltung des Aufstellungsortes selbst und des Orts- bzw. Straßenbildes in der näheren Umgebung i. S. v. Art. 8 BayBO führen würde. Dieses Bild werde vom benachbarten Friedhofsgelände, dessen straßenseitige, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohe Einfriedungsmauer circa 1,60 m südlich vom Vorhaben beginne, sowie von Wohnbebauung bestimmt. Die Garageneinfahrtswand, an der sie angebracht werden solle, würde das Vorhaben um 0,67 m überragen.

Mit Urteil vom 4. August 2011 hob das Verwaltungsgericht Augsburg den ablehnenden Bescheid auf und verpflichtete die Beklagte, den Bauantrag unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu verbescheiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten entspreche das maßgebliche Quartier auf der Ostseite der N. Straße zwischen der Dr. D... Straße im Norden und der U. Straße im Süden einem Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO, in dem die geplante Werbeanlage als nicht störender Gewerbebetrieb nach § 34 Abs. 2 Halbs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig sei. Das Vorhaben wirke auch wegen seiner Größe nicht besonders aufdringlich und dominiere seine Umgebung städtebaulich nicht so sehr, dass es als eine das Wohnen wesentlich störende Anlage angesehen werden könne. Von den auf der Ostseite der N. Straße gelegenen Häusern aus könne die Werbetafel gar nicht eingesehen werden, sie wirke allein auf Betrachter, die sich im Straßenraum bewegten. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO, Art. 21 Satz 1 BayStrWG sei über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, die hier - unabhängig von einer in der städtischen Satzung mit 0,15 m angesetzten Bagatellgrenze - jedenfalls wegen des um mindestens 0,55 m in den Straßenraum hineinragenden Beleuchtungselements erforderlich sei, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu entscheiden. Dabei habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Bei der Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen sei die Ermessensbetätigung auf solche Kriterien beschränkt, die in sachlichem Zusammenhang mit der Straße, ihrer Funktion und ihrem Widmungszweck stehen; übergeordneter Gesichtspunkt sei die Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, nur vereinzelt könne auch auf städtebauliche, baupflegerische oder denkmalschützerische Belange abgestellt werden. Rein bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte ohne jeden straßenrechtlichen Bezug dürften bei der Interessenabwägung nicht in den Blick genommen werden. Im Übrigen sei die Kammer der Auffassung, dass sich die Plakatanschlagtafel nicht zuletzt deswegen, weil in der näheren Umgebung keine vergleichbaren Objekte vorzufinden seien, nicht als verunstaltend darstellen würde. Der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung (BayVGH, U. v. 24.5.2011 - 1 B 1.369 - juris) letztlich ohne weitere Begründung vertretenen Auffassung, eine Baugenehmigung könne schon deswegen nicht erteilt werden, weil eine Sondernutzung nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG nur auf Zeit oder auf Widerruf erlaubt werden dürfe, könne die Kammer nicht folgen. Denn dann könnte nach der Einführung der Verfahrenskonzentration zum 1. Januar 2008 in derartigen Fällen praktisch nie eine Bauerlaubnis erteilt werden. Bei der Neubescheidung werde die Beklagte ihre Entscheidung über die Erlaubnis einer Sondernutzung in erster Linie an den Auswirkungen des Vorhabens auf die widmungsgemäße Nutzung der N. Straße, insbesondere auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, dem Ausgleich zeitlicher und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger sowie an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren haben.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte (sinngemäß),

