Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 06. Feb. 2017 - VG AN 4 K 16.00043

bei uns veröffentlicht am06.02.2017
nachgehend
Bundesverwaltungsgericht, 20 F 3.17, 10.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Streitsache wird dem Fachsenat nach § 189 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung nach§ 99 Abs. 2 VwGO über die ergänzende Sperrerklärung des Bundesministeriums des Innern vom 31. März 2016 vorgelegt.

2. Das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Ansbach wird bis zum Ergehen der nach § 99 Abs. 2 VwGO im Zwischenverfahren zu treffenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin des Hauptsacheverfahrens ist eine Bundesarbeitsgemeinschaft von Mitarbeitern von Flüchtlingsräten, Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen, die die Anliegen von Flüchtlingen vertreten.

Seit dem Jahr 2007 begehrt die Klägerin in mehreren verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter Berufung auf die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) die Verpflichtung der Beklagten, ihr den Zugang zu verschiedenen, näher bezeichneten und als „Verschlusssachen – nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Dienstanweisungen für die Sachbearbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu eröffnen.

Gegenwärtig ist noch im Streit das Kapitel Sicherheit aus der Dienstanweisung Asyl (im Folgenden: DA Asyl: Sicherheit).

Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 30. November 2015, BVerwG 20 F 7.15, entschieden, dass die Sperrerklärung des Bundesministeriums des Innern (im Folgenden: BMI) vom 29. November 2013, auch soweit sie – u.a. – die DA Asyl: Sicherheit betrifft, rechtswidrig ist.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat daraufhin mit Beschluss vom 13. Januar 2016 die Beklagte unter Fristsetzung zur Vorlage verschiedener, näher bezeichneter Teile der DA Asyl, u.a. der DA Asyl: Sicherheit, aufgefordert.

Das BAMF legte daraufhin mit Schriftsatz vom 30. März 2016 entsprechend dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Januar 2016 die von diesem angeforderten Teile der DA Asyl vollständig und ungeschwärzt vor, ausgenommen jedoch die DA Asyl: Sicherheit.

Hinsichtlich der DA Asyl: Sicherheit erließ das BMA unter dem 31. März 2016 eine ergänzende Sperrerklärung unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem oben genannten Beschluss vom 30. November 2015. Auf die Begründung der Sperrerklärung wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 teilte das BAMF dem Verwaltungsgericht Ansbach mit, die zum Kapitel Sicherheit erlassene Sperrerklärung des BMI beziehe sich auch auf die aktuelle Fassung mit Stand 7/14. Änderungen des Kapitels seit der Version 7/13 hätten sich in der Titelüberschrift 2 (jetzt „Bundesnachrichtendienst“) ergeben.

Unter dem 15. Juni 2016 erklärte die Klägerseite die Hauptsache in Bezug auf die vom BAMF zwischenzeitlich vorgelegten Teile der DA Asyl für erledigt und bat bezüglich des übrigen Verfahrens noch um Geduld. Es sei noch eine Abklärung zwischen dem Klägerbevollmächtigten und der Klägerin erforderlich, im Übrigen bedürfe es auch noch einer Sachverhaltsabklärung. Insoweit habe sich die Klägerseite mit anwaltlichem Schriftsatz gleichen Datums an das BAMF gewandt. Ausweislich der letzten Seite der DA Asyl zum Kapitel „Verfolgung bestimmter sozialer Gruppen“ würden weitere, noch nicht vorgelegte DA Asyl existieren.

Mit Schreiben vom 28. November 2016 teilte das Verwaltungsgericht Ansbach den Parteien jeweils mit, es werde davon ausgegangen, dass nunmehr allein noch Gegenstand des Hauptsacheverfahrens die DA Asyl: Sicherheit sei. Die Parteien würden um Äußerung dazu gebeten, ob die im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 15. Juni 2016 angesprochenen ergänzenden Sachverhaltsabklärungen inzwischen abgeschlossen seien und ob das Hauptsacheverfahren bezüglich der noch streitgegenständlichen DA Asyl: Sicherheit nunmehr fortgeführt werden solle. Bei den Parteien wurde angefragt, ob nunmehr auch bezüglich der ergänzenden Sperrerklärung des BMI vom 31. März 2016 der nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antrag auf Durchführung des Zwischenverfahrens durch den zuständigen Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts gestellt werde. Ferner wurde bei den Parteien angefragt, ob sich ein etwaiger entsprechender Antrag auch auf die Anlagen 2 und 3 des Kapitels Sicherheit, die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2015 als von der Vorlageaufforderung ausgenommen erwähnt seien, beziehe. Die Parteien wurden um Äußerung bis 30. Dezember 2016 gebeten.

