Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 10. Apr. 2014 - 5 K 13.00550

bei uns veröffentlicht am10.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der am ... 1972 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste erstmals im Jahr 1986 (wohl) zu seinen bereits hier als Gastarbeiter lebenden Eltern in das Bundesgebiet ein. Im November 1988 erhielt der Kläger erstmals eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Folgezeit verlängert worden ist.

Während seines ersten Aufenthalts im Bundesgebiet wurde der Kläger vielfach und in erheblicher Weise straffällig. Für den Zeitraum von 1989 bis 2001 enthielt das Bundeszentralregister seinerzeit 14 Eintragungen, weswegen er mit Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 ausgewiesen und ihm die Abschiebung angedroht worden ist. Gegen die Ausweisungsverfügung ließ der Kläger Klage erheben, die er durch seine damaligen Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2003 zurücknahm, nachdem die Beklagte Zusicherungen insbesondere hinsichtlich einer Begrenzung der Wirkungen der Ausweisung und einer etwaigen Abschiebung auf drei Jahre nach der Ausreise bzw. Abschiebung gemacht hatte. Die damals zwischen den Beteiligten erfolgte Einigung beruhte im Wesentlichen auf dem Umstand, dass der Kläger am 29. April 1998 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet hatte und diese mit einem Kind schwanger war, das am ... 2004 geboren wurde. Der Kläger wurde am 29. Juli 2004 aus der Strafhaft in die Türkei abgeschoben.

Im Weg einer ihm erteilten Betretenserlaubnis reiste der Kläger am 2. Oktober 2005 erneut in das Bundesgebiet ein und wurde zum Zweck der Vollstreckung der noch offenen Freiheitsstrafe bereits am Flughafen festgenommen. Am 18. November 2005 stellte der Kläger durch seinen damaligen Bevollmächtigten einen Antrag auf Befristung „der Ausweisungsverfügung“ vor dem Hintergrund der bestehenden familiären Beziehungen. Am 7. Dezember 2005 verließ der Kläger das Bundesgebiet im Weg sogenannter freiwilliger kontrollierter Ausreise.

Nach Erfüllung der in der außergerichtlichen Einigung vom 1. Juli 2003 festgehaltenen Voraussetzungen befristete die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2006 die Wirkungen sowohl der Ausweisung als auch der Abschiebung auf den 29. Juli 2007.

Der Kläger betrieb ab etwa Mai 2007 ein Visumverfahren zur erneuten Einreise, welche dann am 30. Juli 2007 erfolgt ist. Am 6. August 2007 wurde ihm zum Zweck des Familiennachzugs eine bis zum 15. Juli 2008 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Heroin) in 15 Fällen während des ersten Monats seines Aufenthalts im Bundesgebiet wurde der Kläger am 11. Dezember 2007 durch das Amtsgericht ... zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt.

Am 3. Juni 2008 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landgerichts ... vom 20. Mai 2009 wegen Raubes mit Körperverletzung und Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Computerbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Des Weiteren wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, dass die Freiheitsstrafe für die Dauer von einem Jahr vor der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vorweg zu vollziehen sei.

Am 19. August 2009 wurde der Kläger aus der Strafhaft in das Bezirkskrankenhaus ... überstellt.

Mit Bescheid vom 29. Juli 2010 wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet aus (Nr. I), lehnte seinen Antrag vom 26. Februar 2010 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ab (Nr. II), ordnete unter Hinweis auf die „aufgrund dieser Entscheidung“ bestehende Ausreisepflicht die Abschiebung des Klägers insbesondere in die Türkei an (Nr. III) und forderte ihn für den Fall der Entlassung aus dem Maßregelvollzug bzw. aus einer eventuellen erneuten Strafhaft, ohne vorher abgeschoben worden zu sein, unter Androhung der Abschiebung insbesondere in die Türkei auf, das Bundesgebiet bis spätestens vier Wochen nach Entlassung zu verlassen (Nr. IV).

Mit Beschluss vom 25. Februar 2011 erklärte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... die mit Urteil des Landgerichts...vom 20. Mai 2009 angeordnete Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, setzte die Vollstreckung des Rests der Gesamtfreiheitsstrafe aus der Verurteilung nicht zur Bewährung aus und ordnete an, dass mit der Entlassung aus dem Maßregelvollzug Führungsaufsicht eintritt, die nicht abgekürzt wird und fünf Jahre dauert. Die Strafvollstreckungskammer erachtete ein endgültiges Therapiehindernis als gegeben und die Aufnahme eines hochpotent cannabisähnlichen, psychotropische Wirkungen entfaltenden Stoffs durch den Kläger als erwiesen, womit dieser gegen die Therapiebedingungen verstoßen und die Drogenkarenz zumindest unterbrochen habe. Die vom Kläger gegen den Beschluss erhobene sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts ... vom 22. März 2011 als unbegründet verworfen.

Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 erhobene Klage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 5. April 2011 (AN 19 K 10.01866) ab. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Juni 2011 ließ der Kläger beantragen, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen.

Mit Ergänzungsbescheid vom 18. Februar 2013 ergänzte die Beklagte nach Anhörung des Klägers den Bescheid vom 29. Juli 2010 dahingehend, dass die Wirkungen der Ausweisung und ggf. Abschiebung auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung befristet wurden.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. März 2013 hat der Kläger deswegen Klage gegen die Stadt ... zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhoben und beantragt,

den Ergänzungsbescheid vom 13. März 2013 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Befristung auf die Dauer von fünf Jahren vollkommen unverhältnismäßig und rechtswidrig sei. Bereits im Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. April 2011 sei ausgeführt worden, dass beim Kläger keine Wiederholungsgefahr mehr bestehe und die Ausweisung und Abschiebung des Klägers diesen in seinen Rechten aus Artikel 8 EMRK und Artikel 6 GG verletze. Der Kläger habe sowohl während der Haft als auch während seiner Therapie regelmäßige Kontakte zu seiner Ehefrau und seiner Tochter gehabt. Die Kontakte seien für die Entwicklung des Kindes, die, wie auch umgekehrt, sehr am Kläger hänge, von großer Bedeutung. Die Ausweisung und Abschiebung des Klägers, insbesondere auch die Befristung deren Wirkungen auf fünf Jahre, würden zu irreversiblen Schäden in der Entwicklung der Tochter des Klägers führen und seien aus der Sicht des Kindeswohles betrachtet nicht akzeptabel. Die Tochter habe sehr unter der haftbedingten Trennung vom Vater gelitten. Eine Ausweisung und das Fernhalten des Klägers vom Bundesgebiet für fünf Jahre würde zu einer weiteren erheblichen Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes der Tochter führen. Der Kläger gehe davon aus, dass das Gericht vor Abschluss des Zulassungsverfahrens keine Entscheidung treffen werde.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 2. April 2013 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die in der Klagebegründung angeführten Argumente bei der Bemessung der Frist ausreichend Berücksichtigung gefunden hätten.

Die Regierung von ... hat sich mit Schreiben vom 10. April 2013 als Vertreter des öffentlichen Interesses an dem Verfahren beteiligt und mit Schreiben vom 10. Juni 2013 ausgeführt, dass sie der Position der Beklagten beitrete.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2013 ordnete die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ...an, dass die beim Kläger mit der Entlassung aus dem Strafvollzug nach der vollständigen Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren aus dem Urteil des Landgerichts...vom 20. Mai 2009 kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht für die Dauer von - zunächst - fünf Jahren nicht entfällt und unterstellte den Kläger für die Dauer der Führungsaufsicht unter Erteilung verschiedener Weisungen einem Bewährungshelfer.

Mitte August 2013 wurde der Kläger aus der Haft entlassen.

Mit Beschluss vom 27. Februar 2014 (19 ZB 11.1327) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. April 2011 ab.

Die Beteiligten verzichteten mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 7. März 2014 bzw. mit Schreiben der Beklagten vom 13. März 2014 auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gericht- und Behördenakten dieses Verfahrens sowie des Verfahrens AN 19 K 10.01866 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist unbegründet.

Der (Ergänzungs-)Bescheid der Beklagten vom 13. März 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung und ggf. Abschiebung des Klägers auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung befristet hat. Der Kläger wurde mit Verfügung der Beklagten vom 29. Juli 2010 (nach Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrages auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5.4.2011 mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 27.2.2014 - 19 ZB 11.1327) bestandskräftig aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

Allerdings hat der Kläger nach zwischenzeitlich gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 10.7.2012 -1 C 19.11 - juris) einen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung nach Maßgabe von § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG befristet. Danach steht die Frage der Befristung bzw. die Frage der Länge der Wiedereinreisesperre nicht im Ermessen der Ausländerbehörde. Vielmehr stellt die gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG getroffene Entscheidung der Ausländerbehörde eine gerichtlich vollständig überprüfbare Rechtsentscheidung dar.