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 zu ändern und die Klage gegen den Bescheid vom 1. Juli 2010 abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung außer Acht gelassen, dass der mit einer steinernen Mauer von 65 m Länge eingefriedete, 2,13 ha große Friedhof den Bebauungszusammenhang auf der Ostseite der N. Straße unterbreche und in den nördlich und südlich davon gelegenen Bereichen jeweils Nutzungen vorhanden seien, die nur in unterschiedlichen Baugebieten zulässig seien. Der Betrieb des an der Kreuzung mit der U. Straße ansässigen Clubs sei wegen seiner überregionalen Besucherstruktur und der vom Parkplatzsuchverkehr ausgelösten Störungen nur in einem Mischgebiet möglich. Die nördlich des Friedhofs in der Nähe des Standorts der streitgegenständlichen beleuchteten Werbeanlage vorhandenen Nutzungen (Bestattungsunternehmen, Blumengeschäft, Friseurladen, Gaststätte, Tankstelle, Versicherungsbüro) seien in einem allgemeinen Wohngebiet entweder regelhaft (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder ausnahmsweise (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 und 5 BauNVO) bzw. als freiberufliche Nutzung (§ 13 BauNVO) zulässig; ansonsten befinde sich dort nur Wohnbebauung. Seitens der Beklagten würden Baugenehmigungen für Werbeanlagen im öffentlichen Straßengrund widerruflich und/oder auf Zeit sowie unter Bedingungen und Auflagen erteilt. Die vom Verwaltungsgericht geübte Kritik an dem Kriterienkatalog, auf den die Beklagte dabei zurückgegriffen habe, gehe vor dem Hintergrund der den Bauaufsichtsbehörden von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumten Ablehnungsbefugnis im Ergebnis ins Leere. Auch für Werbeanlagen auf öffentlichen Verkehrsflächen gälten die allgemeinen baugestalterischen Anforderungen des Verunstaltungsverbots, dessen Verletzung im Bescheid vom 1. Juli 2010 bereits festgestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt keinen Antrag. Sie hält abweichend vom Urteil des 1. Senats vom 24. Mai 2011 (Az. 1 B 11.369 - juris) eine gänzliche Versagung der Baugenehmigung unter Verweis auf Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG für unverhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Juli 2010 zur Neubescheidung verpflichten dürfen. Die Beklagte hat den Bauantrag für die Errichtung der beleuchteten Werbetafel im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 BayBO). Das Vorhaben ist aus bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Gründen nicht zulassungsfähig.

1. Die streitgegenständliche Werbetafel für Außen-Fremdwerbung ist eine eigenständige Hauptnutzung im Sinn des Bauplanungsrechts (BVerwG, U. v. 3.12.1992 -4 C 27/91 - BVerwGE 91, 234 = juris Rn. 13 bis 18 und 24 bis 27). Dessen Anwendung auf den vorliegenden Bauantrag wird nicht dadurch ausgeschlossen oder eingeschränkt, dass die Anlage, von Befestigungsteilen in der Wand, an der sie angebracht werden soll, abgesehen, zur Gänze im öffentlichen Straßenraum verwirklicht werden soll, der für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16). Einerseits zeigt nicht nur der vorliegende Fall, dass der vom Bundesverwaltungsgericht - in anderem Zusammenhang - apodiktisch formulierte Satz gerade bei Werbeanlagen, aber beispielsweise auch bei Freischankflächen oder Werbevitrinen auf Gehsteigen oder in Fußgängerzonen zahlreiche Ausnahmen erfährt. Die zitierte Aussage stellte daneben aber auch nicht die Geltung des Bauplanungsrechts für einen bestimmten Fall in Frage, sondern zog - und insoweit offenkundig in Anwendung materiellen Planungsrechts -aus der prinzipiellen Unbebaubarkeit von Verkehrsflächen nur den Schluss, dass diese zur Klärung der Frage, welche Prägung die nähere Umgebung besitzt, nichts beitragen können und deshalb grundsätzlich nicht zur näheren Umgebung im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB gehören. Die Bayerische Bauordnung macht ihre grundsätzliche Geltung auch für ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung im Übrigen ebenfalls nicht von deren Aufstellungsort abhängig, vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO.

2. In einem Bauleitplan festgesetzte Baugrenzen sind von allen baulichen Anlagen, damit auch von Werbeanlagen, einzuhalten (BVerwG, U. v. 7.6.2001 - 4 C 1/01 -NVwZ 2002, 90 = juris Ls 2 und Rn. 11 bis 17). In einem, hier unstreitig gegebenen, unbeplanten Innenbereich muss sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, zur Konkretisierung dieser Anforderungen kann auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 15 ff.). Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Ls 1 und Rn. 7). Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstückfläche maßgebliche Bereich ist in der Regel enger zu ziehen als derjenige für die Ermittlung der zulässigen Art der Nutzung (BayVGH, B. v. 25.4.2005 a. a. O. Rn. 18; BVerwG, B. v. 13.5.2014 a. a. O. Rn. 8).