Auf die eingegangenen Schriftsätze des BAMF vom 23. Dezember 2016 und des Klägerbevollmächtigten vom 29. Dezember 2016 wird verwiesen, im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hält die Kenntnis der vollständigen und ungeschwärzten Fassung der DA Asyl: Sicherheit weiterhin für entscheidungserheblich für das Hauptsacheverfahren AN 4 K 16.00043, es hält an seinem Beschluss vom 13. Januar 2016 und den dort genannten Gründen fest. Mit diesem Beschluss wurde die Beklagte zur Vorlage der DA Asyl: Sicherheit unter Fristsetzung aufgefordert.

Nachdem das BAMF sich auf Grund der ergänzenden Sperrerklärung des BMI vom 31. März 2016 weiterhin nicht zur Vorlage der vorstehend genannten angeforderten Akten in der Lage sieht, ist das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren erneut auszusetzen und das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht, Fachsenat nach§ 189 VwGO, einzuleiten, wie von Klägerseite mit anwaltlichem Schriftsatz vom 29. Dezember 2016 beantragt. Dabei hat die Klägerseite, entsprechend der gerichtlichen Anfrage vom 28. November 2016, klargestellt, dass die Anlagen 2 und 3 zur DA Asyl: Sicherheit nicht vom Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO erfasst werden. Sie sind somit nicht Gegenstand des Zwischenverfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO.

Das dem beim Bundesverwaltungsgericht durchzuführende Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO zugrundeliegende Hauptsacheverfahren beim Verwaltungsgericht Ansbach wird in entsprechender Anwendung von§ 94 VwGO bis zum Abschluss des Zwischenverfahrens ausgesetzt.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 06. Feb. 2017 - VG AN 4 K 16.00043 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 99


(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bu

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 94


Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde fes

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 189


Für die nach § 99 Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen sind bei den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht Fachsenate zu bilden.

Referenzen

Für die nach § 99 Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen sind bei den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht Fachsenate zu bilden.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

Für die nach § 99 Abs. 2 zu treffenden Entscheidungen sind bei den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht Fachsenate zu bilden.

(1) Behörden sind zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder dieser Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern.

(2) Auf Antrag eines Beteiligten stellt das Oberverwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung der elektronischen Dokumente oder der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Verweigert eine oberste Bundesbehörde die Vorlage, Übermittlung oder Auskunft mit der Begründung, das Bekanntwerden des Inhalts der Urkunden, der Akten, der elektronischen Dokumente oder der Auskünfte würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht; Gleiches gilt, wenn das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 für die Hauptsache zuständig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen. Dieses gibt den Antrag und die Hauptsacheakten an den nach § 189 zuständigen Spruchkörper ab. Die oberste Aufsichtsbehörde hat die nach Absatz 1 Satz 2 verweigerten Urkunden oder Akten auf Aufforderung dieses Spruchkörpers vorzulegen, die elektronischen Dokumente zu übermitteln oder die verweigerten Auskünfte zu erteilen. Sie ist zu diesem Verfahren beizuladen. Das Verfahren unterliegt den Vorschriften des materiellen Geheimschutzes. Können diese nicht eingehalten werden oder macht die zuständige Aufsichtsbehörde geltend, dass besondere Gründe der Geheimhaltung oder des Geheimschutzes der Übergabe der Urkunden oder Akten oder der Übermittlung der elektronischen Dokumente an das Gericht entgegenstehen, wird die Vorlage oder Übermittlung nach Satz 5 dadurch bewirkt, dass die Urkunden, Akten oder elektronischen Dokumente dem Gericht in von der obersten Aufsichtsbehörde bestimmten Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Für die nach Satz 5 vorgelegten Akten, elektronischen Dokumente und für die gemäß Satz 8 geltend gemachten besonderen Gründe gilt § 100 nicht. Die Mitglieder des Gerichts sind zur Geheimhaltung verpflichtet; die Entscheidungsgründe dürfen Art und Inhalt der geheim gehaltenen Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte nicht erkennen lassen. Für das nichtrichterliche Personal gelten die Regelungen des personellen Geheimschutzes. Soweit nicht das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, kann der Beschluss selbständig mit der Beschwerde angefochten werden. Über die Beschwerde gegen den Beschluss eines Oberverwaltungsgerichts entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Sätze 4 bis 11 sinngemäß.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.