Die Beklagte hat hier die Wirkungen der Ausweisung und ggf. Abschiebung des Klägers auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung befristet. Dies ist nicht zu beanstanden, da erst zu diesem Zeitpunkt nach derzeitiger Prognoseentscheidung davon ausgegangen werden kann, dass die Gefährlichkeit des Klägers im Hinblick auf wesentliche Rechtsgüter im Bundesgebiet soweit abgenommen hat, dass sowohl sein Interesse an einer Wiedereinreise ins Bundesgebiet als auch die Interessen seiner Ehefrau und die Interessen seines Kindes die öffentlichen Belange überwiegen.

Zwar sind gerade die Interessen der Ehefrau wie auch der Tochter des Klägers insbesondere an einem Zusammenleben mit dem Kläger im Bundesgebiet gemäß der grundrechtlichen Werteentscheidung des Art. 6 GG besonders zu berücksichtigen, da beiden - als deutschen Staatsangehörigen - nicht zugemutet werden kann, die familiäre Lebensgemeinschaft dauerhaft in der Türkei zu führen. Dem ist allerdings die vom Kläger ausgehende Gefährlichkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegen überzustellen. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger, wie oben dargelegt, zahlreiche Straftaten begangen hat, dabei auch gewalttätig geworden ist und der im August 2009 im Bezirkskrankenhaus ... begonnene Maßregelvollzug mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... vom 25. Februar 2011 nach einem Verstoß des Klägers gegen die Therapiebedingungen wegen Vorliegens eines endgültigen Therapiehindernisses für erledigt erklärt wurde. Obwohl der Kläger bereits im Jahr ... aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und am 29. Juli 2004 aus der Strafhaft in die Türkei abgeschoben wurde, wurde er nach seiner am 30. Juli 2007 erfolgten Wiedereinreise bereits mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 11. Dezember 2007 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Heroin) in 15 Fällen während des ersten Monats seines Aufenthalts im Bundesgebiet verurteilt, am 3. Juni 2008 in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Landgerichts ...vom 20. Mai 2009 wegen Raubes mit Körperverletzung und Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Computerbetrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Nach einer Gesamtschau aller Umstände wird deutlich, dass vom Kläger nach wie vor eine sehr wesentliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Bundesgebiet ausgeht. Hinzu kommt, dass sich der Kläger nach seiner erneuten Einreise ins Bundesgebiet Ende Juli 2007auch durch die familiäre Gemeinschaft mit seiner Ehefrau und seiner damals gerade dreieinhalb Jahre alten Tochter nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten ließ. Angesichts dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kläger dem Bundesgebiet nach seiner Ausreise bzw. Abschiebung noch fünf Jahre fernbleiben muss. Die Interessen von Ehefrau und Tochter haben somit ausnahmsweise hinter den öffentlichen Interessen zurückzustehen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2014 - 19 ZB 11.1327

bei uns veröffentlicht am 27.02.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 10.000,- € festgesetzt. Gründe I.

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem seine Klage gegen eine (erneute) Ausweisung und Ablehnung eines Aufenthaltstitels abgewiesen wurde.

1. Der im Jahr 1972 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, ist im Jahr 1986 in die Bundesrepublik gelangt und erhielt auf einen im Jahr 1988 gestellten Antrag hin zunächst eine Aufenthaltserlaubnis.

Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet ist der Kläger vielfach und zum Teil in erheblicher Weise straffällig geworden (vgl. die Auflistung von 14 Eintragungen im Bundeszentralregister; Bl. 260 ff. BehA). Mit Urteil des Landgerichts N.-F. vom 4. April 2002 ist er u. a. wegen Raubes - unter Einbeziehung einer Vorverurteilung - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 9 Monaten verurteilt worden. Ausweislich dieses Urteils ist der Kläger erstmals in den Jahren 1995/1996 mit Rauschgift (Haschisch, Ecstasy) in Berührung gekommen und erneut ab Mitte des Jahres 2000 (Heroin, zuletzt täglich); strafmildernd wurde gewertet, dass er Schritte unternommen habe, eine Therapie anzutreten.

Mit Beschluss der Staatsanwaltschaft N.-F. vom 26. November 2002 ist die weitere Strafvollstreckung zunächst zur Behandlung in einer Therapieeinrichtung (ab 16.12.2002) für zwei Jahre zurückgestellt worden. Nachdem der Kläger die Therapie abbrach und am 8. Juli 2003 aus der Einrichtung entlassen wurde, hat er am 15. August 2003 seine Haftstrafe fortgesetzt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 26. März 2003 wurde der Kläger ausgewiesen; eine dagegen gerichtete Klage wurde zurückgenommen, nachdem sich die Beteiligten auf eine Begrenzung der Wirkungen der Ausweisung auf drei Jahre nach Ausreise bzw. Abschiebung geeinigt hatten. Am 29. Juli 2004 ist der Kläger aus der Strafhaft in die Türkei abgeschoben worden.