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt im vorliegenden Fall, dass der von der Klägerin für ihr Vorhaben gewählte Standort bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist. Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche entscheidende Bereich beschränkt sich auf den geplanten Anbringungsort der Werbetafel und die in nordnordwestlicher Richtung auf der Ostseite der N. Straße bis zu deren Kreuzung mit der Dr. D... Straße befindlichen Grundstücke. Dieser Bereich ist etwas über 160 m lang und umfasst sechs verschiedene, jeweils mit Hauptgebäuden bzw. Zapfsäulenanlagen entlang der Straße bebaute Grundstücke. Den Lageplänen und Farbfotos in den Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ist zu entnehmen, dass das Erscheinungsbild des südlich hieran anschließenden Teiles der straßenbegleitenden Bebauung auf einer Länge von rund 67 m von der grenzständigen, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohen steinernen Mauer des katholischen Friedhofs K. bestimmt wird. Auf den letzten circa 55 m bis zur Kreuzung mit der U. Straße folgt - nur noch - das in Nord-Süd-Richtung angeordnete und damit in spitzem Winkel zur N. Straße stehende und mit seiner Südwestecke bis an die Straße heranreichende Gebäude des „S.-Club“. Die wertende Betrachtung der gesamten Straßenfront ergibt, dass es für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche mit der verfahrensgegenständlichen Hauptnutzung lediglich auf den eingangs beschriebenen, nördlich des Friedhofs gelegenen Teil entlang der N. Straße ankommt, schon weil der Friedhof insoweit eine optisch markante Zäsur im baulichen Erscheinungsbild darstellt. In dem danach maßgeblichen Abschnitt bleibt die maßstabsbildende (vgl. BVerwG, B. v.2.8.2001 -4 B 26/01 - BauR 2002, 277 = juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 23.4.2002 - 20 B 03.3002 -NVwZ-RR 2005, 391 = juris Rn. 13/14) Bebauung mit Hauptgebäuden durchgängig um mindestens rund 3 m vom Straßengrundstück zurück. Unmittelbar an der Grenze zum Gehweg befinden sich hier unter anderem Pflanzbeete (FlNr. .../...), eine dichte Hecke (FlNr. .../...) und eine baumbestandene Wiese (FlNr. .../...). Auch wenn es im vorliegenden Zusammenhang hierauf nicht ankommt, lässt sich feststellen, dass selbst die rechtwinklig zur Straße stehenden Hinweisschilder (Preise/Shop/Wäsche/Reifen) auf dem Gelände der Tankstelle (FlNr. .../... und /11)) erst deutlich hinter dem Gehsteigrand beginnen. Daraus folgt, dass sich aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung eine vordere Baugrenze (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO) ablesen lässt. Für die Unzulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB reicht es aus, dass dieses sich hinsichtlich eines der Maßstäbe - hier: nach der überbaubaren Grundstücksfläche - nicht einfügt (BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29/98 - BauR 1999, 233 = juris Ls 2 und Rn. 10 zu einem Zurückspringen hinter eine faktische vordere Baulinie). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Zulassung des in der Umgebung vorbildlosen Vorhabens einen Ansatz für nachfolgende vergleichbare Bauwünsche, etwa auf dem Gelände der Tankstelle oder am straßennahen Rand der Wiese auf der FlNr. .../... bieten und deshalb zu „städtebaulichen Spannungen“ führen würde (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9/77 - BVerwGE 55, 369 = juris Ls 9 und Rn. 45 bis 47). Nur zur Klarstellung sei angemerkt, dass dieses Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass es für den Standort einer Werbetafel im öffentlichen Verkehrsraum, weil dieser Bereich als solcher für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v.11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16, siehe bereits oben) regelmäßig auch keine faktischen Bauraumbegrenzungen geben kann. Es liegt auf der Hand, dass das im vorliegenden Fall als entscheidungserheblich festgestellte Herausfallen des Vorhabens aus den auf den Baugrundstücken entlang der Straße von maßstabsbildender Bebauung eingenommenen Flächen nicht dadurch relativiert oder beseitigt werden kann, dass die Anlage darüber hinaus auch noch jenseits der Grenze eines anliegenden privaten Grundstücks in den Luftraum einer öffentlichen Verkehrsfläche hineinreichend geplant ist. Dieser Umstand mag in diesem und in vergleichbaren Fällen - wenn überhaupt - allenfalls zusätzlich zulasten des Vorhabens ins Gewicht fallen.