2. Im Mai 2006 ließ der Kläger u. a. ein ärztliches Attest aus der Türkei vom 5. Mai 2006 vorlegen, wonach bei ihm keine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit vorliege. Daraufhin befristete die Beklagte mit Bescheid vom 12. September 2006 die Wirkungen der Ausweisung (vereinbarungsgemäß) bis zum 29. Juli 2007. Am 30. Juli 2007 reiste der Kläger mit einem Visum zum Zweck des Familiennachzugs erneut in die Bundesrepublik ein und erhielt am 6. August 2007 eine Aufenthaltserlaubnis.

Mit Urteil des Amtsgerichts N. vom 11. Dezember 2007 ist der Kläger wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Heroin) in 15 Fällen während des Monats August 2007 zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Am 3. Juni 2008 wurde der Kläger erneut festgenommen und mit Urteil des Landgerichts N.-F. vom 20. Mai 2009 wegen Raubes mit Körperverletzung, Diebstahls in zwei Fällen und versuchten Computerbetrugs (begangen im Frühsommer 2008) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und - nach Strafvollstreckung von insgesamt einem Jahr - zur Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt worden. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass sich der Kläger im Mai 2008 zur Entgiftung in ein Klinikum in E. begeben habe und dort aus disziplinarischen Gründen entlassen wurde; gleichwohl bestünde eine gerade noch ausreichende konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg.

Nach Anhörung des Klägers zu einer beabsichtigten Ausweisung und zur Ablehnung eines Aufenthaltstitels hat die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 29. Juli 2010 ausgewiesen, den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt, eine Abschiebung aus dem Vollzug angeordnet sowie ihn zum Verlassen des Bundesgebiets aufgefordert bzw. andernfalls seine Abschiebung angedroht. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Eine früher erworbene assoziationsrechtliche Ansprüche nach Art. 7 ARB 1/80 sei erloschen und nach erneuter Einreise nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 entstanden. Auch im Hinblick auf eine familiäre Lebensgemeinschaft mit Ehefrau und der (am 8.2.2004 geborenen) Tochter seien keine Gesichtspunkte ersichtlich für einen Ausnahmefall von der Regelausweisung. Wegen der Beziehung zur Tochter werde zudem eine auf Ermessen gestützte und insbesondere auf Spezialprävention gegründete Einzelfallentscheidung getroffen. Danach müssten die gemäß Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK geschützten Interessen der Ehefrau und der Tochter gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung aufgrund der Gesamtpersönlichkeit des Klägers, des abgeurteilten Verhaltens und insbesondere der Wiederholungsgefahr zurücktreten.

3. Dagegen hat der Kläger am 9. September 2010 Klage erheben lassen; auf die Begründung (vgl. Schriftsatz vom 28.2.2011) wird Bezug genommen.

Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des LG A. vom 25. Februar 2011 ist die angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt erklärt und die Vollstreckung der Reststrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt sowie nach Entlassung aus dem Vollzug für fünf Jahre Führungsaufsicht mit verschiedenen Anweisungen angeordnet worden. Dies beruhte auf einem Vorschlag der behandelnden Ärzte des Bezirksklinikums A. in einer Stellungnahme vom 10. September 2010, wonach Täuschungshandlungen und dissoziale Verhaltensweisen des Klägers einer Weiterarbeit entgegenstünden (Lügen gegenüber behandelnden Ärzten; Manipulation von Patienten). Hinzu kam, dass ausweislich eines rechtsmedizinischen Gutachtens vom 9. Dezember 2010 bei Untersuchung einer (3-chargigen) Blutprobe des Klägers ein cannabisähnliche psychotrope Effekte verursachender Stoff festgestellt wurde. Eine Beschwerde des Klägers ist mit Beschluss des OLG N. vom 22. März 2011 als unbegründet verworfen worden.

Mit Urteil vom 5. April 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 abgewiesen; auf die Begründung wird Bezug genommen.

4. Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Juni 2011 die Zulassung der Berufung beantragen lassen, die mit Schriftsatz vom 7. Juli 2011, ergänzt durch weitere Schriftsätze vom 23. August 2011, 27. August 2012 und 25. September 2012 begründet wurde; hierauf wird jeweils Bezug genommen.