3. Das Vorhaben verstößt auch gegen das Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 BayBO. Danach müssen bauliche Anlage nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Verunstaltung ist erfüllt, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2014, Art. 8 Rn. 1; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 8 Rn. 2; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 8 Rn. 54; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1. Juli 2014, Art. 8 Rn. 22 bis 25). In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2002 - 14 ZB 02.1849 - juris Rn. 2) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. OVG Berlin, B. v. 7.1.2002 - 2 SN 30.01 - NVwZ 2002, 489 = juris Ls 3 und Rn. 16; HessVGH, B. v. 5.10.1995 - 3 TG 2900/95 - BRS 57 Nr. 179 = juris Rn. 8).

Nach diesen Maßstäben würde die an der 7 m breiten und 2,63 m hohen, unaufdringlicheinheitlich gestalteten Außenwand der Tiefgarageneinfahrt anzubringende, annähernd 3,90 m breite und samt ihrer Beleuchtungsleiste etwa 3,30 m hohe Werbetafel für wechselnde Fremdwerbung gegen die Gebote der Maßstäblichkeit und des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile zueinander verstoßen und einen unästhetischen Fremdkörper darstellen. Die Anlage ließe die Wand, an der sie angebracht werden soll, als reinen Werbeträger erscheinen. Dieser Eindruck wird - wie die in der Bauakte enthaltene farbige Lichtbildmontage (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BauVorlV) verdeutlicht - durch den mehr als 60 cm messenden senkrechten Überstand über das Flachdach des „Trägerbauwerks“ noch verstärkt.

Diesen Gesichtspunkt hat der streitgegenständliche Bescheid zwar (unter anderem) lediglich als Ablehnungsgrund für die für das Vorhaben gleichzeitig erforderliche Sondernutzungserlaubnis genannt (Bescheid vom 1.7.2010 s. 12 bis 14 unter Gründe II. 3.). Dies war rechtsfehlerhaft. Denn materieller Maßstab für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, ob und inwieweit die Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Zu prüfen ist dabei grundsätzlich nur, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist. Die abzuwägenden Belange finden sich dabei vor allem in den Vorschriften des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (namentlich, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten), vereinzelt aber auch in Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und - ebenso vereinzelt - auch in städtebaulichen, baupflegerischen oder denkmalschützerischen Vorschriften, soweit diese einen eindeutigen Bezug zur Straße haben (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn. 13 m. w. N.). Die von Art. 8 Satz 1 BayBO an die Gestaltung baulicher Anlagen gestellten Anforderungen weisen einen solchen eindeutigen (Aussen-)Bezug zur Straße und deren Nutzung nicht auf; ihr rechtlicher Wirkungskreis beschränkt sich unmittelbar nur auf die jeweilige Anlage selbst.

Das ist für die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung indes ohne Bedeutung. Denn im Berufungsverfahren hat die Beklagte sich hierfür ausdrücklich auf die von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumte Ablehnungsbefugnis berufen (Schrs. vom 8.2.2013 S. 5/6). Danach kann die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige, im Einzelfall nicht zum Prüfungsumfang (vgl. Art. 59 Satz 1 BayBO) gehörende, öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt. Das ist, wie oben ausgeführt, im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 8 Satz 1 BayBO, der Fall. Die bauordnungsrechtlichen Gestaltungsanforderungen sind zwar nicht Gegenstand des vorliegenden vereinfachten Genehmigungsverfahrens (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), in dem Bauordnungsrecht grundsätzlich nicht (mehr) geprüft wird. Die materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen gelten, ebenso wie die bauplanungsrechtlichen Vorgaben, ohne jeden Zweifel aber auch für in den öffentlichen Straßenraum hineinragende oder dort angebrachte Werbeanlagen (vgl. zur Anwendung der Abstandsflächenvorschriften: BayVGH, U. v. 15.5.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83 = juris Rn. 2/3 und 18 ff., erfolgreiche Nachbarklage gegen die Genehmigung einer Doppelwerbetafel auf dem benachbarten Gehweg wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998).