Die Beklagte ist dem Zulassungsbegehren mit Schreiben vom 10. August 2011 und 19. Januar 2012 entgegen getreten. Mit weiterem Schreiben vom 26. Juni 2013 legte die Beklagte einen Beschluss der Strafvollstreckungskammer des LG A. vom 6. Juni 2013 vor, wonach dem Kläger nach vollständiger Vollstreckung seiner Gesamtfreiheitsstrafe einer Führungsaufsicht von - zunächst - fünf Jahren unterliege; von der Erteilung einer Abstinenz- und Kontrollzuweisung habe die Strafvollstreckungskammer abgesehen, da der mehrmalige Konsum von Rauschmitteln in der Haft zeige, dass bei ihm nach wie vor eine erhebliche Suchtproblematik vorliege und eine abstinente Lebensweise daher nicht zu erwarten sei.

5. Nach Anhörung des Klägers hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2013 die Verfügung vom 29. Juli 2010 dahingehend ergänzt, dass die Wirkungen der Ausweisung und gegebenenfalls Abschiebung auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung befristet werden; auf die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung (Klage zum Verwaltungsgericht) wird Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. März 2013 Klage beim Verwaltungsgericht erheben lassen.

Hinsichtlich der Frage einer Einbeziehung des Ergänzungsbescheides in das vorliegende Verfahren oder einer erstinstanzlichen Entscheidung darüber wurde ein Schriftwechsel geführt (vgl. BayVGH v. 25.3.2013 u. 18.4.2013, Klägerbevollmächtigter v. 30.4.2013, Beklagte v. 16.4.2013 u. 5.6.2013 sowie LAB v. 10.6.2013 u. 5.7.2013). Ausweislich des Schriftverkehrs in den Akten ist der Kläger seiner Pflicht zur Passbeschaffung nicht erfolgreich nachgekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten im Behördenverfahren und in den gerichtlichen Verfahren Bezug genommen.

II.

Der statthafte und fristgerecht gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 VwGO) bleibt ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen:

Die zwingende Ausweisung des Klägers sei wegen besonderen Ausweisungsschutzes zu einer Regelausweisung herabgestuft; ein Ausnahmefall sei weder hinsichtlich der Umstände der zugrunde liegenden Tat noch hinsichtlich der persönlichen Umstände erkennbar, insbesondere nicht wegen der familiären Verhältnisse des Klägers.

Auch eine im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 EMRK getroffene Ermessensentscheidung der Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die für eine Ausweisung sprechenden Gründe hätten sich vielmehr verschärft, nachdem die vom Landgericht angeordnete Entzugstherapie gescheitert sei. Vom Kläger gehe eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr erneuter Straffälligkeit aus. Bereits im Jahr 2007 habe er sich eine Wiedereinreise erschlichen, da sich angesichts des 15-maligen Heroinerwerbs im ersten Monat nach seiner Rückkehr die Unrichtigkeit des vorgelegten Attestes aufdränge.

Eine Rechtsstellung als Assoziationsberechtigter habe der Kläger durch die Ausweisung im 2003 verloren.

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei deshalb zu Recht abgelehnt und die Annexverfügungen seien zutreffend getroffen worden.

1.1 Der Kläger beruft sich alleine auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung vorgetragen hat (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) bzw. - hier im Hinblick auf eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung - anhand eventueller Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zur letzten Entscheidung des Tatsachengerichts.

Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

1.1.1 Der Kläger stellt die Feststellung der Beklagten und die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, dass er keine Rechte aus einer Stellung als Assoziationsberechtigter gemäß ARB 1/80 (mehr) herleiten könne, selbst nicht (mehr) in Frage.

1.1.2 Er wendet sich auch nicht gegen die zutreffende Würdigung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts, dass bei ihm eine schwerwiegende und konkrete Wiederholungsgefahr besteht, erneut straffällig zu werden.

Lediglich summarisch wird deshalb darauf hingewiesen, dass der Kläger sich eine Reihe früherer Verurteilungen, insbesondere zu 2 Jahren 9 Monaten Freiheitsstrafe im Jahre 2002 u. a. wegen Raubes, und seine im Jahr 2004 erfolgte Abschiebung aus der Haft heraus mit auf drei Jahre befristeter Einreisesperre nicht als Warnung hat dienen lassen. Eine während der seinerzeitigen Strafvollstreckung erfolgte Behandlung in einer Therapieeinrichtung in den Jahren 2002/2003 hat er nach ca. acht Monaten abgebrochen. Bereits im ersten Monat nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Ende Juli 2007 hat er wiederum in 15 Fällen unerlaubt Heroin erworben und ist deshalb im Dezember 2007 strafrechtlich verurteilt worden. Auch das hat ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten, vielmehr ist er bereits ein halbes Jahr später erneut festgenommen und im Mai 2009 u. a. wegen Raubes mit Körperverletzung (begangen im Frühsommer 2008) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Ein Versuch des Klägers im Mai 2008 zur Entgiftung in einer Klinik in E. scheiterte ebenfalls; er wurde dort aus disziplinarischen Gründen entlassen. Auch eine nach einjähriger Teilvollstreckung angetretene Therapie in einer Entziehungsanstalt ist im Februar 2011 für erledigt erklärt worden, da nach Überzeugung der Strafvollstreckungsgerichte Täuschungshandlungen und dissoziales Verhalten des Klägers gegenüber behandelnden Ärzten und Mitpatienten einer Weiterarbeit entgegen standen; hinzu kam, dass der Kläger in der Therapie offensichtlich berauschende Stoffe zu sich genommen hatte, von denen er zunächst annahm, dass sie nicht nachgewiesen werden könnten.