Die Beklagte konnte sich auf die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit, die Ablehnung des Bauantrags auf außerhalb des Prüfungsumfangs stehende Gesichtspunkte zu stützen, hier auch noch berufen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage der Klägerin nach § 113 Abs. 5 VwGO derjenige der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war.

Aus den vorstehenden Gründen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4. Auf die im Verfahren erörterten Frage, ob die Erteilung einer Baugenehmigung ausscheidet, wenn im bauaufsichtlichen Verfahren zugleich (vgl. Art. 21 Satz 1 BayStrWG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) über die Erlaubnis einer Sondernutzung zu entscheiden ist und letztere nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf (Art. 18 Abs. 2 Satz 1, Art. 21 Satz 3 BayStrWG), kommt es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht an. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und anderer Gesetze (LT-Drs. 15/7161 vom 15.1.2007) mit dem die Konzentration bisher paralleler Genehmigungsverfahren bei der Bauaufsichtsbehörde eingeführt wurde, enthält dazu - auszugsweise - folgende Aussagen (LT-Drs. a. a. O. S. 74, zu § 2 Nr. 2, Art. 21):

„Art. 21 BayStrWG regelt bereits in der geltenden Fassung den Fall des Zusammentreffens einer straßenverkehrsrechtlichen Erlaubnis bzw. Ausnahmegenehmigung für eine übermäßige, d. h. über den Gemeingebrauch hinausgehende Straßenbenutzung mit einer öffentlichrechtlichen Sondernutzungserlaubnis.

Zweck der Neuregelung ist eine Verfahrenskonzentration auch in den Fällen, in denen nach den baurechtlichen Vorschriften eine Baugenehmigung erforderlich ist und zugleich eine nach Straßenrecht erlaubnispflichtige Sondernutzung vorliegt, weil mit dem Vorhaben eine öffentliche Straße über den Gemeingebrauch hinaus in Anspruch genommen wird (z. B. Freischankflächen, ortsfeste Verkaufsstände). Die Vorschrift (erg.: Art. 21 Satz 1 n. F.) will auch in diesen Fällen parallele Verwaltungsverfahren vermeiden und im Außenverhältnis zum Bürger die Entscheidungskompetenz über beide Bereiche bei der Bauaufsichtsbehörde konzentrieren. Sie dient damit der Verwaltungsvereinfachung. Die Belange der sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständigen Behörde (im Regelfall die Gemeinde, ggf. unter Einbeziehung der Straßenbaubehörde, vgl. Art. 18 Abs. 1 BayStrWG) werden durch die vorgeschriebene Beteiligung gewahrt. ….

Der Wegfall der Sondernutzungserlaubnis in diesen Fällen dient nur der Verfahrenskonzentration, materiellrechtlich liegt eine straßenrechtliche Sondernutzung vor, die sich nach den Bestimmungen des Art. 18 Abs. 2 bis 6 BayStrWG richtet. Insbesondere darf die Sondernutzungserlaubnis (im Gegensatz zu Baugenehmigung) nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG).

Einer Sondernutzungserlaubnis bedarf es demnach nicht, wenn für den Benutzungstatbestand eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde zugleich die Sondernutzung erlaubt.“

Auf der Grundlage dieser Ausführungen dürfte es nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass die Baugenehmigung in den Fällen der hier zu vorliegenden Art (Werbetafel) mit einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt versehen werden darf und muss. Ob Gleiches für einen Überbau mit einem Gebäude gilt, dessen Fortbestand auf unabsehbare Dauer angelegt ist, oder ob dann die Erteilung einer, regelmäßig für die „Lebenszeit“ der jeweiligen Anlage bestimmten, Baugenehmigung grundsätzlich ausscheidet, ist in Anbetracht der hier zu entscheidenden Sach- und Rechtslage nicht näher zu erörtern.

5. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.