Soweit der Kläger also im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 25. September 2012 ausführen lässt, dass er sich um Aufnahme einer Langzeittherapie und Genehmigung zu dessen Durchführung gemäß § 35 BtMG bemühe, bereits einen Therapieplatz in Aussicht habe und bei ihm eine „hohe Therapiemotivation“ bestehe, kommt den angesichts der verschiedenen gescheiterten Therapien kein entscheidendes Gewicht zu. Seither sind im Zulassungsantragsverfahren auch keinerlei weitere Angaben zu einer Verwirklichung dieser Absichten im weiteren Strafvollzug oder nach der Haftentlassung Mitte August 2013 gemacht worden, vielmehr hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts A. im Beschluss vom 6. Juni 2013 bei der Anordnung von Führungsaufsicht ausdrücklich von einer Abstinenz- und Kontrollweisung abgesehen, da beim Kläger, wie der mehrmalige Konsum von Rauschmitteln in der Haft zeige, nach wie vor eine erhebliche Suchtproblematik vorliege und eine abstinente Lebensweise daher nicht zu erwarten sei. Anhaltspunkte für einen Wegfall der beim Kläger offensichtlich weiterhin gegebenen konkreten Wiederholungsgefahr schwerer strafbarer Handlungen sind deshalb nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen worden.

1.1.3 Der Kläger macht im Zulassungsantragsverfahren vielmehr ausschließlich geltend, dass seine familiären Verhältnisse von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden seien:

Die Ausweisung verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK und auch das Recht des Kindes auf Teilhabe an der elterlichen Sorge. Die Ehe und die Beziehungen zu seiner Tochter bestünden weiter; für deren Entwicklung sei es nötig, dass er dauerhaft bei ihr bleibe. Der Kontakt zum Vater sei sehr wichtig für seine Tochter; die Trennung eines kleinen Kindes von einem Elternteil beeinträchtige das Kindeswohl erheblich. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob sich der Vater im Bundesgebiet oder aber im Ausland befinde. Die Strafhaft unterbinde einen Kontakt des Klägers zu seinem Kind nicht vollständig, während er bei einer Abschiebung in die Türkei erheblich erschwert sei. Die Ehefrau sei deutsche Staatsangehörige und spreche die türkische Sprache nicht; ihr sei deshalb eine Rückkehr zusammen mit dem Kläger in die Türkei nicht zuzumuten. Dementsprechend habe das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Klägers gegenüber den Interessen der Ehefrau und der Tochter zurückzutreten.

Ergänzend wurde vorgebracht, die Beklagte habe die familiäre Situation ausschließlich aus der Sicht des Klägers gewürdigt. Diese Argumentation sei unzulässig, da das Kind einen eigenständigen Anspruch darauf habe, dass beide Elternteile an seiner Betreuung teilhätten. Dies gelte insbesondere für ein noch sehr kleines Kind; insoweit werde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Januar 2009 - 2 BvR 1064/09 verwiesen. Der Kläger habe auch aus der Haft heraus auf die Entwicklung des Kindes Einfluss nehmen können; er werde von Mutter und Kind regelmäßig in der Haft besucht.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung ernstlich in Frage zu stellen.

Die Beklagte hat sich in der Verfügung vom 29. Juli 2010 (dort S. 6 - 11), bestätigt durch das Verwaltungsgericht im Urteil vom 5. April 2011 (dort S. 11 u. 12), ausführlich mit den familiären Bindungen des Klägers, seiner Ehefrau und seiner Tochter befasst, die entsprechenden Kriterien in ihre Entscheidung eingestellt und abgewogen und anhand der Kriterien des Art. 6 GG und Art. 8 EMRK gewürdigt. Es trifft auch nicht zu, dass die Beklagte die familiäre Situation ausschließlich aus der Sicht des Klägers gewürdigt hätte, vielmehr geht sie bei ihrer Ermessensentscheidung ausdrücklich darauf ein, dass eine Ausweisung eines Familienvaters zwangsläufig immer mit einer erheblichen Belastung der Familienangehörigen verbunden sei und Ehefrau und Kind vor die Wahl gestellt würden, dem Ehemann/Vater in sein Heimatland zu folgen oder getrennt von ihm (in der Bundesrepublik) zu leben. Weiter führt die Beklagte in der streitbefangenen Verfügung aus, weder gehe Art. 8 Abs. 1 EMRK davon aus, dass die damit verbundenen Schwierigkeiten einer Ausweisung grundsätzlich entgegen stünden, noch sei es angesichts des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG der Ehefrau und der Tochter des Klägers unzumutbar, eine (vorübergehende) Trennung hinzunehmen. Der insoweit gerügte Mangel unzureichender Ermessensbetätigung hinsichtlich der Interessen der Ehefrau und insbesondere der Tochter des Klägers liegt somit nicht vor.

Dabei ist auch zu berücksichtigten, dass Art. 6 Abs. 1 GG die Familie als solche schützt und kraft Natur der Sache nicht unabhängig von dem Recht anderer Familienmitglieder betrachtet werden kann, vielmehr stehen sie in wechselseitiger Beziehung.

Hinsichtlich des Klägers selbst überwiegt das öffentliche Interesse an einer zeitweisen Entfernung aus der Bundesrepublik zum Schutz vor neuen schweren Straftaten, insbesondere im Bereich der Beschaffungskriminalität, aus den unter Ziff. 1.1.2 genannten Gründen offensichtlich das persönliche Interesse des Klägers an einem Verbleib bei seiner Familie in der Bundesrepublik. Auch das Interesse der Ehefrau, weiterhin zusammen mit dem Kläger in der Bundesrepublik bleiben zu können, muss gegenüber dem deutlich gewichtigeren Interesse der Öffentlichkeit an einer (vorübergehenden) Aufenthaltsbeendigung des Klägers zur Abwendung einer konkreten Gefahr weiterer erheblicher Straftaten des Klägers zurücktreten. Es widerspricht weder Art. 6 GG noch dem Aufenthaltsgesetz, wenn der deutsche Ehepartner des Ausgewiesenen von diesem getrennt oder mit ins Ausland genommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2001 - 24 ZB 01.2001). Dies gilt letztlich auch für die Tochter des Klägers. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass der Kläger nur im Zeitraum vom 30. Juli 2007 (Rückkehr aus der Türkei) bis zum 3. Juni 2008 (Beginn der Untersuchungshaft mit anschließender Strafhaft bzw. zeitweiser Unterbringung in einer Therapieeinrichtung), also nur ca. 10 Monate, und erst wieder seit 13. August 2013 (Haftentlassung) mit seiner Tochter zusammen lebte bzw. lebt. Das Kind ist somit - alleine aus in der Person des Klägers liegenden Gründen - die meiste Zeit seines Lebens ohne die häusliche Gegenwart des Vaters aufgewachsen. Während des 5-jährigen Strafvollzugs des Klägers bestand zwar eine familiäre Bindung in Form von Besuchen der Mutter mit der Tochter in der Haft, jedoch ist zu berücksichtigten, dass angesichts der räumlichen Trennung und der sonstigen Umstände, die mit dem Strafvollzug einher gehen, die Einflussmöglichkeiten des Klägers auf die Entwicklung des Kindes äußerst eingeschränkt waren und damit der vom Kläger in den Vordergrund gestellten Betreuung des Kindes durch beide Elternteile geringes Gewicht zukam. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass auch dieser Umgang des Klägers mit seiner Tochter noch dem sonst üblichen entsprach, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08) lag ein Fall zugrunde, in dem ein - strafrechtlich nicht in Erscheinung getretener - geduldeter Ausländer ein Aufenthalts- bzw. Bleiberecht zum Umgang mit seiner kleinen Tochter begehrte. Das Bundesverfassungsgericht hat gerügt, dass keine hinreichende Prüfung und Abwägung der Umstände des Einzelfalles stattgefunden habe. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt bereits in wesentlichen Punkten von dem vorliegenden Fall, in dem der von einer Ausweisung betroffener Kläger einen weiteren Verbleib im Bundesgebiet wegen des Umgangsrechtes zu seinem Kind begehrt: Vorliegend besteht beim Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr, erneut schwerwiegend straffällig zu werden, und damit ein erheblich höheres öffentliches Interesse an einer zeitweisen Abwesenheit vom Bundesgebiet als nur bei einem fehlenden Aufenthaltsrecht. Zudem war das im Falle der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betroffene Kleinkind erst 2 Jahre und 10 Monate alt, das dementsprechend den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen konnte, während die Tochter des Klägers bei Erlass des angefochtenen Urteils bereits sieben Jahre alt war und zwischenzeitlich zehn Jahre alt ist, so dass es durchaus möglich ist, ihr die mit der Ausweisung/Abschiebung ihres Vaters verbundene Trennung begreifbar zu machen (auch deshalb, weil ihr bereits in wesentlich jüngerem Alter der Aufenthalt des Klägers im Strafvollzug vermittelt werden musste). Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist auch nicht zu entnehmen, dass die Rechte eines Kindes auf Umgang mit einem ausländischen Elternteil in jedem Fall dem öffentlichen Interesse am Vollzug einer Ausweisung/Abschiebung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorgehen. Vielmehr wird in dem Beschluss primär bemängelt, dass die Umstände des konkreten Einzelfalles nicht ausreichend berücksichtigt wurden und eine entsprechende Prüfung unterlassen worden sei. Dies ist - wie ausgeführt - im vorliegenden Fall jedoch erfolgt. Insgesamt ist somit nicht - wie der Kläger offenbar meint - nur auf die Sicht des Kindes abzustellen, sondern auch auf die potentiellen Opfer weiterer Straftaten des Klägers. Die dem Staat insoweit obliegende Schutzpflicht kann dann höher zu gewichten sein als das Recht eines Kindes auf Beistandsleistungen durch beide Elternteile. So liegt es aus den vorgenannten Gründen hier.

Bei der Gesamtschau der Ausweisung und ihrer Folgen ist schließlich auch zu sehen, dass die Beklagte die Wirkungen der Ausweisung trotz der jahrelangen und erheblichen Straffälligkeit und der ungelösten Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 gerade im Hinblick auf die persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet zu seiner Ehefrau und seiner Tochter auf fünf Jahre ab Ausreise/Abschiebung befristet hat. Auch dieser Gesichtspunkt ist bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügung vom 20. Juli 2010 zu berücksichtigen.

1.1.4 Hinsichtlich der primär durch die rechtmäßige Ausweisung begründeten Ablehnung eines Aufenthaltstitels und der Annexverfügungen im Bescheid vom 29. Juli 2010 hat der Kläger im Zulassungsantragsverfahren keine darüber hinausgehenden Einwendungen erhoben.

1.2 Eine Zulassung der Berufung ist auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Ausländerbehörde seit dem Inkrafttreten des § 11 AufenthG i. d. F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 Ausweisungen mit einer Befristung ihrer Sperrwirkung (des Einreiseverbotes) zu versehen haben (vgl. dazu BVerwG, U. v. 4.2.2012 - 1 C 7/11, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11, U. v. 13.12.2012 - 1 C 14/12 und U. v. 13.12.2012 - 1 C 20/11, jeweils juris). Ein verwaltungsgerichtliches Urteil ist nämlich nicht schon dann rechtswidrig, wenn das Verwaltungsgericht gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, über den (jedenfalls konkludent gestellten) Hilfsantrag auf nachträgliche Beifügung einer Befristung zu entscheiden, sondern erst dann, wenn die Befristung auch zu dem Zeitpunkt noch nicht verfügt worden ist, zu dem die das Gerichtsverfahren abschließende, nicht weiter anfechtbare Entscheidung ergeht (vorliegend: Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Berufung; vgl. BayVGH, B. v. 20.6.2013 - 19 ZB 30.40 und B. v. 16.10.2013 - 19 ZB 11.2294). Im Fall der hier streitgegenständlichen Ausweisung ist die Befristung zwischenzeitlich erfolgt. Mit Ergänzungsbescheid vom 18. Februar 2013 hat die Beklagte die Wirkungen der Ausweisungsverfügung vom 29. Juli 2010 auf fünf Jahre befristet. Damit ist den Anforderungen der Rückführungsrichtlinie und des § 11 AufenthG i. d. F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 Genüge geleistet. Hinsichtlich etwaiger Einwendungen des Klägers gegen die festgelegte Dauer des Einreiseverbots ist sein Rechtsschutz im Hinblick auf seine Befugnis zur Klage gegen den Befristungsbescheid gewährleistet. Tatsächlich hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. März 2013 gegen den Ergänzungsbescheid vom 18. Februar 2013 bereits Klage beim Verwaltungsgericht erheben lassen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG). Mit seinem Zugang wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.